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«AZA 7» 
H 68/00 Vr 
 
 
 
IV. Kammer 
Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiber Arnold 
 
 
Urteil vom 16. Februar 2001 
 
in Sachen 
1. A.________, 
2. B.________, 
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Künzli, Villa Bianchi, Brunnenstrasse 27, Uster, 
 
gegen 
Ausgleichskasse Promea, Ifangstrasse 8, Schlieren, Beschwerdegegnerin, 
und 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
 
A.- A.________ war Mitglied, ihr Ehemann B.________ Alleinaktionär und Präsident des Verwaltungsrates der am 15. Dezember 1987 gegründeten, in X.________ domizilierten Y.________ AG. Am 7. April 1997 wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Darin meldete die Ausgleichskasse Promea, welcher die Konkursitin als beitragspflichtige Arbeitgeberin angeschlossen gewesen war, u.a. eine Forderung in Höhe von Fr. 10'808.10 für nicht abgelieferte bundesrechtliche Sozialversicherungsbeiträge (AHV/IV/EO/ AlV) und FAK-Beiträge an. Im Anschluss an die Auflage des Kollokationsplans (ab 25. Juli 1997) und die Mitteilung des Konkursamtes Pfäffikon (vom 12. August 1997), wonach die mutmassliche Konkursdividende für Forderungen der dritten Klasse 5 % betragen werde, verpflichtete die Ausgleichskasse A.________ und B.________ in ihrer Eigenschaft als ehemalige Verwaltungsräte der konkursiten Gesellschaft unter solidarischer Haftbarkeit zur Leistung von Schadenersatz im genannten Betrag, unter Abtretung einer allfälligen Konkursdividende (Verfügungen vom 13. August 1997). 
 
B.- Auf Einspruch der Betroffenen hin machte die Ausgleichskasse ihre Forderungen im (reduzierten) Umfange von Fr. 7488.70 beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich klageweise geltend. Das angerufene Gericht verpflichtete - in Gutheissung der Klagen - A.________ und B.________, unter solidarischer Haftbarkeit und Abtretung einer allfälligen Konkursdividende, zur Leistung von Schadenersatz im eingeklagten Betrage (Entscheid vom 6. Januar 2000). 
 
C.- A.________ und B.________ lassen Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und sinngemäss beantragen, in Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides seien die Klagen der Ausgleichskasse abzuweisen; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung reicht keine Vernehmlassung ein. 
 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
 
2.- Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur so weit eingetreten werden, als die Schadenersatzforderung kraft Bundesrechts streitig ist. Im vorliegenden Verfahren ist deshalb auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Umfang nicht einzutreten, als sie sich gegen die Schadenersatzforderung für entgangene Beiträge an die kantonale Familienausgleichskasse richtet (vgl. BGE 119 V 80 Erw. 1b, 118 V 69 Erw. 1b mit Hinweis). 
 
3.- a) Die Schadenersatzforderung hat - neben hier nicht zu beurteilenden FAK-Beiträgen (vgl. Erw. 2 hievor) - die unbezahlt gebliebenen bundesrechtlichen Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Januar und Februar 1997 zum Gegenstand. 
 
b) Das kantonale Gericht hat die in materiellrechtlicher Hinsicht massgebenden Normen (Art. 52 AHVG, Art. 14 Abs. 1 AHVG in Verbindung mit Art. 34 ff. AHVV) und die Rechtsprechung zur subsidiären Haftbarkeit der Organe (BGE 123 V 15 Erw. 5b), zur Haftungsvoraussetzung des zumindest grobfahrlässigen Verschuldens (BGE 108 V 186 f. Erw. 1b, 193 Erw. 2b) sowie bezüglich dem dabei zu berücksichtigenden - differenzierten - Sorgfaltsmassstab (BGE 108 V 202 Erw. 3a; vgl. auch Thomas Nussbaumer, Die Haftung des Verwaltungsrates nach Art. 52 AHVG, in: AJP 9/96, S. 1081), zutreffend wiedergegeben, worauf verwiesen werden kann. 
Hinsichtlich der letztinstanzlich einzig strittigen Anspruchsvoraussetzung des Verschuldens ist zu ergänzen, dass nach ständiger Rechtsprechung nicht jede Verletzung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Arbeitgeberin als Institution der Versicherungsdurchführung ohne weiteres als qualifiziertes Verschulden ihrer Organe im Sinne von Art. 52 AHVG zu werten ist. Das absichtliche oder grobfahrlässige Missachten von Vorschriften verlangt vielmehr einen Normverstoss von einer gewissen Schwere. Dagegen kann beispielsweise die kurze Dauer des Beitragsausstandes sprechen, wobei aber immer eine Würdigung sämtlicher konkreten Umstände des Einzelfalles Platz zu greifen hat. Die Frage der Dauer des Normverstosses ist somit ein Beurteilungskriterium, welches im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen ist und im Sinne der Rechtsprechung zu den Entlastungsgründen (BGE 108 V 186 f. Erw. 1b, 200 f. Erw. 1) zur Verneinung der Schadenersatzpflicht führen kann (BGE 121 V 244 Erw. 4b mit Hinweisen). 
 
4.- Es ist unbestritten und steht fest, dass die Y.________ AG sämtliche bis 31. Dezember 1996 fällig gewordenen Sozialversicherungsbeiträge bezahlt hat. Die Firma hat noch am 18. März 1997, d.h. kurze Zeit vor Konkurseröffnung (7. April 1997), die Beiträge für den Monat Dezember 1996 auf entsprechende Mahnung vom 6. Februar 1997 hin bezahlt. Die am 15. Dezember 1987 gegründete Firma ist - weder nach den Akten noch auf Grund der Vorbringen der Parteien bestehen gegenteilige Anhaltspunkte - ihrer Beitragszahlungspflicht bis im Frühjahr 1996 klaglos nachgekommen. Wie das kantonale Gericht verbindlich festgestellt hat (vgl. Erw. 1 hievor), resultierte, bei sich stetig verschlechternder Auftragslage, für das erste Halbjahr 1996 noch ein Reingewinn im Betrag von Fr. 25'715.55; die Jahresrechnung 1996 (am 27. März 1997 erstellt) wies in der Folge einen Verlust in Höhe von Fr. 94'390.50 aus. Wegen Überschuldung musste der Richter benachrichtigt werden, der am 7. April 1997 den Konkurs über die Gesellschaft eröffnete (Art. 725 und 725a OR). Das bis im Frühjahr 1996 zu keinen Beanstandungen Anlass gebende Beitragswesen war in den Monaten vor dem Konkurs nicht mehr ganz einwandfrei und straff gehandhabt worden. Dies zeigt sich darin, dass die Gesellschaft ab Februar 1996 die Beiträge verschiedentlich verspätet bezahlte und häufig gemahnt werden musste, wobei sie zumindest auf jeweils erste Mahnung der Ausgleichskasse hin, abgesehen von den Beiträgen für die Monate August und Dezember 1996, jeweils innert kurzer Frist die versäumten Zahlungen (der bis Ende 1996 fällig gewordenen Beiträge) nachholte. 
Eine Gesamtwürdigung der konkreten Verhältnisse (namentlich die kurze Dauer des Beitragsausstandes, das über Jahre hinweg klaglose Beitragswesen, der einen Reingewinn ausweisende Halbjahresabschluss 1996, die im letzten Jahr vor Konkurseröffnung verschiedentlich verspätete, auf Mahnung hin indes regelmässig prompte Zahlung der Beiträge) belegt, dass die Gesellschaft nicht beabsichtigte, ihren Betrieb auf Kosten der Ausgleichskasse weiterzuführen. Daran vermag die Tatsache nichts zu ändern, dass durch die Erhöhung des Aktienkapitals im Dezember 1996 (von Fr. 50'000.- auf Fr. 100'000.-) die Liquidität, entgegen den Darlegungen der Beschwerdeführer, nicht verbessert worden war: Die Liberierung erfolgte durch Verrechnung mit einer Darlehensschuld der Gesellschaft gegenüber dem Präsidenten des Verwaltungsrates und Alleinaktionär (Art. 652e Ziff. 2 OR), womit der Gesellschaft keine neuen flüssigen Mittel zugingen, sondern einzig Fremd- in Eigenkapital umgewandelt wurde, was geeignet war, die Gefahr einer Überschuldung zu verringern (vgl. Art. 725 OR; Böckli, Schweizer Aktienrecht, 2. Aufl., N 206 f. und N 1684). Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände kann nicht von einem im Sinne der obgenannten Ausführungen (vgl. Erw. 3 hievor) schweren Normenverstoss gesprochen werden, wenn die Beschwerdeführer die Beiträge für die Monate Januar und Februar 1997 nicht mehr ablieferten. Somit fällt ein haftungsbegründendes qualifiziertes Verschulden, wie es Art. 52 AHVG für die Schadenersatzverpflichtung verlangt, ausser Betracht. 
 
5.- Bei diesem Verfahrensausgang hat die unterliegende Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 134 OG e contrario; Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG) und den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG) zu bezahlen. 
 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, so- 
weit darauf einzutreten ist, werden der Entscheid des 
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 
6. Januar 2000, soweit bundesrechtlich begründeten 
Schadenersatz betreffend, aufgehoben, und die Klagen 
der Ausgleichskasse vom 8. Oktober 1997 in diesem Um- 
fang abgewiesen. 
 
II. Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden der Aus- 
gleichskasse Promea auferlegt. 
III. Die geleisteten Kostenvorschüsse von je Fr. 600.- 
werden den Beschwerdeführern zurückerstattet. 
 
IV. Die Ausgleichskasse Promea hat den Beschwerdeführern 
für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versiche- 
rungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- 
zu bezahlen. 
 
V. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird 
über eine Parteientschädigung für das kantonale Ver- 
fahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen 
Prozesses zu befinden haben. 
 
VI. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche- 
rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für 
Sozialversicherung zugestellt. 
Luzern, 16. Februar 2001 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident Der Gerichts der IV. Kammer: schreiber: