Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_485/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 24. Mai 2017  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiberin Mayhall. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Willensvollstrecker im Nachlass 
des B.B.________ sel. und der C.B.________ sel., 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Kantonales Steueramt Aargau, Rechtsdienst. 
 
Gegenstand 
Kantons- und Gemeindesteuern 2007; Liquidationsgewinn, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 22. April 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.B.________, verstorben am 27. April 2012, hatte am 20. Dezember 2007 das Grundstück Grundbuch (GB) U.________ Nr. xxxx, Parzelle Nr. xxx, verkauft (27,58 a in der Bauzone, 16,03 a in der Landwirtschaftszone, Rebland), wofür er (bzw. seine Rechtsnachfolger) am 16. Dezember 2013 für die Kantons- und Gemeindesteuern der Steuerperiode 2007 zu einem steuerbaren Einkommen von Fr. 839'900.-- und einem steuerbaren Vermögen von Fr. 1'370'000.-- veranlagt wurden. Gegen diese Veranlagung erhob der Willensvollstrecker im Nachlass von B.B.________ sel. und der C.B.________ sel. Einsprache, die teilweise gutgeheissen wurde (steuerbares Einkommen Fr. 745'266.--; steuerbares Vermögen Fr. 1'741'142.--). 
 
B.  
Am 24. September 2015 hob das Spezialverwaltungsgericht Steuern des Kantons Aargau den Einspracheentscheid vom 11. November 2014 auf, soweit darin über die Festlegung des steuerbaren Einkommens und Vermögens der Kantons- und Gemeindesteuern 2007 hinaus Feststellungen getroffen worden waren, und wies den Rekurs im Übrigen ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau wies die vom Willensvollstrecker im Nachlass von B.B.________ sel. und der C.B.________ sel. dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 22. April 2016 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde vom 23. Mai 2016 an das Bundesgericht beantragt der Willensvollstrecker im Nachlass von B.B.________ sel. und der C.B.________ sel., in Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 22. April 2016 sei das steuerpflichtige Einkommen kostenfällig mit Fr. 43'064.-- festzusetzen, also um den veranlagten Liquidationsgewinn von Fr. 702'136.-- herabzusetzen. Das Vermögen sei auf Fr. 861'000.-- herabzusetzen, reduziert um Fr. 880'000.-- gegenüber der Veranlagung, von Fr. 1'741'000.--. 
 
 
Die Vorinstanz schliesst auf kostenfällige Abweisung der Beschwerde, soweit Eintreten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Vorliegend hat der Willensvollstrecker im Nachlass von B.B.________ sel. und der C.B.________ sel. frist- (Art. 100 Abs. 1 BGG) und formgerecht (Art. 42 BGG) eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten eingereicht. Sie richtet sich gegen einen Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz auf dem Gebiet der  direkten Kantons- und Gemeindesteuern der Steuerperiode 2007. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist zulässig (Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG in Verbindung mit Art. 73 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden vom 14. Dezember 1990 [StHG; SR 642.14]).  
 
1.2. Der Beschwerdeführer, welcher den Prozess um Festsetzung von Steuerschulden des Nachlasses kraft seines Amtes als Prozessstandschafter in eigenem Namen, aber auf Rechnung des Nachlasses führt (BGE 129 V 113 E. 4.2 S. 116 ff.; 116 II 131 E. 3a S. 133 ff.; Urteile 4A_533/2013 vom 27. März 2014 E. 1.2; 5P.355/2006 vom 8. November 2006 E. 3.1), hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist mit seinen Anträgen unterlegen. Er ist zur Beschwerdeführung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Mit der Beschwerde können Rechtsverletzungen nach Art. 95 und Art. 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, sofern allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280 mit Hinweis). Die Verletzung von Grundrechten sowie von kantonalem und interkantonalem Recht untersucht es in jedem Fall nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Als spezialgesetzliche Bestimmung ermöglicht Art. 73 StHG dem Bundesgericht nicht nur die Prüfung der Vereinbarkeit der kantonalen Gesetzgebung mit den bundesrechtlichen Vorgaben des Steuerharmonisierungsgesetzes mit freier Kognition (wozu es sich bereits auf Art. 95 BGG stützen könnte), sondern, zur Herstellung der Konkordanz mit dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG, SR 642.11),auch die freie Überprüfung der Auslegung und Anwendung von harmonisiertem kantonalem Gesetzesrecht. In den Bereichen, in denen das Steuerharmonisierungsgesetz den Kantonen einen gewissen Gestaltungsspielraum belässt oder keine Anwendung findet, beschränkt sich die Kognition des Bundesgerichts auf Willkür (BGE 134 II 207 E. 2 S. 210; 130 II 202 E. 3.1 S. 205 f.; Urteile 2C_693/2014, 2C_694/2014 vom 4. März 2015 E. 2.1; 2C_153/2014 vom 4. September 2014 E. 1.2).  
 
2.  
Der Beschwerdeführer rügt, das verkaufte Grundstück habe im Zeitpunkt des Verkaufes formell dem Anwendungsbereich des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB; SR 211.412.21) unterstanden, weshalb der erzielte Erlös in Anwendung von § 27 Abs. 4 des Steuergesetzes vom 15. Dezember 1998 des Kantons Aargau (StG/AG) bzw. von Art. 8 Abs. 1 StHG privilegiert zu besteuern sei. 
 
2.1. Gewinne aus dem Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken werden auf Bundesebene nur bis zur Höhe der Anlagekosten der Einkommenssteuer aus selbständiger Erwerbstätigkeit unterworfen (Art. 18 Abs. 1 und Abs. 4 DBG); der Wertzuwachsgewinn bleibt - wie bei natürlichen Personen (Art. 16 Abs. 3 DBG) - steuerfrei (FELIX RICHNER, Landwirtschaftliche Grundstücke im Recht der harmonisierten Steuern, ZStP 4/2012 S. 295). Auf Kantonsebene werden die Gewinne ebenfalls bis zur Höhe der Anlagekosten mit der Einkommenssteuer erfasst (Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 StHG); der Wertzuwachsgewinn unterliegt wie bei natürlichen Personen ohne Geschäftsvermögen der Grundstückgewinnsteuer (RICHNER, a.a.O., S. 294 f.; Botschaft des Bundesrates über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke vom 11. März 2016, BBl 2016 1823 f.).  
 
2.2. Der Begriff des land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes wird im harmonisierten Recht nicht definiert. Das Bundesgericht hat in freier Prüfung dieses harmonisierten Begriffs erkannt, dass er nicht isoliert aus dem Steuerrecht heraus, sondern in gesetzessystematischer Hinsicht unter Berücksichtigung der Zwecksetzung des BGBB, des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) und des Bundesgesetzes über die Landwirtschaft vom 29. April 1998 (LwG; 910.1) auszulegen sei (BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 36; Urteile 2C_873/2011 vom 22. Oktober 2012 E. 5.1; 2C_539/2010 vom 15. Dezember 2010 E. 3.2; vgl. zur Kritik an dieser Rechtsprechung RICHNER, a.a.O., S. 288). Die steuerliche Privilegierung von landwirtschaftlichen Grundstücken im Sinne von Art. 12 Abs. 1 StHG rechtfertigt sich grundsätzlich nur, wenn die für die Anwendbarkeit des BGBB aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 36, E. 2.3.1 S. 38 f.; Urteile 2C_873/2011 vom 22. Oktober 2012 E. 5.1; 2C_539/2010 vom 15. Dezember 2010 E. 3.2). Dies ist hauptsächlich der Fall, wenn das Grundstück ausserhalb der Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG liegt und eine landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist (Art. 2 Abs. 1 BGBB) oder wenn einer der vier weiteren, spezifisch in Art. 2 Abs. 2 BGBB genannten Fälle vorliegt (BGE 138 II 32 E. 2.2.1 S. 37, E. 2.3.2 S. 39; WERNER SALZMANN, BGE 2C_11/2011: Urteil des Bundesgerichts vom 2. Dezember 2011 i.S. Besteuerung von Kapitalgewinn aus der Veräusserung von Bauland im Geschäftsvermögen von Landwirten, Blätter für Agrarrecht, 2015 [Heft 1/3], S. 8). Die herrschende bundesgerichtliche Praxis führt dazu, dass die Liegenschaften im Geschäftsvermögen eines Landwirtschaftsbetriebs in land- und forstwirtschaftliche und nicht land- und forstwirtschaftliche Grundstücke zu unterteilen sind (SALZMANN, a.a.O., S. 9).  
 
2.3. Vorliegend ist unbestritten, dass das verkaufte Grundstück im massgeblichen Zeitpunkt bei zutreffender Betrachtungsweise formell dem BGBB unterstanden hätte (angefochtenes Urteil, E. 2.1, S. 5), und der mit diesem Verkauf realisierte Gewinn konsequenterweise der privilegierten Besteuerung von Art. 8 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 StHG unterliegen würde. Gemäss dem angefochtenen Urteil wurde das betreffende Grundstück jedoch in Missachtung der anwendbaren Vorschriften des BGBB zwecks Überbauung veräussert. Der Beschwerdeführer behauptet zwar, es liege keine BGBB-widrige Veräusserung vor. Er begründet dies aber nur damit, das Grundstück sei nach wie vor dem BGBB unterstellt. Hingegen bestreitet er nicht, dass der Verkauf freihändig erfolgte, ohne Ausnahmebewilligung nach Art. 64 BGBB und zu einem Preis, der höher lag als der nach Art. 66 BGBB zulässige Erwerbspreis. Mithin widersprach die Veräusserung dem BGBB. Die Auffassung des Beschwerdeführers, die Höchstpreisvorschriften würden nicht für den Baulandabschnitt gelten, würde nur zutreffen, wenn das Grundstück zuvor entlang der Zonengrenzen aufgeteilt worden wäre, was dann zur Folge gehabt hätte, dass der Baulandanteil nicht mehr dem BGBB unterstellt gewesen wäre (Art. 2 Abs. 2 lit. c BGBB). Damit wäre aber ebenfalls die privilegierte Besteuerung entfallen. Der Beschwerdeführer macht auch nicht geltend, das Kaufgeschäft sei gemäss Art. 70 ff. BGBB rückgängig gemacht worden. Unter diesen Umständen ist die zivilrechtliche Rechtsgestaltung (in Form der von den Beteiligten tatsächlich abgeschlossenen Verträge) auch der steuerlichen Beurteilung zu Grunde zu legen (Urteile 2C_342/2016,2C_343/2016 vom 23. Dezember 2016 E. 3.2.1). Entsprechend unterliegt der aus der Veräusserung erzielte Gewinn nicht der privilegierten, sondern der üblichen Besteuerung. Denn andernfalls würde der Beschwerdeführer steuerlich davon profitieren, dass er das Gesetz nicht eingehalten hat, was mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre (BGE 141 I 78 E. 9.4 S. 92 f. und E. 9.5 S. 93 ff.). In Wirklichkeit beruft sich der Beschwerdeführer rechtsmissbräuchlich auf die Unterstellung des Grundstücks unter das BGBB, nachdem der Rechtsvorgänger unter Umgehung dieses Gesetzes einen höheren Verkaufspreis erzielt hat als bei Einhaltung des Gesetzes möglich gewesen wäre. Dieses Verhalten verdient keinen Rechtsschutz. Die Beschwerde erweist sich in Bezug auf das Einkommen als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
3.  
Auch in Bezug auf das Vermögen erweist sich die Beschwerde als unbegründet: Die Vorinstanz hat festgestellt, dass der Anspruch auf den ganzen Kaufpreis bereits im Jahre 2007 entstanden ist. Das isteine für das Bundesgericht verbindliche Sachverhaltsfeststellung (Art. 105 Abs. 1 BGG). Damit ist zu Recht auch der per Ende 2007 noch ausstehende Kaufpreisanteil dem steuerbaren Vermögen zugerechnet worden. Die Beschwerde ist vollständig abzuweisen. 
 
4.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen werden nicht gesprochen (Art. 68 Abs. 1 e contrario BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 24. Mai 2017 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Mayhall