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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_245/2022  
 
 
Urteil vom 21. Juni 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Postfach 3439, 6002 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hess, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Vollzug der aufgeschobenen Freiheitsstrafe 
(Art. 63b StGB), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Luzern, 2. Abteilung, vom 19. Oktober 2021 (4N 21 2). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Das Kriminalgericht des Kantons Luzern verurteilte A.________ am 22. Oktober 2013 wegen Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Urkundenfälschung, Nötigung, mehrfacher Pornografie, mehrfacher Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte und mehrfachen Hausfriedensbruchs. Es nahm teilweise eine verminderte Schuldfähigkeit an und belegte A.________ mit einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten, woran es die Untersuchungshaft von 66 Tagen anrechnete. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es zu Gunsten einer ambulanten Behandlung nach Art. 63 StGB auf und ordnete Bewährungshilfe an.  
 
A.b. Mit Strafbefehl vom 8. Juli 2014 verurteilte die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern A.________ wegen Vergewaltigung und mehrfacher sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, dies als Zusatz zur erwähnten Strafe.  
Am 8. September 2014 schob der Vollzugs- und Bewährungsdienst des Kantons Luzern (VBD) auch den Vollzug der Zusatzstrafe zu Gunsten der laufenden ambulanten Behandlung auf. 
 
B.  
Auf Antrag des VBD verlängerte das Kriminalgericht am 25. Juni 2018 die ambulante Behandlung um drei Jahre. 
Am 19. Oktober 2020 hob der VBD die ambulante Behandlung wegen Aussichtslosigkeit auf (Art. 63a Abs. 2 lit. b StGB). Nachdem dieser Entscheid unangefochten in Rechtskraft erwachsen war, beantragte der VBD am 7. Dezember 2020 beim Kriminalgericht, die am 22. Oktober 2013 aufgeschobene Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten und die am 8. September 2014 aufgeschobene Zusatzstrafe von 6 Monaten seien zu vollziehen. 
Am 12. März 2021 verfügte das Kriminalgericht, dass die Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten und die Zusatzstrafe von 6 Monaten gemäss Art. 63b Abs. 2 StGB vollzogen werden. Es rechnete für die mit der ambulanten Behandlung verbundene Freiheitsbeschränkung 60 Tage an die Strafen an. 
 
C.  
Die dagegen gerichtete Beschwerde von A.________ hiess das Kantonsgericht Luzern mit Beschluss vom 19. Oktober 2021 teilweise gut. Für die mit der ambulanten Behandlung verbundene Freiheitsbeschränkung rechnete das Kantonsgericht 60 Tage an die Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten an. Was die Reststrafe von 2 Jahren und 1 Monat betrifft, schob es den Vollzug im Umfang von 1 Jahr und 7 Monaten auf. Den Vollzug der Zusatzstrafe von 6 Monaten schob es gänzlich auf. Die Probezeit für die beiden aufgeschobenen Strafen legte es auf 3 Jahre fest. Für die Dauer der Probezeit ordnete es Bewährungshilfe an. 
 
D.  
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Beschluss des Kantonsgerichts sei aufzuheben. Die Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten und die Zusatzstrafe von 6 Monaten seien zu vollziehen. Für die mit der ambulanten Behandlung verbundene Freiheitsbeschränkung seien 60 Tage anzurechnen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen. 
Das Kantonsgericht und A.________ beantragen die Abweisung der Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG). Der Staatsanwaltschaft steht das Beschwerderecht in Strafsachen nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG grundsätzlich ohne Einschränkung zu (BGE 145 IV 65 E. 1.2; 142 IV 196 E. 1.5; 139 IV 199 E. 2; 134 IV 36 E. 1.4; je mit Hinweisen). Unter Vorbehalt einer genügenden Begründung (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG) ist auf die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft einzutreten. 
 
2.  
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den vorinstanzlichen Beschluss, soweit darin der Vollzug der Freiheitsstrafe und der Zusatzstrafe aufgeschoben wird. 
 
2.1. Ist die ambulante Behandlung erfolgreich abgeschlossen, so wird die aufgeschobene Freiheitsstrafe nicht mehr vollzogen (Art. 63b Abs. 1 StGB). Hingegen ist die aufgeschobene Freiheitsstrafe gemäss Art. 63b Abs. 2 StGB zu vollziehen, wenn die ambulante Behandlung wegen Aussichtslosigkeit (Art. 63a Abs. 2 lit. b StGB) aufgehoben wird. Das Gericht entscheidet darüber, inwieweit der mit der ambulanten Behandlung verbundene Freiheitsentzug auf die Strafe angerechnet wird (Art. 63b Abs. 4 Satz 1 StGB). Liegen in Bezug auf die Reststrafe die Voraussetzungen der bedingten Entlassung (Art. 86 StGB) oder der bedingten Freiheitsstrafe (Art. 42 StGB) vor, so schiebt das Gericht nach Art. 63b Abs. 4 Satz 2 StGB den Vollzug auf. Dem Gesetzgeber scheint es ungeachtet der Unterschiede zwischen den Regelungen von Art. 86 und Art. 42 StGB um die Frage zu gehen, ob eine günstige Prognose vorliegt oder eine ungünstige Prognose fehlt (Urteile 6B_382/2018 vom 19. September 2018 E. 1.1; 6B_206/2012 vom 5. Juli 2012 E. 3.2.1 mit Hinweisen).  
Nach Art. 86 Abs. 1 StGB ist ein Gefangener nach Verbüssung von zwei Dritteln der Strafe bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde weitere Verbrechen oder Vergehen begehen. Die bedingte Entlassung stellt die Regel und die Verweigerung die Ausnahme dar. In dieser letzten Stufe des Strafvollzugs soll der Entlassene den Umgang mit der Freiheit erlernen. Diesem spezialpräventiven Zweck stehen die Schutzbedürfnisse der Allgemeinheit gegenüber, welchen umso höheres Gewicht beizumessen ist, je hochwertiger die gefährdeten Rechtsgüter sind. Die Prognose über das künftige Wohlverhalten ist in einer Gesamtwürdigung zu erstellen, welche nebst dem Vorleben, der Persönlichkeit und dem Verhalten des Täters während des Strafvollzugs vor allem dessen neuere Einstellung zu seinen Taten, seine allfällige Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse berücksichtigt (BGE 133 IV 201 E. 2.3 mit Hinweisen). 
Laut Art. 42 Abs. 1 StGB ist eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten und höchstens zwei Jahren in der Regel bedingt zu verhängen, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten. Bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet, hat das Gericht eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung miteinzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Relevante Faktoren sind etwa strafrechtliche Vorbelastung, Sozialisationsbiografie und Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen, Hinweise auf Suchtgefährdungen usw. (BGE 135 IV 180 E. 2.1; 134 IV 1 E. 4.2.1; je mit Hinweisen). 
Dem Gericht steht bei der Prüfung der Prognose des künftigen Legalverhaltens ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift nur korrigierend ein, wenn eine Überschreitung oder ein Missbrauch des Ermessens und damit eine Verletzung von Bundesrecht gegeben ist (BGE 134 IV 140 E. 4.2 mit Hinweis; 133 IV 201 E. 2.3). 
 
2.2. Die Vorinstanz schliesst eine bedingte Entlassung aus, weil der Beschwerdegegner weder die Freiheitsstrafe noch die Zusatzstrafe zu mindestens zwei Dritteln verbüsst hat. Sodann erwägt sie, für die Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten komme der teilbedingte Vollzug in Betracht und für die Zusatzstrafe von 6 Monaten der bedingte Vollzug. Dafür genüge das Fehlen einer ungünstigen Prognose.  
Zwar sei der Beschwerdegegner seit der Anordnung der ambulanten Behandlung mehrfach rückfällig geworden. Doch seien die neuen Delikte von minderer Schwere. Die Kriminalitätsentwicklung des Beschwerdegegners sei "insgesamt als erfreulich zu werten". Die Therapie habe Erfolge gezeitigt. So habe der Beschwerdegegner gelernt, Risikosituationen zu erkennen und Strategien zur Vermeidung von Delikten anzuwenden. Dies überwiege die noch vorhandenen Defizite deutlich. 
Die Vorinstanz erwähnt zwar die ungünstige Legalprognose, welche die psychiatrischen Gutachter dem Beschwerdegegner stellen. Doch relativiere die "erfreuliche Kriminalitätsentwicklung mit stetiger Abnahme der Tatschwere" die gutachterliche Einschätzung. In Übereinstimmung mit dem vormaligen Therapeuten des Beschwerdegegners sei für Sexualdelikte ohne Körperkontakt nur mehr von einem geringen Rückfallrisiko auszugehen. Der Beschwerdegegner nehme freiwillig das Medikament Sertralin ein. Damit sei es gelungen, sein affektives Zustandsbild zu verbessern und sein sexuelles Interesse zu vermindern. Zu erwarten seien in erster Linie Sexualdelikte ohne Körperkontakt sowie Vermögensdelikte. Die in den Jahren 2018 und 2019 begangenen Taten seien, soweit ersichtlich, nicht einschlägig gewesen. Deliktsverhütend wirke auch die familiäre Einbettung. Der Beschwerdegegner lebe mit seiner Frau im gleichen Haushalt, wobei seine Tochter in unmittelbarer Nachbarschaft wohne. Die Enkelkinder besuchten ihn regelmässig und übernachteten einmal pro Woche bei ihm. Protektiv wirkten auch die freiwillige Psychotherapie und die freiwillige soziale Betreuung durch den Bewährungsdienst des Kantons Obwalden. 
 
2.3. Die Beschwerdeführerin beanstandet zu Recht, dass die Vorinstanz eine ungünstige Prognose ausschliesst.  
 
2.3.1. Der Beschwerdegegner leidet an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional-instabilen sowie dissozialen Zügen und Merkmalen eines Psychopathen. Es besteht eine hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens, eine Störung der Sexualpräferenz in Form von Voyeurismus und eine hypersexuelle Störung. Auch die Vorinstanz anerkennt, dass die psychiatrischen Gutachter diese Diagnosen eingehend und schlüssig begründen. Im Vergleich mit der Normalbevölkerung zeige der Beschwerdegegner sehr ausgeprägte psychopathische Züge (vgl. zur Psychopathie: Urteil 6B_300/2017 vom 6. Juni 2017 E. 5.3.3).  
 
2.3.2. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass der Beschwerdegegner während der ambulanten Behandlung mehrfach straffällig wurde. Seine Delikte hängen mit der schweren psychischen Störung zusammen.  
In der Tat ergingen nach der Anordnung der ambulanten Behandlung am 22. Oktober 2013 mehrere Verurteilungen, nämlich am 23. Oktober 2015 wegen mehrfachen Diebstahls und mehrfachen Hausfriedensbruchs, am 15. September 2017 wegen Diebstahls, am 11. Juli 2018 wegen Pornografie und am 10. Februar 2020 wegen unrechtmässiger Aneignung, mehrfachen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und mehrfachen Hausfriedensbruchs. 
Besonders negativ fällt die letzte Verurteilung ins Gewicht. Der Beschwerdegegner eignete sich am 13. Juli 2019 unrechtmässig einen Schlüsselbund an, den er gefunden hatte. Dann ermittelte er die Eigentümerin der Schlüssel und begab sich an die Wohnadresse dieser Frau. Dort versuchte er, die Haupteingangstüre des Mehrfamilienhauses aufzuschliessen. 
Geht es nach der Vorinstanz, dann lässt sich dieses Delikt nicht rechtsgenüglich in Zusammenhang bringen mit dem Voyeurismus, der in den ursprünglichen Delikten handlungsleitend gewesen sei. Ob dies stimmt, ist höchst fraglich. Jedenfalls offenbart der Vorfall, dass sich der Beschwerdegegner zielgerichtet in eine Risikosituation für ein schwerwiegendes einschlägiges Delikt begab. Dies liess die Vorinstanz bei ihrer Legalprognose unbeachtet. 
 
2.3.3. Die Vorinstanz gewichtet den Erfolg der ambulanten Behandlung deutlich höher als die weiter bestehenden Defizite. Der Beschwerdegegner habe gelernt, Risikosituationen zu erkennen und Strategien zur Deliktsvermeidung anzuwenden. Diese Sichtweise der Vorinstanz lässt sich mit den Feststellungen der psychiatrischen Gutachter und des behandelnden Therapeuten nicht in Einklang bringen.  
Die psychiatrischen Gutachter erachteten es am 13. Juni 2018 für dringend nötig, dass der Beschwerdegegner sich intensiv mit seinen Risikoeigenschaften, kognitiven Verzerrungen, Bagatellisierungen, Externalisierungen und dem Deliktsmechanismus tiefergehend auseinandersetzt und an seiner Empathie für die Opfer arbeitet. Zudem liege der entscheidende Fokus auf dem effizienten Einsatz von Strategien zur Rückfallprophylaxe. Diese Therapieziele habe der Beschwerdegegner nicht umgesetzt. 
Die Beschwerdeführerin verweist auf die Verlaufsberichte des behandelnden Therapeuten. Dieser erklärte am 6. November 2019, dass der Beschwerdegegner nicht intrinsisch motiviert scheine, die Strategien zur Impulskontrolle umzusetzen, um erneute Delikte zu vermeiden. Er bagatellisiere seine Taten, zeige geringe Einsicht und wenig Bereitschaft, die Konsequenzen seines Verhaltens zu tragen. Seine Taten bereue er nicht. Geldstrafen würden ihn nicht beeindrucken. Er kenne die Risikosituationen, es fehle ihm jedoch weiterhin ein Steuerungsmechanismus, um seine Impulse zu kontrollieren. Er setze keine der angebotenen Interventionen konsequent um und scheine zu einer Verhaltensänderung nicht bereit. Diese Einschätzung bekräftigte der behandelnde Therapeut am 16. Mai 2020. 
 
2.3.4. Diese wesentlichen Aspekte hat die Vorinstanz ebenfalls nicht berücksichtigt, als sie die Therapieerfolge gegen die fortdauernden Defizite abwog. Laut psychiatrischen Gutachtern und behandelnden Therapeuten konnten wichtige Therapieziele nicht erreicht werden. Dies offenbart sich augenfällig bei den Rückfällen. Beim Beschwerdegegner fehlen Deliktseinsicht und Problembewusstsein. Dies ist prognoserelevant. Die Vorinstanz hätte berücksichtigen müssen, dass eine Verhaltensänderung ohne Tataufarbeitung und Einsicht grundsätzlich nicht zu erwarten ist (Urteil 6B_715/2014 vom 27. Januar 2015 E. 8.5 mit Hinweisen). Die psychiatrischen Gutachter gehen von einem hohen Rückfallrisiko für Sexualdelikte ohne Körperkontakt sowie Eigentumsdelikte aus. Für Sexualdelikte mit Körperkontakt wie beispielsweise Schändung oder Vergewaltigung sehen sie ein geringes bis mittleres Risiko.  
 
2.3.5. Die Vorinstanz erwähnt als protektiven Faktor die familiäre Einbindung des Beschwerdegegners. Diese wird durch das psychiatrische Gutachten erheblich relativiert. Die Gutachter halten fest, dass sich die soziale Einbettung mit Familie, Teilzeittätigkeit, Freizeitaktivitäten und IV-Rente noch nicht ausreichend risikomindernd ausgewirkt habe. Am 21./22. Februar 2020 kam es sogar zu einer familiären Auseinandersetzung, welche der behandelnde Therapeut als besorgniserregend einstufte. Der Beschwerdegegner hatte in einem familiären Streit unter Alkoholeinfluss die Beherrschung verloren, herumgeschrien und Wohnungsgegenstände zerstört. Daraus sei eine neue Deliktdynamik erkennbar, die vor allem für die Ehefrau des Beschwerdegegners eine ernsthafte Gefahr darstellen könne.  
 
2.3.6. Die Vorinstanz wertet die Einnahme des Medikaments Sertralin als protektiven Faktor. Ob der Beschwerdegegner das Medikament weiterhin zuverlässig einnimmt, ist jedoch ungewiss. So erklärt der behandelnde Therapeut, der Beschwerdegegner habe das Medikament während eines mehrwöchigen Aufenthalts in U.________ abgesetzt oder zumindest unregelmässig eingenommen. Gemäss Zwischenbericht der Bewährungshilfe des Kantons Obwalden vom 5. Mai 2020 ist unklar, ob der Beschwerdegegner das Medikament ordnungsgemäss einnimmt.  
 
2.3.7. Die Vorinstanz geht davon aus, der Beschwerdegegner lasse sich durch den teilweisen Vollzug der Freiheitsstrafe von weiteren Delikten abhalten. Damit übergeht die Vorinstanz die Feststellungen im psychiatrischen Gutachten, wonach der Beschwerdegegner ein Persönlichkeitstäter sei, bei dem sich die Deliktsdynamik vor allem aus der Persönlichkeit speist. Der behandelnde Therapeut hält fest, dass der Beschwerdegegner es unbewusst zu geniessen scheine, wenn eine Straftat aufgedeckt werde, er aufgrund des neuen Verfahrens im Mittelpunkt stehe und man sich eingehend mit ihm befasse.  
Nach dem Gesagten vermag selbst eine allfällige Warnwirkung des Teilvollzugs der Freiheitsstrafe die ungünstige Legalprognose nicht erheblich positiv zu verändern. Aufgrund dieser Legalprognose kann dahingestellt bleiben, ob gestützt auf Art. 63b Abs. 4 StGB ein teilbedingter Vollzug überhaupt möglich ist (Urteil 6B_206/2012 vom 5. Juli 2012 E. 3.3). 
 
2.4. Die Vorinstanz verletzt Bundesrecht, indem sie vom Fehlen einer ungünstigen Prognose ausgeht.  
Ein Verzicht auf den Strafvollzug lässt sich nicht rechtfertigen. Denn die Therapieerfolge erscheinen im Ergebnis nur unbedeutend, während die Grundproblematik des Beschwerdegegners unvermindert fortbesteht (vgl. Urteil 6B_206/2012 vom 5. Juli 2012 E. 3.2.2 mit Hinweisen). 
 
3.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen, der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausgangsgemäss wird der unterliegende Beschwerdegegner grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er stellt allerdings ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. Dieses kann bewilligt werden. Ihm sind somit keine Kosten aufzuerlegen. Seinem Rechtsvertreter ist aus der Bundesgerichtskasse eine angemessene Entschädigung auszurichten (Art. 64 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführerin ist keine Parteientschädigung zuzusprechen, da sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt (Art. 68 Abs. 3 BGG). Dem unterliegenden Kanton sind keine Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Das Gesuch des Beschwerdegegners um unentgeltliche Rechtspflege wird gutgeheissen. 
 
4.  
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdegegners, Rechtsanwalt Beat Hess, wird für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 1'500.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Luzern, 
2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Juni 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Denys 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt