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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_636/2017  
 
 
Urteil vom 6. Juli 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Haag, 
Gerichtsschreiberin Genner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Roman Kern, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Thurgau, Langfeldstrasse 53a, 8500 Frauenfeld, 
Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld. 
 
Gegenstand 
Widerruf der Niederlassungsbewilligung und Wegweisung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 17. Mai 2017 (VG.2016.158). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wurde am 9. Mai 1992 als türkischer Staatsangehöriger in der Schweiz geboren und erhielt die Niederlassungsbewilligung. Am 15. August 2007 stellte er ein Einbürgerungsgesuch. Das kantonale Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen empfahl ihm am 23. April 2008, das Gesuch zurückzuziehen. Die Empfehlung beruhte auf der Einschätzung des Stadtrats von Kreuzlingen, wonach A.________ kaum Kenntnisse über das Staats- und Gemeindewesen habe und über die örtlichen, kantonalen und schweizerischen Verhältnisse zu wenig informiert sei. 
A.________ erwirkte zunächst folgende Strafurteile: 
 
- Strafbefehl vom 17. Januar 2013: Busse von Fr. 150.-- wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (begangen zwischen 1. August 2012 und 24. November 2012); 
- Strafbefehl vom 12. Juni 2015: Busse von Fr. 100.-- wegen Führens eines Personenwagens, der sich nicht in vorschriftsgemässem Zustand befand (begangen am 1. März 2015); 
- Urteil des Bezirksgerichts Kreuzlingen vom 21. Oktober 2015: Freiheitsstrafe von 30 Monaten, davon 24 Monate bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, und Busse von Fr. 300.-- wegen mehrfachen Raubs, mehrfachen versuchten Raubs, mehrfacher Nötigung, versuchter Nötigung, mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfachen versuchten Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes und Vergehens gegen das Waffengesetz (begangen zwischen 12. September 2012 und 22. März 2013). 
 
B.   
Am 6. Mai 2016 stellte das Migrationsamt des Kantons Thurgau A.________ den Widerruf der Niederlassungsbewilligung in Aussicht und gewährte ihm das rechtliche Gehör. A.________ äusserte sich am 10. Juni 2016 zur Sache. 
Während des Widerrufsverfahrens ergingen folgende Strafurteile: 
 
- Strafbefehl vom 31. Mai 2016: Geldstrafe von 30 Tagessätzen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren, und Busse von Fr. 450.-- wegen Vergehens gegen das Waffengesetz (begangen am 18. Mai 2016) und Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (begangen zwischen 21. Oktober 2015 und 18. Mai 2016); 
- Strafbefehl vom 14. Juli 2016: Busse von Fr. 150.-- wegen Widerhandlung gegen das (kantonale) Gastgewerbegesetz (begangen zwischen 11. März 2016 und 5. April 2016). 
Am 2. August 2016 widerrief das Migrationsamt die Niederlassungsbewilligung und wies A.________ aus der Schweiz weg. Die dagegen erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Entscheid des Departements für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau vom 21. Oktober 2016; Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 17. Mai 2017). 
 
C.  
A.________ erhebt am 13. Juli 2017 Beschwerde beim Bundesgericht mit den Anträgen, die kantonalen Rechtsmittelentscheide seien aufzuheben und es sei vom Widerruf der Niederlassungsbewilligung abzusehen. Von der Wegweisung sei abzusehen und die Niederlassungsbewilligung sei zu verlängern. 
Das Verwaltungsgericht, das Departement für Justiz und Sicherheit sowie das Migrationsamt schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Staatssekretariat für Migration hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. A.________ hat am 22. September 2017 repliziert. 
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde ist am 17. Juli 2017 durch einen Nichteintretensentscheid erledigt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den Widerruf der Niederlassungsbewilligung ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (BGE 135 II 1 E. 1.2.1 S. 4; Urteil 2C_334/2017 vom 9. April 2018 E. 1.1). Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen (Form, Frist und Legitimation gemäss Art. 42, Art. 100 Abs. 1 und Art. 89 Abs. 1 BGG) sind erfüllt. Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten, soweit damit die Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung beantragt wird.  
 
1.2. Die Niederlassungsbewilligung wird unbefristet erteilt (Art. 34 Abs. 1 AuG). Der Antrag, die Niederlassungsbewilligung sei zu verlängern, ist obsolet, weshalb darauf nicht einzutreten ist.  
 
1.3. Gegen den Wegweisungsentscheid ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Es ist zu prüfen, ob der entsprechende Antrag als subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG entgegengenommen werden kann. Gegen Wegweisungsentscheide, mit denen Vollzugshindernisse durch kantonale Behörden verneint werden, steht die subsidiäre Verfassungsbeschwerde offen, wenn sich die betroffene ausländische Person auf besondere verfassungsmässige Rechte berufen kann, die ihr unmittelbar ein rechtlich geschütztes Interesse im Sinn von Art. 115 lit. b BGG verschaffen (BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310; Urteile 2C_53/2016 vom 23. Juni 2016 E. 5.1; 2D_58/2012 vom 23. Oktober 2012 E. 2.1). Derartige Rechte sind etwa der Schutz des Lebens (Art. 10 Abs. 1 BV bzw. Art. 2 EMRK), das Verbot jeder Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (Art. 10 Abs. 3 BV bzw. Art. 3 EMRK) oder das Verbot einer Ausschaffung in einen Staat, in welchem der betroffenen Person Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht (Art. 25 Abs. 3 BV). Die entsprechenden Rügen müssen jeweils rechtsgenügend begründet werden (Art. 116 BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 II 305 E. 3.3 S. 310).  
Der Beschwerdeführer rügt keines der erwähnten besonderen verfassungsmässigen Rechte als verletzt. Die innenpolitischen Spannungen und Ausschreitungen in der Türkei stellen für ihn keine konkrete Bedrohung der erwähnten besonderen Grundrechte dar. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist somit unzulässig. Auf den Antrag auf Aufhebung des Wegweisungsentscheids ist nicht einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 139 I 229 E. 2.2 S. 232; 136 II 304 E. 2.5 S. 314).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140 III 115 E. 2). Die beschwerdeführende Partei kann die Feststellung des Sachverhalts unter den gleichen Voraussetzungen beanstanden, wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).  
 
2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.3.1. Tatsachen oder Beweismittel, welche sich auf das vorinstanzliche Prozessthema beziehen, sich jedoch erst nach dem angefochtenen Entscheid ereignet haben oder entstanden sind, können von vornherein nicht durch das angefochtene Urteil veranlasst worden sein (vgl. Urteil 2C_804/2016 vom 21. März 2017 E. 2.3 mit Hinweis). Diese so genannten "echten Noven" sind im bundesgerichtlichen Verfahren in jedem Fall unzulässig (BGE 139 III 120 E. 3.1.2; 133 IV 342 E. 2.1 S. 344). Diese Schranke gilt für alle Verfahrensbeteiligten.  
Die vom Migrationsamt eingereichten Beweismittel, welche nach dem 17. Mai 2017 datieren, sind als echte Noven im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. 
 
2.3.2. Art. 99 Abs. 1 BGG zielt auf Tatsachen ab, die erst durch das angefochtene Urteil rechtserheblich werden. Solche sogenannte "unechte Noven" sind beispielsweise zulässig, wenn die Vorinstanz ein neues rechtliches Argument anführt, mit dem die Partei zuvor nicht konfrontiert worden war (vgl. Urteil 2C_53/2016 vom 23. Juni 2016 E. 2.3.2). Unzulässig sind hingegen neue Tatsachen, die bereits der Vorinstanz hätten vorgelegt werden können (BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 129).  
Die Mailanfrage der Zollbehörde vom 4. März 2017 und den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Rückreisevisums vom 10. Februar 2017 hätte das Migrationsamt im Verfahren vor der Vorinstanz einreichen können. Es handelt sich um unzulässige unechte Noven im Sinn von Art. 99 Abs. 1 BGG
 
3.  
 
3.1. Die Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn die ausländische Person zu einer längerfristigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde oder gegen sie eine strafrechtliche Massnahme im Sinne von Art. 64 oder Art. 61 StGB (SR 311.0) angeordnet wurde (Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG [SR 142.20] i.V.m. Art. 62 lit. b AuG in der hier noch anwendbaren, bis am 30. September 2016 gültig gewesenen Fassung vom 16. Dezember 2005 [AS 2007 5437 5455]). Als längerfristig im Sinn von Art. 62 Abs. 1 lit. b AuG gilt eine Freiheitsstrafe, welche die Dauer eines Jahres überschreitet (BGE 137 II 297 E. 2.1 S. 299; 135 II 377 E. 4.2 S. 379). Dieser Widerrufsgrund gilt auch für ausländische Personen, die sich - wie der Beschwerdeführer - im Zeitpunkt des Widerrufs seit mehr als 15 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz aufhalten (Art. 63 Abs. 2 AuG in der hier noch anwendbaren, bis am 31. Dezember 2017 gültig gewesenen Fassung vom 16. Dezember 2005 [AS 2007 5437 5456]).  
 
3.2. Der Widerruf einer Niederlassungsbewilligung ist nur zulässig, wenn er sich als verhältnismässig im Sinn von Art. 96 Abs. 1 AuG und allenfalls Art. 8 Ziff. 2 EMRK erweist.  
 
3.2.1. Gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in die Garantien nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK statthaft, wenn er gesetzlich vorgesehen ist und in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Die Konvention verlangt damit eine Abwägung zwischen den privaten Interessen am Fortbestand der Bewilligung und den öffentlichen Interessen an deren Widerruf, wobei Letztere in dem Sinn überwiegen müssen, dass sich der Eingriff als notwendig erweist (BGE 142 II 35 E. 6.1 S. 46; 139 I 145 E. 2.2 S. 147 f.; 135 I 153 E. 2.2.1 S. 156; 135 I 143 E. 2.1 S. 147; 122 II 1 E. 2 S. 6 mit Hinweisen).  
 
3.2.2. Die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Schweizer Freundin fällt nicht in den Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK: Weder lebte das Paar im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils in einem stabilen Konkubinat, noch lagen konkrete Pläne für eine Heirat vor (vgl. Urteile 2C_804/2016 vom 21. März 2017 E. 4.1; 2C_97/2010 vom 4. November 2010 E. 3; 2C_225/2010 vom 4. Oktober 2010 E. 2.2). Der Beschwerdeführer kann sich somit nicht auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK als Recht auf Achtung des Familienlebens berufen.  
Das Gleiche gilt für das Verhältnis des Beschwerdeführers zu seiner Mutter und seinen Geschwistern, mit denen er im Zeitpunkt des angefochtenen Urteils zusammenlebte: Hinsichtlich Beziehungen zwischen nahen Verwandten ausserhalb der Kernfamilie, namentlich solchen von erwachsenen Kindern zu ihren Eltern (oder Geschwistern), setzt die Berufung auf Art. 8 Ziff. 1 EMRK voraus, dass die ausländische Person sich in einem besonderen, über die normalen affektiven Bindungen hinausgehenden Abhängigkeitsverhältnis zum anwesenheitsberechtigten Elternteil (oder Geschwister) befindet (BGE 137 I 154 E. 3.4.2 S. 159; 129 II 11 E. 2 S. 14; Urteile 2C_804/2016 vom 21. März 2017 E. 4.1; 2C_147/2014 vom 26. September 2014 E. 5.4). Anhaltspunkte für solche aussergewöhnlichen Umstände - wie etwa eine Behinderung oder eine schwere Krankheit - sind nicht vorhanden. 
 
3.2.3. Unabhängig vom Vorliegen einer familiären Beziehungen kann eine ausländerrechtliche Fernhaltemassnahme Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privatlebens) verletzen, namentlich bei Ausländern der zweiten Generation (BGE 140 II 129 E. 2.2). Der Beschwerdeführer ist in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Unter dem Aspekt des Rechts auf Privatleben ist somit eine Interessenabwägung im Sinn von Art. 8 Ziff. 2 EMRK vorzunehmen. Diese entspricht den Vorgaben von Art. 96 Abs. 1 AuG, wobei dort der Grad der Integration ausdrücklich erwähnt wird.  
 
3.2.4. Die Zulässigkeit eines Eingriffs in das Recht auf Achtung des Privatlebens beurteilt sich nach folgenden Kriterien: (1) Art und Schwere der vom Betroffenen begangenen Straftat (en), (2) Dauer des Aufenthalts in dem Staat, aus dem er weggewiesen werden soll, (3) Zeitablauf seit der Begehung des Delikts und das Verhalten des Betroffenen während dieser Zeitspanne, (4) Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen sowie (5) Intensität der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsland (Urteil des EGMR  Shala gegen Schweiz vom 15. November 2012 [Nr. 52873/09] § 45; BGE 139 I 31 E. 2.3.3 S. 34 f.).  
 
3.2.5. Die Niederlassungsbewilligung einer ausländischen Person, die sich schon seit langer Zeit hier aufhält, soll nur mit besonderer Zurückhaltung widerrufen werden, doch ist dies bei wiederholter bzw. schwerer Straffälligkeit selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn sie hier geboren ist und ihr ganzes bisheriges Leben im Land verbracht hat. In solchen Fällen muss selbst ein geringes Restrisiko weiterer Delinquenz nicht in Kauf genommen werden (BGE 139 I 31 E. 2.3.2 S. 34). Handelt es sich um ausländische Personen, die - wie der Beschwerdeführer - nicht in den Anwendungsbereich des FZA (SR 0.142.112.681) fallen, dürfen auch generalpräventive Gesichtspunkte in die Beurteilung einfliessen (Urteile 2C_145/2016 vom 14. November 2016 E. 3.3; 2C_53/2016 vom 23. Juni 2016 E. 4.3.1; 2C_260/2016 vom 6. Juni 2016 E. 2.2 mit Hinweisen).  
 
3.2.6. Ausgangspunkt für das migrationsrechtliche Verschulden ist die vom Strafgericht ausgesprochene Strafe (BGE 134 II 10 E. 4.2 S. 23; 129 II 215 E. 3.1 S. 216). Geht es um Straftaten, welche der betreffende Ausländer als Minderjähriger begangen hat, lässt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die allgemeine Erfahrung darauf schliessen, dass Jugendliche sich in Entwicklung befinden, ihre Delinquenz als episodisch erscheint und mit dem Übertritt ins Erwachsenenalter vielfach aufhört (vgl. Urteile des EGMR  Emre gegen Schweiz [Nr. 1] vom 22. Mai 2008 [42034/04] § 74;  Maslov gegen Österreich vom 23. Juni 2008 [Nr. 1638/03]) § 75). In derartigen Konstellationen kommt dem Kriterium des Zeitablaufs seit der Tatbegehung und einem Wohlverhalten während dieser Zeitspanne im Hinblick auf die Beurteilung des Rückfallrisikos eine erhöhte Tragweite zu (Urteile 2C_795/2010 vom 1. März 2011 E. 3.3; 2C_18/2009 vom 7. September 2009 E. 2.3; 2C_98/2009 vom 10. Juni 2009 E. 2.5-2.7). Von entscheidender Bedeutung für die Interessenabwägung ist aber auch, ob es sich bei den begangenen (Jugend-) Straftaten um Gewaltdelikte handelt (Urteil des EGMR  Maslov §§ 81 und 84 f.).  
 
4.  
Der Beschwerdeführer anerkennt, dass aufgrund der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten der Widerrufsgrund nach Art. 63 Abs. 1 lit. a AuG i.V.m. Art. 62 lit. b AuG (vgl. E. 3.1) erfüllt ist. Zu prüfen bleibt die Verhältnismässigkeit der Massnahme. 
 
4.1. Das öffentliche Interesse am Widerruf der Bewilligung stellt sich folgendermassen dar:  
 
4.1.1. Der Beschwerdeführer wurde am 21. Oktober 2015 zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt. Dem Urteil lagen verschiedene Straftaten zugrunde; unter diesen kommt dem mehrfachen Raub und dem mehrfachen versuchten Raub das grösste Gewicht zu. Die Strafe wurde zu einem grossen Teil bedingt ausgesprochen, was Ausdruck der guten Prognose des Strafgerichts ist (vgl. Urteil des Bezirksgerichts Kreuzlingen vom 2. Oktober 2015 E. 5k und 5l). Der Beschwerdeführer war nicht einschlägig vorbestraft: Vor der verfahrensauslösenden Verurteilung vom 21. Oktober 2015 hatte er sich zweimal einer Übertretung schuldig gemacht. Die Vorinstanz hat zu Unrecht einen dritten Strafbefehl vom 18. Mai 2015 (Busse von Fr. 300.--) angeführt. Dieser Strafbefehl wurde durch den Strafbefehl vom 12. Juni 2015 (Busse von Fr. 100.--) ersetzt, was auf Letzterem klar vermerkt und daher zu berücksichtigen ist (vgl. E. 2.2). Somit hat der Beschwerdeführer je eine Busse von Fr. 150.-- und von Fr. 100.-- erwirkt, bevor das Urteil des Bezirksgerichts Kreuzlingen vom 21. Oktober 2015 erging. Er kann daher quasi als Ersttäter gelten.  
 
4.1.2. Indessen erwirkte der Beschwerdeführer nur wenige Monate nach der verfahrensauslösenden Verurteilung zwei weitere Strafbefehle, wobei er die zugrundeliegenden Delikte teils vor, teils nach der Einleitung des Widerrufsverfahrens am 6. Mai 2016 beging. Wenngleich - wie schon bei den geringfügigen Vorstrafen - keine hohen Rechtsgüter betroffen waren, offenbart diese erneute Delinquez doch eine gewisse Geringschätzung der Rechtsordung. Der Beschwerdeführer hat offensichtlich den Ernst der Lage verkannt, als er - trotz der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten - erneut gegen das Betäubungsmittelgesetz verstiess, wenn auch nur in Form einer Übertretung (Strafbefehl vom 31. Mai 2016). Die Geldstrafe wegen Vergehens gegen das Waffengesetz (Strafbefehl vom 31. Mai 2016) beruhte darauf, dass der Beschwerdeführer beim Grenzübergang in die Schweiz im Ablagefach des Personenwagens, in dem er als Beifahrer sass, ein Elektroschockgerät in Form einer Taschenlampe mit sich führte. Der Busse von Fr. 150.-- (Strafbefehl vom 14. Juli 2016) lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer als Gast eines Hotels einen falschen Namen angegeben hatte, um zu verhindern, dass jemand von seiner Übernachtung im Hotel erführe.  
 
4.1.3. Die Delikte, welche der Beschwerdeführer vor und nach der verfahrensauslösenden Verurteilung vom 21. Oktober 2015 begangen hat, wiegen für sich genommen nicht schwer. Insgesamt fallen jedoch die Anzahl und Häufung der Delikte negativ auf. So wurde der Beschwerdeführer zwei Mal wegen Vergehens gegen das Waffengesetz und drei Mal wegen (teilweise mehrfach begangener) Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz bestraft. In Verbindung mit den schweren Delikten, welche zur Freiheitsstrafe von 30 Monaten führten, ergibt sich das Bild einer über Jahre dauernden Straffälligkeit (Herbst 2012 bis Frühling 2016). Das Verschulden wird gemildert durch den Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der Begehung der Raubtaten erst 20 Jahre alt war. Auf ihn als jungen Erwachsenen ist - mutatis mutandis - die Rechtsprechung des EGMR anwendbar, wonach jugendliche Delinquenz episodisch verläuft und sich verlieren kann (vgl. E. 3.2.6). Hier fällt jedoch ins Gewicht, dass es sich um Gewaltdelikte handelt und das Strafmass mit 30 Monaten im Vergleich zur Schwelle von 12 Monaten (vgl. E. 3.1) relativ hoch ist. Zudem kann dem Beschwerdeführer weder für die Zeit vor der verfahrensauslösenden Verurteilung vom 21. Oktober 2015 noch für die Zeit danach ein reines Wohlverhalten attestiert werden.  
 
4.1.4. Der Beschwerdeführer gibt an, er sei bereits einmal verwarnt worden. Die Vorinstanz erwähnt jedoch keine (fremdenpolizeiliche) Verwarnung; eine entsprechende Verfügung ist - soweit ersichtlich - in den Akten nicht vorhanden. Es ist daher davon auszugehen (vgl. E. 2.2), dass der Beschwerdeführer nie verwarnt wurde. Es ist wünschbar, dass bei der ersten einschlägigen Verurteilung eines sehr jungen Täters, der in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, eine ausländerrechtliche Verwarnung ergeht, auch wenn der Widerrufsgrund erfüllt ist ("letzte Chance", vgl. Urteil 2C_94/2016 vom 2. November 2016 E. 3.4).  
Liegt unmittelbar eine schwere Delinquenz vor, kann diese ohne vorgängige Verwarnung direkt zu einem Widerruf führen (vgl. Urteile 2C_516/2014 vom 24. März 2015 E. 6; 2C_480/2013 vom 24. Oktober 2013 E. 4.5.3). So verhält es sich hier: Als der Beschwerdeführer den Strafbefehl vom 17. Januar 2013 erwirkte, hatte sich der erste Vorfall (13. September 2012) wegen Raubs, Nötigung und Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz bereits ereignet; das Ermittlungsverfahren war im Gang. Weder die zwei Tage Untersuchungshaft Ende November 2012 noch der Strafbefehl vom 17. Januar 2013 hielten den Beschwerdeführer davon ab, seine Delinquenz fortzusetzen (Vorfälle von Februar und März 2013). Eine Verwarnung hätte sich allenfalls noch aufgrund des jungen Alters des Beschwerdeführers aufgedrängt. Dieser liess sich jedoch auch durch den teilbedingten Strafvollzug im Zusammenhang mit der Verurteilung zu der Freiheitsstrafe von 30 Monaten nicht beeindrucken (vgl. E. 4.1.2), so dass fraglich ist, welche Wirkung eine Verwarnung auf ihn gehabt hätte. Sein Verschulden erscheint durch die Tatsache, dass das Migrationsamt auf eine Warnung verzichtete, nur geringfügig reduziert. 
 
4.1.5. Mit Blick auf die Schwere der Straftaten und das Verhalten des Beschwerdeführers während des laufenden Strafverfahrens und des Widerrufsverfahrens ist das sicherheitspolizeiliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts als erheblich einzustufen.  
 
4.2. Den öffentlichen Interessen am Widerruf der Bewilligung sind die privaten Interessen an deren Aufrechterhaltung gegenüberzustellen.  
 
4.2.1. Der Beschwerdeführer hat aufgrund der Tatsache, dass er in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, ein grosses Interesse an einem Verbleib in der Schweiz.  
 
4.2.2. Seine berufliche Integration ist sehr gut; er hat eine Lehre als Produktionsmechaniker abgeschlossen und war immer erwerbstätig. In sozialer Hinsicht ist zu erwähnen, dass seine Freundin die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzt. Es kann auch daraus, dass dem Beschwerdeführer im April 2008 der Rückzug des Einbürgerungsgesuchs nahegelegt wurde, nichts zu seinen Ungunsten abgeleitet werden, war er doch in jenem Zeitpunkt noch nicht einmal 16 Jahre alt; zudem ist über die näheren Umstände dieses Einbürgerungsgesuchs nichts bekannt. Der Beschwerdeführer darf als gut integriert gelten, wenngleich die Straffälligkeit das Bild trübt.  
 
4.2.3. Ob der Beschwerdeführer nur über rudimentäre Türkischkenntnisse verfügt, wie er vorbringt, kann (und muss) offenbleiben (die Vorinstanz hat ohne einschlägige Indizien angenommen, der Beschwerdeführer spreche gut Türkisch), denn es kann ihm zugemutet werden, entsprechende Lücken zu schliessen. Mit seiner Ausbildung dürfte es ihm in der Türkei nicht übermässig schwerfallen, eine neue Existenz aufzubauen.  
 
4.2.4. Zusammenfassend ist das private Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz als relativ hoch einzustufen, insbesondere weil er hier geboren und aufgewachsen und beruflich sehr gut integriert ist. Die Wirkung des Einschnitts ist jedoch insofern zu relativieren, als der Beschwerdeführer ledig und kinderlos ist, weshalb das Recht auf Achtung des Familienlebens nicht berührt ist (vgl. E. 3.2.2).  
 
4.3. Insgesamt überwiegen die öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts die zwar anerkennenswerten, aber nicht herausragenden privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz. Der Widerruf der Niederlassungsbewilligung erweist sich als verhältnismässig.  
 
5.  
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Auf die (sinngemäss erhobene) subsidiäre Verfassungsbeschwerde betreffend Wegweisung ist nicht einzutreten. 
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Es ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Staatssekretariat für Migration schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 6. Juli 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Die Gerichtsschreiberin: Genner