Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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{T 0/2}
5A_840/2015
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Urteil vom 22. Februar 2016
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Marazzi, Bovey,
Gerichtsschreiber Levante.
Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roger Groner,
Beschwerdeführerin,
gegen
B.________ LLC,
vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Kümin,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Konkurseröffnung,
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung,
vom 8. Oktober 2015 (BZ 2015 67).
Sachverhalt:
A.
A.a. Am 20. Oktober 2014 eröffnete der Einzelrichter am Kantonsgericht Zug infolge einer Überschuldungsanzeige den Konkurs über die A.________ AG mit Sitz in U.________. Auf Antrag des Konkursamtes Zug verfügte er am 4. Februar 2015 die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven. Das Konkursamt publizierte die Einstellung im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) vom 13. Februar 2015, mit dem Hinweis, dass das Konkursverfahren geschlossen werde, falls nicht ein Gläubiger innert zehn Tagen die Durchführung des Verfahrens verlange und die auf Fr. 8'000.-- festgelegte Sicherheit leiste. Innert der am 23. Februar 2015 auslaufenden Frist wurde weder die Durchführung des Verfahrens verlangt noch die erforderliche Sicherheit überwiesen. Am 27. Februar 2015 stellte die B.________ LLC in der gegen die A.________ AG laufenden Betreibung Nr. xxx das Begehren um Fortsetzung. Am 4. März 2015 stellte das Betreibungsamt Risch die Konkursandrohung zu.
A.b. Mit Eingabe vom 13. März 2015 stellte die B.________ LLC beim Obergericht des Kantons Zug, Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, das Gesuch um Erstreckung der Frist für die Leistung der Sicherheit zur Durchführung des Konkurses über die A.________ AG, eventualiter deren Wiederherstellung. Die Aufsichtsbehörde leitete das Gesuch am 19. Mai 2015 zuständigkeitshalber an das Kantonsgericht weiter. Der Entscheid darüber steht noch aus (Verfahren EK 2015 169).
B.
B.a. Am 27. Mai 2015 stellte die B.________ LLC in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Risch das Begehren um Eröffnung des Konkurses über die A.________ AG. Eventualiter sei das Begehren zu sistieren, bis das Kantonsgericht über das Gesuch im Verfahren EK 2015 169 entschieden habe.
B.b. Die Konkursverhandlung fand am 30. Juni 2015 statt. Gleichentags eröffnete der Einzelrichter am Kantonsgericht den Konkurs über die A.________ AG.
B.c. Die A.________ AG reichte daraufhin beim Obergericht Beschwerde gegen die Konkurseröffnung ein und ersuchte um Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Mit Verfügung vom 14. Juli 2015 wies der Abteilungspräsident das Gesuch mangels Begründung ab. Die Beschwerde wurde am 8. Oktober 2015 abgewiesen.
C.
Gegen das obergerichtliche Urteil vom 8. Oktober 2015 ist die A.________ AG am 21. Oktober 2015 an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Abweisung des Begehrens um Konkurseröffnung.
Sie stellt ein Gesuch um aufschiebende Wirkung, dem sich die B.________ LLC als Beschwerdegegnerin, nicht aber das Obergericht widersetzt.
Mit Präsidialverfügung vom 10. November 2015 ist das Gesuch um aufschiebende Wirkung in dem Sinne gutgeheissen worden, als der Konkurs über die Beschwerdeführerin eröffnet bleibt, jedoch bis zum Entscheid des Bundesgerichts in der Sache Vollstreckungsmassnahmen zu unterbleiben haben.
Es sind die kantonalen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen ein letztinstanzlich ergangenes Konkurserkenntnis ist die Beschwerde in Zivilsachen ohne Bindung an einen Streitwert gegeben (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. d und Art. 75 Abs. 1 BGG ; BGE 133 III 687 E. 1.2 S. 689). Die Beschwerdeführerin, welche sich gegen die Eröffnung des Konkurses wehrt, ist vom obergerichtlichen Entscheid betroffen und hat daher ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Aus dieser Sicht ist auf die Beschwerde einzutreten.
1.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht in diesem Bereich grundsätzlich von Amtes wegen und mit freier Kognition an (Art. 106 Abs. 1 BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 134 III 102 E. 1.1 S. 104). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG), wobei hier das Rügeprinzip gilt (BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel sind nicht zulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).
2.
Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen für eine Konkurseröffnung über die Beschwerdeführerin als erfüllt betrachtet. Das vorgängige Konkursverfahren sei tatsächlich geschlossen und der Einstellungsentscheid im SHAB publiziert worden. Den Einwand, dass die Betreibung noch nicht wieder aufgelebt sei, hat die Vorinstanz zurückgewiesen.
3.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde bilden die Folgen der Konkurseinstellung auf eine im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits hängige Betreibung.
3.1. Wird über einen Schuldner der Konkurs eröffnet, so sind alle gegen ihn hängigen Betreibungen aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die zuvor entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind (Art. 206 Abs. 1 SchKG). Massgebend ist die Eröffnung und nicht die Publikation des Konkurses (BGE 93 III 55 E. 2 S. 58).
3.2. Einzig wenn der Konkurs mangels Aktiven eingestellt wird, leben die vor der Konkurseröffnung eingeleiteten Betreibungen wieder auf, sofern sie noch fortgesetzt werden können (Art. 230 Abs. 4 SchKG, BGE 124 III 123 E. 2 S. 124; zuletzt: Urteil 5A_784/2015 vom 15. Januar 2016 E. 3.3.1; LUSTENBERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 18c zu Art. 230; WOHLFART/MEYER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 29 zu Art. 206; ROMY, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 14 f. zu Art. 206). Die Bestimmung von Art. 230 Abs. 4 SchKG bildet eine Ausnahme vom in Art. 206 Abs. 1 SchKG festgehaltenen Grundsatz. Sie wurde durch die Teilrevision des SchKG von 1994 geschaffen und geht auf die bisherige Rechtsprechung zurück (BGE 124 III 123 E. 2 S. 124). Sie kommt bei Widerruf des Konkurses gemäss der neueren Praxis des Bundesgerichts nicht zum Tragen (BGE 93 III 55 E. 4 S. 59; WOHLFART/MEYER, a.a.O., N. 26 zu Art. 206; ROMY, a.a.O., N. 6 zu Art. 206).
3.3. Der Konkurs mangels Aktiven gilt mit dem unbenützten Ablauf der 10-tägigen Frist zur Stellung eines Begehrens um Durchführung des Verfahrens und zur Leistung der Sicherheit gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG ohne weiteres als eingestellt; das Verfahren schliesst
ipso facto mit Fristablauf, und einer Schlussverfügung des Konkursrichters (Art. 268 Abs. 2 SchKG) kommt nur deklaratorische Bedeutung zu (BGE 130 III 481 E. 2.1 S. 485). Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist indes nicht angebracht, das Wiederaufleben der bereits eingeleiteten Betreibungen auf den Zeitpunkt des Fristablaufs festzusetzen; dies deshalb, weil die Gläubiger noch keine Kenntnis über eine allfällige Durchführung des Konkursverfahrens haben (Art. 230 Abs. 2 SchKG), und weil Betreibende nicht dazu veranlasst werden sollen, die Fortsetzung von Betreibungen zu verlangen, wenn eine Generalexekution bzw. dazu gehörende Spezialliquidation (Art. 230a Abs. 2 SchKG) durchzuführen ist (BGE 130 III 481 E. 2.1, 2.3 S. 485 f.; LUSTENBERGER, a.a.O., N. 9 zu Art. 230a). Massgebend ist vielmehr die Publikation des Eintrages der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven im SHAB durch das Eidgenössische Handelsregisteramt (BGE 130 III 481 E. 2.1 S. 485; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, Rz. 53 zu Art. 230); die Publikation erfolgt nach der blossen
Meldung, welche das Konkursamt gemäss Art. 158 Abs. 1 lit. d HRegV nach unbenutztem Ablauf der Durchführungsfrist an das Handelsregisteramt vornimmt (RÜETSCHI, in: Siffert/Turin [Hrsg.], Handelsregisterverordnung, 2013, N. 30
a.A. zu Art. 158, N. 8, 10 zu Art. 159). Der Gläubiger darf gemäss dem Grundsatz von Treu und Glauben für das Wiederaufleben der Betreibung sich auf den Zeitpunkt dieser Publikation verlassen und erst dann das Fortsetzungsbegehren stellen. Indes kommt einer allfälligen Schlussverfügung - wie erwähnt - nur deklaratorische Bedeutung zu; eine Mitteilung an das Handelsregisteramt bzw. eine Publikation im SHAB ist im Gesetz nicht vorgesehen und nicht erforderlich (Art. 93 Satz 2 KOV; vgl. RÜETSCHI, a.a.O., N. 35 zu Art. 158).
3.4. Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Betreibung Nr. xxx bereits vor der Einstellung des Konkurses angehoben worden war. Sie lebte daher nach dem unbenützten Ablauf der mit der Publikation angesetzten Frist zur Stellung des Durchführungsbegehrens und zur Leistung der Sicherheit am 23. Februar 2015 wieder auf. Das Fortsetzungsbegehren in diesem Verfahren wurde am 27. Februar 2015 gestellt, mithin in einem Zeitpunkt, da die Einstellung des Konkurses endgültig war. Am 17. März 2015 erfolgte die erwähnte Publikation des Eintrages der Einstellung des Konkurses mangels Aktiven im SHAB durch das Eidgenössische Handelsregisteramt. Diese Publikation musste aber von der Gläubigerin nicht abgewartet werden, damit das Fortsetzungsbegehren rechtswirksam ist. Am 17. März 2015 wurde im SHAB keine besondere Schlussverfügung des Konkursrichters publiziert, und es spielt vorliegend keine Rolle, ob eine diesbezügliche Praxis im Kanton Zug bekannt ist.
3.5. Die Beschwerdeführerin besteht darauf, dass die Einstellung des Konkurses über die Beschwerdegegnerin nicht endgültig erfolgt sei. Damit habe die gegen sie gerichtete Betreibung Nr. xxx noch nicht wieder aufleben können. Sie verweist hierzu auf den Umstand, dass die Beschwerdegegnerin am 13. März 2015 beim Obergericht ein Gesuch um Fristerstreckung bzw. Fristverlängerung für die Leistung der Sicherheit im Hinblick auf die Durchführung des Konkurses gestellt habe. Dieses sei zuständigkeitshalber an den Konkursrichter überwiesen worden, der darüber bisher nicht befunden habe. Erst wenn dieses Gesuch dereinst endgültig abgewiesen worden sei, gelte der Konkurs als geschlossen und die bereits hängige Betreibung könnte möglicherweise aufleben.
3.6. Zwar trifft es zu, dass die Frist für die Leistung der Sicherheit verlängert bzw. eine Nachfrist gewährt werden kann, welcher Entscheid allerdings in die alleinige Kompetenz des Konkursrichters fällt (BGE 74 III 75 E. 1 S. 77/88). Er hat über ein solches Gesuch unter Berücksichtigung aller Umstände zu befinden. Insoweit hat die Vorinstanz die Eingabe der Beschwerdegegnerin vom 13. März 2015 zu Recht an das Kantonsgericht weiter geleitet.
3.7. Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um Erstreckung bzw. Wiederherstellung der Frist zur Leistung der Sicherheit vom 13. März 2015 hat indes keine direkten Auswirkungen auf die bereits laufende Betreibung gegen die Beschwerdeführerin. Dies ergibt sich vor allem aus dem zeitlichen Vorrang des am 27. Februar 2015 gestellten Fortsetzungsbegehrens. Zudem hat der mit Gesuch der Beschwerdegegnerin befasste Konkursrichter keine Anordnungen getroffen, welche die wieder aufgelebte Betreibung hätten beeinflussen können. Die Beschwerdeführerin legt auch nicht dar, welche Vorkehren der Konkursrichter oder eine andere Behörde hätte treffen können. Schliesslich wird weder behauptet noch bestehen Anhaltspunkte, dass der Konkursrichter seinen Entscheid über die Konkurseröffnung nach Art. 173 Abs. 2 SchKG bzw. wegen Nichtigkeitsfehler im vorangehenden Betreibungsverfahren hätte aussetzen müssen.
3.8. Der Vorinstanz kann nach dem Gesagten keine Verletzung von Bundesrecht vorgeworfen werden, als sie den gestützt auf die wieder aufgelebte Betreibung Nr. xxx eröffneten Konkurs über die Beschwerdeführerin geschützt hat.
4.
Der Beschwerde ist daher kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu bezahlen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zug, II. Beschwerdeabteilung, dem Konkursamt Zug, dem Betreibungsamt Risch, dem Handelsregisteramt des Kantons Zug und dem Grundbuch- und Vermessungsamt Zug schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 22. Februar 2016
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Escher
Der Gerichtsschreiber: Levante