Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
[AZA 7] 
M 8/00 Vr 
 
II. Kammer 
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Arnold 
 
Urteil vom 9. Juli 2001 
 
in Sachen 
P.________, 1938, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
Bundesamt für Militärversicherung, Bern, Beschwerdegegner, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern 
 
In Erwägung, 
 
dass P.________ 1973 im Militärdienst ein Knalltrauma erlitt, welches zu einer Hochtoninnenohrschwerhörigkeit und zu einem Tinnitus beidseits führte, wobei erstmals am 22. Juli 1977 ein Hörverlust rechts von 20,1 % und links von 14,4 % dokumentiert wurde, 
dass das Bundesamt für Militärversicherung (BAMV) dafür die Bundeshaftung anerkannte, 
 
dass das BAMV gestützt auf einen Bericht des Prof. Dr. 
med. N.________ und des Dr. phil. B.________, Audiologe, Spital X.________, vom 18. Mai 1990, welche Hörverluste von damals 27,5 % rechts und 19,8 % links auswiesen, im Rahmen einer Bemessung des Integritätsschadens am 13. Juni 1990 die Beeinträchtigung als nicht erheblich beurteilte, 
dass der Versicherte am 27./29. November 1996 im Rahmen der Hörgeräteversorgung gestützt auf einen Pressebericht über BGE 122 V 242 ff. das BAMV sinngemäss um Zusprechung einer Integritätsschadensrente ersuchte, 
dass die Verwaltung die Hörverhältnisse durch Einholung eines Berichtes des Prof. Dr. med. H.________, Spital X.________, vom 6. März 1997 abklärte, 
dass am 9. Juni 1997 durch Dr. med. R.________, Ärztlicher Dienst MV-Sektion, eine Untersuchung stattfand (Bericht vom 10. Juni 1997 samt Befragungsprotokoll für Tinnitus), 
 
dass das BAMV - nach weiteren Abklärungen im Zusammenhang mit der Hörgeräteversorgung, für welche die Verwaltung die Leistungspflicht anerkannte - zum Schluss gelangte, der 1973 knalltraumatisch ausgelöste Tinnitus stelle "heute einen Integritätsschaden von 2,5 % dar" (Bericht des Dr. 
med. S.________, Facharzt FMH für Innere Medizin, Chefärztlicher Dienst des BAMV, vom 7. August 1998), 
dass das BAMV dem Versicherten mit Vorbescheid vom 1. September 1998 auf dieser Grundlage die Ausrichtung einer Integritätsschadensrente in Aussicht stellte, wobei die Verwaltung den Rentenbeginn auf den 1. Dezember 1996 festlegte, 
dass das BAMV, nachdem der Versicherte gegen Vorbescheid und im Ergebnis gleich lautenden Vorschlag jeweils Einwände erhoben hatte, in diesem Sinne am 31. Dezember 1998 verfügte, 
 
dass das BAMV die dagegen eingereichte Einsprache mit Entscheid vom 6. Mai 1999 ablehnte, 
dass das Verwaltungsgericht des Kantons Bern die hiegegen eingereichte Beschwerde abwies (Entscheid vom 10. November 2000), 
dass P.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde führt mit dem Rechtsbegehren, der kantonale Gerichtsentscheid sei "insofern aufzuheben, als der Rentenbeginn auf das Jahr 1973 oder 1974, gegebenenfalls auf einen vom Gericht zu bestimmenden Zeitpunkt festzulegen sei", 
 
dass das BAMV auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, 
dass der Beschwerdeführer die Höhe des Integritätsschadens - zu Recht - letztinstanzlich nicht mehr in Frage stellt, kann doch nach Lage der Akten von einem sehr schweren Tinnitus eindeutig nicht gesprochen werden, der bei hinzutretenden qualifizierenden Elementen eine Entschädigung auf der Grundlage einer Einbusse von 5 % rechtfertigen würde (nicht veröffentlichte Urteile H. vom 17. Mai 1995, M 1/95, und F. vom 6. Mai 1992, M 3/91), weshalb sich zu diesem Punkt Weiterungen erübrigen, 
dass streitiges Element der verfügten und vorinstanzlich bestätigten Rentenzusprechung einzig das Datum des Rentenbeginnes bildet, 
 
dass nach Art. 48 f. MVG in Verbindung mit dem im Neuanmeldungsfall analog anwendbaren Art. 50 MVG die Integritätsschadensrente in jenem Zeitpunkt beginnt, da einerseits keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes mehr erwartet werden kann und - kumulativ - die dauernde Beeinträchtigung nunmehr die Erheblichkeitsschwelle erreicht, 
dass die Praxis des BAMV, den Rentenbeginn auf den 
1. Dezember 1996 - also dem Monat, welcher dem (erneuten) Rentengesuch folgt - festzusetzen, gegen den Grundsatz verstösst, wonach mit der (Neu-)Anmeldung (vom 27/29. November 1996) jedenfalls die in diesem Zeitpunkt bestehenden Ansprüche gewahrt sind (Art. 9 Abs. 1 MVG; Jürg Maeschi, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, N 10 zu Art. 14 MVG), 
dass der Anspruch auf eine Integritätsschadensrente - entgegen BAMV und Vorinstanz - somit zumindest ab 1. November 1996 (Monat der Neuanmeldung) besteht, 
dass sich dies auch mit Blick darauf rechtfertigt, dass einerseits - revisionsrechtlich - in analoger Anwendung von Art. 88bis Abs. 1 lit. a IVV in gleicher Weise zu verfahren ist (vgl. Jürg Maeschi, a.a.O., N 29 zu Art. 44 MVG) und andererseits Art. 87 Abs. 4 IVV neuanmeldungsrechtlich im Bereich des Militärversicherungsrechts ebenfalls sinngemäss anwendbar ist (nicht veröffentlichtes Urteil H. vom 17. Mai 1995, M 1/95), 
dass die Verwaltungspraxis weiter insofern gewisse Bedenken weckt, als es nach dem Gesagten neuanmeldungsrechtlich nicht auf die Geltendmachung des Anspruchs als solche ankommen kann, sondern auf den Eintritt stabiler und zur Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung führender Verhältnisse, 
 
dass insoweit der Standpunkt des Beschwerdeführers, der "ab Erleiden des Traumas im Jahre 1973 von (ihm) bis 1990 nicht explizit zum Ausdruck gebrachte Leidensdruck (werde ihm) nun quasi zum Vorwurf gemacht", bis zu einem gewissen Grade verständlich ist, 
dass indessen nach Lage der Akten keine schlüssige Aussage darüber möglich ist, wann in der Zeit nach 1973 und insbesondere nach 1990 sich die dem Tinnitus eigene subjektive Krankheitswertigkeit so sehr verschlimmert hat, dass von einem schweren und entschädigungspflichtigen Tinnitus auszugehen ist, 
dass der Sozialversicherungsrichter seinem Entscheid nur Tatsachen zugrunde legen darf, welche zumindest mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen sind (BGE 126 V 360 Erw. 5b mit Hinweisen), 
dass es nach dem Gesagten hier an solchen zuverlässig feststellbaren Tatsachen fehlt, was letztlich auch der Beschwerdeführer nicht bestreitet, wenn er "Schwierigkeiten bei der Terminierung" einräumt, 
dass es indessen im Sozialversicherungsrecht, entgegen der offenbaren Auffassung des Beschwerdeführers, keine Beweiswürdigungsregel in dem Sinne gibt, dass im Zweifelsfall zu Gunsten des Versicherten zu entscheiden wäre (RKUV 1986 Nr. U 9 S. 353 Erw. 3d mit Hinweisen), 
dass vielmehr Beweislosigkeit vorliegt, weil die Ungewissheiten in der Entwicklung des Tinnitus auch durch zusätzliche spezialärztliche Untersuchungen nicht beseitigt werden könnten, 
dass, nach den Regeln der Beweislastverteilung, die Folgen der Beweislosigkeit der Beschwerdeführer zu tragen hat, soweit er aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte (BGE 117 V 264 Erw. 3b), nämlich die Zusprechung einer Integritätsschadensrente ab einem früheren Zeitpunkt als dem 1. November 1996, 
 
erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I.In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
werden der Entscheid des Verwaltungsgerichtes 
des Kantons Bern vom 10. November 2000 und der 
Einspracheentscheid des Bundesamtes für Militärversicherung 
vom 6. Mai 1999 mit der Feststellung aufgehoben, 
dass ein Anspruch auf Integritätsschadensrente 
bereits ab 1. November 1996 besteht. Im Übrigen 
wird die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen. 
 
II.Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
III. Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, zugestellt. 
 
 
Luzern, 9. Juli 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
Der Gerichtsschreiber: