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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_1052/2021  
 
 
Urteil vom 1. Juni 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Marazzi, 
Gerichtsschreiber Buss. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
B.________ AG, 
 
Beschwerdegegnerin, 
 
Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, 
Poststrasse 25, 3072 Ostermundigen. 
 
Gegenstand 
Zustellung des Zahlungsbefehls, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, vom 30. November 2021 (ABS 21 286). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die B.________ AG betrieb A.________ mit Betreibungsbegehren vom 12. Juli 2021. Am 13. Juli 2021 stellte das Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, in der Betreibung Nr. xxx den Zahlungsbefehl aus. Gemäss Zustellbescheinigung auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls konnte der Zahlungsbefehl A.________ am 17. August 2021 zugestellt werden. Am 8. September 2021 stellte die Gläubigerin das Fortsetzungsbegehren. Das Betreibungsamt erliess daraufhin die Pfändungsankündigung. 
 
B.  
Gegen die Pfändungsankündigung erhob A.________ am 7. Oktober 2021 Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern. Sie beantragte sinngemäss, es sei festzustellen, dass die Pfändungsankündigung vom 20. September 2021 nichtig und die Betreibung Nr. xxx aufzuheben sei. Zur Begründung führte sie aus, dass ihr der Zahlungsbefehl von der Post nie ausgehändigt worden sei. Sie würde gerne Rechtsvorschlag erheben, da sie die Forderung als unrechtmässig einschätze. Mit Entscheid vom 30. November 2021 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 20. Dezember 2021 ist A.________ an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Anweisung des Betreibungsamts, eine Zustellung des Zahlungsbefehls vorzunehmen, bei welcher sie Gelegenheit habe, Rechtsvorschlag zu erheben. 
Vernehmlassungen sind keine eingegangen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Beschwerdeentscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden über Verfügungen der Vollstreckungsorgane gemäss Art. 17 SchKG sind Endentscheide im Sinne von Art. 90 BGG und unabhängig von einer gesetzlichen Streitwertgrenze anfechtbar (Art. 74 Abs. 2 lit. c BGG). Auf die fristgerecht erhobene Beschwerde ist damit grundsätzlich einzutreten (Art. 100 Abs. 2 lit. a BGG).  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG).  
 
1.3. Gemäss Art. 105 Abs. 1 BGG ist der von der Vorinstanz festgestellte Sachverhalt und damit das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich. Gemäss Art. 97 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann.  
 
2.  
Die Vorinstanz hat erwogen, das Betreibungsamt beweise die ordnungsgemässe Zustellung des Zahlungsbefehls am 17. August 2021 an die Beschwerdeführerin unter anderem durch die Zustellbescheinigung auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls. Ferner werde im betreffenden Sendungsverfolgungsauszug der Schweizerischen Post der 17. August 2021 als Zustellungsdatum des Zahlungsbefehls an die Beschwerdeführerin genannt und somit das auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls bescheinigte Datum noch einmal bestätigt. Dies attestiere die Post zudem in ihrer E-Mail vom 13. Oktober 2021. Demgegenüber könne dem von der Beschwerdeführerin eingereichten E-Mail der Schweizerischen Post vom 4. Oktober 2021 nicht entnommen werden, dass die Post einen Fehler einräume. Dass der Zahlungsbefehl der Beschwerdeführerin nicht ordnungsgemäss zugestellt worden sei, stelle damit lediglich eine Parteibehauptung dar, welche von der Beschwerdeführerin nicht rechtsgenüglich habe nachgewiesen werden können. 
 
3.  
Die formelle Rüge der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil sie sich mit den im Recht liegenden Beweismitteln nicht hinreichend befasst habe, geht fehl. Die Vorinstanz hat sämtliche ihr vorgelegten Beweismittel ausdrücklich gewürdigt und der Beschwerdeführerin war es ohne Weiteres möglich, den angefochtenen Entscheid sachgerecht anzufechten (vgl. BGE 142 III 433 E. 4.3.2 mit Hinweisen). 
 
4.  
Die Zustellung des Zahlungsbefehls geschieht durch den Betreibungsbeamten, einen Angestellten des Amts oder durch die Post (Art. 72 Abs. 1 SchKG). Bei der Abgabe hat der Überbringer auf beiden Ausfertigungen zu bescheinigen, an welchem Tag und an wen die Zustellung erfolgt ist (Art. 72 Abs. 2 SchKG). Die Zustellbescheinigung gilt als öffentliche Urkunde im Sinn von Art. 9 ZGB. Als solcher kommt einer formell korrekt zustande gekommenen Zustellbescheinigung für ihren Inhalt grundsätzlich volle Beweiskraft zu (BGE 120 III 117 E. 2; WÜTHRICH/SCHOCH, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 13 zu Art. 72 SchKG). Dies gilt, solange nicht nachgewiesen werden kann, dass die Zustellbescheinigung inhaltlich unrichtig ist. Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Tatsachenvermutung, welche nur durch den Beweis des Gegenteils im Sinne eines Hauptbeweises entkräftet werden kann (Urteile 5A_571/2020 vom 22. Oktober 2020 E. 6.3.3; 5A_418/2017 vom 31. Januar 2018 E. 3.2, in: BlSchK 2019 S. 41). Die Vorinstanz hat diese Grundsätze im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. 
Was die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzlichen Erwägungen vorbringt, begründet weder Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung noch eine Verletzung von Bundesrecht. Zu Unrecht erachtet die Beschwerdeführerin die Angaben auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls, die Informationen im Sendungsverfolgungsauszug der Schweizerischen Post und die von der Schweizerischen Post erteilten Auskünfte allesamt als zweideutig und widersprüchlich. Dass auf dem Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls neben dem Feld "an Adressat" in der Rubrik "Zustellbescheinigung" auch das Feld "nicht abgeholt" in der Rubrik "nicht zustellbar" angekreuzt wurde, erklärt sich damit, dass eine erfolgreiche Zustellung gemäss den Angaben auf dem Zahlungsbefehl und im Sendungsverfolgungsauszug erst nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist im Rahmen der Dienstleistung "Juristische Urkunde mit Spezialzustellung" erfolgt ist. Bei Inanspruchnahme dieser Dienstleistung wird nach erfolgloser Erstzustellung und nach Ablauf der siebentägigen Abholfrist durch die Post nochmals ein Zustellungsversuch, sprich eine Zweitzustellung unternommen. Dieser Vorgang zielt auf die Bewirkung der tatsächlichen förmlichen Zustellung ab (ERNST/OBERHOLZER/SUNARIC, Fristen und Fristberechnung im Zivilprozess [ZPO - BGG - SchKG], 2021, § 5 Rz. 197). Sodann bezieht sich die im Sendungsverfolgungsauszug erwähnte Rückzustellung an das Betreibungsamt - wie die Vorinstanz willkürfrei annehmen durfte und die Post in ihrer E-Mail vom 13. Oktober 2021 unmissverständlich klargestellt hat - lediglich auf das Gläubigerdoppel des Zahlungsbefehls. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt stellt, dass gemäss den von ihr eingereichten Beweismitteln auch das für sie bestimmte Exemplar des Zahlungsbefehls an das Betreibungsamt retourniert worden sei, sind ihre Vorbringen - soweit novenrechtlich überhaupt zulässig (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG) - rein appellatorischer Natur; solches geht aus den von der Beschwerdeführerin eingereichten E-Mail-Auskünften, in welchen bloss allgemein von der Rücksendung der Betreibungsurkunde bzw. des Briefes die Rede ist, nicht hervor. 
 
5.  
Aus den dargelegten Gründen ist der Beschwerde kein Erfolg beschieden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gegenpartei ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Betreibungsamt Bern-Mittelland, Dienststelle Mittelland, und dem Obergericht des Kantons Bern, Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Juni 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Buss