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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2A.360/2006 /leb 
 
Urteil vom 12. September 2006 
II. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Müller, 
Gerichtsschreiber Küng. 
 
Parteien 
A.________, Inhaber der Einzelfirma X.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Eidgenössische Bankenkommission, 
Postfach, 3001 Bern. 
 
Gegenstand 
Unerlaubte Entgegennahme von Publikumseinlagen, Konkurseröffnung, Werbeverbot, 
 
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission vom 1. Juni 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. A.________ ist Inhaber der Einzelfirma X.________. Diese seit 1998 im Handelsregister eingetragene Firma hat zum Zweck Design und Vermittlung in den Bereichen Handel und Marktforschung. Aufgrund eines Hinweises der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei und Anhaltspunkten im Internet ergab sich der Verdacht einer unerlaubten Entgegennahme von Publikumsgeldern. Zur Abklärung desselben setzte die Eidgenössische Bankenkommission am 29 März 2006 die Y.________, Z.________, als Untersuchungsbeauftragte ein. 
 
Nachdem A.________ und seine Einzelfirma zum Untersuchungsergebnis der Beauftragten Stellung genommen hatten, stellte die Eidgenössische Bankenkommission mit Verfügung vom 1. Juni 2006 fest, dass A.________ und seine Einzelfirma gegen das Verbot der gewerbsmässigen Entgegennahme von Publikumseinlagen verstossen und zu Unrecht den Ausdruck "Sparen" verwendet hätten. Sie eröffnete ab Freitag, 2. Juni 2006 (08.00 Uhr), über beide den (bankenrechtlichen) Konkurs. Auf diesen Zeitpunkt wurde auch deren Geschäftstätigkeit eingestellt und ihnen die Ausrichtung und Entgegennahme von Zahlungen sowie die Vornahme von Devisentransaktionen verboten. Das Sekretariat der Eidgenössischen Bankenkommission wurde ermächtigt, einen Konkursliquidator einzusetzen; zudem regelte die Bankenkommission verschiedene weitere konkursrechtliche Aspekte (Konkursort, Behandlung von Zahlungen, Publikation, Handelsregistereintrag, Beschränkung der Tätigkeit auf sichernde und werterhaltende Massnahmen usw.). Sie erklärte ihre Verfügung als sofort vollstreckbar. A.________ wurde zudem generell verboten, selbst oder über Dritte Publikumseinlagen gewerbsmässig entgegenzunehmen oder dafür zu werben sowie in der Werbung den Ausdruck "Sparen" zu verwenden. 
B. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. Juni 2006 beantragt A.________ dem Bundesgericht sinngemäss, die Verfügung der Eidgenössischen Bankenkommission vom 1. Juni 2006 aufzuheben. 
 
Die Eidgenössische Bankenkommission beantragt, die Beschwerde abzuweisen. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 In Anwendung des Bankengesetzes ergangene Aufsichts-, Liquidations- und Konkursentscheide der Eidgenössischen Bankenkommission können beim Bundesgericht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden (vgl. Art. 24 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen [BankG; SR 952.0]; zur Publikation bestimmtes Urteil 2A.749/2005 vom 25. April 2006 E. 1.1). Auf die durch den Inhaber der Einzelfirma im eigenen Namen frist- und formgerecht eingereichte Eingabe ist einzutreten. 
1.2 Das Bundesgericht überprüft die Sachverhaltsfeststellung und die Rechtsanwendung der Eidgenössischen Bankenkommission frei. Ausgeschlossen ist hingegen die Kontrolle der Angemessenheit ihres Entscheids (BGE 131 II 306 E. 2.1 mit Hinweisen). 
2. Der Beschwerdeführer rügt zwar, es sei ihm nicht ein "gerechtfertigtes Gehör" geschenkt worden (Beschwerdebegründung Ziff. 2). Er legt indessen nicht dar, inwiefern dies der Fall sein soll. Insbesondere belegt er nicht, dass und inwiefern die Bankenkommission auf konkrete, relevante Vorbringen nicht eingegangen wäre (vgl. angefochtene Verfügung E. III.4). Auch aus den Akten ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Gehörsverletzung. Die Rüge erweist sich daher als offensichtlich unbegründet. 
3. 
3.1 Die Bankenkommission hat festgestellt, der ursprünglich in der Marktforschung tätige Beschwerdeführer habe neben dieser Tätigkeit auf der von ihm registrierten und unterhaltenen sowie frei zugänglichen Internetseite www. F.________.biz in sechzehn Sprachen den Erwerb von "Baumpunkten" für je 22 Euro angeboten. Die Investition solle zur Aufforstung eines Regenwaldes in Bolivien verwendet werden. Davon sollten zehn Euro in ein Aufforstungsprojekt in Bolivien fliessen, das als "aktives Sparbuch" bezeichnet werde; weitere sieben Euro seien als Prämien für Partner vorgesehen, die sich an der Verbreitung dieser Idee beteiligten; mit den restlichen fünf Euro würden die Administrativkosten bezahlt. Den Kunden werde eine anteilige Beteiligung bei der Firma X.________ in Aussicht gestellt, wobei die "Gewinnausschüttung" nach dem zehnten bis zwölften Jahr und dem Holzverkauf erfolgen solle. Hinweise, dass von den (ohne Mehrfachzeichner) geschätzten 2'000 bis 3'000 Kunden (der Beschwerdeführer spreche von über 4'000 Anlegern) geleistete Einzahlungen individualisiert würden, indem ein konkreter Anteil an Holz oder Land erworben werde, existierten nicht. Der Beschwerdeführer halte selbst fest, dass es sich bei dieser Geschäftstätigkeit nicht um eine allgemein gebräuchliche Tätigkeit eines Holzhändlers handle, der Holz an- und verkaufe. Vielmehr handle es sich bei einem "Baumpunkt" insbesondere um eine "finanztechnische Verrechnungseinheit" für eine "anteilige monetäre Gewinnausschüttung" zu Gunsten der Kunden sowie eine "Leistungsanreiz- und Leistungsverrechnungseinheit für die Marketing Vertriebspartner". Von September 2005 bis März 2006 seien von Kunden Einzahlungen in Höhe von 90'486 Euro geleistet worden, wovon 42'681 Euro in Anpflanzungen in Bolivien geflossen sein sollen. Die bis heute möglicherweise getätigten Investitionen in Bolivien würden keine Rückzahlung der eingezahlten Gelder erlauben. 
 
Auf der ähnlichen und teilweise identischen, in elf Sprachen verfassten Internetseite www.G.________.ch werbe der Beschwerdeführer ebenfalls für Baumpunkte. Über diese Seite sei bisher jedoch keine effektive Geschäftstätigkeit eruiert worden. 
3.2 Was der Beschwerdeführer vorbringt, lässt diese tatsächlichen Feststellungen der Bankenkommission nicht als unrichtig erscheinen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern der Untersuchungsauftrag an die PEQ GmbH (d.h. die superprovisorische Verfügung vom 29. März 2006 des Sekretariats der Eidgenössischen Bankenkommission) "in der Sache eingeschränkt" gewesen sein soll; der Auftrag ist vielmehr sehr umfassend erteilt worden. Der Vorwurf dürfte wohl auf einem falschen Verständnis der entsprechenden Ausführungen beruhen: Dass sich der Beauftragte auf die Ermittlung des Sachverhaltes beschränkte, ohne diesen rechtlich zu würdigen, entsprach nicht nur seinem Auftrag; es ist dies grundsätzlich der Inhalt jeden Sachverständigengutachtens (vgl. Art. 12 VwVG); dessen rechtliche Würdigung ist der Behörde bzw. dem Gericht überlassen. Auch der pauschale Vorwurf, der Bericht des Untersuchungsbeauftragten vom 2. Mai 2006 lege den Verdacht eines "Gefälligkeitsgutachtens" nahe, findet keine Stütze in den Akten. Dass die Bankenkommission mit der Einsetzung des Untersuchungsbeauftragten das ihr in diesem Bereich zustehende technische Ermessen (vgl. Urteil 2A.575/2004 vom 13. April 2005 E. 4.2) rechtswidrig gehandhabt hätte, ist weder vom Beschwerdeführer dargelegt worden, noch ergeben sich aus den Akten entsprechende Anhaltspunkte. Soweit der Beschwerdeführer schliesslich behauptet, er habe nie den Ausdruck "Sparen" verwendet, ist dies aktenwidrig, bezeichnet er doch auf der Internetseite www.F.________.biz den in das Aufforstungsprojekt investierten Teil der Einzahlungen als "aktives Sparbuch". 
4. 
4.1 Natürlichen und juristischen Personen, die nicht dem Bankengesetz unterstehen, ist es untersagt, gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegenzunehmen (Art. 1 Abs. 2 BankG). Die Entgegennahme von Publikumseinlagen, das bankenmässige Passivgeschäft, besteht darin, dass ein Unternehmen gewerbsmässig Verpflichtungen gegenüber Dritten eingeht, d.h. selber zum Rückzahlungsschuldner der entsprechenden Leistung wird. Dabei gelten grundsätzlich alle Verbindlichkeiten als Einlagen. Ausgenommen hiervon sind unter gewissen, eng umschriebenen Voraussetzungen lediglich fremde Mittel ohne Darlehens- oder Hinterlegungscharakter (Art. 3a Abs. 3 lit. a der Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen [BankV; SR 952.02]), Anleihensobligationen (Art. 3a Abs. 3 lit. b BankV), Abwicklungskonti (Art. 3a Abs. 3 lit. c BankV), Gelder für Lebensversicherungen und die berufliche Vorsorge (Art. 3a Abs. 3 lit. d BankV) sowie Zahlungsmittel und Zahlungssysteme (vgl. zum Ganzen: BGE 131 II 306 E. 3.2.1). Keine Publikumseinlagen bilden Einlagen von Banken oder anderen staatlich beaufsichtigten Unternehmen (Art. 3a Abs. 4 lit. a BankV), Aktionären oder Gesellschaftern mit einer qualifizierten Beteiligung am Schuldner (Art. 3a Abs. 4 lit. b BankV), von institutionellen Anlegern mit professioneller Tresorerie (Art. 3a Abs. 4 lit. c BankV), von Einlegern bei Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften, sofern diese "in keiner Weise im Finanzbereich tätig sind" (Art. 3a Abs. 4 lit. d BankV), sowie von Arbeitnehmern bei ihrem Arbeitgeber (Art. 3a Abs. 4 lit. e BankV). 
 
Gewerbsmässig handelt, wer dauernd mehr als 20 Publikumseinlagen entgegennimmt (Art. 3a Abs. 2 BankV) oder in Inseraten, Prospekten, Rundschreiben oder elektronischen Medien für die Entgegennahme von Geldern wirbt (Art. 3 Abs. 1 BankV). 
 
Einlagen, die in irgendeiner Wortverbindung durch den Ausdruck "Sparen" gekennzeichnet sind, dürfen nur von Banken entgegengenommen werden; alle übrigen Unternehmen sind dazu weder berechtigt, noch dürfen sie in der Werbung diesen Ausdruck mit Bezug auf die bei ihnen gemachten Geldeinlagen verwenden (vgl. Art. 15 BankG). 
 
4.2 Die Bankenkommission hat die vom Beschwerdeführer von mehreren tausend Kunden entgegengenommenen Gelder als Publikumseinlagen betrachtet. Da von den Kunden weder eine Ware noch eine Dienstleistung erworben werde, ihnen aber ein Rückerstattungsanspruch zustehe, liege keine Ausnahme im Sinne von Art. 3a Abs. 3 lit. a BankV vor; auch weitere Ausnahmefälle (Art. 3a Abs. 3 und 4 BankV) seien nicht ersichtlich. Weiter habe der Beschwerdeführer durch die Verwendung des Ausdrucks "Sparen" in seinem Werbeauftritt im Internet gegen Art. 15 Abs. 1 BankG verstossen. 
 
Mit dieser rechtlichen Würdigung setzt sich der Beschwerdeführer nicht substantiiert auseinander. Es kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Verfügung (E. III.1) verwiesen werden, denen nichts beizufügen ist. 
5. 
5.1 Die Eidgenössische Bankenkommission ist zur Beseitigung von Missständen und zur Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustands befugt, alle "notwendigen Verfügungen" zu treffen (Art. 23ter Abs. 1 BankG). Ein Unternehmen, das unbewilligt einer Bankentätigkeit nachgeht und sich als überschuldet oder dauernd zahlungsunfähig erweist, ist in analoger Anwendung der Art. 33 ff. BankG bankenkonkursrechtlich zu liquidieren. Das allgemeine Schuldbetreibungs- und Konkursrecht kommt in diesem Fall bloss in einem entsprechend modifizierten Umfang zur Anwendung. So gilt etwa Art. 172 Ziff. 3 SchKG (Abweisung des Konkursbegehrens bei Tilgung oder Stundung) nicht, da die Fortsetzung der (illegalen) Geschäftstätigkeit so oder anders ausgeschlossen ist; die Sanierungsfähigkeit des unbewilligt tätigen Finanzintermediärs braucht in der Regel nicht mehr gesondert geprüft zu werden (zur Publikation bestimmtes Urteil 2A.749/2005 vom 25. April 2006 E. 7.2, mit Hinweisen). 
5.2 Die Bankenkommission hat festgehalten, dass im vorliegenden Fall bereits mangels des vorgeschriebenen Minimalkapitals (Art. 3 Abs. 2 lit. b BankG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 BankV: 10 Millionen Franken) und einer adäquaten Organisation die nachträgliche Erteilung einer Bankbewilligung von vornherein ausser Betracht falle. Zudem sei der Beschwerdeführer überschuldet und illiquid, weshalb über ihn in Anwendung von Art. 33 Abs. 1 BankG zwingend der Konkurs zu eröffnen gewesen sei. Zufolge der damit verbundenen Generalexekution werde dadurch zwangsläufig auch die Einzelfirma des im Handelsregister als Einzelkaufmann eingetragenen Beschwerdeführers erfasst. 
5.3 Die Bankenkommission hat mit der Eröffnung des Konkurses über den Beschwerdeführer sowie der damit verbundenen weiteren Anordnungen und der Ermächtigung des Sekretariats, einen Liquidator einzusetzen, kein Bundesrecht verletzt. Der Beschwerdeführer bestreitet denn auch nicht, dass in seinem Fall die Voraussetzungen der Konkurseröffnung erfüllt sind. Es kann daher auch hier auf die zutreffenden Ausführungen der Bankenkommission in der angefochtenen Verfügung (E. III.2) verwiesen werden. 
5.4 Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde beantragt, die Geschäftstätigkeit "F.________" von seiner anderen Geschäftstätigkeit Marktforschung zu trennen, ist ihm entgegenzuhalten, dass dies aufgrund der von ihm für beide Geschäftstätigkeiten gewählten Geschäftsform der Einzelfima wegen der mit der Konkurseröffnung verbundenen Generalliquidation ausser Betracht fällt (vgl. Lukas Handschin/Daniel Hunkeler, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Hrsg. Adrian Staehelin/Thomas Bauer/Daniel Staehelin, Basel 1998, N 1 und 7 zu Art. 197 SchKG; vgl. auch Vernehmlassung der Bankenkommission Ziff. II.9). 
6. 
Im Zusammenhang mit dem von der Bankenkommission verfügten Werbeverbot bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, er habe den Ausdruck "Sparen" nicht verwendet, was, wie bereits ausgeführt, aktenwidrig ist. Es kann deshalb wiederum auf die insofern zutreffenden Ausführungen der Bankenkommission (angefochtene Verfügung E. III.3) verwiesen werden. 
7. 
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Da sich die Rechtsbegehren des Beschwerdeführers als von vornherein aussichtslos erweisen, kann ihm die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung nicht gewährt werden (Art. 152 OG). Er hat bei diesem Ausgang daher die Kosten des Verfahren vor Bundesgericht zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Eidgenössischen Bankenkommission schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. September 2006 
Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: