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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.92/2006 /ast 
 
Urteil vom 12. Juni 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Rottenberg Liatowitsch, 
Gerichtsschreiber Luczak. 
 
Parteien 
X.________ AG, 
Beklagte und Berufungsklägerin, vertreten durch Rechtsanwalt Richard Waeber, 
 
gegen 
 
Y.________ GmbH, 
Klägerin und Berufungsbeklagte, vertreten durch Rechtsanwalt Mathias Ammann. 
 
Gegenstand 
Kaufvertrag; internationaler Warenkauf; CISG, 
 
Berufung gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, I. Appellationshof, vom 3. Januar 2006. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die Y.________ GmbH (Klägerin), eine GmbH deutschen Rechts mit Sitz in A.________, und die X.________ AG mit Sitz in B.________ (Beklagte) standen seit mehr als 11 Jahren in Geschäftsbeziehungen. Im Januar 2002 erhielt die Beklagte Kenntnis davon, dass ein Unternehmen in Italien ca. 70 Tonnen Triethylen Tetramin (TETA) zum Verkauf anbiete. Darüber informierte die Beklagte die Klägerin, welche nach diversen Gesprächen der Beklagten eine Kaufbestätigung über 60 Tonnen netto zusandte. Die Beklagte konnte das TETA indessen nicht erhältlich machen, obwohl sie einen Lastwagen nach Italien schickte, um Druck auf den Lieferanten auszuüben. Die Klägerin hatte ihrerseits einen Abnehmer für das TETA gefunden und mit diesem bereits einen Kaufvertrag geschlossen. Der Abnehmer hielt am Vertrag fest und tätigte die notwendigen Deckungskäufe. Die Preisdifferenz stellte er der Klägerin in Rechnung. Die Beklagte war nicht bereit, diesen Schaden zu ersetzten. Sie vertrat den Standpunkt, zwischen ihr und der Klägerin sei kein Vertrag zustande gekommen. 
B. 
Die Klägerin gelangte am 27. Juni 2002 an das Zivilgericht des Seebezirks und verlangte von der Beklagten Fr. 25'913.55 nebst Zins. Das Zivilgericht und auf Berufung der Klägerin auch das Kantonsgericht Freiburg schützten die Position der Beklagten und wiesen die Klage, welche die Klägerin vor Kantonsgericht auf Fr. 23'582.-- nebst Zins reduziert hatte, ab, da zwischen den Parteien kein Vertrag bestehe. Auf Berufung der Klägerin erkannte das Bundesgericht mit Urteil 4C.474/2004 vom 5. April 2005, dass zwischen den Parteien eine vertragliche Beziehung bestand. Die tatsächlichen Feststellungen erlaubten aber nicht zu beurteilen, ob die Beklagte ihren vertraglichen Pflichten nachgekommen ist. Daher wies das Bundesgericht die Sache in Bezug auf die Frage, wer für die vereinbarte TETA-Lieferung das Beschaffungsrisiko trug, zur Ergänzung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurück. 
C. 
Mit Urteil vom 3. Januar 2006 erkannte die Vorinstanz, obwohl es sich beim Kaufgegenstand um einen Restposten handle, liege ein Gattungskauf vor. Ausser einem Hinweis in der Einkaufsbestätigung auf einen gemeinsamen Verkauf deute nichts auf eine gemeinsame Tragung des Beschaffungsrisikos hin, zudem sei nichts Entsprechendes behauptet worden. Mangels Anhaltspunkten, die darauf schliessen liessen, dass etwas Spezielles vereinbart gewesen sei, trage die Beklagte das Beschaffungsrisiko. Deswegen hiess die Vorinstanz die Klage im Umfang von Fr. 23'582.05 nebst Zins gut. 
D. 
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte eidgenössische Berufung eingelegt. Sie beantragt dem Bundesgericht, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin schliesst auf kostenfällige Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten ist. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
In der Berufung macht die Beklagte geltend, es liege kein Gattungskauf vor. Ferner bezeichnet sie die Indizien, aus denen sich ihrer Meinung nach ergibt, dass sie das Beschaffungsrisiko erst nach Versand einer schriftlichen Bestätigung getragen hätte. Jedenfalls ergebe sich aus dem gemeinsamen Verkauf, dass auch der Verlust hälftig zu teilen sei. Unter Hinweis auf die Preisgestaltung und darauf, dass über die Qualität der Ware keine Einigung bestanden habe, geht die Beklagte sodann davon aus, es sei überhaupt keine vertragliche Einigung zustande gekommen. Gestützt auf diese Überlegungen beantragt die Beklagte die Abweisung der Klage. 
1.1 Die kantonale Instanz, an die eine Sache zurückgewiesen wird, hat nach Art. 66 Abs. 1 OG ihrer Entscheidung die rechtliche Beurteilung, mit der die Zurückweisung begründet wird, zugrunde zu legen (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94 mit Hinweisen). Diese Beurteilung bindet auch das Bundesgericht (BGE 125 III 421 E. 2a S. 423 mit Hinweis). Wegen dieser Bindung der Gerichte ist es, abgesehen von allenfalls zuzulassenden Noven, ihnen wie den Parteien verwehrt, der Beurteilung des Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu unterstellen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung gezogen worden sind (BGE 116 II 220 E. 4a S. 222; 111 II 94 E. 2 S. 95, je mit Hinweisen). Mit der Behauptung, zwischen den Parteien sei kein Vertrag geschlossen worden, ist die Beklagte nicht zu hören, da das Bundesgericht über diese Frage bereits im Rückweisungsentscheid geurteilt hat. Abzuklären blieb nur, ob die Beklagte das Beschaffungsrisiko für die Ware trug. Soweit die Beklagte in Bezug auf andere Vertragspunkte einen Dissens zwischen den Parteien behauptet, ist auf die Berufung nicht einzutreten. 
1.2 Im Berufungsverfahren ist das Bundesgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden. Ausnahmen von dieser Bindung kommen nur in Betracht, wenn die Vorinstanz bundesrechtliche Beweisvorschriften verletzt hat, wenn ihr ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (Art. 63 Abs. 2 OG) oder wenn der von ihr ermittelte Sachverhalt im Hinblick auf die Anwendung des Bundesrechts der Ergänzung bedarf (Art. 64 OG). Die Partei, die den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt wissen will, hat darüber genaue Angaben mit Aktenhinweisen zu machen (Art. 55 Abs. 1 lit. d OG; BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106; 115 II 484 E. 2a S. 485 f., je mit Hinweisen). Eine Ergänzung setzt zudem voraus, dass entsprechende Sachbehauptungen bereits im kantonalen Verfahren prozesskonform aufgestellt, von der Vorinstanz aber zu Unrecht für unerheblich gehalten oder übersehen worden sind, was wiederum näher anzugeben ist. Ohne diese Angaben gelten Vorbringen, die über die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil hinausgehen, als neu und sind damit unzulässig (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG; BGE 127 III 248 E. 2c S. 252). Ergänzungen des Sachverhalts haben nur zu erfolgen, soweit sie entscheidwesentliche Tatsachen betreffen (BGE 128 III 163 E. 3b S. 167; 111 II 471 E. 1c S. 473). Blosse Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung ist im Berufungsverfahren unzulässig (BGE 127 III 73 E. 6a S. 81; 126 III 10 E. 2b S. 13; 119 II 84 E. 3 S. 85). 
1.3 Das Bundesgericht hat die Angelegenheit zur Ergänzung des Sachverhalts zurückgewiesen. Soweit die Vorinstanz für die Verteilung des Beschaffungsrisikos relevante Tatsachen nicht berücksichtigt, verstösst sie gegen ihre Bindung an den Rückweisungsentscheid, verletzt Art. 66 Abs. 1 OG und damit Bundesrecht. Die Vorinstanz hat indessen nur Tatsachen zu berücksichtigen, welche prozesskonform in das Verfahren eingebracht wurden. 
1.3.1 Die Beklagte weist zwar auf verschiedene Umstände hin, aus denen sich ergeben soll, dass sie das Beschaffungsrisiko erst nach Bestätigung habe übernehmen wollen, was sich aus der zwischen den Parteien gehandhabten und somit üblichen Schriftlichkeit ergebe. Die Vorinstanz hat indessen festgehalten, eine Übung, wonach der Verkäufer das Beschaffungsrisiko erst übernehme, nachdem der Verkauf schriftlich bestätigt worden sei, werde nicht behauptet. Unter diesen Umständen war die Vorinstanz nicht verpflichtet, die von der Beklagten angeführten Umstände zu berücksichtigen, und eine diesbezüglich Ergänzung des Sachverhalts fällt ausser Betracht. 
1.3.2 Dasselbe gilt, soweit die Beklagte aus dem Hinweis in der Einkaufsbestätigung auf den gemeinsamen Verkauf und aus verschiedenen protokollierten Aussagen der Parteien schliessen will, diese hätten das Beschaffungsrisiko hälftig getragen. Auch diesbezüglich hält die Vorinstanz fest, eine gemeinsame Tragung des Beschaffungsrisikos sei nicht behauptet worden. 
1.3.3 Da die Beklagte in Bezug auf die Feststellung, dass sie keine entsprechenden Behauptungen erhoben habe, keine substanziierte Sachverhaltsrüge nach Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG erhebt, die dem Bundesgericht eine Überprüfung der tatsächlichen Feststellungen des Sachgerichts erlauben würde (BGE 130 III 102 E. 2.2 S. 106), kommt insoweit eine Ergänzung der tatsächlichen Feststellungen nicht in Frage. Auf die Ausführungen der Beklagten ist daher nicht einzutreten, soweit sie von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichen. Zu prüfen ist lediglich, ob der angefochtene Entscheid gestützt auf die in den beiden Urteilen der Vorinstanz enthaltenen tatsächlichen Feststellungen bundesrechtlich haltbar ist. 
1.4 Die Vorinstanz ging davon aus, es liege ein Gattungskauf vor, was von der Beklagten bestritten wird. Da es sich um einen Restposten handelte, kommt entgegen der Auffassung der Vorinstanz der Frage, ob an die Beklagte regelmässig derartige Waren geliefert wurden, keine Bedeutung zu. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte für die Klägerin erkennbar nur den vorhandenen Restposten eines bestimmten Lieferanten verkaufen wollte. Damit handelt es sich nicht um eine gewöhnliche, sondern nur um eine begrenzte Gattungsschuld (von Tuhr/Peter, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., Bd. I S. 57; Brunner, UN-Kaufrecht - CISG, N. 11 zu Art. 79 CISG; Stoll/Gruber, in Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen Un-Kaufrecht - CISG-, 4. Aufl., München 2004, N. 18 f. zu Art. 79 CISG). Soweit der gesamte Vorrat verkauft werden sollte, nähert sich das Geschäft in der Tat dem Stückkauf, wie dies die Beklagte geltend macht. Diesem Aspekt kommt indessen keine massgebende Bedeutung zu, und er muss nicht abschliessend behandelt werden. Grund der Leistungsstörung war allein das Verhalten des Lieferanten. Damit ist einzig massgeblich, wer das Risiko der Nichtleistung des Liferanten zu tragen hat. Die Haftung für den Zulieferanten ist Teil des allgemeinen Beschaffungsrisikos und trifft daher den Verkäufer. Dieser wird grundsätzlich nicht entlastet, wenn ihn sein Zulieferant im Stich lässt (Stoll/Gruber, a.a.O., N. 29 zu Art. 79 CISG). Will ein Schuldner für derartige Leistungshindernisse, die seinem Risikobereich zuzurechnen sind, die Verantwortung nicht übernehmen, muss er sich durch eine Selbstbelieferungsklausel freizeichnen (Brunner, a.a.O., N. 6 und 11 zu Art. 79 CISG). Zu prüfen bleibt mithin, ob die Klägerin aufgrund der gesamten Umstände erkennen musste, dass die Beklagte das Risiko für die Lieferung nicht übernehmen wollte. 
1.5 Die Beklagte hat im kantonalen Verfahren behauptet, sie habe sich bewusst vorsichtig verhalten, da sie nicht sicher gewesen sei, ob sie das TETA erhältlich machen könne, und sie habe dies der Klägerin auch so mitgeteilt. Den Beweis dafür hielt die Vorinstanz aber offensichtlich nicht für erbracht. Kritik an dieser Beweiswürdigung ist im Berufungsverfahren nicht zu hören. Dass die Beklagte diesbezüglich prozesskonform weitere Beweismittel angeboten hätte, welche die Vorinstanz nicht abnahm, zeigt die Beklagte nicht auf, so dass auch eine Verletzung von Art. 8 ZGB (vgl. BGE 130 III 591 E. 5.4 S. 601; 129 III 18 E. 2.6 S. 24 f.) ausser Betracht fällt und es bei diesem Beweisergebnis bleibt. 
1.6 Inwiefern aufgrund der im angefochtenen Entscheid enthaltenen tatsächlichen Feststellungen der Schluss, die Beklagte trage das Risiko für die Nichtleistung des Lieferanten, unzutreffend sein sollte, legt die Beklagte nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Zwar könnte in dem Hinweis auf den gemeinsamen Verkauf ein Indiz dafür gesehen werden, dass die Beklagte das Beschaffungsrisiko nicht allein zu tragen hatte. Wenn die Vorinstanz dieses Indiz für sich allein nicht für hinreichend erachtete, hat sie indessen kein Bundesrecht verletzt, zumal die Beklagte nichts Entsprechendes behauptet hatte. Genügte der Hinweis in der Kaufbestätigung für die Annahme, dass beide Parteien das Beschaffungsrisiko gemeinsam tragen, wäre überdies eine Rückweisung zur Ergänzung des Sachverhalts nicht notwendig gewesen. 
2. 
Damit erweist sich die Berufung insgesamt als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die Beklagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beklagten auferlegt. 
3. 
Die Beklagte hat die Klägerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, I. Appellationshof, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 12. Juni 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: