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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.543/2005 /leb 
 
Urteil vom 20. September 2005 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Feller. 
 
Parteien 
1. X.________, 
2. Y.________, 
Beschwerdeführerinnen, 
beide vertreten durch Fürsprecher Daniel Weber, 
 
gegen 
 
Departement des Innern des Kantons Solothurn, Rathaus, 4500 Solothurn, 
Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn, 
Postfach 157, 4502 Solothurn. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 1. Juli 2005. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die marokkanische Staatsangehörige X.________, geb. 1980, reiste im Februar 1982 zusammen mit ihrer Mutter Y.________ im Rahmen des Familiennachzugs zu ihrem schon in der Schweiz weilenden Vater. Sie erhielt in der Folge eine Niederlassungsbewilligung. Sie wuchs im Kanton Luzern auf und besuchte während zwei Jahren den Kindergarten sowie während sieben Jahren die Schule. Im Sommer 1994 reiste sie nach Marokko aus, wo sie auf Anweisung ihres Vaters bei Angehörigen bleiben musste, während ihre Mutter und einige Geschwister zusammen mit dem Vater in der Schweiz blieben. Während der nächsten neun Jahre lebte sie in Marokko. Daran änderte sich nichts, als ihre Mutter nach dem Tod des Vaters im Jahr 1998 im Kanton Luzern ein Familiennachzugsgesuch für sie stellte; das Verfahren wurde nicht weiter verfolgt. 
 
Am 27. Juni 2003 reichte X.________ ein Gesuch um Wiederzulassung aus humanitären Gründen ein. Das Gesuch wurde am 24. Juli 2003 abgewiesen, wobei davon abgesehen wurde, die Sache zu Prüfung eines Härtefalles im Sinne von Art. 13 lit. f der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der Ausländer (Begrenzungsverordnung, BVO; SR 823.21) an die zuständige Bundesbehörde weiterzuleiten. Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Solothurn am 15. März 2004 ab; auf ein Wiedererwägungsgesuch trat er am 15. Juni 2004 nicht ein. Am 19. November 2004 reichte X.________ ein weiteres Gesuch um Wiedererwägung der Verfügung vom 24. Juli 2003 ein; als Gesuchstellerin trat auch ihre Mutter, Y.________, auf. Das Departement des Innern des Kantons Solothurn wies das Gesuch mit Verfügung vom 17. Mai 2005 ab. Gegen diese Verfügung erhoben X.________ und Y.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Mit Urteil vom 1. Juli 2005 trat dieses auf die Beschwerde von Y.________ nicht ein; die Beschwerde von X.________ wies es ab. 
 
Am 12. September 2005 sind X.________ und Y.________ mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, evtl. staatsrechtlicher Beschwerde ans Bundesgericht gelangt. Sie stellen die Anträge, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und die Sache zu neuer Sachverhaltsfeststellung und neuem Entscheid an die Vorinstanz bzw. an die erste Instanz zurückzuweisen; eventuell seien das Urteil des Verwaltungsgerichts und der Entscheid des Departements des Innern vom 17. Mai 2005 zu kassieren, die staatsrechtliche Beschwerde sei gutzuheissen und die Sache sei zu neuer Sachverhaltsfeststellung und neuem Entscheid an die Vorinstanz bzw. an die erste Instanz zurückzuweisen. 
 
Es ist weder ein Schriftenwechsel noch sind andere Instruktionsmassnahmen angeordnet worden. Das Urteil ergeht im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG). 
2. 
2.1 Die Beschwerdeführerinnen haben Verwaltungsgerichtsbeschwerde, eventuell staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Die Zulässigkeit von Rechtsmitteln prüft das Bundesgericht von Amtes wegen mit freier Kognition (BG 130 I 312 E. 1 S. 317; 130 II 509 E. 8.1 S. 510, je mit Hinweisen). 
2.2 
2.2.1 Gemäss Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf dem Gebiete der Fremdenpolizei unzulässig gegen die Erteilung oder Verweigerung von Bewilligungen, auf die das Bundesrecht (einschliesslich Staatsvertragsrecht) keinen Anspruch einräumt. Die Beschwerdeführerinnen können sich weder auf eine landesrechtliche noch auf eine spezifische staatsvertragliche Bestimmung berufen, aus welcher sich unmittelbar ein Rechtsanspruch auf die nachgesuchte Aufenthaltsbewilligung für die Beschwerdeführerin 1 ableiten liesse. Insbesondere begründen die Bestimmungen der Begrenzungsverordnung keine Bewilligungsansprüche (BGE 130 II 281 E. 2.2 S. 284, mit Hinweisen). Es besteht auch keine Pflicht der kantonalen Bewilligungsbehörde, die Sache nach Eingang eines Gesuchs um Aufenthaltsbewilligung, das sie abweisen will, an die zuständige Bundesbehörde weiterzuleiten, damit diese darüber befinde, ob eine allfällige Bewilligung gestützt auf eine Norm der Begrenzungsverordnung (etwa Art. 13 lit. f oder Art. 36 BVO) von den darin festgesetzten Höchstzahlen auszunehmen wäre (BGE 122 II 186 E. 1d und e S. 189 ff.). 
 
Die Beschwerdeführerinnen berufen sich auf Art. 8 EMRK, welcher das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens garantiert. Es kann diese Garantien verletzen, wenn einem Ausländer, dessen Familienangehörigen hier weilen, die Anwesenheit untersagt und damit das Familienleben vereitelt wird; insofern besteht ein Anspruch des in der Schweiz fest anwesenheitsberechtigten Ausländers auf Nachzug der nächsten Familienangehörigen (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 mit Hinweisen). Dies gilt jedoch nur für den engen Bereich der Kernfamilie (Ehegatten, Eltern und minderjährige Kinder). Die familiäre Beziehung zwischen einem Elternteil und volljährigen Kindern kann hingegen im Hinblick auf die Erteilung einer ausländerrechtlichen Bewilligung nur dann massgeblich sein, wenn aufgrund wesentlicher Betreuungs- und Pflegebedürfnisse ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen besteht (BGE 120 Ib 257 E. 1d und e S. 260 ff.; 115 Ib 1 E. 2 S. 4 ff.). Die Beschwerdeführerin 1, die zu ihrer Mutter (Beschwerdeführerin 2) ziehen will, ist längst volljährig; zum Zeitpunkt, als sie sich nach Jahren neu um eine Wiedereinreise bemühte, war sie nahezu 23 Jahre alt. Von einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis kann keine Rede sein; die Beschwerdeführerinnen leben seit Jahren getrennt, und es ist im Bewilligungsverfahren zu keinem Zeitpunkt aufgezeigt worden, warum der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin 2 nunmehr die dauernde Anwesenheit der Beschwerdeführerin 1 zwingend erforderte. Diesbezüglich ist ergänzend zu erwähnen, dass andere (volljährige) Kinder der Beschwerdeführerin 2 in der Schweiz leben und Betreuungsaufgaben übernehmen können. 
 
Unerheblich für den Bestand eines Rechtsanspruchs ist schliesslich, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin 1 seinerzeit weggezogen ist und warum die im Jahr 1998 unternommenen Bemühungen um eine damalige Wiedereinreise nicht weitergeführt worden sind. Das frühere Bestehen einer Niederlassungsbewilligung ist heute unter dem Gesichtswinkel von Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 OG ohne Belang. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich unzulässig. 
2.2.2 Es stellt sich die Frage, ob bzw. inwieweit die Beschwerde als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen werden kann. 
 
Der Ausländer, der über keinen Rechtsanspruch auf eine ausländerrechtliche Bewilligung verfügt, erleidet durch den eine solche Bewilligung verweigernden Entscheid keine Rechtsverletzung, was gemäss Art. 88 OG Voraussetzung der Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wäre. Er ist insofern zur staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert, als er die materielle Bewilligungsfrage zum Gegenstand der Rügen macht (BGE 126 I 81 E. 3b S. 85 ff. mit Hinweisen). Trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst ist der Ausländer hingegen zur staatsrechtlichen Beschwerde berechtigt, soweit er - in einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise - die Verletzung von ihm im kantonalen Verfahren zustehenden Parteirechten rügt, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt (grundlegend BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 312 f.; vgl. auch BGE 128 I 218 E. 1.1 S. 220; 127 II 161 E. 3b S. 167; 126 I 81 E. 3b S. 86 sowie E. 7b S. 94). Nicht zu hören sind dabei aber Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des Bewilligungsentscheids abzielen, wie die Behauptung, dass die Begründung des angefochtenen Entscheids unvollständig oder zu wenig differenziert ausgefallen sei oder sich nicht mit sämtlichen von der Partei vorgetragenen Argumenten auseinandersetze oder dass die Parteivorbringen willkürlich gewürdigt worden seien. Ebenso wenig ist der Vorwurf zu hören, der Sachverhalt sei unvollständig oder sonstwie willkürlich ermittelt worden (vgl. BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313; 126 I 81 E. 7b S. 94; 118 Ia 232 E. 1c S. 236; 117 Ia 90 E. 4a S. 95). 
 
Zusammengefasst machen die Beschwerdeführerinnen geltend, das Verwaltungsgericht habe massgebliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen und eine unvollständige Interessenabwägung vorgenommen, indem insbesondere die Anwesenheiten der Beschwerdeführerin 1 in der Schweiz völlig unzureichend wahrgenommen und gewertet worden seien. Diese Darlegungen zielen auf eine - unzulässige - inhaltliche Überprüfung des Sachentscheids ab; die Verletzung eigentlicher Parteirechte wird damit nicht geltend gemacht. Zulässig ist einzig die Rüge, dass die Beschwerdeführerin 2 vor Verwaltungsgericht zu Unrecht nicht als Partei zugelassen worden sei. Es ist freilich nicht erkennbar, inwiefern die Zulassung der Beschwerdeführerin 2 den Ausgang des Verfahrens vor Verwaltungsgericht hätte beeinflussen können. Jedenfalls wird mit den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdeschrift nicht aufgezeigt, inwiefern die in dieser Hinsicht massgebliche Erwägung des Verwaltungsgerichts (E. II.3) auf eine Missachtung von Art. 13 EMRK hinauslaufen könnte. Soweit auf die Rüge überhaupt eingetreten werden kann (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), ist sie jedenfalls offensichtlich unbegründet. 
2.3 Nach dem Gesagten ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten und die staatsrechtliche Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
2.4 Die Beschwerdeführerinnen haben für das bundesgerichtliche Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Da ihre Beschwerde, wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, zum Vornherein aussichtslos war, ist das Gesuch abzuweisen (Art. 152 OG). 
 
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den Beschwerdeführerinnen je zur Hälfte unter Solidarhaft aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG). Ihren finanziellen Verhältnissen kann bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr (Art. 153 Abs. 1 OG) Rechnung getragen werden (Art. 153a Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
1. 
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten. Soweit auf die Beschwerde als staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist, wird sie abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den Beschwerdeführerinnen unter Solidarhaft auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführerinnen, dem Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 20. September 2005 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: