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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.367/2005 /ruo 
 
Urteil vom 7. März 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterin Rottenberg Liatowitsch, 
Bundesrichter Nyffeler, Favre, 
Bundesrichterin Kiss, 
Gerichtsschreiber Mazan. 
 
Parteien 
A.________, 
Beklagter und Berufungskläger, 
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Nideröst, 
 
gegen 
 
Erbengemeinschaft X.________, 
Kläger und Berufungsbeklagte, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Rohrer. 
 
Gegenstand 
Mietvertrag; Erstreckungsbegehren, 
 
Berufung gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, 
vom 20. September 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Datum vom 31. August 2003 bzw. 9. September 2003 vermietete die Erbengemeinschaft X.________ (Kläger) A.________ (Beklagter) eine 4-Zimmer-Wohnung in Zürich. Mit amtlichem Formular vom 25. Oktober 2004 wurde das Mietverhältnis per 31. März 2005 gekündigt. 
B. 
Nachdem der Beklagte die Kündigung bei der Schlichtungsbehörde Zürich angefochten hatte, stellte diese mit Beschluss vom 25. Februar 2005 die Gültigkeit der Kündigung per 31. März 2005 fest und erstreckte das Mietverhältnis einmalig und definitiv bis zum 30. Juni 2005. 
Dagegen gelangten die Kläger am 4. April 2005 ans Mietgericht Zürich und beantragten, die von der Schlichtungsbehörde gewährte Erstreckung sei vollumfänglich abzuweisen. Am 15. Juni 2005 zogen die Kläger ihre Klage zurück, was dem Beklagten per Fax mitgeteilt wurde. Gleichentags beantragte der Beklagte dem Mietgericht Zürich, dass das Mietverhältnis - ausgehend von einer gültigen und wirksamen Kündigung per 31. März 2005 - einmalig und definitiv bis mindestens 31. März 2007 zu erstrecken sei. Mit Beschluss vom 16. Juni 2005 schrieb das Mietgericht Zürich den Prozess als durch Klagerückzug erledigt ab und trat auf die "Zweitklage" des Beklagten nicht ein. 
Am 30. Juni 2005 focht der Beklagte den Beschluss des Mietgerichtes beim Obergericht des Kantons Zürich an. Mit Beschluss vom 20. September 2005 nahm das Obergericht des Kantons Zürich das Rechtsmittel als Rekurs entgegen, wies den Rekurs ab und bestätigte den angefochtenen Beschluss. 
Eine dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Zirkulationsbeschluss vom 21. Dezember 2005 ab, soweit darauf einzutreten war. 
C. 
Mit Berufung vom 14. September 2005 beantragt der Beklagte dem Bundesgericht im Wesentlichen, der Beschluss des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 20. September 2005 sei aufzuheben und das Obergericht sei anzuweisen, das Mietgericht zu veranlassen, auf seine "Zweitklage" einzutreten und sein Erstreckungsbegehren materiell zu behandeln. 
Mit Zwischenbeschluss vom 25. Januar 2006 wies das Bundesgericht ein Gesuch des Beklagten um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zufolge Aussichtslosigkeit der Berufung ab und setzte den Kostenvorschuss auf Fr. 2'000.-- fest. 
Dieser Kostenvorschuss wurde rechtzeitig bezahlt. Auf die Einholung einer Berufungsantwort wurde verzichtet. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Das Obergericht hat im Wesentlichen ausgeführt, dass der Entscheid der Schlichtungsbehörde innerhalb der 30-tägigen Frist von Art. 273 Abs. 5 und Art. 274f Abs. 1 OR nur von den Klägern, nicht aber vom Beklagten ans Mietgericht weitergezogen worden sei. Der Beklagte sei erst nach Ablauf dieser Frist mit seiner "Zweitklage" ans Mietgericht gelangt. Nach Ablauf der Klagefrist könne der Beklagte eigene Anträge nur im Rahmen der Klageantwort bzw. einer Widerklage stellen. Nach dem Rückzug der Klage habe dafür aber nach kantonalem Prozessrecht kein Raum mehr bestanden. Insbesondere bestehe keine Möglichkeit, nach Ablauf der bundesrechtlichen Klagefrist mit einer selbständigen "Zweitklage" ans Mietgericht zu gelangen. 
2. 
Dagegen wendet der Beklagte im Wesentlichen ein, dass die Erstreckungsklage von Bundesrechts wegen als doppelseitige Klage (actio duplex) ausgestaltet sei, weshalb ihm auch nach Rückzug der "Erstklage" die Möglichkeit zu gewähren sei, eigene Rechtsbegehren im Rahmen einer selbständigen "Zweitklage" - und nicht nur im Rahmen der Klageantwort oder einer Widerklage - zu stellen. 
2.1 Gemäss Art. 273 Abs. 5 und Art. 274f Abs. 1 OR kann die unterlegene Partei, die einen Schlichtungsentscheid nicht gelten lassen will, innert 30 Tagen den Richter anrufen. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte im Schlichtungsverfahren die Ungültigerklärung der Kündigung, eventualiter die Erstreckung des Mietverhältnisses bis mindestens 31. März 2007 beantragt. Da die Schlichtungsbehörde in ihrem Beschluss vom 25. Februar 2005 die Gültigkeit der Kündigung per 31. März 2005 festgestellt sowie das Mietverhältnis einmalig und definitiv bis zum 30. Juni 2005 erstreckt hat, hat der Beklagte gemessen an seinen Anträgen im Schlichtungsverfahren als - teilweise - unterlegene Partei zu gelten. Nach dem klaren Wortlaut von Art. 273 Abs. 5 und Art. 274f Abs. 1 OR hätte der Beklagte als unterlegene Partei innert 30 Tagen den Richter anrufen müssen. Am 15. Juni 2005, als der Beklagte beim Mietgericht seine "Zweitklage" einreichte, war diese gesetzliche Frist von 30 Tagen längst abgelaufen. 
2.2 Der Beklagte macht jedoch geltend, wenn beide Parteien mit ihren Anträgen im Schlichtungsverfahren teilweise unterlegen seien, aber zunächst nur eine Partei innerhalb der gesetzlichen Frist das Mietgericht anrufe, könne die andere Partei ihre früheren Anträge vollumfänglich wieder einbringen, auch wenn sie nicht selbst den Richter innerhalb der Frist von Art. 273 Abs. 5 und Art. 274f Abs. 1 OR angerufen habe. 
2.2.1 Wenn beide Parteien im Schlichtungsverfahren teilweise unterliegen, sind selbstverständlich beide Parteien befugt, innerhalb der 30-tägigen gesetzlichen Frist den Richter anzurufen. Für den Fall, dass nur eine Partei fristgerecht ans Mietgericht gelangt, wird in der Literatur teilweise die Meinung vertreten, dass auch die andere Partei, die auf die Anrufung des Richters innerhalb der gesetzlichen Frist verzichtet hat, genau gleich zu stellen wäre, wie wenn sie fristgerecht gehandelt hätte. Zur Begründung wird ausgeführt, bei der Klage im Kündigungsschutzverfahren handle es sich um eine zweiseitige Klage (actio duplex) (Roger Weber, Basler Kommentar, 3. Aufl., Basel 2003, N. 7 zu Art. 273 OR; Peter Higi, Zürcher Kommentar, N. 134 zu Art. 273; David Lachat, Commentaire romand, CO I, N. 1 zu Art. 274f). 
2.2.2 Diese vom Beklagten und einem Teil der Literatur vertretene Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Klar ist, dass ein Entscheid der Schlichtungsbehörde, in welchem beide Parteien gemessen an ihren ursprünglichen Anträgen teilweise unterliegen, nicht rechtskräftig wird, wenn eine oder beide Parteien innerhalb der 30-tägigen gesetzlichen Frist den Richter anrufen (Art. 273 Abs. 5 und Art. 274f Abs. 1 OR). Insbesondere wird der Entscheid auch für diejenige Partei nicht (teil-)rechtskräftig, die - obwohl teilweise unterlegen - auf eine Anrufung des Richters verzichtet (Roland Gmür, Kündigungsschutz - Prozessuales rund um den "Entscheid" der Schlichtungsbehörde, mp 3/90, S. 134; SVIT-Kommentar Mietrecht, 2. Aufl., Zürich 1998, N. 31 zu Art. 273; David Lachat, Le bail à loyer, Lausanne 1997, S. 185; ders. a.a.O., N. 2 zu Art. 274f; Weber, a.a.O., N. 7 zu Art. 273, Higi, a.a.O., N. 134 zu Art. 273). Dies bedeutet jedoch einzig, dass die unterlegene Partei, die zunächst auf die Anrufung des Mietgerichtes verzichtet, ihre Anträge anschliessend im Rahmen der Klageantwort bzw. einer Widerklage vorbringen kann. Für eine selbständige "Zweitklage" besteht demgegenüber kein Raum. Vielmehr hat die betreffende Partei durch ihren Verzicht, den Richter innerhalb der gesetzlichen Frist anzurufen, zum Ausdruck gebracht, dass sie den Schlichtungsentscheid jedenfalls dann gelten lassen will, wenn der Entscheid auch von der anderen Partei nicht in Frage gestellt wird. Andernfalls wäre ihr zumutbar gewesen, innerhalb der 30-tätigen gesetzlichen Frist das Mietgericht anzurufen. 
2.3 Das Obergericht hat somit die selbständige "Zweitklage" zu Recht nicht zugelassen, weil die gesetzliche 30-tägige Klagefrist gemäss Art. 273 Abs. 5 und Art. 274f Abs. 1 OR verstrichen ist. Von einer Verletzung von Bundesrecht kann keine Rede sein. Ob die vom Beklagten gestellten Begehren im Rahmen der Klageantwort oder einer Widerklage zulässig gewesen wären, ist nach kantonalem Prozessrecht zu beurteilen, welches im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann (Art. 43 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 1 lit. c OG) und auch gar nicht als verletzt gerügt wird. 
3. 
Aus diesem Grund ist die Berufung abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beklagte kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Da auf die Einholung einer Berufungsantwort verzichtet wurde, entfällt eine Entschädigungspflicht. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beklagten auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 7. März 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: