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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_197/2022  
 
 
Urteil vom 25. November 2022  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin May Canellas, 
nebenamtlicher Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Stähle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
B.________ AG, 
vertreten durch 
Rechtsanwälte Dr. Jürg P. Müller und 
Dr. Urban Hulliger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________ AG, 
vertreten durch 
Rechtsanwälte Dr. Urs Feller und Dr. Gion Christian Casanova, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Rechtskraft, sachliche Zuständigkeit, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 22. März 2022 (HG210181-O). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die B.________ AG (Vermieterin, Beschwerdeführerin) und die A.________ AG (Mieterin, Beschwerdegegnerin) führen seit längerem mehrere Gerichtsverfahren zu Fragen im Zusammenhang mit der Beendigung der Miete von Ladenflächen an der X.________strasse 75/77/79 in Zürich per 31. Januar 2014 respektive deren Verlängerung/Fortsetzung über diesen Zeitpunkt hinaus. Hier sind im Wesentlichen die nachfolgend zusammengefassten prozessualen Schritte von Bedeutung.  
 
A.b. Am 14. März 2012 klagte die Mieterin vor dem Mietgericht Zürich gestützt auf Ziffer 5 des Nachtrags I zum Mietvertrag vom 5. November 2001, es sei "der für die Verlängerung des Vertragsverhältnisses vertraglich vereinbarte massgebliche Mietzins für die gemieteten Räumlichkeiten (Liegenschaft X.________strasse 75/77/79, 8001 Zürich) gerichtlich festzulegen", und die Vermieterin sei zu verpflichten, eine Offerte abzugeben, wonach der gerichtlich festgelegte Mietzins "für das Mietverhältnis ab 1. Februar 2014 für eine Dauer von mindestens fünf Jahren zur Anwendung gelangt". Was dieses Verfahren angeht, kann im Einzelnen auf das Urteil 4A_653/2018 und 4A_657/2018 vom 14. November 2019 verwiesen werden. Darin hob das Bundesgericht die bei ihm angefochtene Verurteilung der Vermieterin auf, "für die Liegenschaften X.________strasse 75 und 79 eine verbindliche auf 30 Tage befristete Offerte zur Fortführung des Vertragsverhältnisses ab dem 1. Februar 2014 für eine weitere Dauer von mindestens fünf Jahren zu marktüblichen Vertragskonditionen für ein Warenhaus zu unterbreiten". Stattdessen stellte es fest, dass die Vermieterin "ihrer Pflicht nicht nachgekommen ist, der Mieterin für die Liegenschaften X.________strasse 75 und 79 eine verbindliche Offerte zur Fortführung des Vertragsverhältnisses ab dem 1. Februar 2014 für eine weitere Dauer von mindestens fünf Jahren zu marktüblichen Vertragskonditionen für ein Warenhaus zu unterbreiten" (Dispositiv-Ziffer 2).  
 
A.c. Parallel dazu klagte die Mieterin am 1. September 2014 beim Mietgericht Zürich auf Erstreckung des Mietverhältnisses (Verfahren MB140015). Mit Beschluss vom 26. Januar 2017 trat das Mietgericht auf das Erstreckungsbegehren mit der Begründung nicht ein, die Mieterin verfüge nach wie vor über einen vertraglichen Anspruch "auf Realerfüllung bezüglich der bislang nicht in vertragskonformer Weise unterbreiteten Fortsetzungsofferte und als Ausfluss desselben über einen Benützungsanspruch für das Mietobjekt". Die Vermieterin focht diesen Entscheid mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich an. Mit Beschluss vom 1. September 2020 schrieb das Obergericht das Erstreckungsverfahren ab, nachdem die Mieterin die Mietobjekte im Februar 2020 verlassen hatte.  
 
B.  
Am 15. September 2021 klagte die Vermieterin vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Mieterin mit dem Begehren, letztere sei zu verpflichten, ihr Fr. 44'805'529.-- zuzüglich Zins zu bezahlen. Damit verlangt sie für den Zeitraum bis 20. Februar 2020 (Auszug aus dem Mietobjekt) die Bezahlung der Differenz zwischen dem ab 1. Februar 2014 marktüblichen Entgelt für die Verkaufsfläche und dem von der Mieterin bisher geleisteten Entgelt (in der Höhe des bis 31. Januar 2014 geschuldeten Mietzinses zuzüglich Nebenkosten). 
Die Mieterin stellte den Antrag, auf die Klage sei nicht einzutreten, da einerseits das Handelsgericht für die Beurteilung der Klage sachlich nicht zuständig sei und andererseits eine abgeurteilte Sache vorliege. Die Vermieterin habe nämlich bereits im Erstreckungsverfahren MB140015 vor dem Mietgericht die Anpassung des Mietzinses für die Liegenschaften X.________strasse 75/77/79 ab 1. Februar 2014 bis zur vollständigen Rückgabe der Mietobjekte verlangt. Sie habe damit für dieselben Objekte und dieselbe Periode einen ähnlichen bzw. leicht modifizierten zusätzlichen Mietzins geltend gemacht. Diesen Anspruch habe sie im Erstreckungsverfahren nach Eintritt der Fortführungslast vorbehaltlos zurückgezogen, womit die Erhebung des nun eingeklagten Anspruchs im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen sei. 
Mit Verfügung vom 2. Dezember 2021 beschränkte das Handelsgericht das Verfahren einstweilen auf die Frage seiner sachlichen Zuständigkeit und auf die Frage, ob eine abgeurteilte Sache vorliegt. Mit Beschluss vom 22. März 2022 trat es auf die Klage nicht ein. 
 
C.  
Die Vermieterin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen, der Beschluss des Handelsgerichts sei aufzuheben und das Verfahren sei zur materiellen Prüfung der Klage, eventualiter zur materiellen Prüfung der Forderungsklage für die Phase ab 1. Februar 2019 bis zum Auszug der Mieterin Ende Februar 2020, an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Mieterin hat in ihrer Vernehmlassung den Antrag gestellt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der angefochtene Beschluss des Handelsgerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer einzigen kantonalen Instanz im Sinne von Art. 75 Abs. 2 lit. b BGG. Dagegen steht die Beschwerde in Zivilsachen offen. 
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz beurteilt im angefochtenen Beschluss zuerst den Einwand der abgeurteilten Sache und lässt, da sie diesen für begründet erachtet, die Frage ihrer sachlichen Zuständigkeit offen. Die Vermieterin kritisiert diese Vorgehensweise. Sie meint, die Vorinstanz hätte stattdessen zuerst über ihre Zuständigkeit entscheiden müssen. Ohne vorherige Bejahung der eigenen Zuständigkeit sei es einem Gericht nämlich untersagt, "über eine Sache zu urteilen und/oder andere Prozessvoraussetzungen zu prüfen". Die Beurteilung der Klage trotz fehlender Zuständigkeit stelle einen geradezu krassen Verstoss gegen den Anspruch auf ein gerechtes Verfahren gemäss Art. 29 Abs. 1 BV sowie eine formelle Rechtsverweigerung im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV dar. Ausserdem verletzte sie auch Art. 30 Abs. 1 BV sowie Art. 60 ZPO. In der Sache kritisiert sie unter verschiedenen Gesichtspunkten die Meinung der Vorinstanz, wonach der Rückzug ihres Begehrens im Erstreckungsverfahren MB140015 Rechtskraftwirkung entfaltet und der heute zu behandelnden Klage entgegensteht.  
 
2.2. Die Mieterin wendet dagegen vorab ein, die Vermieterin habe kein Rechtsschutzinteresse, der Vorinstanz vorzuwerfen, diese habe ihre Zuständigkeit nicht geprüft, weil sie ja selber das Handelsgericht angerufen und dessen Zuständigkeit in ihrer Klage begründet habe. Sie könne sich aber auch nicht darauf berufen, die Vorinstanz habe den Anspruch der Gegenpartei auf Beurteilung ihrer Unzuständigkeitseinrede verletzt. Der Einwand ist unbegründet: Auch die klagende Partei hat grundsätzlich ein Interesse daran, dass das Gericht das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechend prüft. Die diesbezügliche Kritik ist deshalb auch unter dem Aspekt von Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG zulässig.  
 
2.3. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Vielmehr kann es eine Beschwerde unter gegebenen Umständen aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 141 III 426 E. 2.4 mit weiteren Hinweisen).  
 
2.4.  
 
2.4.1. Gemäss Art. 59 Abs. 1 ZPO tritt das Gericht auf eine Klage oder auf ein Gesuch ein, sofern die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind (Abs. 1). Prozessvoraussetzungen sind insbesondere (Abs. 2) : a. die klagende oder gesuchstellende Partei hat ein schutzwürdiges Interesse; b. das Gericht ist sachlich und örtlich zuständig; c. die Parteien sind partei- und prozessfähig; d. die Sache ist nicht anderweitig rechtshängig; e. die Sache ist noch nicht rechtskräftig entschieden; f. der Vorschuss und die Sicherheit für die Prozesskosten sind geleistet worden. Das Gericht prüft nach Art. 60 ZPO von Amtes wegen, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind.  
Fehlt es an einer Prozessvoraussetzung, darf das angerufene Gericht nicht auf die Klage oder das Gesuch eintreten und ein Urteil in der Sache fällen. Die Prozessvoraussetzungen müssen - von gewissen Ausnahmen abgesehen - im Zeitpunkt des Sachurteils gegeben sein. Die Prüfung, ob sie vorliegen, hat vor der materiellen Beurteilung der Klage zu erfolgen. Demgegenüber haben die Parteien im Allgemeinen keinen Anspruch darauf, dass erst zur Sache verhandelt wird, wenn in einem Zwischenentscheid (Art. 237 ZPO) abschliessend über das Vorliegen sämtlicher Prozessvoraussetzungen entschieden worden ist (siehe im Einzelnen BGE 140 III 159 E. 4.2.4; Urteil 5A_231/2018 vom 28. September 2018 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen; ferner BGE 147 III 159 E. 4.2). 
 
2.4.2. Materielle Rechtskraft bedeutet Massgeblichkeit eines formell rechtskräftigen Urteils in jedem späteren Verfahren unter denselben Parteien. Sie hat nach ständiger Rechtsprechung zwei Wirkungen, nämlich eine positive und eine negative. In positiver Hinsicht bindet sie das Gericht in einem späteren Prozess an alles, was im Urteilsdispositiv des früheren Prozesses festgestellt wurde (sogenannte Präjudizialitäts- oder Bindungswirkung). In negativer Hinsicht verbietet sie jedem späteren Gericht, auf eine Klage einzutreten, deren Streitgegenstand mit dem rechtskräftig beurteilten identisch ist, sofern die klagende Partei nicht ein schutzwürdiges Interesse an Wiederholung des früheren Entscheids geltend machen kann (sogenannte Ausschlusswirkung). Es fehlt dann an einer Prozessvoraussetzung, was Art. 59 Abs. 2 lit e ZPO zum Ausdruck bringt (BGE 145 III 143 E. 5.1; 142 III 210 E. 2.1; Urteil 4A_525/2021 vom 28. April 2022, nicht zur Publ. vorgesehene E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen). Die im Hinblick auf die negative Wirkung der materiellen Rechtskraft relevante Identität von Streitgegenständen beurteilt sich nach zwei Kriterien: den Klageanträgen einerseits und dem behaupteten Lebenssachverhalt andererseits, das heisst dem Tatsachenfundament, auf das sich die Klagebegehren stützen (BGE 144 III 452 E. 2.3.2; Urteil 4A_525/2021 vom 28. April 2022, nicht zur Publ. vorgesehene E. 3.3; je mit weiteren Hinweisen). Sie ist zu verneinen, wenn zwar aus demselben Rechtsgrund wie im Vorprozess geklagt wird, aber neue erhebliche Tatsachen geltend gemacht werden, die seitdem eingetreten sind und den Anspruch in der nunmehr eingeklagten Form erst entstehen liessen. Diesfalls stützt sich die neue Klage auf rechtsbegründende oder rechtsverändernde Tatsachen, die im früheren Prozess nicht zu beurteilen waren und ausserhalb der zeitlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft des früheren Urteils liegen (BGE 145 III 143 E. 5.1; 140 III 278 E. 3.3; 139 III 126 E. 3.2.1 mit weiteren Hinweisen).  
 
2.5. Die Vorinstanz stellt fest, die Vermieterin habe im Erstverfahren MB140015 vor dem Mietgericht, in dem es in der Hauptsache um ein Erstreckungsbegehren der Mieterin in Bezug auf die Miete der Liegenschaften X.________strasse 75/77/79 gegangen sei, in der Klageantwort die folgenden Anträge gestellt:  
 
"2.a Es sei der Netto-Mietzins für die Dauer der Nutzung der von der Klägerin belegten Flächen in den Liegenschaften X.________strasse 75, 77 und 79 ab 1. Februar 2014 bis zur vollständigen Rückgabe im Sinne von Art. 272c OR (analog) wie folgt den veränderten Verhältnissen anzupassen: 
 
- 1. Untergeschoss: 1'315.30 m² x CHF 1'900 CHF 2'499'070 
- Erdgeschoss: 1'290.80 m² x CHF 6'500.00 CHF 8'390'200 
- 1. Obergeschoss: 1'614.70 m² x CHF 2'500.00 CHF 4'036'750 
- 2. bis 5. Obergeschoss: 
 
- 2. OG 2'128.30 m² x CHF 900.00 CHF 1'915'470 
- 3. OG 2'138.10 m² x CHF 900.00 CHF 1'924'290 
- 4. OG 2'070.40 m² x CHF 900.00 CHF 1'863'360 
- 5. OG 1'667.70 m² x CHF 900.00 CHF 1'500'930 
Total netto pro Jahr CHF 22'130'070 
Total netto pro Monat (gerundet) CHF 1'844'172 
 
b. Eventuell sei der Netto-Mietzins für die Dauer der Nutzung der von der Klägerin belegten Flächen in den Liegenschaften X.________strasse 75, 77 und 79 gemäss lit. a hiervor ab 1. Februar 2014 bis zur vollständigen Rückgabe im Sinne von Art. 272c OR (analog) nach Ermessen des Gerichts angemessen zu erhöhen[.]" 
 
Die Vorinstanz erwägt, die Vermieterin habe also konkret "eine Erhöhung des Mietzinses auf CHF 22'130'070.-- pro Jahr" für den Zeitraum vom 1. Februar 2014 bis zur vollständigen Rückgabe der belegten Mietsachen verlangt. Dabei - so die Begründung im angefochtenen Beschluss weiter - sei "insbesondere auch die in Ziff. 5 zum Nachtrag I des Mietvertrags enthaltene Pflicht der [Vermieterin], der [Mieterin] eine Offerte zur Verlängerung des Mietverhältnisses um fünf Jahre zu marktüblichen Konditionen zu unterbreiten, Teil des dem Gericht im Erstverfahren unterbreiteten Tatsachenfundaments" gewesen. Entgegen der Auffassung der Vermieterin habe diese im Erstverfahren nicht bloss ein unselbständiges Nebenbegehren gestützt auf Art. 272c OR auf Anpassung des Mietzinses für die Erstreckungsdauer verlangt. Vielmehr habe sie "unabhängig von einer allfälligen Erstreckung" eine Anpassung des Mietzinses für den Zeitraum ab 1. Februar 2014 bis zur vollständigen Rückgabe für die gesamte Dauer des restlichen Verbleibs der Mieterin in den Mietobjekten verlangt. Diese Anträge habe die Vermieterin nach Eintritt der Fortführungslast und damit gemäss Art. 65 und Art. 241 Abs. 2 ZPO unter Rechtskraftfolge zurückgezogen. Da die vorliegende Klage denselben Lebenssachverhalt und identische Anträge zum Gegenstand hätten - so der Schluss der Vorinstanz -, könne auf diese infolge einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache gemäss Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO nicht eingetreten werden. 
 
2.6. Mit ihrer Beurteilung zieht die Vorinstanz den Kreis der von der (negativen) Prozessvoraussetzung nach Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO erfassten Klagen zu weit:  
Ausschlusswirkung entfaltet das Ersturteil wie dargelegt lediglich gegenüber einer identischen Zweitklage. Wohl hat das Bundesgericht wiederholt darauf hingewiesen, dass die Identität der Klagebegehren nicht grammatikalisch, sondern inhaltlich zu verstehen ist. Nach der dabei verwendeten Formulierung ist der neue prozessuale Anspruch "deshalb trotz abweichender Umschreibung vom beurteilten nicht verschieden, wenn er in diesem bereits enthalten war oder wenn im neuen Verfahren das kontradiktorische Gegenteil zur Beurteilung gestellt wird" (siehe aus der Rechtsprechung seit dem Inkrafttreten der Zivilprozessordnung BGE 142 III 210 E. 2.1; 139 III 126 E. 3.2.3; Urteil 4A_525/2021 vom 28. April 2022, nicht zur Publ. vorgesehene E. 3.3). Mit Blick darauf wird von der Lehre etwa angenommen, dass die Ausschlusswirkung gemäss Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO nebst der eigentlichen Klagewiederholung auch die Situation erfasst, in der mit der zweiten Klage nur noch ein Teilbetrag der im Erstverfahren rechtskräftig beurteilten Klage geltend gemacht wird oder wenn nach der rechtskräftigen Erledigung einer (positiven) Feststellungsklage eine negative Feststellungsklage mit umgekehrter Stossrichtung geführt wird (siehe im Einzelnen DROESE, Res iudicata ius facit, 2015, S. 229-233). Äussert sich das Urteilsdispositiv des Erstverfahrens demgegenüber zu einer Frage, die sich bei der Beurteilung des im Zweitverfahren geltend gemachten Anspruchs lediglich als Vorfrage stellt, liegt kein Fall der Ausschlusswirkung vor, sondern der Präjudizialitäts- bzw. Bindungswirkung. Dementsprechend ist die zweite Klage zulässig, aber das im Erstverfahren ergangene Urteil der materiellen Beurteilung des Gerichts zugrundezulegen (siehe aus der jüngeren Rechtsprechung etwa BGE 145 III 143 E. 5.3; im Schrifttum insbesondere eingehend DROESE, a.a.O., S. 219-222; ferner etwa BAUMGARTNER UND WEITERE, Schweizerisches Zivilprozessrecht mit Grundzügen des internationalen Zivilprozessrechts, 10. Aufl. 2018, S. 190; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 364 f. Fn. 22; HOHL, Procédure Civile, Bd. I, 2. Aufl. 2016, S. 386 Rz. 2326; STAEHELIN UND WEITERE, Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2019, S. 485 f.; WEBER/OBERHAMMER, in: ZPO, 3. Aufl. 2021, N. 43 f. zu Art. 236 ZPO; vgl. ferner auch die Beispiele aus der deutschen Gerichtspraxis bei ROSENBERG/SCHWAB/GOTTWALD, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, S. 946 f.).  
Die Vorinstanz hat nicht etwa übersehen, dass die Vermieterin heute die Verurteilung der Mieterin zur Bezahlung eines Geldbetrages verlangt, nachdem sie im Erstverfahren noch die Anpassung des Mietzinses verlangt hatte. Sie versucht allerdings, diesen Unterschied durch den Hinweis zu relativieren, er sei der unterschiedlichen Perspektive geschuldet, aus der die Anträge gestellt worden seien. Die Anträge im Erstverfahren seien aus einer ex-ante- Sicht zu Beginn des Weiterverbleibs der Mieterin in den Mietobjekten erfolgt. Damals sei noch nicht bekannt gewesen, wie lange die Mieterin in den Liegenschaften bleiben würde, weshalb auch kein Leistungsbegehren für den gesamten Zeitraum habe gestellt werden können. Die Vermieterin habe damals einzig eine zukunftsgerichtete Erhöhung für die Dauer bis zur Rückgabe der Mietsachen verlangen können. Die Anträge im vorliegenden Verfahren erfolgten hingegen aus einer ex-post- Sicht, nachdem die Mietobjekte zwischenzeitlich zurückgegeben worden seien. Die Vermieterin müsse sich deshalb nicht mehr nur auf die Erhöhung des Mietzinses beschränken, sondern könne direkt auch die Leistung des erhöhten Mietzinses fordern.  
Entgegen dem, was die Vorinstanz annimmt, belegen diese Ausführungen jedoch gerade nicht, dass sich die fraglichen Klagebegehren bloss in grammatikalischer Hinsicht unterscheiden, sondern vielmehr, dass sie inhaltlich nicht deckungsgleich sind. Die zum Gegenstand des Zweitverfahrens gemachte Geldforderung im Betrag von Fr. 44'805'529.-- zuzüglich Zins beruht auf der weiteren Nutzung der Mietobjekte durch die Mieterin und damit auf neuen Tatsachen, die ausserhalb der zeitlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft des Erstverfahrens liegen. Dass die Vermieterin mit ihren Anträgen im Erstverfahren und demjenigen im Zweitverfahren letztlich dasselbe Ziel verfolgt haben bzw. verfolgen mag, nämlich, den Mietzins für die Dauer des Verbleibs der Mieterin in den Mietobjekten X.________strasse 75/77/79 bis zur vollständigen Rückgabe auf ein den üblichen Verhältnissen entsprechendes Niveau zu erhöhen, ändert daran nichts. 
Die Ansicht, dass der heute zu beurteilende Streitgegenstand mit demjenigen des Erstreckungsverfahrens MB140015 identisch und die Klage daher nach Art. 59 Abs. 2 lit. e ZPO unzulässig ist, hält vor Bundesrecht nicht stand. 
 
2.7. Dass ihre Rechtsauffassung zur Ausschlusswirkung nicht überzeugt, scheint denn auch die Vorinstanz zu erkennen, führt sie doch in einer Eventualbegründung aus, die Vermieterin habe - wenn man die Identität der Anträge und damit die Ausschlusswirkung verneine - jedenfalls kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO an ihrer Klage. Wenn nämlich bereits heute klar sei, dass die Vorfrage betreffend Erhöhung des geschuldeten Mietzinses aufgrund der Bindungswirkung negativ zu beantworten sei, ergebe sich daraus, dass auch die Leistungsklage am Ende des Verfahrens abzuweisen sein werde, da diese auf der Erhöhung des Mietzinses aufbaue und sich einzig darauf abstütze. Auch darin kann ihr nicht gefolgt werden, liesse sich mit diesem Argument doch bei jeder nach materieller Anspruchsprüfung abzuweisenden Klage ein Nichteintretensentscheid begründen. Ob der mit der Klage geltend gemachte Anspruch gegeben ist, betrifft aber die Frage ihrer Begründetheit und ist im Sachurteil und nicht im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung zu entscheiden. Dementsprechend kann und muss im vorliegenden Stadium nicht beurteilt werden, ob der im Erstverfahren erfolgte Rückzug des Begehrens der Vermieterin um Anpassung des Mietzinses im Zweitverfahren Präjudizialitäts- bzw. Bindungswirkung entfaltet. In diesem Sinne kann an dieser Stelle offenbleiben, ob die von der Vorinstanz unter dem Gesichtspunkt der Prozessvoraussetzungen gemachten Erwägungen zur Rechtskraft zutreffen und gegebenenfalls auf den vorliegenden Fall übertragen werden können.  
 
2.8. Aus den dargelegten Gründen hätte die Vorinstanz das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen gemäss Art. 59 Abs. 2 lit. a und e ZPO bejahen und bereits aus diesem Grund zunächst über ihre Zuständigkeit befinden müssen. Indem sie diese Frage offenlässt, verletzt sie Art. 59 Abs. 2 lit. b ZPO. Bei dieser Sachlage braucht nicht näher auf das grundsätzliche Argument der Vermieterin eingegangen zu werden, "dass die Zuständigkeit des Gerichts (und insbesondere die der Parteidisposition entzogene zwingende sachliche Zuständigkeit) prioritär vor allen anderen Prozessvoraussetzungen geprüft werden muss".  
 
3.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Beschluss der Vorinstanz aufzuheben. Die Sache ist - entgegen der Ansicht der Mieterin - an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese über ihre Zuständigkeit entscheidet. Dabei wird insbesondere die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 243 Abs. 2 lit. c ZPO zu berücksichtigen sein (siehe zuletzt Urteil 4A_199/2022 vom 20. September 2022 E. 3.1, zur Publ. vorgesehen, mit Hinweisen). 
 
4.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdegegnerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Beschluss des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 22. März 2022 wird aufgehoben. Die Sache wird zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 60'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 115'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. November 2022 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle