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[AZA 7] 
H 226/01 Gb 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Nussbaumer 
 
Entscheid vom 9. Oktober 2001 
 
in Sachen 
A.________, Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt B.________, 
 
gegen 
Ausgleichskasse Luzern, Würzenbachstrasse 8, 6006 Luzern, Gesuchsgegnerin 
 
A.- Mit Entscheid vom 12. Februar 2001 verpflichtete das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern in Gutheissung einer Klage der Ausgleichskasse Luzern den ehemaligen Verwaltungsratspräsidenten der am 8. Oktober 1998 in Konkurs gefallenen Firma X.________ AG, A.________, zur Leistung von Schadenersatz in Höhe von Fr. 112'789. 60. Hiegegen liess A.________ durch seinen Rechtsvertreter Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen. Die Beschwerdeschrift wurde in einem neutralen Couvert versandt, auf welchem auf der Rückseite als Absender "Postfach ...., L.________" angegeben war. Mit Verfügung vom 2. April 2001 forderte das Eidgenössische Versicherungsgericht den Beschwerdeführer zur Leistung eines Kostenvorschusses von Fr. 5'000.- auf und sandte die Verfügung gleichentags dessen Rechtsvertreter an die angegebene Postfachadresse zu. In der Folge gelangte die Gerichtsurkunde mit dem postalischen Vermerk "nicht abgeholt" an das Eidgenössische Versicherungsgericht zurück. Dieses trat nach Ablauf der gesetzten Frist mit Urteil vom 7. Juni 2001 (H 105/01) auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen Nichtleisten des Kostenvorschusses nicht ein. 
 
B.- Mit Eingabe vom 2. Juli 2001 lässt A.________ den Antrag stellen, in Aufhebung des Urteils des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 7. Juni 2001 sei die Frist zur Leistung des Kostenvorschusses wiederherzustellen. 
Eventuell sei das Urteil vom 7. Juni 2001 in Revision zu ziehen. Am 29. Juni 2001 leistete A.________ den im Verfahren H 105/01 eingeforderten Kostenvorschuss von Fr. 5'000.-. 
Auf Anfrage des Eidgenössischen Versicherungsgerichts hin erläutert der Rechtsvertreter des Gesuchstellers mit Eingabe vom 17. September 2001 die Gründe, weshalb das Couvert der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eine Postfachadresse auf der Rückseite aufwies. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Die versäumte Frist kann wiederhergestellt werden, wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innert der Frist zu handeln, und binnen zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses unter Angabe desselben die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 35 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG). Das Gesetz lässt die Wiederherstellung somit nur zu, wenn der Partei (und gegebenenfalls ihrem Vertreter) kein Vorwurf gemacht werden kann (BGE 112 V 255 Erw. 2a, 110 Ib 95 Erw. 2, 107 Ia 169 Erw. 2a). Entschuldbare Gründe liegen vor, wenn die säumige Person aus hinreichenden objektiven oder subjektiven Gründen davon abgehalten worden ist, fristgerecht zu handeln oder eine Vertretung zu bestellen (BGE 119 II 87 Erw. 2, 114 II 182 Erw. 2). Es muss sich indessen um Gründe von einigem Gewicht handeln. Arbeitsüberlastung oder Ferien rechtfertigen beispielsweise keine Wiedereinsetzung, wohl aber Militärdienst, schwere Erkrankung oder Unfall (BGE 112 V 255 Erw. 2a, 108 V 110 Erw. 2c). Wiederherstellung kann nur in Fällen klarer Schuldlosigkeit gewährt werden (in Pra 1988 Nr. 152 S. 540 publizierte Erw. 2 von BGE 114 Ib 56). 
 
2.- a) Zur Begründung der Wiederherstellung bringt der Gesuchsteller vor, die Kostenvorschussverfügung sei an das nicht dem Rechtsvertreter gehörende Postfach .... in L.________ zugestellt worden. Inhaberin dieses Postfaches sei die Firma Y.________ AG in L.________. Sein Rechtsvertreter besitze weder in L.________ noch sonst irgendwo ein Postfach. Gerichtsurkunden würden immer an die Zustelladresse in L.________ abgeliefert, wie dies im Übrigen auch mit dem Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 7. Juni 2001 geschehen sei. Da somit die Kostenvorschussverfügung nicht rechtsgültig zugestellt worden sei, sei die Frist gestützt auf Art. 35 OG wiederherzustellen. 
Eventuell sei das Urteil vom 7. Juni 2001 in Revision zu ziehen, weil er das entscheidende Beweismittel, wonach das Postfach nicht seinem Rechtsvertreter gehöre, erst nach Eröffnung des Urteils vom 7. Juni 2001 am 22. Juni 2001 habe beibringen können. 
 
b) Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. März 2001 in einem neutralen Couvert eingereicht, auf dessen Rückseite sich die Postfachadresse .... in L.________ befand. Damit hat er selbst gegenüber dem Gericht eine Postfachadresse angegeben. 
Gestützt auf diese Angabe durfte das Eidgenössische Versicherungsgericht die Kostenvorschussverfügung vom 2. April 2001 rechtsgültig an die Postfachadresse zustellen. 
Eine Behörde darf auf die auf dem Briefumschlag angeführte Adresse abstellen, da einem Briefumschlag entscheidende Bedeutung zukommen kann, nicht nur hinsichtlich der Rechtzeitigkeit, sondern etwa auch, wenn eine Beschwerdeschrift nicht unterzeichnet, der Briefumschlag jedoch mit der Unterschrift des Beschwerdeführers versehen ist (BGE 124 V 376 mit Hinweisen). Sodann bestand für das Eidgenössische Versicherungsgericht kein Anlass, an der angegebenen Postfachadresse zu zweifeln. Daran ändert auch nichts, dass auf dem Briefkopf der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. März 2001 keine Postfachadresse aufgeführt ist. 
 
 
Liegt somit eine gültige Zustellung der Kostenvorschussverfügung vom 2. April 2001 vor, stellt sich die Frage, ob dem Beschwerdeführer oder seinem Vertreter wegen der Benützung des fraglichen Couverts ein Vorwurf gemacht werden kann, der die Wiederherstellung der Frist ausschliesst. 
Auf Anfrage des Eidgenössischen Versicherungsgerichts hat der Rechtsvertreter mit Eingabe vom 17. September 2001 die Verwendung des Couverts damit begründet, dass die Firma Y.________ AG üblicherweise für die Bearbeitung von Mandaten Unterlagen jeweils in solchen Couverts vorbeibringt, welche den Postfach-Absender der Firma Y.________ AG tragen. 
Daraufhin sei offensichtlich irrtümlicherweise die Beschwerdeschrift in ein solches Couvert gesteckt worden. 
Der Rechtsvertreter stehe in keiner besonderen Beziehung zur Firma Y.________ AG, sei weder Verwaltungsrat noch Aktionär. Es bestünden zu dieser Gesellschaft rein geschäftliche Beziehungen. Aus dieser Sachdarstellung geht hervor, dass in der Kanzlei des Rechtsvertreters die Beschwerdeschrift vom 14. März 2001 irrtümlicherweise in ein Couvert verpackt worden ist, welches für eine Sendung der Firma Y.________ AG bestimmt war. Dieser Irrtum ist einer Unachtsamkeit zuzuschreiben und kann nicht als unverschuldet betrachtet werden. So hat das Eidgenössische Versicherungsgericht im Urteil vom 20. Dezember 2000 (C 350/00) die Verwechslung zweier Briefumschläge und die dadurch verursachte unzutreffende Berechnung einer Beschwerdefrist nicht als unverschuldet qualifiziert. Ein Wiederherstellungsgrund im Sinne von Art. 35 Abs. 1 OG ist daher nicht gegeben. 
Ebensowenig liegt ein Revisionsgrund vor, da es sich beim Nachweis, dass das Postfach der Firma Y.________ AG gehört, nicht um ein entscheidendes Beweismittel im Sinne von Art. 137 lit. b OG handelt. Es ändert nichts daran, dass die Kostenvorschussverfügung als gültig zugestellt zu betrachten ist, weil das Eidgenössische Versicherungsgericht auf die zwar irrtümlich, aber tatsächlich mitgeteilte Postfachadresse abstellen durfte. 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Das Gesuch um Wiederherstellung der Kostenvorschussfrist 
im Fall H 105/01 und das Revisionsgesuch werden 
abgewiesen. 
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Gesuchsteller auferlegt. Sie sind durch den geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 5'000.- gedeckt; der Differenzbetrag 
 
 
von Fr. 4'500.- wird zurückerstattet. 
III. Dieser Entscheid wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 9. Oktober 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: 
 
i.V.