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[AZA 7] 
H 336/00 Vr 
 
IV. Kammer 
 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Fessler 
 
Urteil vom 31. Mai 2002 
 
in Sachen 
Bundesamt für Sozialversicherung, Effingerstrasse 20, 3003 Bern, Beschwerdeführer, 
 
gegen 
P.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urs Hess-Odoni, Bellerivematte 5, 6006 Luzern, 
 
und 
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Stans 
 
A.- P.________, Inhaber der Einzelfirma X.________, schloss sich im August 1997 rückwirkend ab 1. Mai 1996 als Selbstständigerwerbender der Ausgleichskasse des Schweizer Hotelier-Vereins und des Schweizer Reisebüro-Verbandes (HOTELA) an. Gestützt auf seine Angaben verfügte die Kasse am 26. September 1997 (provisorisch) persönliche Beiträge für 1996/97. 
Auf Anordnung des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) als Aufsichtsbehörde klärte die HOTELA das Beitragsstatut von P.________ insbesondere in Bezug auf seine Tätigkeit für die Hotel Y.________ AG (vormals Z.________ SA in Gründung) vom 1. November 1996 bis 30. April 1997 im Hinblick auf die Eröffnung des im damaligen Zeitpunkt geschlossenen Hotels Q.________ näher ab. Am 10. Dezember 1998 erliess die Kasse eine Verfügung betreffend die sozialversicherungsrechtliche Stellung von P.________. 
Darin stellte sie Folgendes fest: 
 
1. Ihre Tätigkeit vom 1. Dezember 1996 bis 30. April 1997 
im Hotel Q.________ ist eine unselbständige Erwerbstätigkeit 
(...). Es werden rückwirkend entsprechende 
paritätische AHV-Beiträge verfügt werden. 
 
2. Die Tätigkeit im Rahmen der Einzelfirma X.________ ist 
eine selbständige Erwerbstätigkeit (...). Aufgrund der 
Einkommensermittlung werden entsprechende AHV-Beiträge 
verfügt. 
3. [Rechtsmittelbelehrung]. 
 
B.- P.________ liess hiegegen Beschwerde erheben und zur Hauptsache beantragen, die angefochtene Verfügung sei soweit aufzuheben, als darin ein Teil der Tätigkeit der Einzelfirma als unselbstständig qualifiziert werde, und es sei festzustellen, dass sämtliche Tätigkeiten der Firma X.________ AG, insbesondere auch die auftragsrechtliche Tätigkeit für die Hotel Y.________ AG im Hotel Q.________ selbstständige Tätigkeit darstelle und AHV-rechtlich entsprechend abzurechnen sei. Nach Vernehmlassung der Ausgleichskasse und zweitem Schriftenwechsel hiess das Versicherungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 20. Dezember 1999 die Beschwerde mit der anbegehrten Feststellung gut und hob Dispositiv-Ziffer 1 der Verfügung vom 10. Dezember 1998 auf. 
 
 
 
C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, es sei der kantonale Gerichtsentscheid aufzuheben. 
Während P.________ auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen lässt, enthält sich die Ausgleichskasse eines eigentlichen Antrages, wobei sie aber am Vorliegen des von der Aufsichtsbehörde als nicht gegeben erachteten Feststellungsinteresses für den Erlass der Verfügung vom 10. Dezember 1998 festhält. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- Das Verwaltungsgerichtsbeschwerde führende Bundesamt begründet sein Begehren um Aufhebung des kantonalen Entscheides u.a. damit, bei der Verfügung vom 10. Dezember 1998 handle es sich um einen unzulässigen Feststellungsentscheid. 
Dieses Argument ist, da die Vorinstanz nur bei zutreffender Bejahung des Feststellungsinteresses materiell entscheiden durfte (vgl. Erw. 2c hiernach), vorweg zu prüfen. 
 
2.- a) aa) Rechtsprechungsgemäss ist der Erlass einer Feststellungsverfügung u.a. über das Beitragsstatut im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. b und Art. 25 VwVG dann zulässig, wenn ein schutzwürdiges, d.h. rechtliches oder tatsächliches und aktuelles Interesse an der sofortigen Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses nachgewiesen ist, dem keine erheblichen öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, und wenn dieses schutzwürdige Interesse nicht durch eine rechtsgestaltende Verfügung gewahrt werden kann (BGE 126 II 303 Erw. 2c, 125 V 24 Erw. 1b, 121 V 317 Erw. 4a mit Hinweisen). 
 
bb) Bei Verfügungen über das Beitragsstatut im Besonderen bejaht die Gerichtspraxis ein Feststellungsinteresse bei komplizierten Verhältnissen, wo der mit der Abrechnung über paritätische Beiträge verbundene Arbeitsaufwand oft nur dann zumutbar ist, wenn bereits feststeht, dass eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird und die Abrechnungs- und Beitragspflicht der als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin angesprochenen Person erstellt ist. Für die Bejahung eines schutzwürdigen Interesses im dargelegten Sinne sprechen u.a. die grosse Zahl von betroffenen Versicherten und wenn die Rechtsfrage nach dem Beitragsstatut wegen besonderer Verhältnisse neuartig ist (vgl. BGE 112 V 84 Erw. 2a sowie AHI 2001 S. 219 Erw. 2a mit Hinweisen). 
 
b) aa) Die Verfügung vom 10. Dezember 1998 stellt fest, dass die Tätigkeit für die Hotel Y.________ AG im Zeitraum November 1996 bis April 1997 als unselbstständige Erwerbstätigkeit zu betrachten ist (Ziff. 1), und dass die Tätigkeit im Rahmen der Einzelfirma X.________ eine selbstständige Erwerbstätigkeit darstellt (Ziff. 2). Da der Beschwerdegegner als Firmeninhaber seit 5. September 1997 rückwirkend ab 1. Mai 1996 als Selbstständigerwerbender der HOTELA angeschlossen war und die Ausgleichskasse am 26. September 1997 auf Grund der Anga- ben des Pflichtigen provisorisch persönliche Beiträge für 1996/97 verfügt hatte, kann sich die Prüfung des schutzwürdigen Interesses auf die erste Feststellung beschränken. 
 
 
bb) Es sind keine besonderen Umstände auszumachen, weder aus Sicht der Hotel Y.________ AG als unbestrittenermassen einzig in Betracht fallende Arbeitgeberin noch des Beschwerdegegners, welche im Sinne einer Vorabentscheidung die Festlegung des Beitragsstatutes in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als notwendig, weil von aktuellem Interesse, erscheinen liessen. Insoweit als Ausgleichskasse und Bundesamt die Qualifikationsfrage anders beurteilen, ist diese Meinungsverschiedenheit unbeachtlich, zumal ihr über den Einzelfall hinaus materiell keine Bedeutung zukommt. 
Wenn in diesem Zusammenhang in der Vernehmlassung vorgebracht wird, die Verwaltung habe auf Druck der Aufsichtsbehörde eine Feststellungsverfügung erlassen, finden sich hiefür keine Hinweise in den Akten. Im Gegenteil wurde die HOTELA vom Bundesamt ausdrücklich angewiesen, paritätische Beiträge auf den Entgelten für die operative Leitung des Hotels Q.________ nachzufordern (Schreiben vom 27. Oktober 1998). Fehl geht sodann das Argument des Beschwerdegegners, es sei stossend, wenn eine Bundesbehörde einen richtigen Verwaltungsgerichtsentscheid deswegen als ungültig erklären (lassen) wolle, weil angeblich die Verwaltung einen formellen Fehler gemacht habe. Abgesehen davon, dass die materielle Richtigkeit des angefochtenen Entscheides von der Aufsichtsbehörde ebenfalls bestritten wird, sind die formellen Gültigkeitsvoraussetzungen des kantonalen Sachentscheides vom Eidgenössischen Versicherungsgericht von Amtes wegen zu prüfen (Erw. 1). Offen bleiben kann im Übrigen, inwiefern dem vom BSV angeführten BGE 112 V 81 für Fälle wie den vorliegenden präjudizielle Bedeutung zukommt, zumal es am fehlenden schutzwürdigen Interesse an der Feststellung des Beitragsstatutes in Bezug auf die vom 1. November 1996 bis 
30. April 1997 im Auftrag der Hotel Y.________ AG ausgeübten Tätigkeit nichts ändert. Immerhin kann gesagt werden, dass sich die Verhältnisse hier überschaubarer präsentieren als in jenem Fall. 
 
c) Bestand nach dem Gesagten kein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung des Beitragsstatuts in Bezug auf die Tätigkeit für die Hotel Y.________ AG vom 1. November 1996 bis 30. April 1997 und auch nicht als Inhaber der Einzelfirma X.________, hätte die Vorinstanz mit dieser Begründung die Verwaltungsverfügung aufheben müssen und nicht die Statusfrage materiell behandeln und diesbezügliche Feststellungen treffen dürfen. Insofern ist auch der angefochtene Entscheid aufzuheben. Demnach kann auf die materiellen Anträge in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden. 
 
3.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e contrario). Die Gerichtskosten sind grundsätzlich dem unterliegenden Beschwerdegegner aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 135 OG); in Anwendung von Art. 156 Abs. 3 OG sind indessen die Kosten zur Hälfte der Ausgleichskasse aufzuerlegen, die durch den Erlass der rechtswidrigen Feststellungsverfügung Anlass zur Prozessführung gab und auch im letztinstanzlichen Verfahren am Vorliegen eines Feststellungsinteresses festhielt (vgl. BGE 127 V 111 Erw. 6b). Aus dem gleichen Grund hat die Verwaltung dem Beschwerdegegner eine reduzierte Parteientschädigung zu entrichten (vgl. Art. 159 Abs. 3 OG und ZAK 1986 S. 50 Erw. 4). 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird, soweit darauf 
einzutreten ist, in dem Sinne gutgeheissen, dass der 
Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Nidwalden 
vom 20. Dezember 1999 und die Verfügung vom 10. Dezember 1998 aufgehoben werden. 
 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden je zur Hälfte dem Beschwerdegegner und der Ausgleichskasse des Schweizer Hotelier-Vereins und des Schweizer Reisebüro-Verbandes 
 
 
auferlegt. 
III. Die Ausgleichskasse des Schweizer Hotelier-Vereins und des Schweizer Reisebüro-Verbandes hat dem Beschwerdegegner für das gesamte Verfahren eine Parteientschädigung 
 
 
(einschliesslich Mehrwertsteuer) von Fr. 2500.- zu bezahlen. 
 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden und der Ausgleichskasse des Schweizer Hotelier-Vereins und des Schweizer 
 
 
Reisebüro-Verbandes zugestellt. 
Luzern, 31. Mai 2002 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der IV. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: