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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 1/2} 
 
1C_541/2009  
   
   
 
 
 
Urteil vom 7. Juli 2010  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Reeb, Raselli, Eusebio, 
Gerichtsschreiber Steinmann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1.  Grüne Nidwalden,  
2. Norbert  Furrer,  
3. Leo  Amstutz,  
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kanton Nidwalden, vertreten durch den Regierungsrat, Dorfplatz 2, 6371 Stans.  
 
Gegenstand 
Wahlverfahren für die Gesamterneuerungswahl 2010 
des Landrates, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 27. Oktober 2009 
des Verfassungsgerichts des Kantons Nidwalden. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Im Hinblick auf die Wahl des Landrates des Kantons Nidwalden von 2010 legte der Regierungsrat des Kantons Nidwalden mit Beschluss vom 24. März 2009 die Zahl der in jeder politischen Gemeinde zu wählenden Mitglieder des Landrates fest (Gesetzessammlung 132.12; Amtsblatt Nr. 14 vom 1. April 2009 S. 489 ff.). Er stützte sich dabei auf Art. 65 der Kantonsverfassung und Art. 53 des Wahl- und Abstimmungsgesetzes. Der Beschluss hat folgenden Wortlaut: 
 
"1. 
Aufgrund der kantonalen Einwohnerstatistik vom 31. Dezember 2008 haben in den Landrat des Kantons Nidwalden zu wählen: 
 
Politische Gemeinde      
Einwohner      
Landratsmitglieder  
   
Stans  
7'775  
11  
 
Ennetmoos  
2'035  
3  
 
Dallenwil  
1'771  
3  
 
Stansstad  
4'460  
6  
 
Oberdorf  
3'133  
5  
 
Buochs  
5'296  
8  
 
Ennetbürgen  
4'259  
6  
 
Wolfenschiessen  
2'018  
3  
 
Beckenried  
3'229  
5  
 
Hergiswil  
5'402  
8  
 
Emmetten  
1'215  
2  
 
 
 
Diese Mandatsverteilung findet bei der Gesamterneuerungswahl des Landrates im Jahre 2010 Anwendung. 
(...) " 
 
B.  
Diesen Regierungsratsbeschluss fochten die "Grünen Nidwalden" sowie Norbert Furrer und Leo Amstutz beim Verfassungsgericht des Kantons Nidwalden wegen Verletzung der Bundes- und der Kantonsverfassung an. 
Das Verfassungsgericht wies die Beschwerde am 27. Oktober 2009 ab. Unter Verweis auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung legte es die Grundsätze über die Wahl im Proporzverfahren beim Vorliegen von mehreren Wahlkreisen dar, wie sie sich aus der Kantonsverfassung und dem kantonalen Proporzgesetz sowie aus Art. 34 i.V.m. Art. 8 BV ergeben. Das Gericht kam zum Schluss, dass die Wahlkreiseinteilung mit stark voneinander abweichenden Mandatszahlen den Anforderungen an sich nicht genüge, indessen in Anbetracht der historischen Verhältnisse verfassungskonform sei. 
 
C.  
Gegen diesen Entscheid des Verfassungsgerichts haben die Gruppe "Grüne Nidwalden" sowie Norbert Furrer und Leo Amstutz beim Bundesgericht am 27. Oktober 2009 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Urteils, ersuchen um Feststellung, dass der Beschluss des Regierungsrates vom 24. März 2009 gegen die Verfassung verstosse, und verlangen sinngemäss die Anweisung an den Kanton Nidwalden, spätestens für die Gesamterneuerungswahl des Landrates 2014 für ein verfassungskonformes Wahlverfahren zu sorgen. Sie machen geltend, das bestehende Wahlverfahren mit sehr unterschiedlich grossen Wahlkreisen verletze die Verfassung und könne durch keine historischen Verhältnisse gerechtfertigt werden. 
Landammann und Regierungsrat beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
D.  
Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 7. Juli 2010 öffentlich beraten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Beschluss des Regierungsrates über die Zahl der in den politischen Gemeinden zu wählenden Mitglieder des Landrates und das angefochtene Urteil des Verfassungsgerichts betreffen eine Vorbereitungshandlung zur Gesamterneuerungswahl des Landrates. Mängel hinsichtlich von Vorbereitungshandlungen im Vorfeld von Wahlen sind nach der Rechtsprechung sofort und vor Durchführung des Urnenganges zu rügen (vgl. BGE 118 Ia 271 E. 1d S. 274; 118 Ia 415 E. 2a S. 417; 110 Ia 176 E. 2a S. 178 ff.). Insoweit ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten in der Form der Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 82 lit. c BGG zulässig (vgl. auch Urteil 1P.545/2005 vom 10. November 2005 betreffend Vorbereitung der Landratswahl von 2006). 
Die Gesamterneuerungswahl des Landrates hat am 7. März 2010 stattgefunden. Die Beschwerdeführer stellen weder einen ausdrücklichen noch einen impliziten Antrag um Aufhebung der nunmehr erfolgten Wahl. In dieser Hinsicht ist das aktuelle Interesse an der Behandlung der vorliegenden Beschwerde dahingefallen. Das Bundesgericht sieht indes vom Erfordernis des aktuellen Interesses ab, wenn sich die mit der Beschwerde aufgeworfene Frage jederzeit und unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen könnte, an ihrer Beantwortung wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung ein hinreichendes öffentliches Interesse besteht und eine rechtzeitige bundesgerichtliche Prüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (vgl. BGE 131 II 670 E. 1.2 S. 674; 127 I 164 E. 1a S. 166; Urteil 1C_373/2007 vom 6. August 2008 E. 1.2; Beschluss 1P.435/2006 vom 14. Dezember 2006). Dies ist im vorliegenden Verfahren umso mehr anzunehmen, als die Beschwerdeführer ausdrücklich auf die nächste Gesamterneuerungswahl des Landrates im Jahre 2014 Bezug nehmen. In dieser Hinsicht ist nach Art. 107 Abs. 2 BGG auch eine förmliche Feststellung möglich (vgl. Urteil 1C_332/2008 vom 15. Dezember 2008 E. 1.4; BGE 131 II 361 E. 1.2 S. 365; 129 I 185 S. 206; je mit Hinweisen). 
Sowohl die politische Vereinigung "Grüne Nidwalden" wie auch die Stimmbürger Norbert Furrer und Leo Amstutz sind nach Art. 89 Abs. 3 BGG zur Stimmrechtsbeschwerde legitimiert. Der kantonale Instanzenzug ist gemäss Art. 88 Abs. 1 lit. a BGG ausgeschöpft, die Beschwerde im Sinne von Art. 100 Abs. 1 BGG rechtzeitig erhoben. 
Auf die Stimmrechtsbeschwerde ist demnach einzutreten. 
 
2.  
Die Kantone sind in der Ausgestaltung ihres politischen Systems und des Wahlverfahrens weitgehend frei. Art. 39 Abs. 1 BV hält fest, dass die Kantone - entsprechend ihrer Organisationsautonomie - die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten regeln. Diese Zuständigkeit wird ausgeübt im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Garantie von Art. 34 BV sowie nach den Mindestanforderungen gemäss Art. 51 Abs. 1 BV (vgl. Andreas Kley, in: Die Schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2. Auflage 2008, N. 2 und 5 zu Art. 39). 
Art. 34 Abs. 1 BV gewährleistet die politischen Rechte (auf Bundes- sowie Kantons- und Gemeindeebene) in abstrakter Weise und ordnet die wesentlichen Grundzüge der demokratischen Partizipation im Allgemeinen. Der Gewährleistung kommt Grundsatzcharakter zu. Sie weist Bezüge auf zur Rechtsgleichheit sowie zur Rechtsweggarantie. Der konkrete Gehalt der politischen Rechte mit ihren mannigfachen Teilgehalten ergibt sich nicht aus der Bundesverfassung, sondern in erster Linie aus dem spezifischen Organisationsrecht des Bundes bzw. der Kantone (vgl. zum Ganzen BGE 134 I 199 E. 1.2 S. 201; 131 I 74 E. 3.1 S. 78; 131 I 442 E. 3.1 S. 446; 129 I 185 E. 3.1 S. 190 und E. 7.2 S. 199; 125 I 21 E. 3d/dd S.32; 124 I 55 E. 5a S. 62; Urteil 1P.537/2001 vom 26. Februar 2002 E. 2, in: ZBl 2002 S. 537; je mit Hinweisen; Gerold Steinmann, in: Die Schweizerische Bundesverfassung - Kommentar, 2. Auflage 2008, N. 4 ff. zu Art. 34 BV). Die in Art. 34 Abs. 2 BV verankerte Wahl- und Abstimmungsfreiheit gibt den Stimmberechtigten Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Es soll garantiert werden, dass jeder Stimmberechtigte seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung treffen und entsprechend mit seiner Stimme zum Ausdruck bringen kann. Die Wahl- und Abstimmungsfreiheit gewährleistet die für den demokratischen Prozess und die Legitimität direktdemokratischer Entscheidungen erforderliche Offenheit der Auseinandersetzung (BGE 135 I 292 E. 2 S. 293; 135 I 19 E. 2.1 S. 21; je mit Hinweisen). 
Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, welche politischen Rechte die Nidwaldner Rechtsordnung gewährt und wie diese vor den Grundsätzen der Bundesverfassung zu beurteilen sind. 
 
3.  
 
3.1. Die Verfassung und die Gesetzgebung des Kantons Nidwalden enthalten zur Frage der Wahl des Landrates folgende Bestimmungen:  
Verfassung des Kantons Nidwalden (KV/NW; SR 131.216.2) : 
Art. 42 - Wahlen 
Die Wahlen sind als Mehrheitswahlen durchzuführen, soweit durch das Gesetz nicht die Verhältniswahl eingeführt wird. 
 
Art. 50 - Ausübung des Stimm- und Wahlrechts 
1 Die Aktivbürgerinnen und Aktivbürger üben ihr Stimm- und Wahlrecht in den Politischen Gemeinden aus. (...) 
 
Art. 51 - Wahlen 
Die Stimmberechtigten wählen: 
1. den Landrat; (...) 
 
Art. 57 - Zusammensetzung (des Landrates) 
Der Landrat besteht aus 60 Mitgliedern. 
 
Art. 58 - Wahlkreise 
1 Für die Wahlen in den Landrat bildet jede politische Gemeinde einen Wahlkreis. 
2 Jeder Wahlkreis wählt nach den Vorschriften des Gesetzes die Mitglieder, die ihm aufgrund der Einwohnerzahl zukommen; (...) 
3 Jeder Wahlkreis hat Anspruch auf mindestens zwei Sitze. 
 
Gesetz über die Verhältniswahl des Landrates (Proporzgesetz; Gesetzessammlung 132.1) : 
Art. 1 - Grundsatz 
1 Die Wahlen in den Landrat sind nach Massgabe der Gesetzgebung durch die Politischen Gemeinden durchzuführen. 
2 Die Wahlen in den Landrat erfolgen durch die Urnenabstimmung getrennt von der Gemeindeversammlung nach dem Verhältniswahlverfahren. 
 
Art. 22 - Verteilung der Sitze auf die Listen 
1 Die Zahl der gültigen Listenstimmen aller Listen wird durch die um eins vermehrte Zahl der zu vergebenden Sitze geteilt; das Ergebnis, auf die nächste ganze Zahl aufgerundet, bildet die massgebende Verteilungszahl. 
2 Jeder Liste werden so viele Sitze zugeteilt, als die Verteilungszahl in ihrer Stimmenzahl enthalten ist. 
3 Die verbliebenen Sitze werden wie folgt verteilt: die Stimmenzahl jeder Liste wird durch die um eins vermehrte Zahl der ihr schon zugewiesenen Sitze geteilt; der Liste, die dabei die grösste Zahl erreicht, wird ein weiterer Sitz zugeteilt; dieses Verfahren wird wiederholt, bis alle Sitze verteilt sind. 
 
Vollzugsverordnung zum Gesetz über die Verhältniswahl des Landrates (Proporzverordnung; Gesetzessammlung 132.11) : 
§ 1 - Wahlkreis 
Jede politische Gemeinde bildet einen Wahlkreis. 
 
Gesetz über die politischen Rechte im Kanton (Wahl- und Abstimmungsgesetz, WAG; Gesetzessammlung 132.2) : 
Art. 53 - Wahlkreis (für die Wahl des Landrates) 
Die Einteilung der Wahlkreise richtet sich nach Art. 58 der Kantonsverfassung. 
 
Art. 56 - Sitzzahl 
1 Jeder Wahlkreis erhält zunächst so viele Sitze, als die Wahlzahl in der Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner des Wahlkreises enthalten ist. 
2 Die auf diese Weise nicht zugeteilten Sitze fallen den Wahlkreisen mit den grössten Restzahlen zu; bei gleichen Restzahlen entscheidet das vom Landammann zu ziehende Los über die Zuteilung des betreffenden Restmandates. 
3 Jeder Wahlkreis hat Anspruch auf mindestens zwei Sitze; Wahlkreise, die sonst nicht mindestens auf zwei Sitze kommen, erhalten die letzten Restmandate. 
4 Der Regierungsrat stellt in dem der Wahl vorausgehenden Kalenderjahr durch Beschluss fest, wie viele Mitglieder des Landrates in jedem Wahlkreis zu wählen sind. 
 
 
3.2. Im Ausgangspunkt ergibt sich aus diesen Bestimmungen, dass die Kantonsverfassung keine Proporzwahl vorschreibt, sondern im Grundsatz von Majorzwahlen ausgeht und überdies die politischen Gemeinden als Wahlkreise mit einer Mindestgarantie von zwei Sitzen bezeichnet. Sie behält indes mit Art. 42 die Einführung der Verhältniswahl durch Gesetz vor, ohne hierfür Näheres zu bestimmen. Davon hat der Gesetzgeber mit dem Proporzgesetz Gebrauch gemacht (Art. 1 Abs. 2 und Art. 22 Proporzgesetz). Jeder Wahlkreis wählt nach den Vorschriften des Gesetzes die Mitglieder, die ihm aufgrund der Einwohnerzahl zukommen (Art. 58 Abs. 2 KV/NW). Die Wahlzahl ergibt sich, indem die Zahl der Kantonseinwohner durch die Mandatszahl 60 geteilt und das Ergebnis auf die nächste Zahl aufgerundet wird (Art. 55 Wahl- und Abstimmungsgesetz). Das in den Art. 21-23 Proporzgesetz niedergelegte Wahlverfahren folgt der Methode "Hagenbach-Bischoff" (siehe dazu BGE 129 I 185 E. 7.1.1 S. 197).  
 
3.3. Es zeigt sich im vorliegenden Fall, dass das auf Gesetzesstufe im Kanton Nidwalden eingeführte Wahlverfahren kein reines Proporzverfahren darstellt. Ein reines Verhältniswahlrecht würde voraussetzen, dass der Kanton entweder in möglichst grosse und gleiche Wahlkreise mit vielen Sitzen eingeteilt, der Kanton ohne Unterteilung gar einen Einheitswahlkreis bilden oder weitere, nachfolgend zu erläuternde Massnahmen auf Gesetzesstufe vorgekehrt würden (vgl. BGE 131 I 74 E. 3.3 S. 79 f.; 125 I 21 E. 3d/dd S. 33; Urteil 1P.537/2001 vom 26. Februar 2002 E. 3.4, in: ZBl 2002 S. 537).  
 
3.4. Ein Proporzverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es den verschiedenen Gruppierungen eine Vertretung ermöglicht, die weitgehend ihrem Wählertanteil entspricht (BGE 107 Ia 217 E. 3a S. 220; Urteil 1P.671/1992 vom 8. Dezember 1993 E. 3, in: ZBl 95/1994 S. 479). Die Realisierung des Verhältniswahlrechts hängt u.a. von der Grösse der Wahlkreise ab. Je mehr Mandate einem Wahlkreis zustehen, desto tiefer ist das natürliche Quorum, d.h. der Stimmenanteil, den eine Liste benötigt, um bei der ersten Sitzverteilung einen Sitz zu erhalten. Ein tiefes natürliches Quorum trägt dazu bei, dass alle massgeblichen politischen Kräfte nach Massgabe ihrer Parteistärke im Parlament Einsitz nehmen können. Umgekehrt gilt, dass je weniger Mandate einem kleinen Wahlkreis zugeteilt werden, desto höherer Wähleranteile es bedarf, um ein Mandat zu erreichen (BGE 131 I 74 E. 3.3 S. 80; vgl. zum Begriff des natürlichen Quorums BGE 129 I 185 E. 7.1 S. 197 f.). Hohe natürliche Quoren bewirken, dass nicht bloss unbedeutende Splittergruppen, sondern auch Minderheitsparteien mit einem gefestigten Rückhalt in der Bevölkerung von der Mandatsverteilung ausgeschlossen bleiben (BGE 129 I 185 E. 7.6.1 S. 201).  
Unterschiedlich grosse Wahlkreise bewirken zudem, dass im Vergleich unter den Wahlkreisen nicht jeder Wählerstimme das gleiche politische Gewicht zukommt. Je kleiner ein Wahlkreis - im Vergleich mit einem Wahlkreis mit vielen Sitzen - ist, desto grösser ist das natürliche Quorum und damit die Zahl der Wähler, die mit der Wahl nicht vertreten sind und deren Stimmen gewichtlos bleiben (BGE 131 I 74 E. 3.3 S. 80). 
 
3.5. Gestützt auf den massgeblichen Zeitpunkt ermittelte der Regierungsrat mit dem zugrunde liegenden Beschluss für die Landratswahlen 2010 die Verteilung der Mandate auf die Gemeinden folgendermassen (vgl. Sachverhalt) :  
 
Politische Gemeinde      
Einwohner      
Landratsmitglieder  
   
Stans  
7'775  
11  
 
Ennetmoos  
2'035  
3  
 
Dallenwil  
1'771  
3  
 
Stansstad  
4'460  
6  
 
Oberdorf  
3'133  
5  
 
Buochs  
5'296  
8  
 
Ennetbürgen  
4'259  
6  
 
Wolfenschiessen  
2'018  
3  
 
Beckenried  
3'229  
5  
 
Hergiswil  
5'402  
8  
 
Emmetten  
1'215  
2  
 
 
 
Daraus ergeben sich je Gemeinde die nachfolgenden natürlichen Quoren. 
 
Politische Gemeinde      
Stimmenanteil in % für 1 Sitz  
   
Stans  
8.3  
 
Ennetmoos  
25.0  
 
Dallenwil  
25.0  
 
Stansstad  
14.3  
 
Oberdorf  
16.6  
 
Buochs  
11.1  
 
Ennetbürgen  
14.3  
 
Wolfenschiessen  
25.0  
 
Beckenried  
16.6  
 
Hergiswil  
11.1  
 
Emmetten  
33.3  
 
 
 
Die natürlichen Quoren liegen - abgesehen vom Wahlkreis Stans - durchwegs über 10 %. In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind vorerst natürliche Quoren von 33,33 %, 20 % bzw. 16,66 % als verfassungswidrig qualifiziert worden. In Fortführung dieser Rechtsprechung und um der Rechtssicherheit willen hat das Bundesgericht festgehalten, dass natürliche Quoren (wie auch direkte, gesetzliche Quoren), welche die Limite von 10 % übersteigen, mit einem Verhältniswahlrecht grundsätzlich nicht zu vereinbaren sind. Dieser Wert gilt als Zielgrösse. Er ist allenfalls in Beziehung zu setzen zu überkommenen Gebietsorganisationen, die namentlich dem Schutz von Minderheiten dienen (BGE 131 I 74 E. 5.4 S. 83 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall zeigt sich, dass in der Gemeinde Stans mit 11 Sitzen eine Liste eines Stimmenanteils von nur 8.3 % bedarf, um einen Sitz zu erhalten. Umgekehrt beträgt der für einen Sitz erforderliche Stimmenanteil in der Gemeinde Emmetten mit bloss 2 Sitzen 33,3 %. Der Durchschnitt für alle Gemeinden liegt bei 18,2 % und überschreitet bereits die genannte kritische Grösse von 10 %. Schon in dieser Hinsicht kann nicht gesagt werden, dass das vom Gesetzgeber eingeführte Wahlverfahren einem echten Proporzverfahren entspricht. 
Auch im Vergleich unter den Wahlkreisen kann nicht gesagt werden, dass die Erfolgswertgleichheit hinreichend gewahrt sei. Die 60 Landratssitze werden auf 11 Wahlkreise verteilt. In den einzelnen Wahlkreisen schwankt die Zahl der zu Wählenden zwischen 2 und 11. Der theoretische Durchschnitt von 5,45 Sitzen pro Wahlkreis wird in Stans mit 11 Sitzen massiv überschritten, in Emetten mit 2 Sitzen massiv unterschritten. In der Doktrin wird gefordert, dass die einzelnen Wahlkreise nur wenig bzw. um höchstens ein Drittel vom Mittelwert abweichen sollen (vgl. Pierre Tschannen, Stimmrecht und politische Verständigung, 1995, S. 499 N. 749; Alfred Kölz, Probleme des kantonalen Wahlrechts, in: ZBl 88/1987 S. 1, 31). Es ist im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich, eine zulässige Abweichung von einem Mittelwert abstrakt festzulegen. Es genügt die Feststellung, dass die unterschiedliche Grösse der Wahlkreise im vorliegenden Fall der Wahlfreiheit nicht hinreichend gerecht wird. 
Gesamthaft zeigt sich, dass einerseits die hohen natürlichen Quoren mit einem echten Verhältniswahlrecht nicht vereinbar sind. Andererseits stehen die grossen Differenzen der für einen Sitzgewinn erforderlichen Stimmenanteile mit der Erfolgswertgleichheit im Widerspruch. Damit wird das Wahlverfahren der sich aus Art. 34 Abs. 2 BV ergebenden Wahlfreiheit nicht gerecht, wonach kein Wahlergebnis anerkannt werden soll, das nicht den freien Willen der Wählenden zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Die sich aus der verfassungsrechtlichen Garantie der politischen Rechte ergebenden Vorgaben werden deutlich verfehlt. Auch gewichtige politische Minderheiten sind vom Landrat ausgeschlossen und eine grosse Anzahl von Wählerstimmen bleibt unbeachtlich. Darin liegt ein schwerwiegender Mangel, der mit den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts unvereinbar ist, wie auch das Verfassungsgericht des Kantons Nidwalden festgestellt hat. 
 
4.  
Damit stellt sich die Frage, ob das vorliegende Wahlsystem aus Gründen überkommener Gebietsorganisation gerechtfertigt werden kann. Das Verfassungsgericht hat dies angenommen. Die Beschwerdeführer bestreiten das Vorliegen hinreichender historischer Gründe. 
 
4.1. Das Bundesgericht anerkennt im Grundsatz, dass Gründe über-kommener Gebietsorganisation proporzfremde Elemente und somit ein Abweichen vom Verhältniswahlrecht rechtfertigen können. Es kann sich dabei um historische, föderalistische, kulturelle, sprachliche, ethnische oder religiöse Gründe handeln, welche kleine Wahlkreise als eigene Identitäten und als "Sonderfall" erscheinen lassen und ihnen - auf Kosten des Proporzes - im Sinne eines Minderheitenschutzes einen Vertretungsanspruch einräumen. Die Rechtsprechung hat allerdings betont, dass es hierfür ausreichender sachlicher Gründe bedürfe (BGE 129 I 185 E. 3.1 S. 190; 131 I 74 E. 3.2 S. 79; 131 I 85 E. 2.2 S. 87 mit Hinweisen). Je grösser die Abweichungen vom Proporzverfahren und von der Erfolgswertgleichheit sind, desto gewichtiger müssen sich die rechtfertigenden Gründe erweisen.  
 
4.2. Nach den Feststellungen des Verfassungsgerichts bildeten die Kirchgemeinden Stans, Buochs und Wolfenschiessen seit dem Mittelalter die für die Militärorganisation und untersten Gerichtsinstanzen massgebenden territorialen Einheiten. Seit dem 14. Jahrhundert bestanden die sog. Uerten, aus deren Mitte die Landräte gewählt wurden. Von 1815 bis 1850 existierten 13 Uerten (Stans, Ennetmoos, Dallenwil-Wisenberg, Stansstad/Obbürgen/Kersiteh, Oberdorf/Waltersberg, Büren nid dem Bach, Buochs, Ennetbürgen, Wolfenschiessen, Büren ob dem Bach, Beggenried, Hergiswil und Emmetten). Die Kantonsverfassung von 1850 schuf die 11 (heute noch als sog. politische Gemeinden existierenden) Bezirksgemeinden, denen die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten oblag und welche die Aufgaben der bis dahin bestehenden Uerten übernahmen. Die Wahl der Landräte oblag ab 1850 der Landsgemeinde und wurde mit der Revision von 1877 auf die Bezirksgemeinden übertragen. Die heutigen politischen Gemeinden sind Nachfolgerinnen der früheren Uerten, vorbehältlich gewisser untergeordneten Anpassungen der Gebietsgrenzen. Bei dieser Sachlage handle es sich, so das Verfassungsgericht, um historisch gewachsene Wahlkreise, für die es lediglich zwischen 1850 und 1877 einen Unterbruch gab. Als politische Einheiten ermöglichten sie den Einwohnern eine gewisse Identifikation. Sie bildeten seit jeher Einheiten mit erheblicher und im schweizerischen Vergleich aussergewöhnlich weitgehender organisatorischer, wirtschaftlicher und politischer Autonomie und entsprechendem Zusammengehörigkeitsgefühl. Die Gemeinden führten noch heute grösstenteils ein eigenes gesellschaftliches und kulturelles Leben.  
Die Beschwerdeführer anerkennen, dass die mittelalterlichen Kirchgemeinden und Uerten als Wurzeln der heutigen Gemeinden betrachtet werden können, auch wenn sie mit den heutigen Gemeinden weder hinsichtlich der Aufgaben noch gebietsmässig identisch waren. Sie machen allerdings geltend, der Umstand, dass sich die Gemeinden bereits im Mittelalter herausgebildet hätten, bedeute keinen Sonderfall, sondern sei vielmehr eine allgemeine geschichtliche und in der Schweiz weitverbreitete Tatsache. Im Übrigen hätten die Gemeinden in den letzten Jahrzehnten dauernd an Eigenständigkeit, Einfluss und Wirksamkeit gegenüber dem Kanton eingebüsst und unterstünden einer ausgeprägten Aufsicht seitens des Kantons. Die marginale Zuständigkeit in Bezug auf Gerichtssachen bzw. das gemeindeweise organisierte Friedensrichteramt sei von untergeordneter Bedeutung und werde überdies mit Inkrafttreten der eidgenössischen Zivilprozessordnung per 2011 entfallen. Dass sich Gemeinden eines gewissen Vereins- und kulturellen Eigenlebens erfreuten, sei ein allgemeines Charakteristikum schweizerischer Gemeinden und keine Spezialität Nidwaldens. Schliesslich sei heute ein hoher Mobilitätsgrad zu beobachten und wiesen alle Gemeinden eine mehr oder weniger hohe Durchmischung mit Zugezogenen auf, was das Zusammengehörigkeitsgefühl auch ehedem eher abgeschotteter ländlicher Gemeinden relativiere. 
 
4.3. Das Verfassungsgericht beschränkt sich beim Hinweis auf besondere rechtfertigende Umstände weitgehend auf die Wiedergabe der sich in verschiedenen Bundesgerichtsurteilen findenden abstrakten Formel. Es hebt die historischen Gegebenheiten hervor. Die Gemeinden werden als mit erheblicher und im schweizerischen Vergleich besonders weitgehender organisatorischer, wirtschaftlicher und politischer Autonomie ausgestattete politische Einheiten mit entsprechendem Zusammengehörigkeitsgefühl dargestellt. Das Gericht unterlässt es indes, im Ein-zelnen auszuführen, welche konkreten Umstände diese Attribute rechtfertigen sollen und inwiefern - im Vergleich zu Gemeinden anderer Kantone - ein Sonderfall vorliege. Letztlich begnügt es sich mit dem Argument, dass die die Wahlkreise bildenden politischen Gemeinden historisch gewachsen sind. Dieser Umstand stellt indes kein besonderes Charakteristikum dar und dürfte über den Kanton Nidwalden hinaus auf die meisten Kantone zutreffen. Das rein historische Argument vermag daher für sich allein keinen hinreichenden Grund für die erheblichen Einbrüche in das Proporzverfahren und die Erfolgswertgleichheit abzugeben. Darüber hinaus sind für die politischen Gemeinden kaum erhebliche Besonderheiten ersichtlich. Sprachliche oder religiöse Gründe, welche die oder zumindest einzelne Gemeinden als besondere Identitäten erscheinen liessen, werden nicht namhaft gemacht. Es wird nicht aufgezeigt, dass einzelne Gemeinden aufgrund ihrer besonderen Struktur oder Lage auf eine spezielle Vertretung im Landrat im Sinne eines Minderheitenschutzes angewiesen wären. Schliesslich kann nicht gesagt werden, dass die Gemeindeautonomie und die den Gemeinden übertragenen Aufgaben ein Mass annähmen, das sich auf das Wahlverfahren auswirken könnte. Dem bisher gemeindeweise organisierten Friedensrichteramt kommt keine Bedeutung zu.  
 
4.4. Zusammenfassend ergibt sich entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichts, dass keine Gründe im Sinne der genannten Kriterien gegeben sind, welche die politischen Gemeinden als besondere Identitäten erscheinen liessen und die genannten erheblichen Eingriffe ins Verhältniswahlrecht rechtfertigen könnten.  
 
5.  
 
5.1. Wie dargelegt, überlässt es die Kantonsverfassung dem Gesetzgeber, anstelle des Majorzwahlverfahrens die Verhältniswahl einzuführen. Entschliesst sich der Gesetzgeber wie hinsichtlich der Wahl des Landrates für das Proporzwahlverfahren, gebietet die Bundesverfassung, den Grundentscheid konsequent umzusetzen. Es obliegt dem Gesetzgeber, im Rahmen der Kantonsverfassung die für eine echte Proporzwahl erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen und den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum im Sinne des Proporzgedankens zu nutzen.  
Dem Gesetzgeber stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, das Bekenntnis zum Proporz bundesverfassungskonform umzusetzen. Zum einen könnten auf Gesetzesstufe Wahlkreisverbände geschaffen werden, welche im Sinne des Verhältniswahlrechts einen Ausgleich unter den unterschiedlich grossen Wahlkreisen bewirken würde (vgl. BGE 131 I 74; Urteil P.916/1986 vom 9. Dezember 1986, in: ZBl 88/1987 S. 367). Zum andern liesse sich durch eine zentrale Verteilung der Parteimandate nach der doppeltproportionalen Methode "Doppelter Pukelsheim" ein wahlkreisübergreifender Ausgleich realisieren (vgl. zu dieser Methode Friederich Pukelsheim/Christian Schuhmacher, Das neue Zürcher Zuteilungsverfahren für Parlamentswahlen, in: AJP 2004 S. 505). Anzufügen ist, dass eine Stärkung des Proporzgedankens auch durch eine Wahlkreisreform auf Verfassungsstufe erreicht werden könnte, entweder durch die Festlegung neuer Wahlkreise oder durch die Schaffung eines Einheitswahlkreises. Der Gesetzgeber hat von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht und daher ein Verhältniswahlverfahren geschaffen, das mit den aus der Bundesverfassung fliessenden Anforderungen nicht im Einklang steht. 
 
5.2. Damit erweist sich die Beschwerde in diesem Punkte als begründet. Die Aufhebung des zugrunde liegenden Regierungsratsbeschlusses bzw. der in der Zwischenzeit erfolgen Landratswahl fällt ausser Betracht (E. 1). Im Sinne der Beschwerdeanträge ist die Verfassungswidrigkeit des geltenden Verfahrens für die Wahl des Landrates förmlich festzustellen. Es obliegt dem Kanton Nidwalden, Abhilfe zu schaffen und unter verschiedenen Möglichkeiten eine Wahl zu treffen. Die zuständigen Behörden des Kantons Nidwalden sind daher im Sinne eines Appellentscheides aufzufordern, im Hinblick auf die nächste Wahl des Landrates unter Beachtung der vorstehenden Erwägungen eine verfassungskonforme Wahlordnung zu schaffen (vgl. BGE 131 I 74 E. 6.1 S. 84).  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben. Die nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer haben keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen. Es wird festgestellt, dass das Proporzwahlverfahren des Kantons Nidwalden für die Wahl des Landrates vor der Bundesverfassung nicht standhält. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Kanton Nidwalden und dem Verfassungsgericht des Kantons Nidwalden schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Juli 2010 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Féraud 
 
Der Gerichtsschreiber: Steinmann