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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_223/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 30. April 2014  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Herrmann, Bovey, 
Gerichtsschreiber Möckli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. C.________, 
2. D.________, 
beide vertreten durch Rechtsanwältin Birgitta Brunner, 
Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Anweisung an den Schuldner (Unterhalt), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 5. Februar 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
B.________ (1973) und A.________ (1966) heirateten am 10. Dezember 1998. Sie haben die gemeinsamen Kinder C.________ (März 1999) sowie die Zwillinge D.________ und E.________ (April 2000). Seit dem Jahr 2002 sind die Parteien getrennt, wobei die drei Kinder zunächst unter der Obhut der Mutter lebten. A.________ ging eine neue Beziehung ein, aus welcher die Zwillinge F.________ und G.________ (Juli 2011) stammen. Seit Februar 2012 lebt E.________ unter der Obhut des Vaters; C.________ und D.________ leben unverändert unter der Obhut der Mutter. 
 
B.   
Das Getrenntleben der Parteien wurde erstmals mit Eheschutzverfügung vom 6. März 2002 geregelt. Mit Scheidungsurteil vom 3. Mai 2010 stellte das Bezirksgericht Zürich die drei gemeinsamen Kinder unter die elterliche Sorge der Mutter. Mit Urteil vom 6. Dezember 2012 trug das Obergericht des Kantons Zürich der geänderten Situation Rechnung, indem es E.________ im Rahmen der vorsorglichen Massnahmen mit Wirkung ab 1. Februar 2012 unter die Obhut und im Rahmen der Scheidung unter die elterliche Sorge des Vaters stellte. In Bezug auf die Unterhaltsregelung verpflichtete es diesen zu Beiträgen für die beiden unter der elterlichen Sorge der Mutter stehenden Kinder C.________ und D.________ von je Fr. 520.-- ab Rechtskraft des Scheidungsurteils bis April 2016 und von je Fr. 800.-- ab Mai 2016 bis zum ordentlichen Abschluss einer angemessenen Ausbildung der Kinder. Dagegen erhob der Vater beim Bundesgericht eine Beschwerde, wobei er keine aufschiebende Wirkung verlangte. Mit Urteil 5A_86/2013 vom 12. März 2014 modifizierte das Bundesgericht die Unterhaltsbeiträge teilweise, wobei die vorliegend interessierenden Unterhaltsbeiträge an C.________ und D.________ von je Fr. 520.-- für die Zeit bis April 2016 unverändert belassen wurden. 
 
C.   
Mit Gesuch um Schuldneranweisung vom 9. September 2013 verlangten C.________ und D.________, vertreten durch ihre Mutter, die H.________ als Arbeitgeberin des Vaters sei anzuweisen, die mit Beschluss des Obergerichts Zürich vom 6. Dezember 2012 festgelegten Unterhaltsbeiträge von insgesamt Fr. 1'040.-- zzgl. Kinderzulagen ab Oktober 2013 direkt auf ein (näher bezeichnetes) Konto der Mutter zu überweisen. Mit Urteil vom 18. Dezember 2013 erliess das Bezirksgericht Zürich eine entsprechende Schuldneranweisung. Das Obergericht des Kantons Zürich trat mit Beschluss und Urteil vom 5. Februar 2014 auf das Ausstandsbegehren nicht ein und wies das Sistierungsgesuch und den Antrag auf Anordnung von Kindesschutzmassnahmen ab; in der Sache selbst wies es die H.________ als Arbeitgeberin an, ab sofort die Unterhaltsbeiträge von insgesamt Fr. 1'040.-- auf das Konto der Mutter zu überweisen. Ferner wies es das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab. 
 
D.   
In Bezug auf die Abweisung der unentgeltlichen Rechtspflege und die Schuldneranweisung hat A.________ am 17. März 2014 eine Beschwerde erhoben. Eventualiter verlangt er die Sistierung bis zum erfolgten Entscheid im Verfahren 5A_86/2013 und subeventualiter die Rückweisung der Sache zur Bestimmung seines Existenzminimums und des prozentualen Anteils der Kinder. Ferner verlangt er die unentgeltliche Rechtspflege. Mit Präsidialverfügung vom 9. April 2014 wurde der Antrag auf aufschiebende Wirkung abgewiesen. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Bei der Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB geht es nicht um eine Zivilsache, sondern um eine privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme sui generis (BGE 110 II 9 E. 1 S. 12 ff.; 130 III 489 E. 1 S. 491 f.), die allerdings in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht, so dass die Beschwerde in Zivilsachen grundsätzlich zulässig ist (Art. 72 Abs. 2 lit. b BGG; BGE 137 III 193 E. 1.1 S. 195 f.). Der erforderliche Streitwert ist erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die vorliegend interessierenden Kinderunterhaltsbeiträge wurden in einem Scheidungsurteil festgesetzt und die darauf beruhende Schuldneranweisung ist als materielles Endurteil zu werten, weshalb alle Vorbringen im Sinn von Art. 95 f. BGG möglich sind (BGE 137 III 193 E. 1.2 S. 196 f.). 
 
2.   
Die Schuldneranweisung gemäss Art. 291 ZGB setzt voraus, dass der Schuldner die in einem Urteil festgesetzten Unterhaltspflichten gegenüber den Kindern ganz oder teilweise nicht erfüllt. Diesfalls ist die Anweisung für den im Unterhaltstitel festgesetzten Betrag grundsätzlich auszusprechen, ohne dass sich der Anweisungsrichter mit dem Sachverhalt und den rechtlichen Themen des Eheschutz- oder Scheidungsverfahrens erneut befasst (Urteile 5A_791/2012 vom 18. Januar 2013 E. 3; 5A_578/2011 vom 11. Januar 2012 E. 2.1). Der in Art. 291 ZGB vorgesehene Rechtsbehelf stellt nämlich eine Vollstreckungsmassnahme dar und hat dienende Funktion, d.h. es soll damit die Eintreibung der Unterhaltsbeiträge erleichtert werden (Urteil 5A_221/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 4.3). Gleichwohl dürfen die grundlegenden Persönlichkeitsrechte des Rentenschuldners nicht verletzt werden (BGE 110 II 9 E. 4 S. 15 f.). Im Rahmen der Anweisung sind deshalb die Grundsätze über die Festsetzung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums bei der Lohnpfändung dann sinngemäss anzuwenden, wenn sich die Lage des Unterhaltsschuldners seit Erlass des Unterhaltstitels in einer Weise verschlechtert hat, dass die Anweisung in sein Existenzminimum eingreift (Urteile 5A_791/2012 vom 18. Januar 2013 E. 3; 5A_578/2011 vom 11. Januar 2012 E. 2.1; 5P.85/2006 vom 5. April 2006 E. 2; 5P.138/2004 vom 3. Mai 2004 E. 5.3). 
 
3.   
Das Obergericht hat zusammengefasst erwogen, dass der Beschwerdeführer im Verfahren 5A_86/2013 vor Bundesgericht keine aufschiebende Wirkung verlangt habe, weshalb der in Ziff. 5 des obergerichtlichen Urteils vom 6. Dezember 2012 festgesetzte Kindesunterhalt vollstreckbar geworden sei. Seit diesem Urteil seien keine Veränderungen mit finanziellem Einfluss eingetreten (E.________ wohne zwar seit dem 15. Oktober 2013 im Wohn- und Tageszentrum I.________, was sich aber infolge Kostengutsprache des Sozialzentrums J.________ nicht finanziell auswirke). Was der Beschwerdeführer zu seinem Bedarf ausführe, betreffe vielmehr die materielle Situation, welche im Urteil vom 6. Dezember 2012 umfassend beurteilt worden sei und deshalb im Zusammenhang mit der Schuldneranweisung nicht neu überprüft werden könne. Ferner hat das Obergericht festgehalten, dass der Beschwerdeführer seinen Verpflichtungen unbestrittenermassen lückenhaft nachgekommen sei, weshalb das Bezirksgericht zu Recht eine Schuldneranweisung verfügt habe. 
 
4.   
In erster Linie wiederholt der Beschwerdeführer auch vor Bundesgericht seine materiellen Anliegen, die bereits Gegenstand des obergerichtlichen Urteils vom 6. Dezember 2012 waren und identisch in der Beschwerde 5A_86/2013 erhoben wurden. Insbesondere hält er dem Obergericht erneut vor, es habe seine besondere Familienkonstellation (zwei der gemeinsamen Kinder bei der Mutter, ein gemeinsames Kind bei ihm und zwei weitere Kinder mit der neuen Partnerin) und seine besonderen Bedürfnisse (Höhe des Existenzminimums) zu wenig berücksichtigt. Ferner macht er erneut geltend, dass die zwei weiteren Kinder in Wahrheit bei seiner neuen Lebenspartnerin seien bzw. diese paritätisch betreut würden und dass er mit seiner Lebenspartnerin nicht im Konkubinat lebe. All diese Vorbringen wurden im obergerichtlichen Urteil vom 6. Dezember 2012 wie auch im Beschwerdeverfahren 5A_86/2013 ausführlich behandelt und beurteilt. Darauf kann im Verfahren der Schuldneranweisung grundsätzlich nicht mehr zurückgekommen werden. 
 
 Möglich wäre nach dem Gesagten einzig der Nachweis, dass sich seit dem materiellen Entscheid die tatsächlichen Verhältnisse verändert haben und deshalb mit der Schuldneranweisung ins Existenzminimum eingegriffen würde. Dies vermochte der Beschwerdeführer gemäss den Ausführungen des Obergerichts nicht aufzuzeigen und er legt vorliegend nicht dar, inwiefern das Obergericht zu Unrecht von einer finanziell unveränderten Situation ausgegangen wäre. 
 
 Sind aber seit dem mit obergerichtlichem Urteil vom 6. Dezember 2012 umfassend beurteilten Sachverhalt keine Änderungen eingetreten, stösst die Kritik, es werde in sein Existenzminimum eingegriffen, ins Leere. Sodann ist für die Schuldneranweisung entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht von Belang, ob er ledig oder verheiratet und ob er alleinerziehend ist oder die Kinder gemeinsam mit einer anderen Person betreut. 
 
5.   
Ferner macht der Beschwerdeführer geltend, das Bezirksgericht habe den gegnerischen Antrag frei nachgebessert, was eine parteiische und diskriminierende Anwendung der Untersuchungs- und Offizialmaxime bedeute. 
 
 Es geht darum, dass im Gesuch ursprünglich eine Schuldneranweisung für die in Ziff. 3 des obergerichtlichen Beschlusses vom 6. Dezember 2012 festgelegten Kinderunterhaltsbeiträge verlangt wurde. Das Bezirksgericht ging jedoch davon aus, dass die entsprechenden vorsorglichen Massnahmen mit dem Entscheid in der Hauptsache dahingefallen seien und deshalb die Schuldneranweisung für die in Ziff. 5 des obergerichtlichen Urteils vom 6. Dezember 2012 (in identischer Höhe) angeordneten Unterhaltsbeiträge zu erfolgen habe. Die entsprechende Korrektur sei gestützt auf Art. 296 Abs. 3 ZPO von Amtes wegen vorzunehmen. 
 
 In der Tat gilt in sämtlichen familienrechtlichen Angelegenheiten für Kinderbelange die Offizialmaxime (BGE 138 III 532 E. 1.1 S. 534; 128 III 411 E. 3 S. 412; 126 III 298 E 2.a/bb S. 302 f.), was im erstinstanzlichen Verfahren bedeutet, dass der Richter nicht an Parteianträge gebunden ist (Art. 296 Abs. 3 ZPO; BGE 137 III 617 E. 4.5.2 S. 620) und er sogar dann entscheiden kann, wenn Anträge gänzlich ausbleiben (BGE 128 III 411 E. 3.1 S. 413; 126 III 298 E. 2a/bb S. 303; 118 II 93 E. 1a S. 94). Dem Bezirksgericht war es demnach unbenommen, in entsprechender Korrektur der Anträge die Schuldneranweisung für die in Ziff. 5 des obergerichtlichen Urteils vom 6. Januar 2012 festgelegten Kinderunterhaltsbeiträge anzuordnen und das Obergericht hat kein Bundesrecht verletzt, wenn es dieses Vorgehen geschützt hat. 
 
6.   
Das Obergericht auferlegte dem Beschwerdeführer ausgangsgemäss die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, unter Vorbehalt der ihm für dieses Verfahren gewährten unentgeltlichen Rechtspflege. Sodann lud es die Vorinstanz ein, die Parteientschädigung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin der Kinder festzusetzen und aus der Gerichtskasse zuzusprechen. 
 
 Für das zweitinstanzliche Verfahren wies das Obergericht das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wegen Aussichtslosigkeit ab. Es auferlegte ihm ausgangsgemäss die Gerichtskosten und sah von Parteikostenentschädigungen ab. 
 
 Zufolge Abweisung der Beschwerde vor Bundesgericht besteht kein Anlass, die kantonale Kostenverteilung abzuändern. Sodann zeigen die vorstehenden Erwägungen, dass das Obergericht zu Recht von der Aussichtslosigkeit des Berufungsverfahrens ausging und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abwies, weshalb die Beschwerde auch diesbezüglich unbegründet ist. Ferner ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass die Beschwerde vor Bundesgericht ebenfalls als von allem Anfang an aussichtslos anzusehen ist, weshalb es auch im bundesgerichtlichen Verfahren an den materiellen Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das entsprechende Gesuch abzuweisen ist. Demgegenüber ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege der einlassungspflichtigen und offensichtlich prozessarmen Beschwerdegegnerinnen gutzuheissen und sie sind durch Rechtsanwältin Birgitta Brunner zu verbeiständen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 Ferner ist festzustellen, dass der Eventual- wie auch der Subeventualantrag mit dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil im Verfahren 5A_86/2013 gegenstandslos geworden ist. 
 
 Ausgangsgemäss sind dem Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und er hat die Gegenpartei für die Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Im Fall der Nichterhältlichkeit der Parteientschädigung vom Beschwerdeführer würde die Rechtsvertreterin der Kinder im betreffenden Umfang aus der Bundesgerichtskasse entschädigt. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist. 
 
2.   
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Das Gesuch der Beschwerdegegnerinnen um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen und sie werden durch Rechtsanwältin Birgitta Brunner verbeiständet. 
 
4.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
5.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerinnen für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen. 
 
6.   
Das Urteil wird den Parteien sowie dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, und Ziff. 1 sowie 6 des Dispositivs werden der H.________, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 30. April 2014 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Möckli