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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.337/2002 /rnd 
 
Urteil vom 3. März 2003 
I. Zivilabteilung 
 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Nyffeler, 
Gerichtsschreiberin Boutellier 
 
A.________ und B.________, 
Kläger und Berufungskläger, beide vertreten durch Fürsprecher Dr. Benno Studer, Hermann Suter-Strasse 8, Postfach 70, 
5080 Laufenburg, 
 
gegen 
 
C.________, 
Beklagten und Berufungsbeklagten, vertreten durch Fürsprecher Dr. Roland Haller, Kirchbühlstrasse 4, 5630 Muri. 
 
Pachtvertrag; ungerechtfertigte Bereicherung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, vom 27. August 2002. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der Vater von A.________ war seit 1953 Pächter des Hofes X.________, auf dem seit Generationen Milch produziert wird. Etwa 1957/59 pachtete er in eigenem Namen Land von Dritten dazu. Bei Einführung der definitiven Milchkontingentierung im Jahre 1979 erhielt er als Milchproduzent ein Kontingent von 71'029 kg zugeteilt. Im Jahr 1980 übernahmen A.________ und B.________ (Kläger) die Pacht des Hofes X.________ und des zugepachteten Landes. Mit Kaufvertrag vom 7. Januar 1999 verkauften die Eigentümer den Hof X.________ an C.________ (Beklagter), der den Pachtvertrag mit den Klägern bis zum 31. Oktober 1999 weiterführte. Bei Pachtende erwirkte der Beklagte bei der zuständigen Administrationsstelle die Übertragung des Milchkontingentes gemäss den Bestimmungen der Milchkontingentierungsverordnung. Er vermietete danach das gesamte Milchkontingent und übertrug es später auf einen Dritten. 
B. 
Am 29. September 2000 beantragten die Kläger beim Bezirksgericht Bremgarten, der Beklagte sei zu verpflichten, ihnen den Betrag von Fr. 37'324.50 nebst Zins zu bezahlen. Sie machten geltend, der Beklagte sei im Umfang des Teils des Milchkontingentes, der auf die Zupachtfläche entfalle, ungerechtfertigt bereichert. Und selbst wenn man davon ausgehe, dass der Beklagte das gesamte Milchkontingent zu Recht übernommen habe, hätte er den Wert des durch Zupacht entstandenen Kontingentes in analoger Anwendung von Art. 23 Abs. 2 LPG zu ersetzen. 
 
Mit Urteil vom 31. Mai 2001 hiess das Bezirksgericht Bremgarten die Klage teilweise gut, und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von Fr. 37'000.-- zuzüglich Zins. Mit Urteil vom 27. August 2002 hiess das Obergericht des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, die Appellation des Beklagten gut, hob das Urteil des Bezirksgerichts Bremgarten vom 31. Mai 2001 vollständig auf und wies die Klage ab. 
C. 
Gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, vom 27. August 2002 haben die Kläger sowohl eidgenössische Berufung wie staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen, soweit es darauf eintrat. Mit Berufung stellen die Kläger das Begehren, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und das Urteil des Bezirksgerichtes Bremgarten vom 31. Mai 2001 zu bestätigen. Der Beklagte beantragt in der Antwort, die Berufung sei abzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Die Kläger leiten ihren Anspruch sowohl aus Vertrag als auch aus ungerechtfertigter Bereicherung ab. Bereicherungsanspruch und vertraglicher Anspruch schliessen sich indessen begrifflich aus, denn ein Vertrag gibt einen Rechtsgrund ab, ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung setzt hingegen voraus, dass kein Rechtsgrund vorliegt (BGE 127 III 421 E. 3; 126 III 119 E. 3b, je mit Hinweisen). Der Anspruch aus Bereicherung ist insofern subsidiär. Daher ist vorab zu prüfen, ob den Klägern aus Art. 23 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die landwirtschaftliche Pacht (LPG; SR 221.213.2) eine Forderung gegen den Beklagten zusteht. 
1.1 Bei Beendigung der Pacht ist gemäss Art. 23 LPG der Pachtgegenstand in dem Zustand, in dem er sich bei Pachtende befindet, zurückzugeben (Abs. 1). Sofern nichts anderes vereinbart ist, kann der Pächter verlangen, dass er für den Aufwand für Verbesserungen angemessen entschädigt wird, die er mit Zustimmung des Verpächters vorgenommen hat (Abs. 2). Für Verbesserungen, die lediglich aus der gehörigen Bewirtschaftung hervorgegangen sind, kann er keinen Ersatz fordern (Abs. 3). Für Verschlechterungen, die bei gehöriger Bewirtschaftung hätten vermieden werden können, hat er Ersatz zu leisten (Abs. 4). Art. 23 Abs. 3 LPG stimmt wörtlich mit Art. 298 Abs. 3 aOR überein, der inhaltlich wiederum dem geltenden Art. 299 Abs. 2 lit. a OR entspricht (Studer, Basler Kommentar, N. 3 und 4 zu Art. 299 OR). Sämtliche Aufwendungen, die über eine gehörige Bewirtschaftung im Sinne von Art. 283 OR hinausgehen, können entschädigungspflichtige Verbesserungen im Sinne von Art. 23 Abs. 2 LPG sein (Studer/Hofer, Das landwirtschaftliche Pachtrecht, Brugg 1987, S. 158; Higi, Zürcher Kommentar, N. 29 zu Art. 299 OR; Studer, a.a.O., N. 3 und 4 zu Art. 299 OR; Becker, Berner Kommentar, zu Art. 298 aOR; Tercier, Les contrats spéciaux, 3. Aufl., Zürich 2003, N. 2666 und 2603; Engel, Contrats de droit suisse, 2. Aufl., Bern 2000, S. 237; Guhl, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., Zürich 2000, § 44 Rz. 236). Die Abgrenzung liegt dort, wo eine funktionelle Verbesserung des Pachtgegenstandes und nicht nur eine Werterhaltung erfolgt. Der Verpächter soll den Pächter für die Aufwendungen entschädigen, da er auch davon profitiert, indem er z.B. im Falle einer Neuverpachtung einen höheren Zins verlangen kann. Der Pächter kann Ersatz für die von ihm geleisteten Aufwendungen verlangen, unter Abzug einer betriebsüblichen Abschreibung (Studer/Hofer, a.a.O., S. 158). Als vom Pächter zu entschädigende Verbesserungen gelten vor allem Investitionen des Pächters in den Pachtgegenstand (Studer/Hofer, a.a.O., S. 157 f.; Higi, a.a.O., N. 31 zu Art. 299 OR). Der entsprechende Mehrwert des Pachtgegenstandes ist vom Verpächter nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung zu erstatten (BGE 93 II 97 E. 5; 75 II 38 E. 4 S. 46, je mit Hinweisen; Botschaft zur Revision des Miet- und Pachtrechts vom 27. März 1985, BBl 1985 I S. 1389 ff., S. 1476). 
 
