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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_233/2011 
 
Urteil vom 28. Juli 2011 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Zünd, Präsident, 
Bundesrichter Seiler, 
nebenamtlicher Bundesrichter Locher, 
Gerichtsschreiber Errass. 
 
1. Verfahrensbeteiligte 
X.________, 
2. Y.________, 
beide vertreten durch die Realisator AG, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Steueramt des Kantons Aargau, 
Rechtsdienst, Telli-Hochhaus, 5004 Aarau. 
 
Gegenstand 
Kantons- und Gemeindesteuern 2003, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 2. Kammer, vom 2. Februar 2011. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ kaufte am 15. Oktober 2002 die Parzelle Nr. *** "A.________" in B.________ zum Preis von 1,1 Mio. Franken. In den Jahren 2003 bis 2005 baute er die Liegenschaft für über 1,5 Mio. Franken um, wobei allein Fr. 922'288.35 auf das Jahr 2003 entfielen. Das bisher als landwirtschaftlich genutzte Zweifamilienhaus mit Scheune und Schweinestall wurde in ein nur noch Wohn- und Freizeitzwecken dienendes Einfamilienhaus umfunktioniert; die Annexgebäude werden nun als Pferdestall genutzt. 
 
B. 
In ihrer Steuererklärung 2003 wiesen X.________ und Y.________ Liegenschaftsunterhaltskosten von Fr. 922'288.35 aus, wovon sie Fr. 384'519.50 als abzugsfähige Kosten geltend machten. Die Steuerkommission Hilfikon veranlagte die Eheleute X.________ und Y.________ am 1. Dezember 2005 für die Kantons- und Gemeindesteuer auf ein steuerbares Einkommen von Fr. 308'900.--; abzugsfähige Liegenschaftsunterhaltskosten anerkannte sie nicht, weil der geltend gemachte Umbau einem Neubau entspreche. Eine Einsprache dagegen hiess die Steuerkommission am 19. August 2008 insoweit teilweise gut, als sie Liegenschaftsunterhaltskosten von Fr. 160'274.-- zum Abzug zuliess und das steuerbare Einkommen auf Fr. 148'600.-- herabsetzte. Der dagegen gerichtete Rekurs und die anschliessend erhobene Beschwerde waren erfolglos. 
 
C. 
X._______ und Y.________ beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 2. Februar 2011 aufzuheben, die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz (Anerkennung von weiteren Fr. 127'435.-- als abzugsfähige Instandstellungskosten) zurückzuweisen, eventualiter die Normalgebrauchsdauer gemäss kantonalem Merkblatt als bundesrechts- und verfassungswidrig festzustellen und die Vorinstanz anzuweisen, diese angemessen zu erhöhen und für die direkte Bundessteuer einen Entscheid zu fällen. Sie rügen eine unrichtige Anwendung von Bundesrecht sowie eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw. eine Rechtsverweigerung. 
 
D. 
Während die Eidgenössische Steuerverwaltung die Abweisung der Beschwerde beantragt, verzichten das Steueramt und das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau auf eine Stellungnahme unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid über die direkten Steuern des Kantons. Dagegen steht gemäss Art. 82 ff. BGG in Verbindung mit Art. 73 StHG (SR 642.14) die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen. Die Beschwerdeführer sind gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert. Auf das form- und fristgerecht eingereichte Rechtsmittel ist grundsätzlich einzutreten. 
 
1.2 Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 und 96 BGG geltend gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es legt sodann seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG). 
 
2. 
Die Beschwerdeführer rügen das unrechtmässige Verweigern bzw. Verzögern eines anfechtbaren Entscheids nach Art. 94 BGG. Obwohl sie bereits eine Aufsichtsbeschwerde wegen Rechtsverweigerung bzw. -verzögerung an den Finanzdirektor des Kantons Aargau gerichtet hätten und dieser mangels Zuständigkeit darauf nicht eingetreten sei, hätten sämtliche Instanzen jeweils nur die Kantons- und Gemeindesteuern beurteilt, obschon sämtliche "Rechtsmittelschriften" immer auch auf die direkte Bundessteuer Bezug genommen hätten. 
Die Beschwerdeführer verkennen indes, dass die Rechtsmittelinstanzen gar nicht befugt waren, auch über die direkte Bundessteuer zu urteilen, weil sich die Veranlagungsverfügung der Steuerkommission Hilfikon vom 1. Dezember 2005 nur auf die Kantons- und Gemeindesteuern für die Steuerperiode 2003 bezog. Dieses Anfechtungsobjekt begrenzte den Streitgegenstand, und dieser konnte im nachfolgenden Verfahren nur eingeschränkt, nicht aber auf zusätzliche Bereiche (z.B. die direkte Bundessteuer) ausgeweitet werden. Den Vorinstanzen war es mithin verwehrt, sich auch zur direkten Bundessteuer zu äussern. Darin liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV), sondern es handelt sich um ein Grundprinzip der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege (RENÉ RHINOW/HEINRICH KOLLER/CHRISTINA KISS/DANIELA THURNHERR/DENISE BRÜHL-MOSER, Öffentliches Prozessrecht, 2. Aufl. 2010, S. 283). 
Wie das Steueramt des Kantons Aargau in seiner Vernehmlassung vom 8. April 2011 im Übrigen ausführt, erging eine Veranlagung betreffend die direkte Bundessteuer für die Steuerperiode 2003 bisher noch nicht. Die hierfür zuständige Steuerkommission wartet nämlich in der Regel mit der Verfügung hinsichtlich der direkten Bundessteuer ab, bis das entsprechende Verfahren betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern abgeschlossen ist. Dies wird mit dem vorliegenden Urteil des Bundesgerichts der Fall sein. Für die steuerpflichtigen Personen ist dieses Vorgehen nicht nachteilig, werden ihnen doch allenfalls bereits zu Unrecht bezahlte Steuern mit Zins zurückerstattet (Art. 162 DBG [SR 642.11]); zudem befristet Art. 120 DBG das Recht, eine Steuer zu verlangen. Im Übrigen bestimmt sich die Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens nicht absolut, sondern unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls. Hier brauchte die Steuerkommission zwar mehr als zweieinhalb Jahre, um die Einsprache zu erledigen. Doch unterbreitete das Kantonale Steueramt, Sektion Grundstückschätzungen, am 16. August 2007 bereits einen ersten Aufteilungsvorschlag betreffend der absetzbaren und der nicht absetzbaren Aufwendungen. Dazu konnten die Beschwerdeführer Stellung nehmen; anschliessend unterbreitete dieselbe Amtsstelle einen überarbeiteten Aufteilungsvorschlag, zu welchem sich die Beschwerdeführer erneut äussern konnten, bevor dann der eigentliche Einspracheentscheid erging. Damit kann nicht gesagt werden, die Steuerkommission oder eine Rechtsmittelinstanz habe das Verfahren ungebührlich verzögert. Zudem führt die Verletzung des Beschleunigungsgebots in Steuerangelegenheiten nicht etwa dazu, dass die geschuldete Steuer nicht bezahlt werden müsste, sofern der Steueranspruch weder verjährt noch verwirkt ist (Urteil 2C_353/2010 vom 6. September 2010 E. 5). Ein Verstoss gegen Art. 29 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BV ist nicht auszumachen. 
 
3. 
3.1 Bei Liegenschaften im Privatvermögen können die Unterhaltskosten, die Versicherungsprämien und die Kosten der Verwaltung durch Dritte von den steuerbaren Einkünften abgezogen werden (§ 39 Abs. 2 Satz 1 des aargauischen Steuergesetzes vom 15. Dezember 1998 [StG, SAR 651.100]). Nicht abziehbar sind die übrigen Kosten und Aufwendungen, insbesondere die Aufwendungen für die Anschaffung, Herstellung oder Wertvermehrung von Vermögensgegenständen (§ 41 lit. d StG). Diese Bestimmungen harmonieren mit Art. 9 Abs. 1 bzw. 3 StHG und stimmen wörtlich mit Art. 32 Abs. 2 Satz 1 bzw. Art. 34 lit. d DBG überein. Der Begriff der Unterhaltskosten nach StHG entspricht sodann demjenigen nach DBG (Urteil 2A.480/2004 vom 2. Februar 2005 E. 3.3, in: ASA 75, S. 488 ff., 493 f.). Nach Art. 1 Abs. 1 zweiter Satz der Verordnung des Bundesrates vom 24. August 1992 über den Abzug der Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer (SR 642.116, in der bis Ende 2009 gültigen Fassung, AS 1992 1792) bzw. nach Art. 1 Abs. 2 lit. a der Verordnung der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 24. August 1992 über die abziehbaren Kosten von Liegenschaften des Privatvermögens bei der direkten Bundessteuer (SR 642.116.2, in der bis Ende 2009 gültigen Fassung, AS 1992 1797) waren die Kosten nicht abziehbar, die ein Steuerpflichtiger zur Instandstellung einer neu erworbenen, vom bisherigen Eigentümer vernachlässigten Liegenschaft kurz nach der Anschaffung aufwenden muss. Diese Regelungen entsprachen der mit BGE 99 Ib 362 eingeleiteten, so genannten Dumont-Praxis. Damit sollte eine steuerpflichtige Person, die eine im Unterhalt vernachlässigte Liegenschaft kaufte, um sie instand zu stellen, steuerlich nicht besser gestellt werden als derjenige Steuerpflichtige, der ein bereits renoviertes Grundstück erwirbt (Urteil 2A.480/2004 vom 2. Februar 2005 E. 2.1, in: ASA 75, S. 488 ff., 491 f. mit Hinweis). 
 
3.2 In BGE 123 II 218 ff. wurde die Rechtsprechung zur Dumont-Praxis präzisiert und u.a. Folgendes klargestellt (E. 2 S. 223 ff.): Ein völliger Um- und Ausbau einer Liegenschaft stellt keinen Liegenschaftsunterhalt dar; denn wirtschaftlich kommt dies einem Neubau gleich. Die steuerrechtliche Gleichstellung desjenigen, der eine Liegenschaft umbaut und neuen Zwecken zuführt, mit dem Ersteller einer Neubaute ist dann gerechtfertigt, wenn die "Renovation" umfangmässig einem Neubau gleichkommt (vgl. BGE 103 Ib 197 E. 3b i.f. S. 201). 
In ihrer Zusatzerwägung 5 bejaht die Vorinstanz, dass vorliegend von einem solchen Umbau im Sinne von § 41 lit. d StG auszugehen sei. Bei einem Kaufpreis von Fr. 1.1 Mio sei das fragliche Objekt - ein landwirtschaftliches Zweifamilienhaus mit zugehörigen Funktionsbauten (Scheune und Schweinestall) - in den Jahren 2003 bis 2005 für insgesamt über Fr. 1.5 Mio. nicht nur umfassend saniert, sondern umgebaut worden. Das Zweifamilienhaus werde neu als Einfamilienhaus genutzt und die Annexgebäude dienten als Pferdestall mit zugehörigem Auslauf. Im Ergebnis hätten die Beschwerdeführer eine ausserhalb des Wohngebietes liegende, ursprünglich der landwirtschaftlichen Nutzung dienende Liegenschaft für ihre Wohn- und Freizeitzwecke umfunktioniert. An sich hätten hier überhaupt keine Unterhaltskosten berücksichtigt werden dürfen, aber wegen des Schlechterstellungsverbots von § 199 Abs. 2 StG könne darauf nicht zurückgekommen werden. Ein Abzug weiterer Unterhaltskosten komme deshalb aber überhaupt nicht in Frage. 
In ihrer Beschwerde (Ziff. 3.11) bestätigen die Beschwerdeführer, dass die Liegenschaft "A.________" zwar nicht mehr als Landwirtschaftsbetrieb diene, aber "weiterhin ein (nicht auf die Bewirtschaftung ausgerichteter) Bauernhof" sei. Der einzige Unterschied sei der, dass in den Annexgebäuden "nunmehr Pferde anstatt Kühe untergebracht sind". Dieser "einzige" Unterschied ist aber entscheidend, indem eine ausserhalb des Wohngebietes liegende, ursprünglich der landwirtschaftlichen Nutzung dienende Liegenschaft für Wohn- und Freizeitzwecke umfunktioniert wurde. Es liegt daher hier ein eigentlicher Umbau vor, der an sich zu überhaupt keinem Abzug von Unterhaltskosten führen dürfte. Wenn aber für 2003 ein Teil als abzugsberechtigt erklärt wurde und offenbar für 2004 und 2005 die geltend gemachten Unterhaltskosten bereits steuerlich anerkannt wurden, können die Beschwerdeführer daraus nichts zu ihren Gunsten für die Steuerperiode 2003 ableiten. Damit erübrigt es sich auch, auf die restlichen Vorbringen der Beschwerdeführer einzutreten. 
 
4. 
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dementsprechend den Beschwerdeführern unter Solidarhaft aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter Solidarhaft auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 2. Kammer, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 28. Juli 2011 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Zünd Errass