Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
1C_597/2020
Urteil vom 14. Juni 2021
I. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Kneubühler, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti,
Bundesrichter Müller, Merz,
Gerichtsschreiberin Gerber.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Gasser
und/oder Rechtsanwalt Thierry Burnens,
gegen
Bundesamt für Polizei (fedpol),
Guisanplatz 1a, 3003 Bern.
Gegenstand
Auskunftsgesuch aus Datenbanken fedpol,
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I,
vom 23. September 2020 (A-6490/2019).
Sachverhalt:
A.
A.________ ist Journalist; er hat die schweizerische und bulgarische Staatsangehörigkeit. Er ersuchte das Bundesamt für Polizei (fedpol) am 21./26. September 2019 um Auskunft, ob er in irgendeiner Weise in den Systemen des Europäischen Polizeiamts (Europol) verzeichnet sei. Seit fast zwei Jahren werde er bei jeder Einreise in den Schengenraum angehalten und eingehend befragt. Er gehe davon aus, dass die bulgarischen Behörden das Europol-System mit falschen Vorwürfen dazu missbrauchten, ihn wegen seiner journalistischen Tätigkeit als Herausgeber eines regierungskritischen Online-Mediums einzuschüchtern.
Nach Rücksprache mit den zuständigen Behörden verweigerte das fedpol mit Verfügung vom 9. Oktober 2019 die Auskunft, weil deren Erteilung den Zweck einer Strafuntersuchung oder eines anderen Untersuchungsverfahrens in Frage stellen würde.
B.
Gegen die Verfügung des fedpol erhob A.________ am 6. Dezember 2019 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht mit folgenden Rechtsbegehren:
1.a. Es sei die Verfügung Nr. RT-19-SIS-4692 der Vorinstanz vom 30. Oktober 2019 aufzuheben und dem Beschwerdeführer umfassend Auskunft über alle ihn betreffenden Daten zu erteilen, die in den Informationssystemen der Vorinstanz bearbeitet werden, namentlich
- im Schengener Informationssystem ('SIS'),
- im nationalen Fahndungssystem ('RIPOL'),
- im Verzeichnis der Geschäfte des fedpols ('IPAS'),
- im Hooliganismus-Informationssystem ('HOOGAN'),
- im Informationssystem der Bundeskriminalpolizei ('JANUS'),
- in der Meldestelle für Geldwäscherei ('GEWA'),
- in der nationalen DNA-Profil-Datenbank ('CODIS').
1.b. Es sei die Anfrage um Auskunftserteilung des Beschwerdeführers vom 26. September 2019 an Europol weiterzuleiten und die Weiterleitung zu bestätigen.
2. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen."
Mit Schreiben vom 29. Januar 2020 teilte das fedpol A.________ mit, dass er weder im nationalen Fahndungsinformationssystem RIPOL, noch im elektronischen Informationssystem HOOGAN, noch im informatisierten Personalausweis-, Aktennachweis- und Verwaltungssystem IMPAS verzeichnet sei. Die Auskünfte bezüglich des Systems Bundesdelikte (JANUS) und des Systems der Meldestelle für Geldwäscherei (goAML) würden aufgeschoben. Das Gesuch um Auskunft über allfällige Einträge in der Datenbank von Europol leitete das fedpol am 12. Februar 2019 an Europol weiter.
Mit Urteil vom 23. September 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde in Bezug auf die Verweigerung der Auskunft über allfällige Einträge im Schengener Informationssystem (SIS) ab. Auf die Rechtsbegehren betreffend weitere Informationssysteme des fedpol (RIPOL, IPAS, HOOGAN, JANUS, GEWA, CODIS) trat es nicht ein. Die Beschwerde bezüglich der Datenbank von Europol schrieb es als gegenstandslos geworden ab.
C.
Dagegen gelangte A.________ am 26. Oktober 2020 mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben. Ihm sei umfassend Auskunft über alle ihn betreffenden Daten zu erteilen, die in den Informationssystemen des fedpol, insbesondere im Schengener Informationssystem (SIS), bearbeitet würden. Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht und das fedpol verzichten auf eine Stellungnahme.
Erwägungen:
1.
1.1. Gegen Endentscheide des Bundesverwaltungsgerichts steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 lit. a i.V.m. Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Es liegt kein Ausnahmegrund vor, insbesondere fallen Verfügungen über datenschutzrechtliche Ansprüche nicht unter den Ausnahmetatbestand gemäss Art. 83 lit. a BGG (zur amtlichen Publikation bestimmtes Urteil 1C_377/2019 vom 1. Dezember 2020, nicht publ. E. 1, betreffend Daten des Nachrichtendienstes des Bundes).
Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Da er nach wie vor keine Auskunft über allfällige Einträge zu seiner Person im SIS erhalten hat, besitzt er ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Art. 89 Abs. 1 BGG).
Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens - und von Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an, prüft die Verletzung von Grundrechten aber nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist ( Art. 106 Abs. 1 und 2 BGG ).
2.
Die Schweiz, die Europäische Union (EU) und die Europäische Gemeinschaft (EG) unterzeichneten am 26. Oktober 2004 das Abkommen über die Assoziierung der Schweiz bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (SAA, SR 0.362.31), das am 1. März 2008 für die Schweiz in Kraft getreten ist. Darin verpflichtete sich die Schweiz, die in den Anhängen A und B aufgeführten Bestimmungen des damaligen Schengen-Besitzstands umzusetzen und anzuwenden. Die Rechtsakte und Massnahmen der EU und der EG zur Änderung und Ergänzung dieser Bestimmungen werden von der Schweiz nach Massgabe von Art. 7 SAA akzeptiert, umgesetzt und angewendet.
2.1. Zurzeit sind für die Schweiz die Bestimmungen "über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) " anwendbar (vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. c und d des Bundesbeschlusses vom 13. Juni 2008, AS 2008 5111), und zwar die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 (ABl. L 381/4 vom 18. Dezember 2006; nachfolgend: SIS-II-Verordnung) und der Beschluss Nr. 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 (ABl. L 205/63 vom 7. August 2007; nachfolgend SIS-II-Beschluss), je mit Änderungen vom 21. November 2018 (L 295/99 vom 21. November 2018). Die SIS-II-Verordnung ist einschlägig im Anwendungsbereich des Vertrags zur Gründung der EG, d.h. für die Ausschreibung von Drittstaatsangehörigen zur Einreise- und Aufenthaltsverweigerung (vgl. Vorerwägung 3 und Art. 2 SIS-II-Verordnung). Der SIS-II-Beschluss regelt demgegenüber Einrichtung, Betrieb und Nutzung des SIS im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit, die in den Anwendungsbereich des Vertrags über die EU fallen (vgl. Vorerwägung 3 und Art. 2 SIS-II-Beschluss). Dazu gehören Personenausschreibungen zum Zwecke der Übergabe- oder Auslieferungshaft, Ausschreibungen von Vermissten, von Personen, die im Hinblick auf ihre Teilnahme an einem Gerichtsverfahren gesucht werden sowie Personenausschreibungen zum Zwecke der verdeckten oder gezielten Kontrolle (vgl. Vorerwägungen 10 und 12 sowie Art. 26 ff. SIS-II-Beschluss).
Gemäss Art. 58 SIS-II-Beschluss und Art. 41 SIS-II-Verordnung richtet sich das Auskunftsrecht nach dem Recht desjenigen Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet es beansprucht wird (Abs. 1). Ein Mitgliedstaat, der die Ausschreibung nicht vorgenommen hat, darf jedoch nur Auskunft zu diesen Daten erteilen, wenn er vorher dem ausschreibenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (Abs. 3). Die Auskunftserteilung an die betroffene Person hat gemäss Abs. 4 zu unterbleiben, wenn dies zur Durchführung einer rechtmässigen Aufgabe im Zusammenhang mit einer Ausschreibung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten Dritter unerlässlich ist.
2.2. Am 20. November 2018 wurden der Schweiz drei Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 als Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands (ABl. L 312 vom 7. Dezember 2018 S. 1, 14 und 56) notifiziert:
- Verordnung (EU) 2018/1862 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 und des Beschlusses 2010/261/EU (nachfolgend: «SIS Polizei»),
- Verordnung (EU) 2018/1861 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des SIS im Bereich Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 (nachfolgend: «SIS Grenze») und
- Verordnung (EU) 2018/1860 über die Nutzung des SIS für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (nachfolgend: «SIS Rückkehr»).
Der Bundesrat hat die Notenaustausche zur Übernahme dieser Verordnungen am 19. Dezember 2018 unter Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung gutgeheissen. Am 18. Dezember 2020 genehmigten die Räte die Notenaustausche und beschlossen die nötigen Anpassungen des nationalen Rechts (BBl 2020 10033). Die Referendumsfrist ist am 10. April 2021 ungenutzt abgelaufen; der Bundesrat hat jedoch das Datum des Inkrafttretens noch nicht festgelegt.
Das Auskunftsrecht wird künftig in Art. 67 SIS-Polizei bzw. Art. 53 SIS-Grenze geregelt. Wie bisher, richtet es sich nach den Rechtsvorschriften des angerufenen Mitgliedstaates, der dem ausschreibenden Staat Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss. Die Verweigerungsgründe werden jedoch gegenüber der bisherigen Regelung wie folgt präzisiert:
(3) Ein Mitgliedstaat trifft eine Entscheidung, der betroffenen Person keine Informationen - vollständig oder teilweise - zu übermitteln, nach Massgabe seiner nationalen Rechtsvorschriften, soweit und solange diese teilweise oder vollständige Einschränkung in einer demokratischen Gesellschaft erforderlich und verhältnismässig ist und den Grundrechten und den berechtigten Interessen der betroffenen Person gebührend Rechnung getragen wird,
a) zur Gewährleistung, dass behördliche oder gerichtliche Untersuchungen, Ermittlungen oder Verfahren nicht behindert werden,
b) zur Gewährleistung, dass die Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung oder Verfolgung von Straftaten oder die Strafvollstreckung nicht beeinträchtigt werden,
c) zum Schutz der öffentlichen Sicherheit,
d) zum Schutz der nationalen Sicherheit oder
e) zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.
Diese Bestimmungen entfalten jedoch keine Vorwirkung. Massgeblich für den vorliegenden Fall sind daher einzig die Art. 58 SIS-II-Beschluss und Art. 41 SIS-II-Verordnung sowie das von diesen für massgeblich erklärte innerschweizerische Recht.
2.3. Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes vom 13. Juni 2008 (BPI; SR 361) richtet sich das Auskunftsrecht bezüglich polizeilicher Informationssysteme des Bundes nach Art. 8 und 9 des Datenschutzgesetzes vom 19. Juni 1992 (DSG; SR 235.1). Dies gilt auch für den nationalen Teil des Schengener Informationssystems (Art. 2 lit. c BPI), der vom fedpol unter Mitwirkung anderer Behörden des Bundes und der Kantone betrieben wird (Art. 16 Abs. 1 BPI). Zuständig für den Entscheid über die Auskunftserteilung ist das fedpol (Art. 50 Abs. 1 der Verordnung über den nationalen Teil des Schengener Informationssystems und das SIRENE-Büro vom 8. März 2013 [N-SIS-Verordnung; SR 362.0]). Betrifft das Gesuch Ausschreibungen anderer Schengen-Staaten, so ist der ausschreibenden Behörde zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen (Art. 50 Abs. 2 N-SIS-Verordnung).
Art. 8 DSG räumt jeder Person das Recht ein, vom Inhaber einer Datensammlung Auskunft darüber zu verlangen, ob Daten über sie bearbeitet werden, und regelt die diesbezüglichen Modalitäten. Gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. a DSG kann die Auskunft verweigert, eingeschränkt oder aufgeschoben werden, soweit ein Gesetz im formellen Sinn dies vorsieht (lit. a); dazu zählen gemäss Art. 3 lit. j Ziff. 2 DSG auch für die Schweiz verbindliche Beschlüsse internationaler Organisationen und von der Bundesversammlung genehmigte völkerrechtliche Verträge mit rechtsetzendem Inhalt. Dazu gehören Art. 58 Abs. 4 SIS-II-Beschluss und Art. 44 Abs. 4 SIS-II-Verordnung, d.h. die Auskunft ist zu verweigern, wenn dies zur Durchführung einer rechtmässigen Aufgabe im Zusammenhang mit einer Ausschreibung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten Dritter unerlässlich ist, d.h. kein milderes Mittel als die Auskunftsverweigerung in Betracht kommt.
Ein Bundesorgan kann zudem die Auskunft nach Art. 9 Abs. 2 DSG verweigern, einschränken oder aufschieben, soweit dies wegen überwiegender öffentlicher Interessen, insbesondere der inneren oder äusseren Sicherheit der Eidgenossenschaft, erforderlich ist (lit. a) oder die Auskunft den Zweck einer Strafuntersuchung oder eines andern Untersuchungsverfahrens in Frage stellt (lit. b). Nach Rechtsprechung und Lehre zu Art. 9 Abs. 2 lit. b DSG kommt die Einschränkung des Auskunftsrechts in Betracht, wenn befürchtet werden muss oder klar ist, dass der Ablauf der Untersuchung durch die Erteilung der Auskunft erheblich gestört oder die sachgerechte Erfüllung der Aufgaben der Verwaltung in Frage gestellt würden (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts A-7508/2009 vom 23. August 2010 E. 2.2.1; Ralph Gramigna/Urs Maurer-Lambrou, in: Basler Kommentar, Datenschutzgesetz/Öffentlichkeitsgesetz, 3. Aufl. 2014, Rz. 28 zu Art. 9 DSG; DAVID ROSENTHAL/YVONNE JÖHRI, Handkommentar zum Datenschutzgesetz, 2008, Art. 9 N. 13). Angesichts der grossen Bedeutung des Auskunftsrechts für den Datenschutz ist die Auskunftsverweigerung auf das zeitlich und sachlich unbedingt Notwendige zu begrenzen (BGE 125 II 473 E. 4c mit Hinweis).
3.
Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer die Auskunft über ihn betreffende Ausschreibungen im SIS verweigert.
3.1. Das fedpol begründete die Ablehnung des Auskunftsgesuchs wie folgt:
"Upon consulting with the concerned authorities, fedpol informs you that the provision of information would jeapardize the objective of an criminal or other investigation (article 9 of the Federal Act on Data Protection; FADP)."
In seiner Vernehmlassung vor dem Bundesverwaltungsgericht führte es aus, es habe gemäss Art. 58 Abs. 3 SIS-II-Beschluss mit der zuständigen Behörde des ausschreibenden Staates Rücksprache genommen; diese Behörde habe ihre Zustimmung zu einer Bekanntgabe, wie und durch wen der Beschwerdeführer ausgeschrieben sei, verweigert. Eine materielle Prüfung dieser Stellungnahme dürfe das fedpol nicht vornehmen. Seine Prüfung beschränke sich somit auf die Fragen, ob der Bearbeitungszweck eingehalten, die hierzu eingegangenen Informationen erforderlich und die Voraussetzungen von Art. 9 DSG eingehalten seien. Würde die Schweiz entgegen der ausdrücklichen Aufforderung der ausschreibenden Behörde die Auskunft erteilen, würde sie nicht nur die Beziehungen zum ausschreibenden Staat, sondern auch zur gesamten Schengen-Gemeinschaft ernsthaft gefährden.
Ein Aufschub der Auskunft als milderes Mittel komme vorliegend nicht in Betracht. Der Entscheid, ob SIS-Ausschreibungen verlängert würden, obliege nach Art. 44 SIS-II-Beschluss allein den Behörden des ausschreibenden Staates. Es entziehe sich der Kenntnis des fedpol, wie lange die nationale Ausschreibung bestehe und ob resp. wie lange die entsprechende SIS-Ausschreibung verlängert werde.
3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hielt fest, die Vorinstanz mache Verweigerungsgründe gemäss Art. 9 Abs. 2 DSG und Art. 58 Abs. 4 SIS-II-Beschluss geltend. Zwar sei einer ablehnenden Stellungnahme des ausschreibenden Staates nicht einfach stattzugeben, sondern zu prüfen, ob ein Verweigerungsgrund vorliege (Urteil des BVGer A-1736/2016 vom 21. Juni 2016 E. 3.4.1). Allerdings habe das fedpol seine Entscheidung grundsätzlich gestützt auf die mit dem SIS II erhältlichen Informationen zu erlassen. Dabei habe es von der Rechtmässigkeit dieser Informationen auszugehen. Einzig der ausschreibende Staat sei für die Rechtmässigkeit der Eingabe ins SIS II verantwortlich und nur dieser sei berechtigt, die von ihm eingetragenen Daten zu ändern, zu ergänzen, zu berichtigen, zu aktualisieren oder zu löschen (Art. 49 Abs. 1 und 2 SIS-II-Beschluss). Habe das fedpol Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder eine unrechtmässige Speicherung der Daten, müsse es den ausschreibenden Mitgliedstaat im Wege des Austauschs von Zusatzinformationen davon in Kenntnis setzen und bei Uneinigkeit könnte die Angelegenheit schliesslich dem Europäischen Datenschutzbeauftragten unterbreitet werden, der gemeinsam mit den betroffenen nationalen Kontrollinstanzen vermittle (Art. 49 Abs. 3 und 4 SIS-II-Beschluss). Selbst wenn das fedpol von der Unzulässigkeit der Ausschreibung ausginge, könnte es somit die Auskunft nicht einfach erteilen.
Gestützt auf die dem fedpol zur Verfügung stehenden Informationen, welche aus Gründen der Geheimhaltung nicht offengelegt werden könnten, sei nicht zu beanstanden, dass es das Vorliegen von Verweigerungsgründen nach Art. 9 DSG bejaht habe. Insbesondere in einem frühen Stadium einer Untersuchung sei die Geheimhaltung wichtig und wären Auskünfte darüber, wer die Untersuchung aus welchem Grund führe, geeignet, den Zweck der Untersuchung zu vereiteln. Die Verweigerung der Auskunft sei auch notwendig, d.h. das Ziel lasse sich nicht mit milderen Massnahmen erreichen: Da das fedpol die Untersuchung nicht selbst führe und darauf auch keinen Einfluss habe, sei es nicht in der Lage, die Auskunft bis zu einem bestimmten oder bestimmbaren Zeitpunkt aufzuschieben. Schliesslich sei auch die Verhältnismässigkeit zu bejahen: Es bestehe ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Geheimhaltung von Untersuchungen über möglicherweise strafrechtlich relevante Sachverhalte und an der Verlässlichkeit der Schweiz als assoziiertes Schengen-Land, das die privaten Interessen des Beschwerdeführers an frühzeitigen Auskünften zur Untersuchung überwiege (vgl. Urteil des BVGer A-1736/2016 vom 21. Juni 2016 E. 3.5).
Die vom Beschwerdeführer eingereichten Zeitungsartikel seien nicht geeignet, die von ihm behauptete notorische Korruption und Willkür der bulgarischen Strafverfolgungsbehörden zu belegen, und wiesen auch keinen direkten Bezug zu den vorliegend relevanten Informationen im SIS II auf. Würde man der Argumentation des Beschwerdeführers folgen, könnten Eintragungen des betroffenen Staates im SIS grundsätzlich nicht mehr als rechtmässig angesehen werden und müsste diesbezüglich stets Auskunft erteilt werden. Damit würde die Schweiz aber ihre auf Staatsvertrag beruhenden Pflichten verletzen.
Das Bundesverwaltungsgericht wies das Akteneinsichtsgesuch des Beschwerdeführers in Bezug auf den geheimen Amtsbericht des fedpol ab. Dessen wesentlicher Inhalt sei - soweit als möglich - in der Vernehmlassung des fedpol enthalten gewesen, zu der sich der Beschwerdeführer habe äussern können, weshalb darauf abgestellt werden dürfe (Art. 28 VwVG [SR 172.021]). Es kam zum Schluss, dass die Ausführungen im Amtsbericht nachvollziehbar und schlüssig seien und wenigstens zurzeit kein Handlungsbedarf bestehe. Die Verweigerung der Auskunft erweise sich daher als rechtmässig. Die Vorinstanz sei allerdings darauf hinzuweisen, dass sie gehalten wäre, eine genauere Abklärung bei den ausschreibenden Behörden zu verlangen, sollte sie in der Folge Hinweise bekommen, dass die Einträge nicht mehr erforderlich sein könnten (Art. 49 Abs. 3 SIS-Beschluss).
4.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Begründungs- und der Untersuchungspflicht. Es sei unklar, ob das fedpol einzig auf die Stellungnahme der (wohl bulgarischen) Behörde abgestellt oder weitere Sachverhaltsabklärungen vorgenommen, die erforderlichen Voraussetzungen geprüft und eine Interessenabwägung vorgenommen habe. Vermutlich sei dies nicht geschehen, weshalb der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 VwVG, Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK) verletzt sei. Der Beschwerdeführer bestreitet auch, dass ihm der wesentliche Inhalt des "geheimen Amtsberichts" offenbart worden sei; dies verletze Art. 28 VwVG.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz bestehe keine staatsvertragliche Einschränkung der Prüfungsbefugnis: Nach Art. 58 Abs. 1 SIS-II-Beschluss sei das jeweilige nationale Recht auf Auskunftsgesuche anzuwenden, d.h. die Verweigerungsgründe seien von der Behörde des angerufenen Staates zu prüfen. Zwar müsse diese die Stellungnahme des ausschreibenden Staates einholen; diese sei jedoch für die schweizerischen Behörden nicht verbindlich, sondern gebe lediglich dem ausschreibenden Staat Gelegenheit sich zu äussern (so der englischsprachige Text: "
an opportunity to state its position "). Art. 58 Abs. 4 SIS-II-Beschluss enthalte keine Delegation an die ausschreibende Behörde; einzig die nationale Behörde könne prüfen, ob eine Aufgabe im Zusammenhang mit der Ausschreibung "rechtmässig" im Sinne ihrer Rechtsordnung sei. Der SIS-II-Beschluss gehe denn auch ausdrücklich davon aus, dass unterschiedliche Rechtssysteme den Schutz von Individuen verschieden regelten und Massnahmen nicht durchgehend erlaubt sein könnten (z.B. Art. 36 Abs. 4 Satz 2 SIS-II-Beschluss). Was vorliegend eine rechtmässige Massnahme bzw. Aufgabe sei, bestimme sich somit nach Schweizer Recht. Eine Geheimhaltungspflicht, die im Ermessen der ausschreibenden Behörde stehe, würde den Schutz der Schweizer Grundrechte und die prozessualen Garantien untergraben. Aus Art. 49 SIS-II-Beschluss ergebe sich nichts anderes: Dieser halte einzig fest, durch wen Änderungen im Datenbestand erfolgen könnten bzw. wer dafür verantwortlich sei.
Der Beschwerdeführer bestreitet, dass ein Straf- oder Untersuchungsverfahren durch die Auskunftserteilung gefährdet, d.h. erheblich gestört werde. Er vermutet, dass weder das fedpol noch das Bundesverwaltungsgericht über ausreichende Kenntnisse über das der Ausschreibung zugrunde liegende Untersuchungsverfahren verfügten; sie hätten daher weitere Informationen über das (angebliche) Verfahren einholen müssen, um die Auswirkungen der Auskunftserteilung überhaupt beurteilen zu können.
Im Übrigen komme als mildere Möglichkeit der Aufschub der Auskunft in Betracht. Gemäss Art. 44 SIS-II-Beschluss betrage die Frist für Personenausschreibungen zur verdeckten Kontrolle grundsätzlich ein Jahr. Vorliegend sei der Eintrag vermutlich bereits vor drei Jahren erfolgt.
Der Beschwerdeführer wirft Bulgarien vor, das System zu missbrauchen, um ihn als Herausgeber eines regierungskritischen Online-Mediums einzuschüchtern. Es könne in der Schweiz kein öffentliches Interesse geben, dies zu unterstützen.
5.
Zu prüfen sind zunächst die formellen Rügen des Beschwerdeführers.
5.1. Die Begründungspflicht folgt aus dem verfassungsmässigen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGE 143 III 655 E. 5.2 mit Hinweisen). Für das Verfahren vor Bundesverwaltungsbehörden ergibt sie sich unmittelbar aus Art. 35 Abs. 1 VwVG und - speziell für das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht - aus Art. 9 Abs. 5 DSG. Grundsätzlich wird verlangt, dass die Begründung die Betroffenen in die Lage versetzt, die Tragweite der Entscheidung zu beurteilen und sie in voller Kenntnis der Umstände anzufechten (BGE 140 II 262 E. 6.2; 136 I 229 E. 5.2).
5.2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt überdies das Recht der Parteien, Einsicht in die Verfahrensakten zu nehmen und sich dazu zu äussern (BGE 142 I 86 E. 2.2 ff. mit Hinweisen). Für das Verwaltungsverfahren des Bundes umschreiben die Art. 26 ff. VwVG das Akteneinsichtsrecht. Nach Art. 27 Abs. 1 VwVG darf die Behörde die Einsichtnahme in die Akten nur verweigern, wenn wesentliche öffentliche Interessen des Bundes oder der Kantone, insbesondere die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft (lit. a), wesentliche private Interessen (lit. b) oder das Interesse einer noch nicht abgeschlossenen amtlichen Untersuchung (lit. c) die Geheimhaltung erfordern. Wird einer Partei die Einsichtnahme in ein Aktenstück verweigert, so darf auf dieses zum Nachteil der Partei nur abgestellt werden, wenn ihr die Behörde von seinem für die Sache wesentlichen Inhalt mündlich oder schriftlich Kenntnis und ihr ausserdem Gelegenheit gegeben hat, sich zu äussern und Gegenbeweismittel zu bezeichnen (Art. 28 VwVG).
5.3. Wird die Auskunft über eine Datensammlung aus überwiegenden Gründen der inneren oder äusseren Sicherheit oder zum Schutz einer Strafuntersuchung oder eines anderen Untersuchungsverfahrens verweigert, so darf der Inhalt der geheimzuhaltenden Daten auch nicht im Wege der Akteneinsicht oder der Verfügungsbegründung bekannt gegeben werden. Diesfalls rechtfertigen die überwiegenden öffentlichen Interessen an der Auskunftsverweigerung grundsätzlich auch die notwendigen Einschränkungen der Begründungsanforderungen (vgl. GRAMIGNA/MAURER-LAMBROU, a.a.O., Art. 9 DSG N. 11 sowie Art. 67 SIS-Polizei und Art. 53 Abs. 3 SIS-Grenze Ziff. 3 Unterabsatz 2) und des Akteneinsichtsrechts (vgl. BGE 126 I 7 E. 2b/cc S. 14 mit Hinweisen und zuletzt Urteil 1C_415/2019 vom 27. März 2020 E. 2.3.3 betreffend die Datenbank RIPOL).
5.4. Allerdings können diese Einschränkungen die sachgerechte Anfechtung der Auskunftsverweigerung durch die betroffene Person erschweren. Dies muss soweit möglich ausgeglichen werden: So dürfen im Rechtsmittelverfahren keine hohen Anforderungen an die Beschwerdebegründung gestellt und müssen allenfalls erforderliche Zusatzabklärungen von Amtes wegen vorgenommen werden. Wird die Auskunftsverweigerung letztinstanzlich bestätigt, so kann die betroffene Person eine Kontrolle durch den EDÖB nach Art. 27 DSG i.V.m. Art. 60 Abs. 1 SIS-II-Beschluss verlangen.
5.5. Den vorinstanzlichen Begründungen und Vernehmlassungen (oben E. 3) lässt sich entnehmen, dass eine Personenausschreibung über den Beschwerdeführer im SIS vorhanden ist. Da sich das fedpol ausschliesslich auf den SIS-II-Beschluss (und nicht auf die SIS-II-Verordnung) beruft, ist zudem klar, dass es sich um eine Ausschreibung im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit bzw. der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen handelt. Aus der Begründung ergibt sich ferner, dass eine Stellungnahme der ausschreibenden Behörde eingeholt wurde und sich diese der Auskunftserteilung widersetzt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass weitere Inhalte des geheimen Amtsberichts dem Beschwerdeführer hätten bekanntgegeben werden können, ohne die von den Vorinstanzen für geboten erachtete Geheimhaltung von Inhalt und Zweck der Personenausschreibung sowie Identität der ausschreibenden Behörde zu gefährden.
5.6. Ob allerdings diese Geheimhaltung einem überwiegenden öffentlichen Interesse entspricht und verhältnismässig ist, ist im Folgenden noch zu prüfen. Da sich die Gründe für die Einschränkung der Begründungspflicht und der Akteneinsicht mit denjenigen für die Auskunftsverweigerung decken, können sie nicht isoliert, sondern nur gemeinsam geprüft werden (vgl. unten E. 6). Dabei sind diejenigen Passagen der Urteilsbegründung, die dem Beschwerdeführer und der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt werden dürfen, in den für sie bestimmten Urteilsexemplaren zu löschen, nicht aber in den Exemplaren für die Vorinstanzen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Sachverhalt vollständig geprüft werden kann und die Vorinstanzen - im Fall einer Rückweisung - wissen, was noch abzuklären und zu prüfen ist.
6.
Der Beschwerdeführer ist im SIS [...] ausgeschrieben. Als Grund werden [...] angegeben. Unter "Massnahme" findet sich folgender Eintrag: [...]
Auf Anfrage des fedpol teilte der ausschreibende Staat [...] Folgendes mit:
"In regard to the request for information according to art. 58 of the council decision 2007/533/JHA of 12 June 2007 submitted by Mr. A.________, please be advised that our competent authority does NOT give permission to notify Mr. A.________ [...]."
6.1. [...] SIS-II-Beschluss regeln die Personenausschreibung zum Zwecke [...]. Eine Ausschreibung dieser Art ist nur zulässig, wenn [...].
Gemäss Art. 44 SIS-II-Beschluss dürfen Personenausschreibungen nicht länger als für den verfolgten Zweck erforderlich gespeichert werden (Abs. 1). Ausschreibungen [...] sind [...] befristet (Abs. 2) und werden nach Ablauf dieser Frist automatisch gelöscht (Abs. 5). Der ausschreibende Mitgliedstaat kann sie [...] verlängern, wenn dies für den der Ausschreibung zugrunde liegenden Zweck erforderlich ist; dies setzt eine umfassende individuelle Bewertung voraus, die zu protokollieren ist (Abs. 4).
6.2. Das fedpol führt in seinem geheimen Amtsbericht aus, [...].
Dies trifft grundsätzlich zu. [...]
6.3. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich um einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 13 BV; Art. 8 EMRK) handelt: [...]. Richten sich die Massnahmen gegen Medienschaffende, liegt auch ein Eingriff in die Pressefreiheit gemäss Art. 10 EMRK und Art. 17 BV vor. Ohne die Auskunftserteilung kann sich die betroffene Person nicht wirksam gegen diese Eingriffe zur Wehr setzen, d.h. die Auskunftserteilung ist Voraussetzung für die Gewährung von effektivem Rechtsschutz ( Art. 6 und 13 EMRK ; Art. 29a BV; vgl. RAINER J. SCHWEIZER, Das Recht auf wirksame Beschwerde, in: Breitenmoser/Lagodny/Uebersax, Schengen und Dublin in der Praxis, Aktuelle Herausforderungen, 2018, S. 72). Ohne Kenntnis der gespeicherten Daten können auch die übrigen datenschutzrechtlichen Ansprüche auf Berichtigung unrichtiger oder Löschung unrechtmässig gespeicherter Daten nicht ausgeübt werden (Art. 58 Abs. 5 SIS-II-Beschluss; Art. 25 DSG).
Derartige Eingriffe und Rechtsschutzbeschränkungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und sind nur zulässig, soweit sie in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind (vgl. Art. 36 BV; Art. 8 Ziff. 2 und Art. 10 Ziff. 2 EMRK ) bzw. zum Schutz überwiegender öffentlicher oder privater Interessen erforderlich und verhältnismässig sind ( Art. 36 Abs. 1-3 BV ). Gleiches ergibt sich aus Art. 9 Ziff. 2 des Übereinkommens des Europarates vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (SR 0.235.1), wonach Einschränkungen des in Art. 8 lit. b gewährleisteten Auskunftsrechts durch das Recht der Vertragspartei vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein müssen, insbesondere zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder zur Bekämpfung von Straftaten (lit. a). Diesem Übereinkommen gehören alle Schengen-Staaten an und Art. 57 SIS-II-Beschluss nimmt darauf Bezug. Künftig werden diese Anforderungen ausdrücklich in Art. 67 Abs. 3 SIS-Polizei verankert (vgl. oben E. 2.2).
6.4. Die um Auskunft ersuchte Behörde muss sich vergewissern, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, bevor sie die Auskunft verweigert. Sie muss daher prüfen, ob der Zweck der Personenausschreibung die Auskunftsverweigerung und die damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen weiterhin rechtfertigt, unter Berücksichtigung auch der Auswirkungen auf das Schengen-System.
Dabei ist sie nicht an die Stellungnahme des ausschreibenden Staates gebunden. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 58 Abs. 3 SIS-II-Beschluss, wonach der ersuchte Staat dem ausschreibenden Mitgliedstaat lediglich "Gelegenheit zur Stellungnahme" geben muss, aber selbst über die Auskunftserteilung entscheidet (so auch SANDRA STÄMPFLI, Das Schengener Informationssystem und das Recht der informationellen Selbstbestimmung, Bern 2009, S. 376 unten).
Der ausschreibende Mitgliedstaat ist allerdings für die Richtigkeit und Aktualität der Daten sowie die Rechtmässigkeit der Eingabe in das SIS verantwortlich (Art. 49 Abs. 1 SIS-II-Beschluss). Die Kooperation der Schengen-Staaten beruht auf dem Prinzip der loyalen Zusammenarbeit (vgl. BVGE 2011/48 E. 6.1 mit Hinweisen) und dem Grundsatz von Treu und Glauben. Grundsätzlich darf darauf vertraut werden, dass die Mitgliedstaaten ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen. Auszugehen ist daher von der Sachverhaltsdarstellung des ausschreibenden Staates, sofern diese keine offensichtlichen Lücken, Widersprüche oder Fehler aufweist (so die ständige Rechtsprechung zur Rechtshilfe in Strafsachen; vgl. BGE 146 IV 338 E. 4.3; BGE 133 IV 76 E. 2.2; je mit Hinweisen). Das fedpol ist auch nicht gehalten, die Rechtmässigkeit des Verfahrens im ausschreibenden Staat zu überprüfen, sofern keine Anhaltspunkte für die Verletzung grundlegender Verfahrensgarantien oder für andere schwere Mängel vorliegen (vgl. zur analogen Situation im Bereich der internationalen Amtshilfe BGE 142 II 218 E. 3.3; Urteil 2C_241/2016 vom 7. April 2017 E. 5.4 und 5.5 mit Hinweisen; zur Auslieferung vgl. BGE 135 I 191 E. 2.1 S. 193 f.; Urteil 1C_444/2020 vom 23. Dezember 2020 E. 3; je mit Hinweisen).
Dagegen ist es verpflichtet, anhand der erhaltenen Informationen zu prüfen, ob die Auskunftsverweigerung gerechtfertigt bzw. geboten ist. Unter Umständen muss es dafür ergänzende Informationen des ausschreibenden Staates zu Natur, Gegenstand und Dauer der laufenden Untersuchung einholen. Ist die Ausschreibungsfrist überschritten, so ist in der Regel das Protokoll über die Verlängerung (en) mit der umfassenden individuellen Bewertung des ausschreibenden Staates (gemäss Art. 44 Abs. 4 SIS-II-Beschluss) anzufordern.
Kommt das fedpol aufgrund dieser Informationen zum Ergebnis, die Personenausschreibung sei nicht oder nicht mehr zulässig, so kann es diese nicht selbst berichtigen oder löschen, sondern muss den ausschreibenden Staat darüber in Kenntnis setzen (vgl. Art. 49 Abs. 2 und 3 SIS-II-Beschluss); u.U. muss es den Fall dem Europäischen Datenschutzbeauftragten zur Vermittlung unterbreiten (Art. 49 Abs. 4 SIS-II-Beschluss). Kommt keine Einigung zustande, ist es dagegen berechtigt und nach Art. 8 DSG verpflichtet, die Auskunft zu erteilen, wenn kein Verweigerungsgrund vorliegt. Damit wird die betroffene Person in die Lage versetzt, ihre Rechte nach Art. 58 Abs. 5 SIS-II-Beschluss wahrzunehmen.
Dies entspricht der Praxis anderer Schengen-Mitgliedstaaten: Gemäss einer Umfrage der SIS-II-Koordinierungsgruppe bei den Datenschutzbeauftragten der Mitgliedstaaten verweigern diese in der Regel die Auskunft bei Vorliegen einer negativen Stellungnahme. Teilweise wird aber auch gestützt auf das nationale Recht trotz Vorliegens einer negativen Stellungnahme des ausschreibenden Staates Auskunft erteilt. Einzelne Datenschutzbeauftragte wiesen darauf hin, dass es der Behörde des um Auskunft ersuchten Staates obliege, die vom ausschreibenden Staat vorgebrachten Gründe für die Auskunftsverweigerung zu evaluieren, bzw. die negative Stellungnahme lediglich einen von mehreren, beim Entscheid zu berücksichtigenden Umstände darstelle (SIS II Supervision Coordination Group, Report on the exercice of the rights of the data subject in den Schengen Informationen System, Oktober 2014, Ziff. 50 S. 11).
6.5. Vorliegend erscheint es bereits fraglich, ob das fedpol eine eigene Prüfung durchgeführt oder sich an die negative Stellungnahme des ausschreibenden Staates gebunden fühlte. Jedenfalls aber genügen die vorhandenen Informationen nicht, um über das Auskunftsgesuch zu entscheiden:
Es ist unbekannt, welches Untersuchungsverfahren gegen den Beschwerdeführer geführt wird. Es fehlen nähere Angaben zum Untersuchungsgegenstand; der Hinweis auf [...] ist zu vage und ermöglicht nicht die Prüfung, ob tatsächliche Anhaltspunkte für [...] vorliegen.
Es fehlen auch Angaben zur Dauer der Untersuchung bzw. der Personenausschreibung und zur Erforderlichkeit ihrer Fortsetzung. Der Beschwerdeführer hat das Auskunftsgesuch im September 2019 gestellt, weil er seit fast zwei Jahren bei jeder Einreise in den Schengenraum angehalten worden sei. Dem hat das fedpol nicht widersprochen. Insofern ist zu vermuten, dass die Ausschreibung schon seit 2017 besteht und [...] verlängert worden ist. Dies spricht prima vista gegen die Annahme des Bundesverwaltungsgerichts, dass sich die Untersuchung noch in einem frühen Stadium befinde, in welchem die Geheimhaltung wichtig und Auskünfte über die Untersuchung geeignet sein könnten, den Untersuchungszweck zu vereiteln. Unter diesen Umständen hat das fedpol zumindest Einsicht in die Verlängerungsprotokolle zu verlangen, um die weitere Erforderlichkeit der Auskunftsverweigerung prüfen zu können.
6.6. Dies erscheint jedenfalls unabdingbar, wenn Medienschaffende Gegenstand einer Personenausschreibung sind, und nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass der ausschreibende Staat das Schengen-System für die Überwachung von Journalisten und Journalistinnen missbraucht.
Der Gesuchsteller hegt den Verdacht, dass die Eintragung im Zusammenhang mit seiner kritischen journalistischen Berichterstattung steht. Er kann dafür keine konkreten Beweise anführen; dies kann nach dem oben (E. 5.4) Gesagten aber auch nicht verlangt werden.
Zahlreiche Berichte heben eine Verschlechterung der Pressefreiheit im ausschreibenden Staat hervor: Im Weltpressefreiheits-Index von "Reporters sans frontières" fiel er von Platz... im Jahr 2013 auf Platz... (von insgesamt 180) in den Jahren 2018 - 2020 zurück und wird als "schwarzes Schaf" Europas in Sachen Pressefreiheit bezeichnet: Hervorgehoben wird eine endemische Korruption und Kollusion zwischen Medien, Politikern und Oligarchen einerseits und die Einschüchterung unabhängiger Mediengruppen durch die Justiz ("
harcèlement judiciaire ") andererseits [...]. Die Menschenrechtskommissarin des Europarats Dunja Mijatovic weist im Länderbericht [...] auf die stete Verschlechterung der Medienfreiheit hin, u.a. durch die Einleitung von Strafverfahren gegen investigative Journalisten und Journalistinnen. Zum gleichen Ergebnis kommt der Bericht des US Department of State über die Menschenrechtssituation [...], wonach Medienschaffende, die über organisierte Kriminalität und Korruption berichteten, intensivem Druck von Seiten der Politik und der Staatsanwaltschaft ausgesetzt seien.
6.7. Unter diesen Umständen darf sich das fedpol nicht mit der negativen Stellungnahme des ausschreibenden Staates begnügen, sondern muss weitere Informationen über Art und Dauer der im ausschreibenden Staat laufenden Untersuchungen einholen und überprüfen, ob sie eine Auskunftsverweigerung rechtfertigen. Diese Vorgehensweise entspricht dem Übereinkommen und erscheint nicht geeignet, die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit der Schweiz im Schengenraum und die Beziehungen der Schweiz zum ausschreibenden Staat und zur gesamten Schengen-Gemeinschaft ernsthaft zu gefährden, wie vom fedpol befürchtet.
Die Beschwerde ist daher im Eventualantrag gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu ergänzender Sachverhaltsfeststellung und neuem Entscheid an das fedpol zurückzuweisen.
7.
Der Beschwerdeführer rügt schliesslich eine zu enge Auslegung seines Auskunftsgesuchs an das fedpol durch das Bundesverwaltungsgericht: Nach richtiger Auslegung habe sein Gesuch nicht nur die Systeme von Europol und das SIS umfasst, sondern sämtliche von fedpol betriebenen Datensammlungen.
7.1. Allerdings ist unklar, ob insoweit noch ein aktuelles Interesse besteht, hat doch das fedpol mit Schreiben vom 29. Januar 2020 nachträglich Auskunft über die weiteren Systeme erteilt, soweit es die Auskunft nicht aufgeschoben hat. Der Beschwerdeführer geht denn auch selbst davon aus, dass seine Beschwerde insoweit gegenstandslos geworden sei. Er macht lediglich geltend, es hätte beim Kostenentscheid berücksichtigt werden müssen, dass die Gegenstandslosigkeit durch das fedpol veranlasst worden sei, ohne indessen darzulegen, inwiefern die Obsiegens- und Kostenquoten sich dadurch verändert hätten.
7.2. Jedenfalls aber erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet. Nach seinem Wortlaut bezog sich das Gesuch vom 21./26. September 2019 einzig auf die von Europol betriebenen Datensysteme. Aufgrund der beigefügten Begründung, wonach der Beschwerdeführer bei jeder Einreise in das Schengen-Gebiet kontrolliert werde, legte das fedpol das Gesuch weiter aus und prüfte auch die Einsicht in das SIS. Erst in seiner Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht ersuchte der Beschwerdeführer um Auskunft über weitere, vom fedpol betriebene Datensammlungen. Das Bundesverwaltungsgericht durfte ohne Rechtsverweigerung davon ausgehen, dass es sich um neue Gesuche handelte und deshalb auf die Beschwerde insoweit nicht eintreten.
7.3. In diesem Punkt ist die Beschwerde daher abzuweisen, soweit darauf überhaupt einzutreten ist.
8.
Im Übrigen ist die Beschwerde gutzuheissen und die Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das fedpol zurückzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens rechtfertigt es sich, keine Kosten zu erheben und dem Beschwerdeführer eine leicht gekürzte Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 BGG i.V.m. Art. 6 des Reglements über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht vom 31. März 2006 [SR 173.110.210.3]). Allerdings erscheint der mit Kostennote vom 26. Oktober 2020 geltend gemachte Betrag von Fr. 12'396.66 sehr hoch. Unter Berücksichtigung des Abzugs für das teilweise Unterliegen ist die Parteientschädigung auf Fr. 8'000.-- festzulegen.
Zur Neufestsetzung der Kosten und Entschädigungen des vorinstanzlichen Verfahrens ist die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 23. September 2020, wird aufgehoben, soweit er die Beschwerde abweist. Die Sache wird zur Ergänzung des Sachverhalts und neuem Entscheid über die Auskunft betreffend das SIS an das Bundesamt für Polizei (fedpol) zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Bund (fedpol) hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 8'000.-- zu entschädigen.
4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des vorangegangenen Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Polizei (fedpol) und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 14. Juni 2021
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Kneubühler
Die Gerichtsschreiberin: Gerber