Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_1011/2021  
 
 
Urteil vom 31. Oktober 2022  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Bundesrichter Donzallaz, 
Bundesrichterin Hänni, 
Bundesrichter Hartmann, 
Bundesrichterin Ryter 
Gerichtsschreiber Quinto. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Wicki, 
 
gegen  
 
Staatssekretariat für Migration, 
Quellenweg 6, 3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung und Wegweisung aus der 
Schweiz, Fristwiederherstellung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des 
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, vom 
8. November 2021 (F-2428/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geboren 1986), albanischer Staatsangehöriger, heiratete am 27. Oktober 2015 die Schweizer Staatsangehörige B.________. Aus der Ehe ging am 24. Februar 2016 C.________ hervor. Am 30. November 2016 reiste A.________ im Rahmen des Familiennachzugs in die Schweiz ein und erhielt am 28. Dezember 2016 vom Migrationsamt des Kantons Luzern (Migrationsamt) eine Aufenthaltsbewilligung, welche letztmals bis zum 30. November 2018 verlängert wurde.  
 
A.b. Am 19. Februar 2019 ordnete die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Regionen U.________ und V.________ (KESB) für A.________ eine Begleitbeistandschaft nach Art. 393 ZGB sowie eine Vertretungsbeistandschaft nach Art. 394 Abs. 1 i.V.m. Art. 395 Abs. 1 und 3 ZGB an.  
 
A.c. Das Migrationsamt ersuchte am 4. Juni 2020 das Staatssekretariat für Migration (SEM) um Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________. In der Folge stellte das SEM A.________ die Verweigerung der Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und die Wegweisung in Aussicht und gewährte ihm diesbezüglich am 20. August 2020 (adressiert an einen früheren Rechtsvertreter von A.________, der zu diesem Zeitpunkt über kein Mandat mehr verfügte) und am 17. September 2020 sowie 2. November 2020, adressiert an die eingesetzte Beiständin, das rechtliche Gehör. Seitens A.________ - auch über seine Beiständin nicht - ging keine Stellungnahme ein.  
 
A.d. Vom 16. September 2020 bis zum 6. November 2020 befand sich A.________ im Strafvollzug. Per 1. Januar 2021 zog er vom Kanton Luzern in den Kanton Aargau. Mit Entscheid vom 26. Januar 2021 hob die KESB die genannte Beistandschaft per 31. Januar 2021 auf.  
 
B.  
 
B.a. Mit Verfügung vom 5. März 2021 verweigerte das SEM die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung von A.________ und wies ihn aus der Schweiz weg. Diese Verfügung stellte das SEM am 9. März 2021 der ehemaligen Beiständin von A.________ zu.  
 
B.b. Das Migrationsamt wies A.________ mit Schreiben vom 6. Mai 2021 auf die Rechtskraft der vorgenannten Verfügung hin und forderte ihn auf, die Schweiz bis zum 17. Juni 2021 zu verlassen. Gemäss unwidersprochen gebliebener Darstellung des Beschwerdeführers wurde ihm dieses mit normaler Post versandte Schreiben frühestens am 14. Mai 2021 zugestellt (Art. 105 Abs. 2 BGG). Daraufhin machte A.________, mittlerweile anwaltlich vertreten, mit Eingabe vom 18. Mai 2021 an das SEM geltend, die vorgenannte Verfügung (vom 5. März 2021) nie erhalten zu haben und ersuchte um Wiederherstellung der Beschwerdefrist sowie um Erteilung der Zustimmung zur Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung. "Sollte dies nur im Sinne einer Beschwerde möglich sein", führte er weiter aus, "wäre das vorliegende Schreiben als Beschwerde entgegenzunehmen mit dem Antrag, die Frist wiederherzustellen, die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu erteilen, eventualiter die Zustimmung zum Kantonswechsel oder zur Neuerteilung zu erteilen, [...]." Da er bislang keine Kenntnis von der Verfügung des SEM erhalten habe, könne er dagegen auch heute noch ein Rechtsmittel einreichen. Sofern und soweit das SEM nicht (mehr) zuständig sein sollte, wäre das Begehren an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Das SEM überwies die Eingabe "zuständigkeitshalber" an das Bundesverwaltungsgericht.  
 
B.c. Gemäss Abklärungen des Bundesverwaltungsgerichts ergab sich, dass A.________ wegen der Beendigung der Beistandschaft am 18. März 2021 persönlich bei der KESB vorbeigekommen war. Bei dieser Gelegenheit hatte die ehemalige Beiständin A.________ laut - von A.________ am 18. März 2021 gegengezeichnetem - Übergabeprotokoll inklusive Aktverzeichnis diverse Akten zur Beistandschaft übergeben. Das Aktenverzeichnis war in mehrere Rubriken, unter anderem "Verfügungen" und "Entscheide", unterteilt. Die Verfügung des SEM vom 5. März 2021 war unter keiner dieser Rubriken, sondern unter der Rubrik "Diverses" aufgeführt, und zwar als "Schreiben SEM vom 05.03.2021."  
 
B.d. Mit Urteil vom 8. November 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht das Fristwiederherstellungsgesuch ab, soweit darauf eingetreten werden könne, und trat auf die "verspätete Beschwerde vom 18. Mai 2021" nicht ein. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde abgewiesen.  
 
B.e. Anschliessend ersuchte A.________ mit Schreiben vom 18. November 2021 an die Vorinstanz im Hinblick auf eine allfällige Beschwerde (an das Bundesgericht) um Zustellung der gesamten Verfahrensakten zur Einsichtnahme. Die Vorinstanz liess ihm mit Verfügung vom 24. November 2021 die Akten des Bundesverwaltungsgerichts zukommen, verwies ihn bezüglich der Akten des SEM und der Migrationsbehörden der Kantone Luzern und Aargau jedoch an die entsprechenden Behörden. Darauf hielt A.________ mit Schreiben vom 25. November 2021 an die Vorinstanz fest, er gehe davon aus, ihm seien alle Akten zugestellt worden, die der Vorinstanz beim Entscheid vorgelegen hätten, inklusive Vorakten. Er könne nicht dazu angehalten werden, Akten bei unteren Instanzen einzuholen. Daraufhin hielt die Vorinstanz mit Verfügung vom 30. November 2021 fest, ihr Vorgehen, wonach die Gewährung der Einsicht in Beizugsakten dem jeweiligen Aktenherrn obliege, entspreche dem üblichen Vorgehen. Die Beizugsakten seien zudem nur in elektronischer Form vorhanden und die entsprechenden Behörden verfügten im Gegensatz zur Vorinstanz über die technischen Mittel für eine sichere Übermittlung, weshalb sich das gewählte Vorgehen auch aus prozessökonomischen Gründen rechtfertige. Zudem lud die Vorinstanz das SEM und die Migrationsbehörden der Kantone Luzern und Aargau dazu ein, A.________ umgehend Einsicht in die für das vorinstanzliche Verfahren bereitgestellten Akten zu gewähren.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 13. Dezember 2021 beantragt A.________ (Beschwerdeführer) die Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils. Es sei die Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen. Weiter sei festzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht einer Verfahrenspartei im Rahmen der Akteneinsicht sämtliche Dokumente, welche ihm (Bundesverwaltungsgericht) im Hinblick auf die Entscheidfällung vorlägen, direkt zuzustellen habe. Zudem ersuchte der Beschwerdeführer sowohl für das vorinstanzliche wie das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
Mit Präsidialverfügung vom 15. Dezember 2021 wurde der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt. 
Die Vorinstanz und das SEM haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die weiteren Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition (BGE 144 II 184 E. 1).  
 
1.2. Mit ihrem Nichteintretensentscheid und der Abweisung des Fristwiederherstellungsgesuchs brachte die Vorinstanz das bei ihr hängige Verfahren zum Abschluss, womit es sich beim angefochtenen Urteil um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG handelt. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen, sofern die Angelegenheit in materieller Hinsicht nicht unter den Ausnahmekatalog von Art. 83 BGG fällt, was vorliegend nicht der Fall ist (BGE 135 II 145 E. 3.2). Soweit die Vorinstanz wie vorliegend auf ein Rechtsmittel nicht eintritt, ohne mit einer Eventualbegründung die Sache auch materiell zu beurteilen, kann vor Bundesgericht nur das Nichteintreten angefochten werden. Ist die Beschwerde begründet, weist das Bundesgericht die Sache zur weiteren Beurteilung des Falles zurück. Andernfalls hat es mit dem vorinstanzlichen Nichteintretensentscheid sein Bewenden (BGE 144 II 184 E. 1.1; 139 II 233 E. 3.2).  
 
1.3. Zwar erachtet es der Beschwerdeführer als sinnvoll, wenn das Bundesgericht auch die Frage der Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung entscheidet. Die Vorinstanz hat jedoch diesbezüglich nicht bzw. nicht in der Sache entschieden, sondern sich ausschliesslich den Fragen gewidmet, ob die Eingabe vom 18. Mai 2021 (vgl. Bst. B.d oben) noch fristgerecht erfolgt sei - und wenn nicht - ob die Rechtsmittelfrist wiederherzustellen sei; beides hat sie mit Nichteintreten und Abweisung des Gesuchs um Fristwiederherstellung verneint. Im angefochtenen Urteil findet sich auch keine Eventualbegründung zur (materiellen) Frage der Bewilligungsverlängerung. Streitgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens bildet deshalb allein die Frage, ob die Vorinstanz nicht auf die Eingabe vom 18. Mai 2021 hätte eintreten müssen, sei es, weil die Rechtsmittelfrist wiederherzustellen war oder weil die Eingabe rechtzeitig erfolgte. Auf das Begehren um Zustimmung zur Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ist deshalb, da ausserhalb des Streitgegenstandes, nicht einzutreten.  
 
1.4. Nachdem die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. a, Art. 89 Abs. 1 BGG), ist auf die im Übrigen form- und fristgerecht (Art. 42, Art. 100 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde, unter Vorbehalt von E. 1.5 nachfolgend, einzutreten.  
 
1.5. In Bezug auf das Feststellungsbegehren (vgl. Bst. C oben) ist zunächst festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer thematisierte Handhabung der Akteneinsicht durch die Vorinstanz nicht Gegenstand des angefochtenen Urteils ist. Vielmehr hat die Vorinstanz dazu nach dem angefochtenen Urteil in einem separaten Verfahren eine separate Verfügung (vom 30. November 2021) erlassen (vgl. Bst. B.e oben), womit es sich um einen eigenständigen Endentscheid handelt. Das Feststellungsbegehren kann jedoch in das vorliegende Verfahren einbezogen werden (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 24 Abs. 1 BZP). Ein Feststellungsbegehren kann nicht abstrakte, theoretische Rechtsfragen zum Gegenstand haben, sondern nur konkrete Rechte oder Pflichten (BGE 137 II 199 E. 6.5; 126 II 300 E. 2.c).  
Vorliegend hat die Vorinstanz mit Verfügung vom 30. November 2021 die Einsicht in die Beizugsakten bereits sichergestellt. Konkrete Rechte oder Pflichten könne sich somit aus der Behandlung des vorliegenden Feststellungsbegehrens nicht mehr ergeben. Vielmehr wirft der Beschwerdeführer damit eine abstrakte Rechtsfrage auf. Das Feststellungsbegehren ist somit nicht zulässig, weshalb darauf nicht einzutreten ist. 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann namentlich die Verletzung von Bundes- und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die geltend gemachten Rechtsverletzungen, sofern rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht, d.h. es ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Urteils aufzuzeigen, inwiefern die entsprechenden Rechtsnormen verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Eine Berichtigung oder Ergänzung der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung ist von Amtes wegen (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder auf Rüge hin (Art. 97 Abs. 1 BGG) möglich, wobei das Bundesgericht nur bei einer offensichtlich unrichtigen bzw. willkürlichen oder rechtsverletzenden vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung, deren Korrektur entscheidrelevant sein kann, eingreift (Art. 95, Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 135 E. 1.6). Entsprechende Rügen unterstehen der qualifizierten Rüge- und Begründungspflicht (vgl. E. 2.1 oben). Auf rein appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung bzw. Beweiswürdigung geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1).  
 
3.  
 
3.1. In Bezug auf die weiteren sachverhaltsmässigen Umstände der genannten Aktenübergabe (vgl. Bst. B.c oben) beruft sich die Vorinstanz einerseits auf die schriftliche Auskunft der Beiständin vom 21. Juni 2021, wonach diese die genannte Verfügung (vom 5. März 2021) bei der Aktenübergabe nicht als Teil des Aktenstapels, sondern separat in einem Couvert, welches sich in einer Klarsichtmappe befunden haben soll, übergeben haben will, und zwar mit dem mündlichen Hinweis auf "zeitnahe notwendige Bearbeitung". Andererseits führt die Vorinstanz aus (E. 2.5 angefochtenes Urteil), selbst wenn die Verfügung nicht separat, sondern als Teil eines grösseren Dossiers übergeben worden und auch nicht der genannte Hinweis erfolgt sei, sei die Beschwerde an sie verspätet erfolgt.  
 
3.2. Der Beschwerdeführer rügt diesbezüglich eine "offensichtlich aktenwidrige Feststellung" respektive eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die Beiständin habe die genannte Verfügung wenn überhaupt als Teil eines Gesamtdossiers (und nicht separat) übergeben. Ebenso wenig habe sie auf eine zeitnahe, notwendige Bearbeitung hingewiesen. Dabei handle es sich um eine nachträgliche Schutzbehauptung der Beiständin, denn im Übergabeprotokoll finde sich kein solcher Hinweis.  
 
3.3. Aus den Akten ergibt sich (Art. 105 Abs. 2 BGG), dass im Übergabeprotokoll weder eine separate Übergabe der genannten Verfügung noch ein Hinweis an den Beschwerdeführer auf zeitnahe notwendige Bearbeitung enthalten ist. Vielmehr ist in einer dazugehörigen Aktennotiz für den 18. März 2021 bloss festgehalten: "KL am Schalter, Unterlagen abgeholt." Aufgrund der Akten bestehen erhebliche Zweifel, dass die genannte Verfügung dem Beschwerdeführer separat übergeben und ein - so oder so nur allgemeiner - Hinweis auf eine zeitnahe notwendige Bearbeitung erfolgt ist. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen gelassen werden, denn diese Umstände sind vorliegend nicht entscheidrelevant (vgl. E. 4.7 unten).  
 
4.  
 
4.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 24 VwVG (Fristwiederherstellung) durch das vorinstanzliche Urteil. Er macht im Wesentlichen geltend, bereits aus objektiven Gründen sei er nicht in der Lage gewesen, die Verfügung vom 5. März 2021 anzufechten, da nicht erstellt sei, dass sie sich überhaupt in den übergebenen Akten befunden habe. In jedem Fall lägen aber subjektive Gründe vor, welche ihn davon abgehalten hätten, rechtzeitig zu handeln, da er aufgrund der Umstände der Aktenübergabe in die Irre geführt worden sei. Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass er das Aktenverzeichnis habe studieren müssen, wäre er in die Irre geführt worden, da im Aktenverzeichnis die Verfügung nicht ausgewiesen gewesen sei. Abgesehen davon sei er (Beschwerdeführer) aufgrund seiner persönlichen Situation nicht in der Lage gewesen, zu erkennen und zu verstehen, ob und welche Massnahmen zu treffen gewesen wären. Er habe erstmals durch das Schreiben des Migrationsamts (vom 6. Mai 2021) von der genannten Verfügung erfahren und anschliessend mit der Mandatierung eines Rechtsanwaltes und dessen Einreichung eines Gesuchs um Fristwiederherstellung inklusive Beschwerde vom 18. Mai 2021 korrekt gehandelt.  
 
4.2. Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, subjektive Fristwiederherstellungsgründe lägen nicht vor. Bei Aufwendung der gehörigen Sorgfalt wäre es dem Beschwerdeführer möglich gewesen, die ihm von der Beiständin übergebenen Akten genau zu sichten, deren Tragweite zu erfassen und zeitnah eine Rechtsvertretung zu mandatieren (vgl. E. 3.3 angefochtenes Urteil).  
 
4.3. Gemäss Art. 24 Abs. 1 VwVG wird die Frist wieder hergestellt, wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldeterweise abgehalten worden sind, binnen Frist zu handeln, sofern er unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt.  
 
4.4. Rechtsprechungsgemäss ist die Wiederherstellung der Frist gestützt auf Art. 24 Abs. 1 VwVG nur bei klarer Schuldlosigkeit der betroffenen Prozesspartei und ihrer Vertretung zu gewähren, d.h. wenn die Partei oder ihr Vertreter auch bei gewissenhaftem Vorgehen nicht rechtzeitig hätten handeln können (Urteile 2C_177/2019 vom 22. Juli 2019 E. 4.2.1 mit Hinweisen; 2C_699/2012 vom 22. Oktober 2012 E. 3.2). In Frage kommt objektive Unmöglichkeit zeitgerechten Handelns wie beispielsweise bei Naturkatastrophen, Militärdienst oder schwerwiegender Erkrankung, oder subjektive Unmöglichkeit, wenn zwar die Vornahme einer Handlung, objektiv betrachtet, möglich gewesen wäre, die betroffene Person aber durch besondere Umstände, die sie nicht zu vertreten hat, am Handeln gehindert worden ist. In Betracht kommen hier insbesondere unverschuldete Irrtumsfälle (Urteile 2C_177/2019 vom 22. Juli 2019 E. 4.2.1 mit Hinweisen; 2C_1096/2013 vom 19. Juli 2014 E. 4.1; 2C_699/2012 vom 22. Oktober 2012 E. 3.2). Es ist jedoch ein strenger Massstab anzuwenden. Insbesondere stellt ein auf Unachtsamkeit zurückzuführendes Versehen kein unverschuldetes Hindernis dar (Urteil 2C_177/2019 vom 22. Juli 2019 E. 4.2.1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 143 V 312 E. 5.4.1).  
 
4.5. Vorliegend war der Beschwerdeführer bis Ende Januar 2021 verbeiständet (vgl. Bst. A.d oben). Die Errichtung einer Beistandschaft bedingt abgesehen von hier nicht interessierenden Fällen eine geistige Behinderung, eine psychische Störung oder eine ähnliche in der Person liegende Schwäche (Art. 390 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB). Bei den Beistandschaften gemäss Art. 390 ff. ZGB handelt es sich um behördliche Massnahmen des Erwachsenenschutzes, welche von der Erwachsenenschutzbehörde hoheitlich angeordnet werden (Art. 388 Abs. 1, Art. 389 Abs. 1 ZGB; YVO BIDERBOST/HELMUT HENKEL, in: Geiser/Fountoulakis [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 6. Aufl. 2018 [Basler Kommentar ZGB I], N. 5 zu Art. 389 ZGB). Folgerichtig wird der Beistand oder die Beiständin nicht durch Auftrag und Vollmacht der zu verbeiständenden Person, sondern von Amtes wegen durch die Erwachsenenschutzbehörde ernannt (Art. 400 Abs. 1 ZGB; RUTH E. REUSSER, in: Basler Kommentar ZGB I, N. 10 zu Art. 400 ZGB). Ebenso endet das Amt der Beiständin nicht etwa durch Beendigung des Auftrags und Widerruf einer Vollmacht seitens der verbeiständeten Person, sondern entweder von Gesetzes wegen, beispielsweise durch behördliche Aufhebung der Beistandschaft, oder durch behördliche Entlassung der Beiständin aus dem Amt (Art. 421 Ziff. 2, Art. 422 f. ZGB; URS VOGEL, in: Basler Kommentar ZGB I, N. 7 zu Art. 421 - 424 ZGB).  
 
4.6. Vorliegend ist unbestritten, dass die Beistandschaft am 31. Januar 2021 aufgehoben wurde (vgl. Bst. A.d oben) und die ehemalige Beiständin deshalb im März 2021 schon aus diesem Grund von Gesetzes wegen nicht mehr zuständig und folglich auch nicht befugt war, für den Beschwerdeführer eine Verfügung entgegen zu nehmen. Entgegen der Vorinstanz ist der vom Beschwerdeführer ebenfalls als verletzt gerügte Art. 11 Abs. 3 VwVG, wonach die Behörde ihre Mitteilungen an den Vertreter macht, solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft, vorliegend schon aus diesem Grund nicht anwendbar. Abgesehen davon bezieht sich Art. 11 Abs. 3 VwVG nur auf die gewillkürte, sprich durch Auftrag und Vollmacht des Vertretenen bzw. vertraglich und freiwillig bestellte Vertretung und ist deshalb vorliegend so oder anders nicht einschlägig (vgl. RES NYFFENEGGER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar VwVG, 2. Aufl. 2019, N. 17 und 31 zu Art. 11 VwVG; VERA MARANTELLI/SAID HUBER, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2. Aufl. 2016, N. 4, 20 und 29 zu Art. 11 VwVG). Die Zustellung der genannten Verfügung an die ehemalige Beiständin am 9. März 2021 war somit nicht korrekt.  
 
4.7. Der Beschwerdeführer war bis Ende Januar 2021 verbeiständet. Bereits aus diesem Grund wäre es angezeigt gewesen, dass die ehemalige Beiständin den Beschwerdeführer ausdrücklich auf die Verfügung vom 5. März 2021 und das Risiko einer möglicherweise ausgelösten Rechtsmittelfrist aufmerksam macht. Dies gilt vorliegend umso mehr, als diese Verfügung die Wegweisung des Beschwerdeführers anordnete und für Letzteren damit existentielle Bedeutung hatte und die ehemalige Beiständin nach den einschlägigen Vorschriften gar nicht dazu befugt war, die genannte Verfügung entgegen zu nehmen. Ein allgemeiner Hinweis auf zeitnahe notwendige Bearbeitung - sofern dieser überhaupt erfolgte, was mehr als zweifelhaft ist (vgl. E. 3.3 oben) - war unter diesen Umständen keinesfalls ausreichend. Es mangelte jedoch nicht nur an einer ausdrücklichen und konkreten Information, sondern die Verfügung war im Dossierverzeichnis schlicht falsch, nämlich als blosses Schreiben aufgeführt, obwohl diesbezüglich eine Rubrik "Verfügungen" vorhanden gewesen wäre. Insgesamt wurde der Beschwerdeführer dadurch irregeführt und konnte gerade nicht erkennen, dass eine an ihn adressierte, belastende Verfügung vorlag und sofortiges Handeln geboten war. Demzufolge lag seitens des Beschwerdeführers nicht eine blosse Unachtsamkeit vor. Vielmehr hat eine aufgrund der genannten Umstände völlig ungenügende Aktenübergabe dem Beschwerdeführer subjektiv und von seiner Seite unverschuldet verunmöglicht, umgehend zu handeln. Die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz greifen angesichts der Umstände wesentlich zu kurz. Demnach sind vorliegend die materiellen Voraussetzungen für eine Fristwiederherstellung erfüllt.  
 
4.8. Kenntnis von der Verfügung erlangte der Beschwerdeführer am 14. Mai 2021 durch das Schreiben des Migrationsamts vom 6. Mai 2021, welches explizit auf die Verfügung vom 5. März 2021 Bezug nahm und den Beschwerdeführer gestützt darauf anwies, die Schweiz bis zum 17. Juni 2021 zu verlassen (vgl. Bst. B.b oben). Das Hindernis, welches den Beschwerdeführer subjektiv hinderte zu handeln, ist deshalb am 14. Mai 2021 im Sinne von Art. 24 Abs. 1 VwVG weggefallen. Mit dem Fristwiederherstellungsgesuch und der Beschwerde vom 18. Mai 2021 durch den umgehend mandatierten Rechtsanwalt hat der Beschwerdeführer innert 30 Tagen seit Wegfall des Hindernisses gehandelt und damit auch die formellen Voraussetzungen einer Fristwiederherstellung bzw. von Art. 24 Abs. 1 VwVG erfüllt.  
 
4.9. Die Beschwerdefrist war deshalb von der Vorinstanz wieder herzustellen. Die Rüge der Verletzung von Art. 24 Abs. 1 VwVG erweist sich nach dem Gesagten als berechtigt.  
 
5.  
Aufgrund dieses Resultats erübrigt es sich, die weiteren, vom Beschwerdeführer erhobenen Rügen der Verletzung von Art. 9 BV, Art. 29 Abs. 1 und 2 BV, Art. 8 EMRK, Art. 13 EMRK, Art. 416 Abs. 1 Ziff. 9 ZGB, Art. 34 VwVG und Art. 38 VwVG (mangelhafte Eröffnung einer Verfügung) zu behandeln. 
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erweist sich damit als begründet und ist gutzuheissen, soweit darauf eingetreten wird. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zum Entscheid in der Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen.  
 
6.2. Da die Vorinstanz aufgrund der Rückweisung auch über die Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens neu wird zu entscheiden haben, erweist sich der Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das vorinstanzliche Verfahren als gegenstandslos.  
 
6.3. Für das bundesgerichtliche Verfahren werden bei diesem Verfahrensausgang keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren erweist sich mithin ebenfalls als gegenstandslos.  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten wird. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung VI, vom 8. November 2021 wird aufgehoben und die Angelegenheit zum Entscheid in der Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Bund (Staatssekretariat für Migration) hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung VI, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. Oktober 2022 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Der Gerichtsschreiber: C. Quinto