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B-Publikation 
[AZA 0/4] 
2P.279/1999/bie 
 
II. ÖFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ********************************** 
 
Sitzung vom 3. November 2000 
 
Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der 
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller, 
Bundesrichterin Yersin, Ersatzrichter Seiler und Gerichtsschreiber 
Matter. 
 
In Sachen 
 
U. und M.B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Toni Dettling, Hirzengasse 5, Postfach 557, Schwyz, 
 
gegen 
 
KantonaleSteuerkommission S c h w y z, 
VerwaltungsgerichtdesKantons S c h w y z, Kammer II, 
 
betreffend 
Steuerschätzung (Eigenmietwert), 
 
A.- U. und M.B.________ erstellten 1995 in der Gemeinde G.________ SZ ein 6-Zimmer-Einfamilienhaus mit Doppelgarage. Die Grundstückfläche beträgt 937 m2, der umbaute Raum 1'500 m3. Die Anlagekosten beliefen sich exklusive Land und Mobiliar auf Fr. 893'000. --. Mit Schätzungsverfügung vom 20. Mai 1996 setzte die kantonale Steuerverwaltung den Eigenmietwert des Hauses auf Fr. 42'900. -- und den Steuerwert auf Fr. 833'000. -- fest. U. und M.B.________ fochten diese Veranlagung bei der kantonalen Steuerkommission an, welche am 3. August 1998 die Einsprache teilweise guthiess und den Eigenmietwert neu auf Fr. 41'600. -- und den Steuerwert auf Fr. 823'000. -- festsetzte. 
 
Mit Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz beantragten U. und M.B.________, den Eigenmietwert auf Fr. 31'400. -- und den Steuerwert auf Fr. 729'000. -- festzulegen. Das Verwaltungsgericht wies mit Entscheid vom 27. August 1999 die Beschwerde ab. 
 
B.-U. und M.B.________ erhoben am 4. Oktober 1999 staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Verwaltungsgericht, eventuell an die Steuerkommission zurückzuweisen. Sie rügen eine Verletzung von Art. 4 aBV (Willkür und Rechtsungleichheit). 
 
Aus den Erwägungen: 
 
2.- a) Es ist nicht bestritten, dass vorliegend für die Schätzung des Eigenmietwertes § 15 Abs. 2 der kantonalen Schätzungsverordnung vom 17. April 1984 massgebend ist. Danach entspricht der für die Eigenmietwertbemessung massgebende Rohertrag dem im Zeitpunkt der Schätzung marktmässig erzielbaren Ertrag der Liegenschaft. Er wird auf Grund der individuellen Wohnqualität (Anzahl Raumeinheiten und Zuschläge oder Abzüge für Ausbau, Lage usw. ) und des repräsentativ erhobenen und vom Regierungsrat festgesetzten örtlichen Mietpreisniveaus berechnet (Norm-Mietwert). Die Beschwerdeführer bestreiten nicht die Anzahl Raumeinheiten, wohl aber den angewendeten Norm-Mietwert. 
 
b) Der Regierungsrat des Kantons Schwyz hatte mit Weisung vom 26. Januar 1993 mit Geltung für die individuellen Schätzungen ab 1. Januar 1993 das massgebende örtliche Mietpreisniveau für die Ortschaft G.________ auf Fr. 1'840. -- pro Raumeinheit festgelegt. Die streitige Einschätzung basiert auf diesem Wert, den die Beschwerdeführer im Verfahren vor Verwaltungsgericht als unhaltbar und marktfremd kritisiert hatten. Das Verwaltungsgericht erwog, das ermittelte Mietpreisniveau basiere auf den repräsentativ erhobenen Daten von 13 Wohnungen in G.________. Es könne auch im Lichte der vom kantonalen Schätzungsamt per 1. Januar 1998 erhobenen Daten von 17 Objekten nicht als unhaltbar beurteilt werden. Auch der für Einfamilienhäuser angewendete Zuschlag von 20% sei gerechtfertigt, da die Erhebung des Mietpreisniveaus auf Wohnungen in Mehrfamilienhäusern beruhe. 
 
c) Die Beschwerdeführer beanstanden diese Argumentation als willkürlich und tatsachenwidrig. Das mit Regierungsratsbeschluss vom 26. Januar 1993 festgelegte Mietpreisniveau beruhe nicht auf 13, sondern nur auf zwei Objekten, die nicht repräsentativ seien. Das Ergebnis dürfe nicht im Lichte neuerer Werte beurteilt werden, da für alle Neuschätzungen der Stichtag 1. Januar 1993 massgebend sei. Zudem seien auch die in der Erhebung per 1. Januar 1998 einbezogenen Objekte nicht repräsentativ ausgewählt worden und vermöchten den Wert von Fr. 1'840. -- nicht zu untermauern. Das Verwaltungsgericht sei zudem auf entsprechende Rügen nicht eingegangen und habe damit das rechtliche Gehör verletzt. 
 
d) Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist auf S. 7 ff. des angefochtenen Entscheides ausführlich auf die Kritik eingegangen, das zugrunde gelegte Mietpreisniveau sei marktfremd. Insbesondere hat es auch auf S. 9 zur Beanstandung Stellung genommen, dass das örtliche Mietpreisniveau nicht repräsentativ sei, weil bei seiner Festlegung vor allem auf 3- und 4-Zimmer-Wohnungen abgestellt werde. 
 
e) Es ist nicht bestritten, dass nur ein Teil (nach Ansicht der Beschwerdeführer 2, nach Darstellung der Steuerkommission 5) der vom Verwaltungsgericht erwähnten Vergleichsobjekte bereits per 1. Januar 1993 bewertet und die übrigen erst später erstellt wurden. Darin liegt jedoch kein unzulässiger Methodendualismus. Nach § 15 Abs. 2 der Schätzungsverordnung ist für die Eigenmietwertbemessung der marktmässig erzielbare Ertrag massgebend. Gesetzwidrig wäre somit ein Eigenmietwert dann, wenn er auf einem Wert beruht, der im Ergebnis höher liegt als der marktmässig erzielbare Ertrag. Die Beschwerdeführer haben vor Verwaltungsgericht die Marktkonformität des zugrunde gelegten Mietpreisniveaus kritisiert. Das Verwaltungsgericht hat deshalb die neueren Bauten herangezogen, um zu begründen, dass der per 1. Januar 1993 festgesetzte Wert auch im Lichte der aktuellen Situation nicht höher liegt als der marktmässig erzielbare Ertrag. Es hat diesen Sachverhalt auf S. 7 des angefochtenen Urteils allenfalls etwas verkürzt, aber nicht tatsachenwidrig dargestellt. 
 
f) Im Übrigen kann im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde die von den kantonalen Behörden angewendete Bewertungsmethode nicht im Einzelnen auf ihre Angemessenheit überprüft werden. Jede Schätzmethode führt zwangsläufig zu einer gewissen Pauschalierung und Schematisierung und vermag nicht allen Einzelaspekten völlig gerecht zu werden. Dies ist jedoch aus praktischen und veranlagungsökonomischen Gründen unvermeidlich und in einem gewissen Ausmass zulässig, auch wenn dabei die rechtsgleiche Behandlung nicht restlos gewährleistet wird (vgl. BGE 125 I 65 E. 3c S. 68; 124 I 193 E. 3e S. 197; 123 II 9 E. 4b S. 15 f.; 114 Ia 221 E. 6a S. 231 f.; ASA 67 709, E. 3b). Aufzuheben ist der angefochtene Entscheid im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde nicht schon dann, wenn einzelne Elemente der angewendeten Bewertungsmethode bei freier Beurteilung allenfalls kritisierbar wären, sondern nur dann, wenn er willkürlich, das heisst auch im Ergebnis klar gesetzwidrig oder unhaltbar ist (BGE 125 I 166 E. 2a S. 168; 124 I 247 E. 5 S. 250; 123 I 1 E. 4a S. 5; je mit Hinweisen). Ein unhaltbares oder klar gesetzwidriges Ergebnis läge vor, wenn der für die Eigenmietwertfestsetzung zugrunde gelegte Wert höher wäre als der effektiv auf dem Markt erzielbare Preis. Die Beschwerdeführer kritisieren nur die angewendete Methode, bringen aber selber nicht substantiiert und belegt vor, dass der Marktmietwert vergleichbarer Objekte in der Region G.________ tiefer läge als der für ihr Haus festgesetzte Wert. 
 
3.- Die Beschwerdeführer rügen eine rechtsungleiche Besteuerung zwischen jenen Wohneigentümern, deren Liegenschaft zuletzt seit dem 1. Januar 1993 geschätzt worden ist (sog. Neuschätzungen), und den Eigentümern von Gebäuden, bei denen die letzte Schätzung vor diesem Zeitpunkt stattgefunden hat (sog. Altschätzungen). 
 
a) Nach der vom Verwaltungsgericht dargelegten schwyzerischen Regelung wird der für die Einkommensbesteuerung massgebende Eigenmietwert losgelöst vom periodischen Steuerveranlagungsverfahren separat ermittelt, wobei die in der Schatzungsverfügung fixierten Ansätze rechtskräftig und unanfechtbar bleiben, solange nicht aufgrund einer Änderung der Verhältnisse eine neue Schätzung notwendig wird. Demzufolge führt eine Erhöhung des örtlichen Mietpreisniveaus grundsätzlich nicht zu einer Änderung der früher festgesetzten Eigenmietwerte. Freilich konnte der Regierungsrat gemäss § 68 Abs. 5 des kantonalen Steuergesetzes vom 28. Oktober 1958 in der Fassung vom 11. Dezember 1964 eine periodische Anpassung der Werte anordnen. Gestützt darauf erhöhte der Regierungsrat mit Verordnung vom 23. August 1994 die Eigenmietwerte derjenigen Grundstücke, die das letzte Mal per 1. Januar 1989 geschätzt worden waren, um 30% (für Einfamilienhäuser) bzw. 15% (für Eigentumswohnungen). Am 8. Juni 1997 wurde § 68 Abs. 5 StG geändert und die Kompetenz zur periodischen Anpassung der Eigenmietwerte vom Regierungsrat auf den Kantonsrat übertragen. Der Kantonsrat hat die Altschätzungen bisher nicht erhöht. 
 
Gemäss der dargestellten Regelung unterscheiden sich die massgeblichen Mietpreisebenen je nachdem, in welchem Zeitpunkt die Liegenschaft geschätzt wurde. Für Liegenschaften, die das letzte Mal vor dem 1. Januar 1989 geschätzt wurden (nachfolgend: Altschätzungen der ersten Zeitperiode), beträgt der massgebende Wert in G.________ Fr. 1'365. -- pro Raumeinheit, für Liegenschaften, die zwischen dem 1. Januar 1989 und dem 1. Mai 1991 geschätzt wurden (Altschätzungen der zweiten Zeitspanne), Fr. 1'190. --. Für jene, die zuletzt zwischen dem 1. Mai 1991 und Ende 1992 geschätzt worden sind (Altschätzungen der dritten Periode), beläuft sich der Wert pro Raumeinheit auf Fr. 1'600. --. Für Neuschätzungen in der Ortschaft G.________ ist das massgebende örtliche Mietpreisniveau - wie bereits erwähnt (E. 2b) - auf Fr. 1'840. -- pro Raumeinheit festgelegt worden. 
b) Die Beschwerdeführer sehen in dieser Regelung eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung und Verletzung des Grundsatzes der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da die Neuschätzungen gegenüber den Altschätzungen der ersten Zeitperiode um Fr. 475. -- bzw. 34,8% höher seien, gegenüber denen der zweiten Zeitspanne sogar um Fr. 650. -- oder 54,6%. 
 
Diese Rügen sind begründet. Zwar ist vorab festzuhalten, dass zeitlich schematisierte Kategorisierungen, wie die vorliegend streitigen, zumindest insoweit marktgerecht sein können, als zum Beispiel weiter zurückliegende, tiefere Schätzungen gegebenenfalls von Umständen beeinflusst sind, die einen niedrigen Mietwert rechtfertigen, wie eine längere Besitzdauer oder geringere Baukosten. Und selbst dort, wo solche Schematisierungen den wirtschaftlichen Begebenheiten nicht mehr entsprechen, darf von einer sofortigen Anpassung der früheren Werte abgesehen werden, um nicht in Perioden starker Marktschwankungen die gesamten Mietwerte in kurzen Zeitabständen immer wieder revidieren zu müssen. 
 
Wo hingegen frühere Schätzungen den aktuellen Marktbedingungen angepasst werden, wie durch die regierungsrätliche Verordnung vom 23. August 1994, muss dabei dem Gebot rechtsgleicher Besteuerung Rechnung getragen werden, was hier zumindest in zweifacher Hinsicht ungenügend geschehen ist: Einerseits sind nur die Mietpreisniveaus einer einzigen Zeitperiode heraufgesetzt worden, während die anderen Kategorien überhaupt keine Änderung erfahren haben, so dass namentlich die Altschätzungen der zweiten Zeitspanne weiterhin beinahe 55% unter den Neuschätzungswerten geblieben sind; andererseits ist das Ausmass der einzigen vorgenommenen Anpassung ungenügend, indem die neuen Werte der ersten Altschätzungsperiode noch rund 35% unter dem Mietpreisniveau der Neuschätzungen sind. Es sind also nur die absoluten Tiefstwerte heraufgesetzt worden, und auch diese nur teilweise. Dahinter muss der Wille des Verordnungsgebers vermutet werden, die notwendigen Anpassungen an den Marktwert zu etappieren, um den voraussichtlichen Unmut der durch die Erhöhung betroffenen Eigentümer möglichst auf eine einzige Kategorie und selbst dort noch auf ein erträgliches Ausmass zu beschränken. Jedenfalls hat das schwyzerische System der Eigenmietwertbesteuerung durch die gewählte Vorgehensweise seine innere Kohärenz verloren und Differenzen geschaffen, die nicht mehr mit systemimmanenten Faktoren gerechtfertigt werden können. 
 
c) Das Verwaltungsgericht anerkennt denn auch, dass die unterschiedlichen Mietpreisniveaus rechtsungleich sind und diese Ungleichbehandlung das zulässige Mass übersteigt. Es hat indessen erwogen, es sei nicht in erster Linie Sache des Gerichts, sondern des Gesetzgebers, tätig zu werden, um die Ungleichheiten zu beseitigen. Erst wenn der Gesetzgeber auch innert angemessener Frist eine Anpassung unterlasse, dränge sich eine Korrektur durch den Richter auf. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben, zumal der Kantonsrat inzwischen eine Kommission zur Erfüllung der ihm in § 68 Abs. 5 StG übertragenen Aufgaben eingesetzt habe. 
 
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann der Richter von der Aufhebung eines auf verfassungswidriger rechtlicher Grundlage beruhenden Entscheides dann absehen, wenn durch die unverzügliche Nichtanwendung der dem Entscheid zugrundeliegenden Norm(en) nicht bloss ein verhältnismässig unbedeutendes Regelungsdefizit entstünde, sondern ein eigentlich rechtsfreier Raum geschaffen würde. Der Verzicht auf die sofortige Aufhebung einer angefochtenen Norm bzw. ihre einstweilige Weiteranwendung trotz festgestellter Verfassungswidrigkeit kann mithin ausnahmsweise dann gerechtfertigt oder sogar geboten sein, wenn andernfalls dem Gemeinwesen oder den Betroffenen ein unverhältnismässiger Nachteil entstünde, indem zum Beispiel ein ganzes Regelungssystem aus den Angeln gehoben würde, eine wichtige öffentliche Aufgabe bis auf weiteres nicht mehr oder nicht mehr zufriedenstellend erfüllt werden könnte oder durch die Kassierung eine frühere, ebenfalls verfassungswidrige Ordnung wieder aufleben würde; und wenn andererseits auch der Richter nicht in der Lage oder berufen ist, die mangelhafte Norm durch eine eigene, bis zum Tätigwerden des Gesetzgebers geltende Anordnung zu ersetzen. In solchen Fällen kann sich das angerufene Gericht mit einem sog. Appellentscheid begnügen (vgl. BGE 123 I 56 E. 3c S. 61; URP 1998 739 E. 3a S. 741, je mit weiteren Hinweisen). 
 
Überwiegende sachliche Gründe, welche es rechtfertigen würden, die geltende Eigenmietwertordnung trotz ihrer offensichtlichen Verfassungswidrigkeit gegenüber den Beschwerdeführern weiter anzuwenden, liegen indessen nicht vor. Dabei kann die Frage offen bleiben, ob die vom Gesetzgeber unternommenen Anstrengungen, um das schwyzerische System der Eigenmietwertbesteuerung als solches neu zu gestalten, genügend und zeitgerecht sind. Die beabsichtigten künftigen Änderungen zur Herstellung eines allgemein verfassungskonformen Zustandes entbinden das Verwaltungsgericht nämlich nicht von der Pflicht, die festgestellte Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer schon jetzt - und zumindest provisorisch - selber zu beseitigen, indem es den angefochtenen Eigenmietwert im erforderlichen Masse korrigiert. 
 
Lausanne, 3. November 2000