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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_345/2019  
 
 
Urteil vom 11. November 2019  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Chaix, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Haag, 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.A.________, 
2. B.A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
C.________, 
Beschwerdegegner, 
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland, 
Postfach, 8610 Uster. 
 
Gegenstand 
Ermächtigung zur Eröffnung einer Strafuntersuchung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 20. Mai 2019 (TB190046). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.A.________ erstattete am 20. März 2019 Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft See/Oberland gegen den Steuersekretär der Gemeinde U.________, C.________, wegen angeblicher Falschaussage vor Gericht, Irreführung der Rechtspflege, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Amtsmissbrauchs. Am 2. April 2019 leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren über die Ermächtigung zur Strafverfolgung von C.________ ein und ersuchte das Obergericht des Kantons Zürich über die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, über die Ermächtigung zur Durchführung einer Strafuntersuchung zu entscheiden. Selbst beantragte die Staatsanwaltschaft, von einer solchen Ermächtigung abzusehen. Am Verfahren vor dem Obergericht beteiligte sich auch A.A.________. Am 20. Mai 2019 beschloss die III. Strafkammer des Obergerichts, die Ermächtigung zur Strafverfolgung nicht zu erteilen. Im Wesentlichen hielt es dazu fest, es liege kein strafrechtlich relevantes Verhalten und damit auch kein entsprechender Anfangsverdacht auf Seiten des angezeigten C.________ vor. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 22. Juni 2019 an das Bundesgericht beantragen B.A.________ und A.A.________, die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung gegen C.________ zu ermächtigen, womit sie sinngemäss auch um Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses vom 20. Mai 2019 ersuchen. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend, die von ihnen angezeigten Straftatbestände seien erfüllt. Mit separater Eingabe vom 9. September 2019 ersuchen B.A.________ und A.A.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. 
 
Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtete ausdrücklich auf eine Stellungnahme. C.________ und die Staatsanwaltschaft See/Oberland reichten innert der Vernehmlassungsfrist keine Eingabe beim Bundesgericht ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Nach Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO in Verbindung mit § 148 des Zürcher Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 (GOG [LS 211.1]) entscheidet das Obergericht über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegen Beamte im Sinn von Art. 110 Abs. 3 StGB wegen im Amt begangener Vergehen oder Verbrechen. Mit dem angefochtenen Entscheid hat es das Obergericht abgelehnt, die Staatsanwaltschaft zur Strafverfolgung der angezeigten Personen zu ermächtigen. Damit fehlt es an einer Prozessvoraussetzung für die Durchführung des Strafverfahrens, womit das Verfahren abgeschlossen ist. Angefochten ist demnach ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer letzten kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG), gegen den nach der Rechtsprechung die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (BGE 137 IV 269 E. 1.3.1).  
 
1.2. Die Beschwerdeführer waren am kantonalen Verfahren als Partei beteiligt. Ihre Strafanzeige kann nicht mehr weiterbehandelt werden. Sie sind als mögliche Geschädigte, die allenfalls Zivilansprüche geltend machen könnten (Art. 115, Art. 118 und Art. 122 Abs. 1 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO), zur Beschwerdeerhebung befugt (Art. 89 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
1.4. Mit der Beschwerde kann von hier nicht interessierenden weiteren Möglichkeiten nur die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Verletzung von kantonalem Recht beurteilt das Bundesgericht lediglich soweit, als damit ein Verstoss gegen Bundesrecht, insbesondere gegen das Willkürverbot nach Art. 9 BV, einhergeht.  
 
1.5. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an, behandelt aber grundsätzlich nur in der Beschwerdeschrift behauptete und ausreichend in Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Erwägungen begründete Rechtsverletzungen, wobei angebliche Grundrechtsverletzungen besonders substanziiert werden müssen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG und Art. 106 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 135 III 127 E. 1.6 S. 130; 133 II 249 E. 1.4 S. 254 f.).  
 
2.  
 
2.1. Das Ermächtigungserfordernis dient insbesondere dem Zweck, Behördenmitglieder und Beamte vor mutwilliger Strafverfolgung zu schützen und damit das reibungslose Funktionieren staatlicher Organe sicherzustellen. Ein Strafverfahren soll erst durchgeführt werden können, wenn die zuständige Behörde vorher ihre Zustimmung erteilt hat. Der förmliche Entscheid über die Eröffnung oder die Nichtanhandnahme obliegt kraft ausdrücklicher bundesrechtlicher Regelung der Staatsanwaltschaft (Art. 309 und 310 StPO; BGE 137 IV 269 E. 2.3 S. 277; Urteil des Bundesgerichts 1C_57/2018 vom 19. November 2018 E. 2.1).  
 
2.2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dürfen im Ermächtigungsverfahren grundsätzlich nur strafrechtliche und keine politischen Gesichtspunkte berücksichtigt werden (BGE 137 IV 269 E. 2.4 S. 278 f.). Über die Ermächtigung zur Strafverfolgung darf insbesondere nicht nach Opportunität entschieden werden. Das schliesst aber nicht aus, für die Erteilung der Ermächtigung genügende minimale Hinweise auf strafrechtliches Verhalten zu verlangen. Dass eine Behörde einen unliebsamen Entscheid gefällt hat oder nicht wunschgemäss im Sinne eines Gesuchstellers aktiv wird, begründet noch keine Pflicht, die Ermächtigung zur Strafverfolgung zu erteilen. Vielmehr darf dafür vorausgesetzt werden, dass eine Kompetenzüberschreitung oder ein gemessen an den Amtspflichten missbräuchliches Verhalten oder ein sonstiges Verhalten, das strafrechtliche Konsequenzen zu zeitigen vermag, in minimaler Weise glaubhaft erscheint, mithin genügende Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung vorliegen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1C_57/2018 vom 19. November 2018 E. 2.2 mit Hinweisen).  
 
3.  
 
3.1. Soweit die Beschwerdeführer die tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts in Frage stellen wollen, was nicht ganz klar ist, genügen ihre Ausführungen jedenfalls nicht für eine ausreichende Beschwerdebegründung. Sie legen auch nicht dar, weshalb der angefochtene Entscheid hinsichtlich der spezifischen Rechtslage zur Gewährung der Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Bundesrecht verstossen sollte.  
 
3.2. Gemäss den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beschwerdegegner am 6. November 2018 gegen die Beschwerdeführer eine steuerrechtliche Sicherstellungsverfügung wegen Steuergefährdung getroffen. Im Rekursverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich führte er in seiner Stellungnahme aus, dass die Rekurrenten ihre Einkommenssituation nicht offengelegt hätten und für die Steuerperioden 2009-2011, 2013 und 2014 nach pflichtgemässem Ermessen eingeschätzt worden seien. Nach Auffassung der Beschwerdeführer handelte es sich dabei um eine bewusst falsche Aussage, da sie sich in Absprache mit dem Steuersekretär für die Perioden 2009-2011 selbst angezeigt hätten.  
 
3.3. Das Obergericht prüfte im angefochtenen Entscheid die von den Beschwerdeführern genannten Tatbestände und führte aus, weshalb keine Strafbestimmung erfüllt sei. Damit setzen sich die Beschwerdeführer nicht auseinander, sondern sie wiederholen einzig ihre Auffassung, der Beschwerdegegner habe sich strafbar gemacht. Ob diese Beschwerdebegründung ausreicht, erscheint fraglich, kann aber offenbleiben.  
 
3.4. Das Obergericht verwirft mit Blick darauf, dass es keine entsprechenden Straftatbestände gibt, die Vorwürfe der Falschaussage vor Gericht und der ungetreuen Geschäftsführung, was nicht zu beanstanden ist. Zu Recht verneint es sodann das Vorliegen einer Irreführung der Rechtspflege gemäss Art. 304 StGB, einer ungetreuen Geschäftsbesorgung nach Art. 158 StGB und einer ungetreuen Amtsführung gemäss Art. 314 StGB sowie sinngemäss einer falschen Anschuldigung nach Art. 303 StGB. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass der Beschwerdegegner die Beschwerdeführer gar nie einer strafbaren Handlung bezichtigt hat.  
 
3.5. In Betracht fiele damit höchstens der Straftatbestand des Amtsmissbrauchs nach Art. 312 StGB.  
 
3.5.1. Danach werden Mitglieder einer Behörde oder Beamte bestraft, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einen Nachteil zuzufügen. Ein Missbrauch der Amtsgewalt liegt vor, wenn der Täter die verliehenen Machtbefugnisse unrechtmässig anwendet, indem er kraft seines Amtes hoheitliche Verfügungen trifft oder auf andere Art Zwang ausübt, wo dies nicht geschehen dürfte (BGE 114 IV 41). Erfasst wird dadurch regelmässig die widerrechtliche Anordnung von Zwangsmassnahmen (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1C_313/2012 vom 9. November 2012 E. 3.1).  
 
3.5.2. Der Beschwerdegegner nahm die von den Beschwerdeführern beanstandete Aussage im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens als Vertreter der Rekursgegnerschaft vor. Er machte dabei aber nicht von hoheitlichen amtlichen Machtbefugnissen Gebrauch und übte keinen Zwang aus. Die Vorinstanz durfte ohne weiteres davon ausgehen, dass ein gemessen an den Amtspflichten missbräuchliches Verhalten oder ein sonstiges Verhalten, das strafrechtliche Konsequenzen zu zeitigen vermag, nicht in minimaler Weise glaubhaft erscheint.  
 
3.6. Liegen demnach keine genügenden Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung vor, verletzt der angefochtene Entscheid Bundesrecht nicht.  
 
4.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
Da sich die Anträge der Beschwerdeführer als von vornherein aussichtslos erweisen, ist ihr Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (vgl. Art. 64 BGG). Damit sind ihnen die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens unter Solidarhaft aufzuerlegen, wobei ihren angespannten finanziellen Verhältnissen bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen werden kann (vgl. Art. 66 Abs. 1 und 5, Art. 65 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Das Gesuch um Erteilung der unentgeltlichen Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft See/Oberland, der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. November 2019 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Chaix 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax