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[AZA 0/2] 
2P.240/2001/bie 
 
II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG *********************************** 
 
 
28. November 2001 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der 
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Müller, Merkli und 
Gerichtsschreiberin Müller. 
 
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In Sachen 
A.Z.________, und B.Z.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Karl Tschopp, Dorfplatz 12, Postfach 1021, Stans, 
 
gegen 
Schulgemeinde Stansstad, vertreten durch den Schulrat, Regierungsrat des Kantons Nidwalden, 
betreffend 
 
Art. 9 BV 
(Ordnungsbusse wegen Kindergartenabsenz), 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- B.Z.________ und A.Z.________ haben vier Kinder. 
Anfangs Februar 2000 buchten sie gemäss eigenen Angaben Ferien vom Freitag, 8. September 2000 bis zum Freitag, 
22. September 2000. Am 22. Februar 2000 meldeten B.Z.________ und A.Z.________ ihre Tochter C.Z.________ geboren ... ..... 1995, für das Schuljahr 2000/2001 für den Vollzeitkindergarten an. Auf dieser Anmeldung ist folgender "Hinweis zum Kindergarten" aufgeführt: 
 
"Im Kanton Nidwalden sind alle Kinder, die für den 
Kindergarten angemeldet wurden, verpflichtet, den 
Kindergarten regelmässig und zur festgesetzten Zeit 
zu besuchen. Es gelten die Schulferien der Volksschule. 
Es ist nicht möglich, zu anderen Zeiten das 
Kind aus dem Kindergarten zu nehmen. Widerhandlungen 
können vom Schulrat mit einer Busse bis Fr. 1'000.-- bestraft werden. Mit der Anmeldung bestätigen die 
Eltern, von dieser Bestimmung Kenntnis genommen zu 
 
haben.. " 
 
Mit Schreiben vom 4. Mai 2000 ersuchten B.Z.________ und A.Z.________ den Schulrat von Stansstad darum, C.Z.________ vom 8. - 22. September 2000 vom Kindergartenbesuch zu dispensieren. Dieser lehnte das Gesuch am 19. Mai 2000 ab. 
 
 
Trotzdem reisten B.Z.________ und A.Z.________ am Freitag, 8. September 2000 wie geplant mit ihrer Tochter C.Z.________ in die Ferien ab. Hierauf bestrafte der Schulrat sie mit einer Busse von Fr. 1'000.--; diesen Beschluss eröffnete ihnen die Schulratspräsidentin Stansstad mit Schreiben vom 22. September 2000. Gegen diese Strafverfügung erhoben B.Z.________ und A.Z.________ am 8. Oktober 2000 Einsprache bei der Erziehungskommission Nidwalden. 
Diese führte einen doppelten Schriftenwechsel durch und wies anschliessend die Sache am 6. Februar 2001 zuständigkeitshalber an den Regierungsrat des Kantons Nidwalden. 
Dieser nahm die Einsprache als Beschwerde entgegen und wies sie mit Beschluss vom 3. Juli 2001 ab. 
 
Dagegen haben B.Z.________ und A.Z.________ am 10. September 2001 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie beantragen, den Beschluss des Regierungsrats aufzuheben. 
 
 
2.- a) Gemäss Art. 92 Abs. 1 des Bildungsgesetzes des Kantons Nidwalden vom 30. April 1972 können Widerhandlungen von Schülern, Lehrpersonen und Eltern gegen die Vorschriften dieses Gesetzes und der zugehörigen Ausführungsvorschriften von der Schulbehörde mit Verweis oder mit Ordnungsbussen bestraft werden. § 112 der Bildungsverordnung des Kantons Nidwalden vom 7. Februar 1986 legt die Maximalhöhe einer Ordnungsbusse auf Fr. 1'000.-- fest. Strafverfügungen der Schulbehörde können binnen 20 Tagen seit der Zustellung mit Beschwerde beim Regierungsrat angefochten werden, der endgültig entscheidet (Art. 92 Abs. 2 des Bildungsgesetzes). 
 
b) Der Schulrat von Stansstad hat in der Bussenverfügung vom 22. September 2000 nicht begründet, weshalb er den Beschwerdeführern die Maximalbusse von Fr. 1'000.-- auferlegt hat. In seiner Stellungnahme vom 6. November 2000 zur Einsprache führte der Schulrat aus: "Unser Vorgehen und unsere Argumentation ist aus den beigelegten Korrespondenzen ersichtlich. Die Erläuterungen in der Einsprache vom 8. Oktober 2000 ändern nichts an der Tatsache, dass die Familie Z.________, trotz abgelehntem Gesuch, ihr Kind für ganze zwei Wochen aus dem Kindergarten genommen hat. Deshalb beantragen wir unseren Schulratsentscheid vom 11. September 2000 zu unterstützen". Diesem Schreiben, zu welchem die Beschwerdeführer mit Replik vom 21. Dezember 2000 Stellung nahmen, ist nichts zur Begründung der Bussenhöhe zu entnehmen. Hingegen enthält die Duplik des Schulrats vom 22. Januar 2001 Ausführungen zur Angemessenheit der ausgesprochenen Busse: 
Der Schulrat betonte, dass es sich beim Verhalten der Beschwerdeführer nicht um ein "leichtes Vergehen" handle. Für die Bemessung der Busse berücksichtigte er unter anderem deren präventiven Charakter und führte aus, die Buchung von Ferien sei regelmässig mit Einsparungen verbunden, welche pro Person mehrere hundert Franken betragen könnten; in einer solchen Situation hätten eine niedrigere Busse oder gar nur ein Verweis keinen Strafeffekt; vielmehr belohne die Gesamtbilanz das Fehlverhalten. 
 
Auf dieser Duplik findet sich kein Hinweis darauf, dass der Schulrat den Beschwerdeführern eine Kopie zugestellt hätte. Nachdem die Erziehungskommission die Akten zuständigerweise an den Regierungsrat weitergeleitet hatte, forderte dieser die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Mai 2001 auf, die letzte definitive und weitere neue provisorische Steuerveranlagungsverfügungen einzureichen; er unterliess es hingegen, soweit aus den Akten ersichtlich, ihnen die Duplik des Schulrats vom 22. Januar 2001 zuzustellen. 
Es ist daher davon auszugehen, dass diese Duplik den Beschwerdeführern bis heute nicht zur Kenntnis gebracht worden ist. 
 
 
c) Nachdem einzig die Duplik des Schulrats eine Begründung der Bussenhöhe enthielt, hätte der Regierungsrat dieses Schreiben den Beschwerdeführern zustellen und ihnen - unabhängig davon, ob ein dritter Schriftenwechsel im Verwaltungsverfahren des Kantons Nidwalden zulässig ist - Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Indem er dies unterliess, hat er das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer verletzt. 
 
Da die Beschwerdeführer keine Kenntnis von der Existenz dieser Duplik hatten, ist auch verständlich, dass sie dem Regierungsrat - irrtümlicherweise - vorwerfen, er habe dem Schulrat sozusagen eine Begründung der Bussenhöhe untergeschoben, indem er "in den Akten des Schulrats Stansstad nicht existente Beurteilungskriterien aufgeführt und diese dann als 'nicht zu beanstanden' beurteilt" habe. 
 
d) Der Regierungsrat hat ausgeführt, es sei von Seiten der Beschwerdeführer unbestritten geblieben, dass sie die Ferien unter anderem auch aufgrund einer gewissen Kostenersparnis im September gebucht hätten; diese unbestritten gebliebene Kostenersparnis habe der Schulrat offensichtlich als gewichtigen Bestandteil in die Festsetzung der Bussenhöhe einfliessen lassen, was nicht zu beanstanden sei. 
 
Nach dem Gesagten ist offensichtlich, dass auch die Begründung des regierungsrätlichen Entscheids unhaltbar ist, darf doch eine Feststellung des Schulrats, die den Beschwerdeführern - in Verletzung ihrers rechtlichen Gehörs - nie zur Kenntnis gebracht worden ist, nicht als "unbestritten" bezeichnet werden. 
 
3.- a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Seine Verletzung führt - ungeachtet der Frage der materiellen Begründetheit der Beschwerde - zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 125 I 113 E. 3 S. 118). 
 
b) Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher gutzuheissen und der Beschluss des Regierungsrats des Kantons Nidwalden vom 3. Juli 2001 aufzuheben. Es kommt das Verfahren nach Art. 36a OG zur Anwendung. Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (vgl. Art. 156 Abs. 2 OG). Der Kanton Nidwalden hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht 
im Verfahren nach Art. 36a OG
 
1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des Regierungsrats des Kantons Nidwalden vom 3. Juli 2001 aufgehoben. 
 
2.- Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.- Der Kanton Nidwalden hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- auszurichten. 
 
4.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Schulgemeinde Stansstad sowie dem Regierungsrat des Kantons Nidwalden schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 28. November 2001 
 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Der Präsident: 
 
Die Gerichtsschreiberin: