Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2F_34/2022
Urteil vom 13. Dezember 2022
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin,
Bundesrichter Hartmann,
Bundesrichterin Ryter,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
A.A.________ und B.A.________,
Gesuchsteller,
gegen
Kanton Solothurn, v.d. Staatskanzlei Legistik und Justiz, Rathaus, Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn,
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn,
Amthaus 1, 4500 Solothurn.
Gegenstand
Schadenersatz / Genugtuung,
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 30. September 2022 (2C_635/2022).
Erwägungen:
1.
1.1. Am 9. Oktober 2021 machten B.A.________ und A.A.________ bei der Staatskanzlei des Kantons Solothurn Staatshaftung betreffend Handlungen der Veranlagungsbehörden Olten-Gösgen und der Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Solothurn geltend. Die Klage stand im Zusammenhang mit der Steuerveranlagung für die Steuerperiode 2017 und einer von ihnen eingereichten Strafanzeige gegen eine Steuerrevision.
Mit Schreiben vom 11. November 2021 und vom 6. Januar 2022 teilte ihnen der Staatsschreiber mit, dass die Voraussetzungen der Staatshaftung nicht erfüllt seien. Es lägen weder Widerrechtlichkeit noch ein Schaden vor. Insbesondere sei keine Amtspflicht verletzt worden und es liege keine unentschuldbare Fehlleistung vor. Die Voraussetzungen einer Genugtuung seien ebenfalls nicht erfüllt. Aus diesen Gründen werde das Staatshaftungsbegehren abgewiesen.
1.2. Mit Urteil vom 7. Juli 2022 wies das Verwaltungsgericht mit einer kurzen Begründung die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Es hielt im Wesentlichen fest, dass die Kläger nicht nachgewiesen hätten, inwiefern ihnen ein Schaden entstanden sei, da sie vor allem die Rückzahlung von Verfahrenskosten verlangen würden, die rechtskräftig verfügt und zumeist vom Bundesgericht bestätigt worden seien. Dasselbe gelte für die Steuerrückforderung, zumal das Bundesgericht auf ihre Beschwerde gegen die Steuerveranlagung 2017 nicht eingetreten sei (vgl. Urteil 2C_1044/2021 vom 17. Mai 2022).
1.3. Mit Urteil 2C_635/2022 vom 30. September 2022 trat das Bundesgericht auf eine dagegen erhobene Beschwerde von B.A.________ und A.A.________ wegen übermässiger Weitschweifigkeit im Sinne von Art. 42 Abs. 6 BGG nicht ein. Das Urteil erging im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG.
1.4. B.A.________ und A.A.________ gelangen mit Eingabe vom 17. Oktober 2022 (Postaufgabe) an das Bundesgericht und verlangen die Revision des Urteils 2C_635/2022 vom 30. September 2022. In prozessualer Hinsicht beantragen sie den Ausstand der am zu revidierenden Urteil mitwirkenden Präsidentin der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung Aubry Girardin und der Gerichtsschreiberin Ivanov.
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.
2.
2.1. Die Gesuchsteller beantragen den Ausstand der Präsidentin der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung Aubry Girardin und der Gerichtsschreiberin Ivanov im vorliegenden Revisionsverfahren, wobei sie sich nicht ausdrücklich auf einen Ausstandsgrund gemäss Art. 34 BGG berufen. Weil sie ihr Revisionsgesuch mit der Verletzung von Vorschriften über den Ausstand (Art. 121 lit. a i.V.m. Art. 34 Abs. 1 lit. e BGG) im Verfahren 2C_635/2022 begründen (vgl. E. 4 hiernach), ist indessen davon auszugehen, dass sie sich auch im vorliegenden Verfahren sinngemäss auf den Ausstandsgrund von Art. 34 Abs. 1 lit. e BGG berufen und die genannten Gerichtspersonen als befangen erachten.
2.2. Gemäss Art. 34 Abs. 2 BGG bildet die Mitwirkung in einem früheren Verfahren des Bundesgerichts für sich allein keinen Ausstandsgrund. Anders verhält es sich nur, wenn Umstände vorliegen, die darauf schliessen lassen, dass ein Ausstandsgrund gemäss Art. 34 Abs. 1 erfüllt ist (vgl. Urteil 6F_28/2015 vom 15. Oktober 2015 E. 1.3 mit Hinweisen). Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BGG).
Wie nachfolgend zu zeigen sein wird (vgl. E. 4 hiernach), gelingt es den Gesuchstellern nicht ansatzweise die Befangenheit bzw. Voreingenommenheit der Abteilungspräsidentin Aubry Girardin und der Gerichtsschreiberin Ivanov im Verfahren, dessen Revision verlangt wird, darzutun. Folglich erweist sich auch das für das vorliegende Revisionsverfahren gestellte Ausstandsgesuch als offensichtlich unbegründet und kann - unter Mitwirkung der Gerichtspersonen, um deren Ausstand ersucht wird - abgewiesen werden, ohne dass das Verfahren nach Art. 37 BGG durchgeführt werden müsste (vgl. Urteile 1F_42/2021 vom 9. Dezember 2021 E. 2.2; 8F_1/2021 vom 4. Februar 2021 E. 1.1). Dabei ist festzuhalten, dass die Beteiligung ein und derselben Gerichtsperson am Urteil, dessen Revision verlangt wird, und am anschliessenden Revisionsverfahren, den Anspruch auf ein unparteiisches Gericht gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht verletzt (vgl. Urteile 9F_4/2022 und 9F_5/2022 vom 18. Mai 2022 E. 2.2; 1F_42/2021 vom 9. Dezember 2021 E. 2.2; jeweils mit Hinweisen).
3.
Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts zu Grunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Die um Revision eines bundesgerichtlichen Urteils ersuchende Person hat gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG namentlich einen vom Gesetz vorgesehenen Revisionsgrund zu nennen und aufzuzeigen, weshalb das revisionsbetroffene Urteil an einem revisionserheblichen Mangel leidet; fehlt eine entsprechende Begründung, wird auf das Gesuch nicht eingetreten (vgl. Urteile 2F_3/2022 vom 19. Januar 2022 E. 2.1; 2F_37/2021 vom 11. Januar 2022 E. 3; 2F_35/2021 vom 9. Dezember 2021 E. 2.1; 2F_30/2021 vom 12. November 2021 E. 2). Das Revisionsgesuch ist unter Beachtung der gesetzlichen Fristen gemäss Art. 124 BGG einzureichen.
4.
Die Gesuchsteller berufen sich auf den Revisionsgrund von Art. 121 lit. a i.V.m Art. 38 Abs. 3 BGG. Sie bringen vor, das zu revidierende Urteil sei unter Verletzung der Vorschriften über den Ausstand ergangen, wobei der Fehler erst nach Abschluss des Verfahrens entdeckt worden sei.
4.1. Nach Art. 121 lit. a BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn die Vorschriften über die Besetzung des Gerichts oder über den Ausstand verletzt worden sind. Art. 121 lit. a BGG verweist damit auf Art. 34 BGG (vgl. Urteil 2F_3/2021 vom 25. Mai 2021 E. 3.1).
Gemäss Art. 34 Abs. 1 lit. e BGG, auf welchen sich die Gesuchsteller berufen, treten Richter, Richterinnen, Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen in Ausstand, wenn sie aus anderen als den in Abs. 1 lit. a bis d derselben Bestimmung genannten Gründen, insbesondere wegen besonderer Freundschaft oder persönlicher Feindschaft mit einer Partei oder ihrem Vertreter bzw. ihrer Vertreterin, befangen sein könnten. Es müssen Umstände dargetan sein, die bei objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit erwecken (BGE 144 I 234 E. 5.2; 141 IV 178 E. 3.2.1; Urteil 2C_590/2016 vom 23. August 2016 E. 2.2). Auf das bloss subjektive Empfinden einer Partei kann bei der Beurteilung nicht abgestellt werden. Der Anschein der Befangenheit genügt; die abgelehnte Gerichtsperson muss nicht tatsächlich befangen sein (BGE 141 IV 178 E. 3.2.1; 140 I 240 E. 2.2; 138 I 1 E. 2.2; 136 I 207 E. 3.1; 134 I 238 E. 2.1; je mit Hinweisen).
4.2. Die Gesuchsteller bringen vor, Bundesrichterin Aubry Girardin habe bei der Beurteilung ihrer Beschwerde im Verfahren 2C_635/2022 die innere Unabhängigkeit gefehlt. Zur Begründung weisen sie zunächst auf eine Passage aus E. 4.3 [recte: 4.2] des zu revidierenden Urteils hin, in welcher unter anderem festgehalten wird, dass die heutigen Gesuchsteller auf knapp zweieinhalb Seiten versuchen, den Umfang ihrer Rechtsschrift zu erklären, wobei sie insbesondere Kritik an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend übermässig weitschweifige Eingaben üben.
Ausdruck der mangelnden inneren Unabhängigkeit der Abteilungspräsidentin bilde sodann der Umstand, dass sie - unter Hinweis auf zwei die Gesuchsteller betreffende Verfahren (2C_1044/2021 und 2E_1/2022) sowie auf eine von ihr selbst vertretene Lehrmeinung - von einer Rückweisung der Eingabe zur Verbesserung abgesehen habe (vgl. E. 4.5 des zu revidierenden Urteils). Der Auffassung der Gesuchsteller nach habe sich Bundesrichterin Aubry Girardin durch die von ihnen im Verfahren 2C_635/2022 gerügten Verfassungs- und Konventionsverletzungen im Zusammenhang mit den Verfahren 2E_1/2022 und 2C_1044/2021, in denen sie als Abteilungspräsidentin ebenfalls dem Spruchkörper angehört habe, kritisiert gefühlt. In der Folge habe sie "aus subjektivem und sachfremd motiviertem Empfinden" Art. 42 Abs. 2 BGG übermässig formalistisch angewendet. Schliesslich beanstanden die Gesuchsteller die Urteilsbegründung und legen über weite Strecken dar, weshalb aus ihrer Sicht eine "nicht voreingenommene Richterin" anders entschieden hätte.
4.3. Mit ihren Ausführungen bringen die Gesuchsteller hauptsächlich ihren Unmut über den Ausgang des Verfahrens 2C_635/2022 zum Ausdruck. Der Umstand allein, dass einem Gesuchsteller das Ergebnis eines früheren Verfahrens nicht genehm ist, stellt indessen keinen Grund für den Ausstand einer Gerichtsperson dar, die in jenem Verfahren mitgewirkt hat (vgl. Art. 34 Abs. 2 BGG; BGE 114 Ia 278 E. 1; Urteile 2C_62/2021 vom 8. März 2021 E. 4.3.2; 2C_298/2020 vom 9. Oktober 2020 E. 2.2; 2C_222/2013 vom 27. Mai 2013 E. 2.1; 8C_543/2011 vom 25. August 2011 E. 2.4). Gleich verhält es sich mit der Mitwirkung einer Gerichtsperson an früheren die Gesuchsteller betreffenden bundesgerichtlichen Verfahren (vgl. Art. 34 Abs. 2 BGG und E. 2.2 hiervor).
4.4. Umstände, die bei einer
objektiven Betrachtung den Anschein der Befangenheit und der Voreingenommenheit der Abteilungspräsidentin und der Gerichtsschreiberin erwecken könnten, vermögen die Gesuchsteller nicht ansatzweise darzutun.
So kann daraus, dass das Bundesgericht Inhalt und Struktur der Beschwerdeschrift dargelegt und unter anderem festgehalten hat, dass die heutigen Gesuchsteller in ihrer damaligen Eingabe Kritik an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung betreffend übermässig weitschweifige Eingaben geübt hätten, in keiner Weise abgeleitet werden, dass sich die Abteilungspräsidentin persönlich kritisiert gefühlt habe.
Ebensowenig kann aus dem Verzicht auf eine Rückweisung der Eingabe zur Verbesserung auf die Voreingenommenheit von Bundesrichterin Aubry Girardin geschlossen werden. Dass keine Verpflichtung des Bundesgerichts zur Rückweisung übermässig weitschweifiger Rechtsschriften besteht, ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 42 Abs. 6 BGG, welcher als "Kann-Vorschrift" formuliert ist und somit dem Bundesgericht einen Ermessensspielraum einräumt. Ohnehin betrifft diese Frage die Rechtsanwendung bzw. die rechtliche Würdigung. Diese unterliegt nicht der Revision (vgl. BGE 122 II 17 E. 3; Urteile 2F_10/2022 vom 15. März 2022 E. 3.5; 1F_6/2021 vom 1. März 2021 E. 2.2; 1F_23/2020 vom 17. September 2020 E. 3.1; 2F_26/2019 vom 14. November 2019 E. 3.5).
Auch sonst erschöpfen sich die Ausführungen der Gesuchsteller, die der Abteilungspräsidentin zahlreiche Rechtsverletzungen vorwerfen, in einer Kritik an den bundesgerichtlichen Erwägungen, die zum Nichteintreten auf die damalige Eingabe der Gesuchsteller geführt haben, und somit an der Rechtsanwendung.
Schliesslich ist auch die Wahl des vereinfachten Verfahrens nach Art. 108 BGG Ausfluss der rechtlichen Würdigung der Beschwerde in formeller Hinsicht. Kommt die Einzelrichterin zum Schluss, auf die Beschwerde sei infolge offensichtlicher Unzulässigkeit oder wegen offensichtlich unzureichender Begründung nicht einzutreten ( Art. 108 Abs. 1 lit. a und b BGG ) bzw. weil sie querulatorisch oder rechtsmissbräuchlich ist (Art. 108 Abs. 1 lit. c BGG), kann diese rechtliche Beurteilung nicht mit einem Revisionsgesuch in Frage gestellt werden (vgl. Urteil 4F_16/2018 vom 31. August 2018 E. 2.2 mit Hinweisen).
4.5. Im Ergebnis vermögen die Gesuchsteller in keiner Weise darzutun, dass das beanstandete Urteil 2C_635/2022 unter Verletzung von Ausstandsvorschriften zustande gekommen ist. Das offensichtlich unbegründete Revisionsgesuch ist daher ohne Schriftenwechsel (Art. 127 BGG) abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
5.
Dem Ausgang des vorliegenden Revisionsverfahrens entsprechend werden die unterliegenden Gesuchsteller unter solidarischer Haftung kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 5 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Ausstandsgesuch gegen Bundesrichterin Aubry Girardin und Gerichtsschreiberin Ivanov wird abgewiesen.
2.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Gesuchstellern unter solidarischer Haftung auferlegt.
4.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn mitgeteilt.
Lausanne, 13. Dezember 2022
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov