Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 1/2} 
2C_449/2009 
 
Urteil vom 21. Januar 2010 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Müller, Präsident, 
Bundesrichter Merkli, Zünd, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Kanton Aargau, vertreten durch das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des 
Kantons Aargau, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Bundesamt für Umwelt. 
 
Gegenstand 
Subventionierung der Automatisierung und des Betriebs kantonaler Abflussmessstationen, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 8. Juni 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der Kanton Aargau betreibt ein Netz von 40 kantonalen Messstationen, um den Abfluss seiner kleineren Gewässer zu bestimmen. Dieses genügt den heutigen technischen und betrieblichen Anforderungen nicht mehr. Die Infrastruktur ist veraltet, und die Daten der meisten Stationen stehen nicht online zur Verfügung. Seit 1997 wurden 11 Stationen erneuert und online verfügbar gemacht. Im Rahmen des Projekts HydroNet Argovia - Online 2007 soll die Automation von weiteren 20 Messstationen realisiert werden. Im Herbst 2007 wurde mit dem Bau der Stationen begonnen. 
 
B. 
Am 30. August 2007 stellte der Kanton Aargau beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) ein Gesuch um eine Bundesbeteiligung von Fr. 966'650.-- an die Projektkosten und von Fr. 750'000.-- an die Betriebs- und Unterhaltskosten. Das BAFU wies dieses Subventionsgesuch am 14. Juli 2008 ab. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte den Entscheid des BAFU. 
 
C. 
Mit Eingabe vom 8. Juli 2009 beantragt der Kanton Aargau, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2009 und die Verfügung des BAFU vom 14. Juli 2008 aufzuheben, ihm die gesetzlichen Abgeltungen im Rahmen bewilligter Kredite zuzusichern bzw. ihm eine Bundesbeteiligung im Umfang von 25 % der Baukosten und der jährlichen Betriebskosten zu gewähren, eventualiter unter Feststellung der Beitragsberechtigung an die Vorinstanz bzw. an das BAFU zurückzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht und das BAFU beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Der Kanton Aargau hat sich ein zweites Mal geäussert. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG). Der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. k BGG ist nicht gegeben, da Art. 6 und 9 des Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau (aWBG; SR 721.100) - in der vorliegend relevanten Fassung (AS 1993 234; 1994 1634; 2006 2197) vor Inkrafttreten der Änderungen, welche mit dem Bundesgesetz vom 6. Okt. 2006 über die Schaffung und die Änderung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA; AS 2007 5779 5817; BBl 2005 6029) erlassen worden sind - in Verbindung mit Art. 1 ff. und Art. 8 der Verordnung über den Wasserbau vom 2. November 1994 (aWBV; SR 721.100.1) - in der Fassung vor dem 1. Januar 2008 [AS 1994 2502; 1998 2863] - genügend konkret umschreiben, unter welchen Bedingungen die im Einzelfall beantragte Unterstützung zu gewähren ist, ohne dass es im Ermessen der gesetzesanwendenden Behörde liegt, ob sie diesen Beitrag gewähren will oder nicht (Urteil 2C_762/2008 E. 1.1; 2A.95/2004 E. 2.1, je mit Hinweisen auch auf die Rechtsprechung zum OG). Daran ändert auch nichts, dass die Subventionen nur im Rahmen der bewilligten Kredite gewährt werden (Urteil 2A.95/2004 E. 2.1). Der Entscheid kann daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und ist dort mit seinen Begehren unterlegen. Er ist durch den angefochtenen Entscheid deshalb besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG; BGE 122 II 382 E. 2b). Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten. 
1.2 
1.2.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). Das Bundesgericht legt seinem Urteil zudem den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG). 
1.2.2 Unzulässig ist der Antrag des Beschwerdeführers, nicht nur das Urteil vom 8. Juni 2009 des Bundesverwaltungsgerichts, sondern auch die Verfügung des BAFU vom 14. Juli 2008 aufzuheben: Diese wurde durch den angefochtenen Entscheid ersetzt (Devolutiveffekt); sie gilt lediglich inhaltlich als mitangefochten (vgl. BGE 129 II 438 E. 1 S. 441; 125 II 29 E. 1c S. 33). 
 
1.3 Dem Antrag um Feststellung, dass das Projekt beitragsberechtigt sei, kommt neben dem Leistungsbegehren keine selbständige Bedeutung zu. Auf das Feststellungsbegehren ist nicht einzutreten (BGE 126 II 300 E. 2c S. 303 f. mit Hinweisen). 
 
2. 
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerde gegen die Verfügung des BAFU gestützt auf Art. 26 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (SuG; SR 616.1) und gestützt auf das aWBG abgewiesen. Zunächst ist auf die Rügen zu Art. 26 SuG einzugehen. 
 
2.1 Gestützt auf Art. 2 Abs. 2 SuG ist das dritte Kapitel des SuG anwendbar, soweit u.a. andere Bundesgesetze nichts Abweichendes vorschreiben. Das aWBG enthält keine abweichenden Regelungen, weshalb die allgemeinen Bestimmungen für Finanzhilfen und Abgeltungen nach dem SuG (Art. 11 - 40) auch auf "Abgeltungen an wasserbauliche Massnahmen" (Art. 6 aWBG) anwendbar sind. 
 
2.2 Nach Art. 26 SuG darf ein Gesuchsteller mit dem Bau erst beginnen oder grössere Anschaffungen tätigen, wenn ihm die Finanzhilfe oder Abgeltung endgültig oder dem Grundsatz nach zugesichert worden ist oder wenn ihm die zuständige Behörde dafür die Bewilligung erteilt hat (Abs. 1). Eine solche Bewilligung kann die zuständige Behörde erteilen, wenn es mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden wäre, das Ergebnis der Prüfung der Gesuchsunterlagen abzuwarten; die Bewilligung gibt keinen Anspruch auf die Finanzhilfe oder Abgeltung (Abs. 2). Beginnt der Gesuchsteller ohne Bewilligung mit dem Bau oder tätigt er Anschaffungen, so werden ihm keine Leistungen gewährt; bei Abgeltungen kann ihm die zuständige Behörde jedoch eine Leistung gewähren, wenn es die Umstände rechtfertigen (Abs. 3). 
 
2.3 Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer mit dem Bau vor der endgültigen oder grundsätzlichen Zusicherung der Abgeltung begonnen hat. Der Beschwerdeführer stellt sich indes auf den Standpunkt, dass das BAFU ihm eine Bewilligung erteilt habe, weshalb die Voraussetzungen von Art. 26 Abs. 1 SuG erfüllt seien. Die Bewilligung sei formlos erfolgt. Er leitet dies daraus ab, dass er dem BAFU den Baubeginn gemeldet und dieses nie dagegen opponiert habe, verschiedene Besprechungen zwischen ihnen stattgefunden hätten und dieses dabei mehrfach kommuniziert habe, dass das Projekt nicht unterstützt werde. Die Vorinstanz habe dies nicht berücksichtigt, weshalb der Sachverhalt nicht richtig festgestellt wurde. 
2.4 
2.4.1 Die Rüge der unrichtigen Feststellung des Sachverhalts ist unbegründet, wird doch - wie aus der Beschwerde insgesamt hervorgeht - nicht die Sachverhaltsermittlung als solche, sondern die rechtliche Würdigung dieses Sachverhalts in Frage gestellt wird. 
2.4.2 In der Sache selbst ist dem Beschwerdeführer ebenfalls nicht zu folgen: Der Begriff der Bewilligung ist ein juristischer Begriff. Darunter wird eine Verfügung verstanden, die bezweckt, eine bestimmte Tätigkeit oder ein bestimmtes Vorhaben in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Ordnung zu erlauben (dazu PIERRE TSCHANNEN/ULRICH ZIMMERLI/ MARKUS MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 2009, S. 396 Rz. 1). Nach Art. 34 Abs. 1 VwVG sind Verfügungen schriftlich zu eröffnen. Bei der Bewilligung nach Art. 26 Abs. 1 SuG handelt es sich um eine Verfügung nach Art. 5 VwVG, insbesondere werden gesetzliche Rechte und Pflichten durch Verfügung begründet (Erlaubnis vor dem Subventionsentscheid mit dem Bau zu beginnen bzw. Anschaffungen zu tätigen), welche rechtsverbindlich sind. Wenn die Botschaft vom 15. Dezember 1986 zu einem Bundesgesetz über Finanzhilfen und Abgeltungen (nachfolgend Botschaft; BBl 1987 I 369, 412) von einer rechtlichen Unverbindlichkeit spricht, so bezieht sich diese lediglich auf die Zusicherung zur Abgeltung: Art. 26 Abs. 2 Satz 2 SuG hält denn auch fest, dass die Bewilligung keinen Anspruch auf die Finanzhilfe oder die Abgeltung gewähre. Für die Behörden und die möglichen Subventionsempfänger sind Bewilligungen bzw. Nichtbewilligungen in jedem Fall verbindlich. Die Beitragsgewährung verlangt eine formstrenge Umsetzung (BGE 130 V 177 E. 5.4.3 S. 184). Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Argumente für eine stillschweigende Bewilligung sind deshalb nicht zu hören. Abgesehen davon erscheint es äusserst zweifelhaft, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Bewilligung nach Art. 26 Abs. 2 SuG erfüllt wären (siehe die Beispiele in der Botschaft, BBl 1987 I 413). 
 
2.5 Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, dass ihm selbst in diesem Fall eine Leistung nach Art. 26 Abs. 3 Satz 2 SuG zu gewähren wäre. 
2.5.1 Eine ausnahmsweise Leistungsgewährung nach Art. 26 Abs. 3 Satz 2 kann nur dann in Betracht gezogen werden, wenn es sich um eine Abgeltung handelt. Vorliegend handelt es sich um eine "Abgeltung[...] an wasserbauliche Massnahmen" (Art. 6 aWBG in Verbindung mit aWBV in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 SuG). 
2.5.2 Art. 26 Abs. 3 Satz 2 SuG ist im Zusammenhang mit dem gesamten Art. 26 SuG zu sehen: Grundsätzlich ist nach Art. 26 Abs. 1 SuG ein vorzeitiger Baubeginn unzulässig (siehe dazu die Gründe in der Botschaft, BBl 1987 I 412). In Fällen von schwerwiegenden Nachteilen kann die Behörde eine Bewilligung zum vorzeitigen Baubeginn oder für grössere Anschaffungen gewähren. Solche Nachteile können etwa aus Katastrophenfällen, Projektänderungen oder aus der nicht optimalen Nutzung eines Marktvorsprungs (zum Ganzen Botschaft, BBl 1987 I 413) resultieren. In diesen Fällen obliegt es dem Gesuchsteller, bei der zuständigen Behörde ein Gesuch für den vorzeitigen Baubeginn zu stellen (BGE 130 V 177 E. 5.4.3 S. 184). Die Umstände, welche bei Abgeltungen für eine ausnahmsweise Leistung nach Art. 26 Abs. 3 Satz 2 SuG massgebend wären, können deshalb nicht derart sein, dass damit die Anforderungen nach Art. 26 Abs. 2 SuG in formeller (Gesuch) und materieller (schwerwiegender Nachteil) Hinsicht unterlaufen werden. Der Beschwerdeführer bringt verschiedene Gründe (etwa dringlicher Baubeginn, Grundlage für weitere Projekte) vor, welche allerdings im Rahmen von Art. 26 Abs. 2 SuG hätten vorgebracht werden müssen. Zudem ist die Rüge des überspitzten Formalismus - wie das Bundesgericht in diesem Zusammenhang bereits ausgeführt hat - unbegründet (BGE 130 V 177 E. 5.4 S. 183 ff.), zumal die entsprechenden Vorschriften ohne grossen Aufwand eingehalten werden können (BGE 130 V 177 E. 5.4.3 S. 184). Umstände, welche eine ausnahmsweise Gewährung einer Leistung rechtfertigen würden, werden vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht. 
 
2.6 Ist somit die Rüge, Art. 26 SuG sei bundesrechtswidrig angewendet worden, nicht stichhaltig und die Abweisung des Subventionsgesuches aufgrund eines vorzeitigen, nicht bewilligten Baubeginns zu Recht erfolgt, erübrigt es sich, zu prüfen, ob allenfalls die Voraussetzungen nach Art. 6 aWBG erfüllt wären. 
 
3. 
3.1 Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
3.2 Nach Art. 66 Abs. 1 BGG werden in der Regel der unterliegenden Partei die Gerichtskosten auferlegt. Dem Bund, den Kantonen und den Gemeinden sowie mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen dürfen in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden, wenn sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis, ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, das Bundesgericht in Anspruch nehmen oder wenn gegen ihre Entscheide in solchen Angelegenheiten Beschwerde geführt worden ist (Art. 66 Abs. 4 BGG). Vorliegend handelt zwar der Beschwerdeführer in seinem amtlichen Wirkungskreis, doch betrifft es seine Vermögensinteressen. Die Gerichtsgebühr richtet sich nach Streitwert, Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt in Streitigkeiten mit Vermögensinteresse 200 - 100'000 Franken (Art. 65 Abs. 2 und 3 BGG). Der Streitwert liegt über einer Million Franken. Dementsprechend und entsprechend dem Umfang und der geringeren Schwierigkeit der Sache ist eine Gerichtsgebühr von Fr. 10'000.-- zu zahlen (vgl. Ziff. 1 des Tarifs vom 31. März 2006 für die Gerichtsgebühren im Verfahren vor dem Bundesgericht [SR 173.110.210.1]). Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Eine Parteientschädigung ist nicht geschuldet. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 21. Januar 2010 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Müller Errass