 
Die Kläger rügen, die Vorinstanz habe verkannt, dass sie die Pachtsache dadurch verbessert hätten, dass sie durch die Zupacht von weiteren Parzellen dem Beklagten letztendlich ein grösseres Milchkontingent verschafft hätten, als er dies für den verpachteten Betrieb alleine erhalten hätte. 
1.2 Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat sich der Beklagte nach Beendigung des Pachtverhältnisses von der zuständigen Administrationsstelle im Sinne von Art. 5 Abs. 1 MKV (Verordnung über die Kontingentierung der Milchproduktion; Milchkontingentierungsverordnung, SR 916.350.1) das gesamte Milchkontingent übertragen lassen. Nach dieser, am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen, Bestimmung überträgt die Administrationsstelle dem Land- oder Betriebsübernehmer als neuem Bewirtschafter das Kontingent auf dessen Ersuchen hin, wenn kein Übertragungsgesuch des bisherigen Produzenten vorliegt. Die Administrationsstelle hört die Parteien an und trägt ihren Anliegen Rechnung; sie hat abzuklären, ob privatrechtliche Vereinbarungen betreffend die Kontingentsübertragung vorliegen (Bundesamt für Landwirtschaft, Weisungen und Erläuterungen zur MKV, Ziff. 1 zu Art. 5, S. 6). Inhaber eines Milchkontingentes kann nur sein, wer einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet (Art. 1 Abs. 3 MKV). Wer ein Kontingent auf eine andere Produzentin oder einen anderen Produzenten übertragen will, muss die zuständige Administrationsstelle ersuchen, sein Kontingent um die zu übertragende Menge zu kürzen und das andere Kontingent entsprechend zu erhöhen (Art. 3 Abs. 1 MKV). Gemäss den Übergangsbestimmungen darf der Pächter oder die Pächterin eines landwirtschaftlichen Gewerbes das Kontingent vor Ablauf des Pachtvertrages nur mit Zustimmung der Verpächterin oder des Verpächters endgültig übertragen (Art. 29 Abs. 1 MKV). Mit Einführung der neuen Milchkontingentierungsverordnung erhielten die Produzentinnen und Produzenten für das Milchjahr 1999/2000 unverändert das im Milchjahr 1998/1999 zugeteilte Kontingent, mit Ausnahme eines allfälligen Zusatzkontingentes (Art. 28 Abs. 1 MKV). 
1.3 Die Administrationsstelle hat abzuklären, ob privatrechtliche Vereinbarungen vorliegen, wenn sie ein Milchkontingent gemäss Art. 5 Abs. 1 MKV überträgt. Daher erscheint es eher als zweifelhaft, ob neben der Übertragung durch die gemäss Milkontingentierungsverordnung zuständige Stelle noch Raum für eine Entschädigung gemäss Art. 23 Abs. 2 LPG bleibt, und ob eine Vergrösserung des Milchkontingentes durch Zupacht überhaupt als Verbesserung der Pachtsache gelten kann. Da nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz den Klägern der Nachweis nicht gelungen ist, dass die Menge des dem Beklagten übertragenen Milchkontingentes ohne Zupacht geringer gewesen wäre, kann die Frage offen bleiben. Die Kläger stellen zu Recht nicht in Frage, dass die von ihnen bzw. ihrem Rechtsvorgänger abgelieferte Milchmenge auch auf dem verpachteten Betrieb alleine, ohne Zupachtland, hätte erwirtschaftet werden können, und in diesem Fall zu einem Anfangskontingent in der entsprechenden Höhe geführt hätte. Die Kläger beschränken sich in der Berufung auf die Behauptung, dass bei einer Kündigung des Zupachtlandes das Milchkontingent gekürzt worden wäre. Dabei bestreiten sie jedoch nicht, dass die von ihnen behauptete Kürzung nicht zwingend erfolgen musste, sondern den zuständigen Behörden ein Ermessensspielraum zustand. Die Kläger leiten nun daraus ab, dass dem Beklagten die Beweislast für eine Verbesserung des Pachtgegenstandes im Sinne von Art. 23 Abs. 2 LPG hätte auferlegt werden müssen, und dieser somit zu beweisen hätte, dass bei der ursprünglichen Festlegung der Milchkontingente das gesamte Kontingent dem Stammbetrieb zugeteilt wurde, bzw. bei Aufgabe des Zupachtlandes das Kontingent nicht anteilsmässig gekürzt worden wäre. Dem kann nicht gefolgt werden, denn die Kläger, welche einen Entschädigungsanspruch aus Verbesserung der Pachtsache (Art. 23 Abs. 2 LPG) geltend machen, haben diese Verbesserung zu beweisen und tragen die Folgen der Beweislosigkeit gemäss Art. 8 ZGB
2. 
Des weiteren machen die Kläger geltend, sie hätten gegen den Beklagten einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, da der Beklagte keinen Rechtsgrund zum Behaltendürfen des erlangten Vermögensvorteils habe. Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass der Beklagte nur erhalten hat, worauf er aus Gesetz - und allenfalls auch aus Vertrag - Anspruch hatte; somit könne nicht von einer ungerechtfertigten Bereicherung, sowie im Zusammenhang mit der Weiterveräusserung an einen Dritten von einer Verfügung über fremdes Gut gesprochen werden. 
2.1 Wer in ungerechtfertigter Weise aus dem Vermögen eines anderen bereichert worden ist, hat die Bereicherung zurückzuerstatten (Art. 62 Abs. 1 OR). Diese Verbindlichkeit tritt insbesondere dann ein, wenn jemand ohne jeden gültigen Grund oder aus einem nicht verwirklichten oder nachträglich weggefallenen Grund eine Zuwendung erhalten hat (Art. 62 Abs. 2 OR). Ungerechtfertigt ist eine Vermögensverschiebung nur, wenn sie einer Rechtfertigung entbehrt (BGE 117 II 404 E. 3d; Schulin, Basler Kommentar, N. 10 zu Art. 62 OR; Bucher, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Zürich 1988, S. 656 f.; Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 7. Aufl., Zürich 1998, N. 1476; Guhl, a.a.O., § 27 Rz. 7; Schwenzer, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., Bern 2000, Rz. 55.10). Je nachdem ob die Vermögensverschiebung vom Entreicherten selbst veranlasst wurde, oder durch das Verhalten des Bereicherten oder eines unbeteiligten Dritten eingetreten ist, unterscheidet die Lehre und Rechtsprechung zwischen Leistungskondiktion einerseits, und Eingriffs- und Zufallskondiktion (Nicht-Leistungskondiktionen) andererseits (BGE 123 III 101 E. 3a mit Hinweisen; Bucher, a.a.O., S. 659 f.; Schulin, a.a.O., N. 11 ff. zu Art. 62 OR; Gauch/Schluep/Schmid/Rey, a.a.O., N. 1479 ff.; Schwenzer, a.a.O., Rz. 56.1 ff. und 57.1 ff.). Durch das Verhalten unbeteiligter Dritter wird keine ungerechtfertigte Bereicherung bewirkt, wenn der Dritte die Zuwendung gestützt auf einen gültigen Rechtsgrund vornimmt (BGE 106 II 29 E. 3, mit Hinweisen). 
2.2 Vorliegend wurde dem Beklagten das umstrittene Milchkontingent von der zuständigen Administrationsstelle gemäss den Bestimmungen der Milchkontingentierungsverordnung zugeteilt. Der Nutzen, den der Beklagte aus der Zuteilung des gesamten Milchkontingentes erlangt hat, wurde nicht durch eine Leistung der Kläger an den Beklagten übertragen; Ansprüche aus einer Leistungskondiktion können daher keine geltend gemacht werden. Der Beklagte hat sich den Vorteil auch nicht durch Eingriff in die Rechte der Kläger selbst verschafft, was Voraussetzung für eine Eingriffskondiktion wäre. Vielmehr hat die zuständige Behörde dem Beklagten das Kontingent gemäss den entsprechenden Vorschriften der Milchkontingentierungsverordnung zugeteilt, womit ein gültiger Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung vorliegt und ein Anspruch aus Zufallskondiktion entfällt. Die Vorinstanz hat unter diesen Umständen bundesrechtskonform die Forderung der Kläger aus ungerechtfertigter Bereicherung abgelehnt. 
3. 
Die Berufung ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Diesem Verfahrensausgang entsprechend werden die Kläger unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Gebühr und Entschädigung richten sich nach dem Streitwert. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Klägern unter solidarischer Haftbarkeit auferlegt. 
3. 
Die Kläger haben den Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit insgesamt mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 3. März 2003 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: