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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
6B_883/2018  
 
 
Urteil vom 18. Dezember 2018  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, Präsident, 
Bundesrichter Oberholzer, 
nebenamtliche Bundesrichterin Lötscher, 
Gerichtsschreiberin Rohrer. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
vertreten durch Advokat Dr. Nicolas Roulet, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Erste Staatsanwältin, Grenzacherstrasse 8, 4132 Muttenz, 
2. A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Cornel Borbély, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 3. April 2018 (460 17 213). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
X.________ wurde wegen Landfriedensbruchs von der Kantonspolizei Zürich festgenommen. Nach seiner Festnahme spuckte er dem Polizisten A.________ durch die Zellentür in die linke Gesichtshälfte und auf die Schulter. 
 
B.  
Das Strafgericht Basel-Landschaft verurteilte X.________ mit Urteil vom 6. Juli 2017 wegen Landfriedensbruchs zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 30.- bei einer Probezeit von zwei Jahren. Vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte wurde X.________ freigesprochen. 
 
C.  
Auf Berufung von A.________ sprach das Kantonsgericht Basel-Landschaft X.________ mit Urteil vom 3. April 2018 in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte schuldig und erhöhte die bedingte Geldstrafe von 30 auf 50 Tagessätze zu je Fr. 30.- bei einer Probezeit von zwei Jahren. Weiter verurteilte es X.________ zu einer Verbindungsbusse von Fr. 300.-. Die Zivilforderungen von A.________ wurden auf den Zivilweg verwiesen, die Genugtuungsforderung abgewiesen. 
 
D.  
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 3. April 2018 sei teilweise aufzuheben. Der Beschwerdeführer sei vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte freizusprechen und in Gutheissung des Urteils des Strafgerichts Basel-Landschaft vom 6. Juli 2017 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je Fr. 30.- bei einer Probezeit von zwei Jahren zu verurteilen. Es sei von der Verhängung einer Verbindungsbusse abzusehen, es seien die Zivilforderungen von A.________ abzuweisen und es seien die Kosten des Berufungsverfahrens zulasten des Berufungsklägers zu verlegen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er für das Verfahren vor Bundesgericht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine falsche Anwendung von Art. 285 Ziff. 1 StGB vor. Entgegen den Erwägungen der Vorinstanz könne das Anspucken des Polizisten (nachfolgend: Beschwerdegegner 2) nicht als tätlicher Angriff während einer Amtshandlung gewertet werden.  
 
1.2. Gemäss Art. 285 Ziff. 1 StGB wird bestraft, wer eine Behörde, ein Mitglied einer Behörde oder einen Beamten durch Gewalt oder Drohung an einer Handlung, die innerhalb ihrer Amtsbefugnisse liegt, hindert, zu einer Amtshandlung nötigt oder während einer Amtshandlung tätlich angreift. Der Begriff des tätlichen Angriffs nach Art. 285 Ziff. 1 StGB stimmt nach der Rechtsprechung mit dem Begriff der Tätlichkeit nach Art. 126 StGB überein. Ein tätlicher Angriff besteht mithin in einer körperlichen Aggression im Sinne von Art. 126 StGB. (Urteil 6B_798/2016 vom 6. März 2017 E. 4.2 mit Hinweisen; Urteil 6B_1009/2014 vom 2. April 2015 E. 5.1.2). Eine Tätlichkeit liegt vor bei einer das allgemein übliche und gesellschaftlich geduldete Mass überschreitenden physischen Einwirkung auf einen Menschen, die keine Schädigung des Körpers oder der Gesundheit zur Folge hat (BGE 134 IV 189 E. 1.2 S. 191 mit Hinweisen). Körperliche Schmerzen sind für eine Tätlichkeit nicht vorausgesetzt (BGE 117 IV 14 E. 2a S. 15 ff. in Änderung der früheren Rechtsprechung). Eine Tätlichkeit muss gleichwohl von einer gewissen Intensität sein. Das Verursachen eines deutlichen Missbehagens genügt (ROTH/KESHELAVA, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 4 zu Art. 126 StGB; TRECHSEL/GETH, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2017, N. 2 zu Art. 126 StGB; PETER NOLL, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 1983, S. 47). Massgebend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls (BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, Vol. I, 3. Aufl. 2010, N. 10 zu Art. 126 StGB).  
 
1.3. Wer einer anderen Person ins Gesicht spuckt, erfüllt das objektive Tatbestandsmerkmal der Tätlichkeit. Das Anspucken einer Person, insbesondere in deren Gesicht, stellt eine auf den Körper gerichtete Aggression dar, die massiven Ekel hervorruft. Das Spucken ins Gesicht eines anderen Menschen bewirkt eine zumindest vorübergehende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität des Opfers. Es handelt sich weder um eine übliche noch um eine gesellschaftlich geduldete physische Einwirkung auf einen anderen Menschen. Vielmehr überschreitet der Spuckende das Mass an gesellschaftlich Toleriertem bei weitem. Das Spucken ins Gesicht ist als besonders ekelerregend zu beurteilen und ist dazu geeignet, beim Bespuckten ein deutliches Missbehagen zu verursachen. Der Beschwerdeführer hat einen tätlichen Angriff im Sinne von Art. 285 Ziff. 1 StGB begangen, indem er dem Beschwerdegegner 2 während der Ausübung einer Amtshandlung ins Gesicht und auf die Schulter gespuckt hat.  
 
1.4. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er habe durch das Anspucken einzig und allein eine Ehrverletzung beabsichtigt (Beschwerde, Seite 4 f.), vermag er dadurch seinen Vorsatz auf den tätlichen Angriff nicht zu entkräften. Der Beschwerdeführer hat vorsätzlich gehandelt.  
 
1.5. Dass das Bespucken einer Person als despektierlicher Akt gleichzeitig ein Element der Ehrverletzung beinhaltet und die Tatbestandsvoraussetzungen der Beschimpfung nach Art. 177 StGB erfüllen kann, ändert nichts an der Qualifikation als Tätlichkeit und tätlicher Angriff gemäss Art. 126 und Art. 285 Ziff. 1 StGB. Auch die diesbezüglichen Ausführungen der Vorinstanz sind nicht zu beanstanden (vgl. angefochtenes Urteil S. 9).  
Der Schuldspruch gemäss Art. 285 Ziff. 1 StGB ist vollumfänglich zu bestätigen. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer begründet seinen Antrag auf Aufhebung der ausgesprochenen Verbindungsbusse nicht. Auf dieses Begehren ist in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 BGG nicht einzutreten. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Zivilansprüche des Beschwerdegegners 2 seien abzuweisen. Und selbst wenn der Tatbestand von Art. 285 Ziff. 1 StGB erfüllt sei, hätte die Vorinstanz auf die Zivilforderung des Beschwerdegegners 2 nicht eintreten dürfen, anstatt sie gemäss Art. 126 Abs. 2 lit. b StPO auf den Zivilweg zu verweisen.  
 
3.2. Soweit der Beschwerdeführer die Abweisung der Zivilansprüche mit dem beantragten Freispruch vom Vorwurf der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte begründet, ist darauf angesichts der Bestätigung des Schuldspruchs nicht einzugehen. Auch seiner Eventualbegründung kann nicht gefolgt werden. Nach Art. 122 StPO ist die geschädigte Person zur Adhäsionsklage legitimiert. Geschädigte Person ist nach Art. 115 StPO die Person, die durch die Straftat in ihren Rechten unmittelbar verletzt worden ist. Unmittelbar verletzt und geschädigt ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsgutes ist. Bei Strafnormen, die nicht primär Individualrechtsgüter schützen, gelten praxisgemäss nur diejenigen Personen als Geschädigte, die durch die darin umschriebenen Tatbestände in ihren Rechten beeinträchtigt werden, sofern diese Beeinträchtigung unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist (BGE 141 IV 454 E. 2.3.1 S. 457; 140 IV 155 E. 3.2 S. 157 f.; 138 IV 258 E. 2.3 S. 263; je mit Hinweisen). Selbst wenn der Tatbestand in erster Linie dem Schutz von kollektiven Rechtsgütern dient, genügt es im Allgemeinen, wenn das von der geschädigten Person angerufene Individualrechtsgut durch den verletzten Straftatbestand auch nur nachrangig oder als Nebenzweck geschützt wird (MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 21, 46 und 68 zu Art. 115 StPO). Werden durch Delikte, die (nur) öffentliche Interessen verletzen, private Interessen auch, aber bloss mittelbar beeinträchtigt, ist der Betroffene nicht Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (BGE 141 IV 454 E. 2.3.1 S. 457; 140 IV 155 E. 3.2 S. 158; 138 IV 258 E. 2.3 S. 263; je mit Hinweisen). Bei Gewalt und Drohung gegen Beamte (Art. 285 StGB) werden regelmässig auch mitgeschützte individuelle Rechtsgüter (physische Integrität, Freiheit) des betroffenen Beamten unmittelbar verletzt. Dieser gilt deshalb als geschädigte Person (MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 78 zu Art. 115 StPO; STEFAN HEIMGARTNER, in: Basler Kommentar, Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, N. 2 und 29 zu Vor Art. 285 StGB; VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 3 zu Art. 115 StPO; SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl. 2018, N. 3 zu Art. 115 StPO). Auch der durch einen tätlichen Angriff nach Art. 285 Ziff. 1 StGB betroffene Beamte, der keinen Strafantrag zur Verfolgung der gegen ihn gerichteten Individualdelikte gestellt hat, ist als unmittelbar geschädigte Person zur Adhäsionsklage legitimiert. Die Rüge des Beschwerdeführers ist folglich unbegründet.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit reduzierten Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 18. Dezember 2018 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Denys 
 
Die Gerichtsschreiberin: Rohrer