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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6S.71/2005 /gnd 
 
Urteil vom 3. Juni 2005 
Kassationshof 
 
Besetzung 
Bundesrichter Schneider, Präsident, 
Bundesrichter Karlen, Zünd, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Hansjörg Bolliger, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Grobe Verletzung von Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 2 SVG i.V.m. Art. 35 Abs. 1 SVG, Art. 43 Abs. 3 SVG), 
 
Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Ober-gerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 3. Dezember 2004. 
 
Sachverhalt: 
A. 
X.________ war am 5. Februar 2004 gegen 06.30 Uhr mit seinem Motorrad Suzuki J auf der Nordumfahrung von Zürich (Autobahn A1) in Richtung Bern unterwegs. Nach dem Stelzentunnel fuhr er auf der Höhe der Ausfahrt Rümlang/Seebach auf der Normalspur rechts an mindestens zwei Fahrzeugen, die sich auf der Überholspur befanden, vorbei. 
 
Gestützt auf diesen Sachverhalt sprach das Obergericht des Kantons Zürich X.________ am 3. Dezember 2004 im Berufungsverfahren der groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 900.--. 
B. 
X.________ erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt, es sei das Urteil des Obergerichts vom 3. Dezember 2004 aufzuheben, und es sei diese Instanz anzuweisen, ihn von Schuld und Strafe freizusprechen bzw. eventuell ihn unter Annahme des Übertretungstatbestands von Art. 90 Ziff. 1 SVG mit einer Busse von Fr. 300.-- zu bestrafen. 
 
Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Eine Vernehmlassung der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich wurde nicht eingeholt. 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist im Strafpunkt rein kassatorischer Natur (Art. 277ter BStP). Soweit der Beschwerdeführer mehr als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids verlangt, ist auf sein Rechtsmittel daher nicht einzutreten. 
2. 
Die Vorinstanz geht in zutreffender Wiedergabe der massgeblichen Gesetzesbestimmungen (Art. 35 Abs. 1 SVG; Art. 8 Abs. 3 und Art. 36 Abs. 5 lit. a VRV) und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 126 IV 192 E. 2a S. 194 f.) davon aus, dass der Beschwerdeführer mindestens zwei sich auf der Überholspur befindliche Fahrzeuge rechts überholt hat. Denn er ist mit seinem Motorrad auf der rechten Fahrspur der Autobahn an mindestens zwei Fahrzeugen auf der Überholspur vorbeigefahren und hat vor diesen seine Fahrt fortgesetzt. Mit diesem Verhalten ist der Tatbestand des Rechtsüberholens erfüllt. Ein Ausschwenken vor dem Vorbeifahren oder ein anschliessendes Wiedereinbiegen auf die Spur der Überholten bilden keine notwendige Voraussetzung des Überholens im Sinne des Gesetzes. 
 
Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, erfordert der Begriff des Überholens auch nicht, dass der Vorgang durch ein Beschleunigen erfolgt. Der Einwand des Beschwerdeführers, er sei mit gleichbleibender Geschwindigkeit weitergefahren, als die Fahrzeuge auf der Überholspur etwas verlangsamten, und dadurch "passiv nach vorne gelangt", vermag deshalb nichts daran zu ändern, dass sein Verhalten als Überholen zu qualifizieren ist. Die Rechtsprechung hält denn auch fest, dass das Rechtsvorbeifahren ebenfalls unzulässig ist, wenn der Lenker, um ein solches zu vermeiden, seine Fahrt vorübergehend verlangsamen muss (BGE 94 IV 124 E. 2 S. 127). Der vom Beschwerdeführer zitierte Autor (Hans Giger, SVG. Strassenverkehrsgesetz, 6. Aufl. Zürich 2002, S. 111) vertritt keine andere Auffassung. Er äussert sich an der fraglichen Stelle nur zum Fall, dass sich Kolonnen bilden und das Rechtsüberholen deshalb ausnahmsweise zulässig ist (vgl. dazu sogleich E. 3). 
3. 
Nach Art. 36 Abs. 5 lit. a VRV ist das Rechtsüberholen auf Autobahnen nur beim Fahren in parallelen Kolonnen gestattet. Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz vor, sie verneine das Vorliegen von Kolonnenverkehr im Tatzeitpunkt zu Unrecht. Dichter Verkehr zur Stosszeit, wie er auf der Nordumfahrung von Zürich üblich sei, müsse mit Kolonnenverkehr gleichgesetzt werden. 
3.1 Nach der Rechtsprechung kann von einem "Fahren in parallelen Kolonnen" auf Autobahnen nur gesprochen werden, wenn auf den Fahrspuren der entsprechenden Richtung dichter Verkehr herrscht. In Anlehnung an die deutsche Praxis nimmt das Bundesgericht an, Kolonnenverkehr sei "bei längerem Nebeneinanderfahren von mehreren sich in gleicher Richtung bewegenden Fahrzeugreihen" zu bejahen (BGE 115 IV 244 E. 3a mit Hinweis auf die deutsche Lehre; ebenso BGE 124 IV 219 E. 3a S. 222). Der Beschwerdeführer legt nicht dar, dass diese Umschreibung unzutreffend wäre und Anlass bestünde, davon abzuweichen. 
3.2 Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz herrschte im Zeitpunkt des inkriminierten Verhaltens starker Berufsverkehr. Das Verkehrsaufkommen auf der Überholspur war dichter als auf der Normalspur. Durch eingehende Würdigung der Aussagen aller Beteiligter gelangt die Vorinstanz zum Schluss, dass auf der Überholspur die Fahrzeuge ungefähr mit den Minimalabständen zirkulierten, während auf der rechten Fahrbahn weniger dicht gefahren wurde und es möglich gewesen wäre, zwischen die dort verkehrenden Fahrzeuge einzuschwenken. Da die auf den beiden Fahrspuren festgestellten Geschwindigkeiten nicht stark voneinander abwichen, bedeutet dies, dass die Abstände der Fahrzeuge auf der rechten Spur rund doppelt so gross waren wie auf der Überholspur. Die Vorinstanz nimmt zu Recht an, dass in dieser Situation nicht von sich gleichförmig parallel fortbewegenden Fahrzeugreihen gesprochen werden kann, wie dies die Rechtsprechung für die Zulässigkeit des Rechtsüberholens gemäss Art. 36 Abs. 5 lit. a VRV voraussetzt. 
 
Der Beschwerdeführer wendet ein, bei dichtem Berufsverkehr müsse mit Blick auf die bei Geschwindigkeiten von 100 km/h und mehr einzuhaltenden grösseren Abstände regelmässig das Bestehen von parallelen Kolonnen im Sinne der zitierten Bestimmung bejaht werden. Er verweist darauf, dass andernfalls die Lenker auf der rechten Spur bei dichtem Verkehr zum Abbremsen gezwungen würden, wenn sich der Verkehrsfluss auf der Überholspur verlangsame, was die Gefahr von Auffahrunfällen nach sich ziehe. Mit dieser Argumentation entfernt sich der Beschwerdeführer von den festgestellten Tatsachen. Einerseits war die auf der rechten Spur gefahrene Geschwindigkeit nicht wesentlich geringer als jene auf der Überholspur, so dass der Beschwerdeführer, um nicht rechts zu überholen, seine Geschwindigkeit nur leicht hätte verringern müssen. Anderseits wäre eine leichte Reduzierung des Tempos auf der Normalspur mit keinen besonderen Gefahren verbunden gewesen, da dort die Fahrzeuge wie erwähnt mit Abständen verkehrten, die erheblich über dem Minimum lagen. 
 
Aus diesen Gründen verletzt es kein Bundesrecht, wenn die Vorinstanz eine Widerhandlung gegen das Verbot des Rechtsüberholens bejaht. 
4. 
Der Beschwerdeführer rügt ebenfalls, dass die Vorinstanz in der genannten Widerhandlung eine grobe und nicht bloss eine einfache Verkehrsregelverletzung erblickt. 
 
Eine Verletzung von Verkehrsregeln gilt nach der Rechtsprechung als grob im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit abstrakt oder konkret gefährdet. Subjektiv erfordert der Tatbestand, dass dem Täter aufgrund eines rücksichtslosen oder sonstwie schwerwiegend regelwidrigen Verhaltens zumindest eine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (BGE 126 IV 192 E. 3 S. 196). 
 
Nach der Rechtsprechung stellt das Verbot des Rechtsüberholens eine für die Verkehrssicherheit objektiv wichtige Vorschrift dar, deren Missachtung eine erhebliche Gefährdung der Verkehrssicherheit mit beträchtlicher Unfallgefahr nach sich zieht und damit objektiv schwer wiegt. Wer auf der Autobahn fährt, muss sich darauf verlassen können, dass er nicht plötzlich rechts überholt wird. Das Rechtsüberholen auf der Autobahn, wo hohe Geschwindigkeiten gefahren werden, stellt eine erhöhte abstrakte Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer dar (BGE 126 IV 192 E. 3 S. 196 f.; vgl. auch BGE 128 II 285 E. 1.3 und 1.4 S. 287 f.). 
 
Die Vorinstanz legt gestützt auf diese Praxis dar, dass die Missachtung des Verbots des Rechtsüberholens unter den gegebenen Umständen schwer wiegt, weil es leicht zu Fehlreaktionen anderer Verkehrsteilnehmer hätte führen können, etwa wenn ein solcher von der Überholspur auf den rechten Fahrstreifen hätte wechseln wollen und durch den Beschwerdeführer überrascht worden wäre. Das gilt umso mehr, als Motorräder für Automobilisten bei einem Spurwechsel weniger gut sichtbar sind als grössere Fahrzeuge. Angesichts der hohen festgestellten Geschwindigkeiten bejaht die Vorinstanz zu Recht eine erhebliche Verkehrsgefährdung durch den Beschwerdeführer. 
 
Der Schuldspruch wegen grober Verkehrsregelverletzung nach Art. 90 Ziff. 2 SVG steht daher mit dem Bundesrecht im Einklang. 
5. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich demnach in dem Umfang, in dem auf sie einzutreten ist, als unbegründet und ist abzuweisen. 
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 278 Abs. 1 BStP). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 3. Juni 2005 
Im Namen des Kassationshofes 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: