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[AZA 7] 
H 50/01 Gi 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Rüedi und Meyer; 
Gerichtsschreiber Hadorn 
 
Urteil vom 9. November 2001 
 
in Sachen 
M.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. 
Dieter Gränicher, Aeschenvorstadt 55, 4010 Basel, 
 
gegen 
Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes, Viaduktstrasse 42, 4051 Basel, Beschwerdegegnerin, 
 
und 
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal 
 
Mit Verfügung vom 9. Februar 1999 verpflichtete die Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes M.________, einziges Verwaltungsratsmitglied der in Konkurs gefallenen Firma D.________ AG, für nicht mehr erhältliche Sozialversicherungsbeiträge zuzüglich Betreibungskosten und Mahngebühren Schadenersatz im Ausmass von Fr. 67'120. 15 zu leisten. 
Nach Einspruch von M.________ klagte die Kasse auf Bezahlung des genannten Betrages. Mit Entscheid vom 2. August 2000 hiess das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft die Klage im Umfang der bundesrechtlichen Abgaben von Fr. 63'014. 65 gut. 
M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, es seien der kantonale Entscheid aufzuheben und die Klage der Kasse abzuweisen. 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
b) Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglichkeit, im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend eingeschränkt. 
Zwar ist der Verwaltungsprozess vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht, wonach Verwaltung und Gericht von sich aus für die richtige und vollständige Abklärung des Sachverhalts zu sorgen haben; doch entbindet das die Rechtsuchenden nicht davon, selber die Beanstandungen vorzubringen, die sie anzubringen haben (Rügepflicht), und ihrerseits zur Feststellung des Sachverhalts beizutragen (Mitwirkungspflicht). Unzulässig und mit der weit gehenden Bindung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts an die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 105 Abs. 2 OG unvereinbar ist es darum, neue tatsächliche Behauptungen und neue Beweismittel erst im letztinstanzlichen Verfahren vorzubringen, obwohl sie schon im kantonalen Beschwerdeverfahren hätten geltend gemacht werden können und - in Beachtung der Mitwirkungspflicht - hätten geltend gemacht werden müssen. 
Solche (verspätete) Vorbringen sind nicht geeignet, die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG erscheinen zu lassen (BGE 121 II 100 Erw. 1c, AHI 1994 S. 211 Erw. 2b mit Hinweisen). 
 
2.- a) Das kantonale Versicherungsgericht hat unter Hinweis auf Gesetz (Art. 52 AHVG) und Rechtsprechung (vgl. 
statt vieler BGE 123 V 15 Erw. 5b) die Voraussetzungen zutreffend dargelegt, unter welchen Organe juristischer Personen den der Ausgleichskasse wegen Missachtung der Vorschriften über die Beitragsabrechnung und -zahlung (Art. 14 Abs. 1 AHVG; Art. 34ff. AHVV) qualifiziert schuldhaft verursachten Schaden zu ersetzen haben. Darauf wird verwiesen. 
 
b) Die Ausgleichskasse, welche feststellt, dass sie einen durch Missachtung von Vorschriften entstandenen Schaden erlitten hat, darf davon ausgehen, dass der Arbeitgeber die Vorschriften absichtlich oder grobfahrlässig verletzt hat, sofern keine Anhaltspunkte für die Rechtmässigkeit des Handelns oder die Schuldlosigkeit des Arbeitgebers bestehen. 
Im Rahmen der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht ist es grundsätzlich Sache des Schadenersatzpflichtigen, den Nachweis für allfällige Rechtfertigungs- oder Exkulpationsgründe zu erbringen (BGE 108 V 187 Erw. 1 am Ende). Verwaltung und Richter prüfen alsdann im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes die Berechtigung der Einwände. 
 
c) Nach BGE 108 V 202 Erw. 2 schliesst eine Zahlungsvereinbarung ein grobfahrlässiges Verschulden nicht aus, weil im Aufschub lediglich der Versuch zu erblicken sei, den bereits widerrechtlich eingetretenen Zahlungsrückstand nachträglich wieder in Ordnung zu bringen. Der Zahlungsaufschub vermöge die nicht rechtzeitige Begleichung sowohl der bereits verfallenen als auch der erst fällig werdenden Beiträge nicht zu entschuldigen bzw. zu rechtfertigen; es frage sich lediglich, ob die Rückstände, welche zur Stundung Anlass gegeben hätten, sich durch ein entschuldbares oder gerechtfertigtes Verhalten begründen liessen. Diese auf einer Verschuldensvermutung beruhende Rechtsprechung präzisierte das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 124 V 253 dahin gehend, dass ein Zahlungsaufschub mit Tilgungsplan zwar an der Widerrechtlichkeit der nicht ordnungsgemässen Beitragszahlung nichts ändert und sich die Verschuldensfrage primär nach den Umständen beurteilt, die zum Zahlungsrückstand geführt haben; bei der Prüfung der Frage, ob die verantwortlichen Organe ihren Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Einhaltung der Beitragszahlungspflicht nachgekommen sind, ist eine Zahlungsvereinbarung jedoch mit zu berücksichtigen, soweit dem Beitragspflichtigen damit ein Abweichen von den ordentlichen Zahlungsterminen zugestanden wird. 
 
3.- a) Wie die Vorinstanz für das Eidgenössische Versicherungsgericht verbindlich (Erw. 1a hievor) festgestellt hat, rechnete die in Konkurs gefallene Firma ihre Beiträge in monatlichen Pauschalen ab. Da die 1996 entrichteten Betreffnisse niedriger waren als die gemäss den tatsächlich ausbezahlten Löhnen angefallenen Beiträge, ergab sich am Ende dieses Kalenderjahres gemäss Schlussrechnung vom 25. März 1997 ein Ausstand von Fr. 67'027. 25. In der Folge wuchs die Schuld bei der Kasse trotz Erhöhung der Pauschalen weiter an. Mit Verfügung vom 30. Juli 1997 gewährte die Verwaltung der Firma einen Zahlungsaufschub über insgesamt Fr. 74'758. 25, welcher vorsah, das Guthaben der Kasse in monatlichen Raten von Fr. 6000.- zu tilgen, was jedoch nicht erfolgte. Die Gesamtschuld der Firma verminderte sich bloss auf die in der Schadenersatzverfügung eingeforderten Fr. 67'120. 15. 
 
 
b) Die Vorinstanz erwog, dass die wegen der zu niedrigen Pauschalen entstandenen Schulden für sich allein noch keine Grobfahrlässigkeit im Sinne von Art. 52 AHVG zu begründen vermöchten. Der Beschwerdeführer habe es jedoch unterlassen, für eine baldige Bezahlung des im Jahresabschluss ausgewiesenen Rückstandes zu sorgen. Zudem hätte er keine Stundungsvereinbarung eingehen dürfen, da er habe wissen müssen, dass er diese nicht werde einhalten können. 
Der Beschwerdeführer lässt hiegegen vorbringen, es sei ihm nicht als grobfahrlässiges Verschulden anzulasten, dass die Pauschalen zu niedrig gewesen seien. Bis Juli 1997 hätten zudem realistische Aussichten auf Sanierung der Firma bestanden, weshalb das Eingehen einer Zahlungsvereinbarung ebenfalls nicht grobfahrlässig gewesen sei. Die Vorinstanz habe überdies das rechtliche Gehör verletzt. Da die Kasse in ihrer Klage keinerlei Andeutungen zu einem missbräuchlich eingegangenen Zahlungsaufschub gemacht habe, hätte das kantonale Gericht diesen Vorwurf in der Begründung seines Entscheides nicht erheben dürfen, ohne den Beschwerdeführer vorher darüber anzuhören. 
 
c) Das Verschulden des Beschwerdeführers wird nach den Umständen beurteilt, die zum Zahlungsrückstand geführt haben. 
Als einzigem Verwaltungsratsmitglied einer kleinen Firma hätte es ihm im Laufe des Jahres 1996 auffallen müssen, dass die der Ausgleichskasse überwiesenen Pauschalen im Vergleich zu den Beiträgen, die auf den ausbezahlten Löhnen anfielen, deutlich zu niedrig waren. Selbst wenn er nicht verpflichtet war, dies der Kasse noch im selben Jahr zu melden (AHI 1993 S. 166 Erw. 4d in fine), hätte er sich darauf einstellen sollen, dass er nach Vorliegen des Jahresabschlusses entsprechende Nachforderungen zu erfüllen haben werde. Es musste ihm klar sein, dass die Firma nicht bloss im Rahmen der tiefen Pauschalen Sozialversicherungsbeiträge schuldete (AHI 1994 S. 104 Erw. 5b/bb). Indessen weist der Beschwerdeführer weder 1996 noch 1997 konkrete Massnahmen nach, mit welchen er versucht hätte, diese Ausstände zu begleichen. Sich um den Abschluss einer Zahlungsvereinbarung zu bemühen und danach bereits die erste Rate nicht zu bezahlen, genügt nicht. Schon in ihrer Klage hat die Ausgleichskasse auf das Fehlen von Exkulpationsgründen hingewiesen. Der Beschwerdeführer hat sich passiv verhalten, was als grobfahrlässig im Sinne von Art. 52 AHVG zu werten ist (ZAK 1989 S. 104). Demnach belegen bereits die Umstände, welche zur Zahlungsvereinbarung geführt haben, ein grobfahrlässiges Verhalten des Beschwerdeführers. Daher braucht nicht abschliessend geprüft zu werden, ob das Eingehen der Vereinbarung missbräuchlich war, und ob die Vorinstanz in diesem Zusammenhang das rechtliche Gehör verletzt hat. 
 
d) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, im ersten Halbjahr 1997 hätten gute Aussichten auf Sanierung bestanden, sind seine Ausführungen als unzulässige Noven nicht zu hören (Erw. 1b hievor). Der Beschwerdeführer verkennt, dass die Ausgleichskasse nach der Rechtsprechung (Erw. 2b hievor) grundsätzlich von Grobfahrlässigkeit ausgehen darf und es Sache des belangten Organs ist, Rechtfertigungs- und Entlastungsgründe darzulegen. Nachdem der Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren keine solchen geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage und auf Grund seiner Mitwirkungspflichten gehalten gewesen wäre, kann er nicht erstmals im vorliegenden Prozess neue sachverhaltliche Darstellungen und Beweismittel vorbringen. 
 
4.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
 
II.Die Gerichtskosten von total Fr. 4000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet. 
 
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 9. November 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: