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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_539/2007/bnm 
 
Urteil vom 4. Januar 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Parteien 
K.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Hanspeter Wüstiner, 
 
gegen 
 
V.________, 
Beschwerdegegnerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Georg Umbricht, 
 
Gegenstand 
Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, vom 17. August 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Am 10. Oktober 2006 eröffnete das Amtsgericht A.________ (Finnland) über das Vermögen von V.________ den Konkurs und ernannte K.________ zum Konkursverwalter. Auf dessen Gesuch hin anerkannte die Konkursrichterin am Bezirksgericht Zürich das in Finnland ergangene Konkursdekret und eröffnete am 2. April 2007 den Konkurs über das in der Schweiz gelegene Vermögen von V.________. Mit dem Vollzug wurde das Konkursamt Zürich (Altstadt) betraut. 
B. 
V.________ rekurrierte gegen die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets und die Konkurseröffnung in der Schweiz und machte insbesondere die örtliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichts Zürich geltend. Das Obergericht hiess den Rekurs gut und trat auf das Gesuch um Anerkennung des finnischen Konkursdekrets und um Eröffnung des Konkurses in der Schweiz nicht ein. Es hielt dafür, der Gesuchsteller K.________ habe Vermögen der Gemeinschuldnerin V.________ in Zürich nicht glaubhaft gemacht (Beschluss vom 17. August 2007). 
C. 
Dem Bundesgericht beantragt der Konkursverwalter K.________, es sei der Konkurseröffnungsbeschluss des Amtsgerichts A.________ vom 10. Oktober 2006 im Verfahren gegen V.________ (mit Wirkung ab 2. April 2007, 15.00 Uhr) für das ganze Gebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft anzuerkennen und über das in der Schweiz gelegene Vermögen der Gemeinschuldnerin der Konkurs zu eröffnen und das Konkursamt Zürich (Altstadt), eventualiter das Konkursamt Montreux mit dem Vollzug des Konkurses des in der Schweiz liegenden Vermögens zu beauftragen. Es sind die Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt worden. Dem Gesuch der Beschwerdegegnerin um Einsicht in die Beschwerdebeilagen hat der Instruktionsrichter der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts entsprochen (Verfügung vom 30. November 2007). Gemäss Mitteilung des Obergerichts (Zustellung der Akten) ist kein kantonales Rechtsmittel mehr hängig. 
 
Erwägungen: 
1. 
Der angefochtene Beschluss betrifft die Zuständigkeit des Konkursgerichts zur Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets und zur Eröffnung des Konkurses in der Schweiz. Er unterliegt der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a und lit. b Ziff. 1 BGG). Die Beschwerde gegen Entscheide des Konkursgerichts ist an keinen Streitwert gebunden (Art. 74 Abs. 2 lit. d BGG), so dass es einer "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" (Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG), wie sie der Beschwerdeführer behauptet (S. 3 f. Ziff. 6), nicht bedarf. Die Verneinung der Zuständigkeit ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG; vgl. BGE 130 III 136 E. 1.1 S. 139). Die Beschwerde gegen die Konkurseröffnung hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. Art. 103 BGG). Sie gestattet die Rüge der Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich verfassungsmässiger Rechte (Art. 95 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 133 III 446 E. 3.1 S. 447). Die Erhebung der subsidiären Verfassungsbeschwerde ist deshalb entgegen der Annahme des Beschwerdeführers (S. 3 Ziff. 4) nicht erforderlich (Art. 113 BGG). 
 
Zulässig ist die Beschwerde in Zivilsachen - wie im Übrigen auch die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 BGG) - nur "gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen" (Art. 75 Abs. 1 BGG). Diese Letztinstanzlichkeit ist zu verneinen, wenn der kantonale Rechtsmittelzug nicht ausgeschöpft wurde. Die Verletzung eines wesentlichen Verfahrensgrundsatzes, aktenwidrige oder willkürliche tatsächliche Annahmen sowie die Verletzung klaren materiellen Rechts können mit kantonaler Nichtigkeitsbeschwerde beim Kassationsgericht angefochten werden (§ 281 ZPO/ZH), die gegen die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets wie auch gegen die Eröffnung des Konkurses in der Schweiz zulässig ist (z.B. ZR 90/1991 Nr. 45; BGE 117 Ia 396 E. 2 S. 400; vgl. Kaufmann-Kohler/Rigozzi, in: Commentaire de la Loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite ainsi que des articles 166 à 175 de la Loi fédérale sur le droit international privé, Basel 2005, N. 24 zu Art. 167 LDIP). Das Obergericht hat auf dieses Rechtsmittel ausdrücklich hingewiesen. Auf entsprechende Rügen kann im Folgenden nicht eingetreten werden (vgl. BGE 133 III 585 E. 3). 
 
Mit den erwähnten Vorbehalten kann auf die Beschwerde eingetreten werden. Weitere formelle Einzelfragen sind im Sachzusammenhang zu erörtern. 
2. 
Eine Verletzung seines Beweisführungsanspruchs gemäss Art. 8 ZGB erblickt der Beschwerdeführer darin, dass das Obergericht seine Beweismittelanträge stillschweigend übergangen und die beantragten Beweismittel nicht abgenommen habe (S. 7 Ziff. 19 und S. 12 f. Ziff. 36-42 der Beschwerdeschrift). 
2.1 Die Beweismittelanträge haben das Bestehen von Vermögen der Beschwerdegegnerin in der Schweiz und damit die Zuständigkeit der Zürcher Gerichte betroffen, zumal ein Antrag auf Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets an das zuständige Gericht am Ort des Vermögens in der Schweiz zu richten ist (Art. 167 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht, IPRG, SR 291). 
2.2 Das Obergericht hat festgehalten, der Prozess sei "spruchreif" (E. 1 S. 3). Mit dieser Wendung hat es ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass auch die beantragte Abnahme zusätzlicher Beweise an seiner aufgrund der Akten gewonnenen Überzeugung nichts mehr zu ändern vermöchte. Spruchreife bedeutet, dass es keiner weiteren Erhebungen bedarf und der Tatbestand soweit abgeklärt ist, dass unter Anwendung der in Betracht fallenden Rechtsnormen über das Schicksal der Begehren entschieden werden kann (Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3.A. Zürich 1979, S. 360). Es liegt vorweggenommene Beweiswürdigung vor, die zulässig ist und den bundesrechtlichen Beweisanspruch nicht verletzt (BGE 129 III 18 E. 2.6 S. 25; 130 III 591 E. 5.4 S. 602). Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet. 
2.3 Beweismittel, deren Abnahme das Obergericht verweigert hat, haben vor Bundesgericht als neu und unzulässig zu gelten (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG). Unbeachtlich sind deshalb namentlich die neu eingereichten Kopien aus den Konkursakten, deren Beizug das Obergericht abgelehnt hat. Diese Ablehnung gestützt auf vorweggenommene Beweiswürdigung ist mit Nichtigkeitsbeschwerde vor dem kantonalen Kassationsgericht anzufechten (E. 1 hiervor). 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt insofern eine Verletzung des Beweismasses, als das Obergericht zu strenge Anforderungen an den Nachweis von Vermögen in der Schweiz gestellt habe (S. 10 ff. Ziff. 26-34 und S. 14 Ziff. 43 der Beschwerdeschrift). 
3.1 Die Beschwerde hat gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG eine Begründung zu enthalten, die für Verletzungen von Bundesgesetzesrecht den formellen Anforderungen an die frühere Berufungsschrift (Art. 55 Abs. 1 lit. c OG) zu genügen hat (BGE 133 IV 286 E. 1.4 S. 287). Der Verweis auf die Eingabe an das Bezirksgericht (S. 5 Ziff. 10) und auf die Ausführungen in der Rekursantwort (S. 12 Ziff. 34) vermag die Beschwerdebegründung deshalb nicht zu ersetzen und ist unzulässig (vgl. BGE 84 II 107 E. 1 S. 110; 131 III 384 E. 2.3 S. 387). 
3.2 Zuständig sind die Gerichte "am Ort des Vermögens in der Schweiz" (Art. 167 Abs. 1 IPRG). Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung braucht das Vorhandensein von Vermögen in der Schweiz nicht bewiesen zu werden, sondern es genügt die blosse Glaubhaftmachung (vgl. die Kommentatoren: Kaufmann-Kohler/Rigozzi, a.a.O., N. 3 zu Art. 167 LDIP, sowie Berti, Basel 2007, N. 5, und Volken, Zürich 2004, N. 22, je zu Art. 167 IPRG; mit umfassenden Hinweisen: Braconi, La collocation des créances en droit international suisse de la faillite, Diss. Zürich 2004, Druck 2005, S. 23 bei und in Anm. 179). Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers hat das in BGE 130 III 620 Nr. 80 veröffentlichte Urteil 4C.332/2003 vom 7. Mai 2004 daran nichts geändert. Es wird darin zwar mehrfach ausgeführt, der ausländische Konkursverwalter könne nach Art. 166 ff. IPRG die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets verlangen, wenn er Vermögenswerte des Konkursiten in der Schweiz vermutet (BGE 130 III 620 E. 3.4.2 und 3.4.3 S. 629 f.). Eine Aussage zum erforderlichen Beweismass wollte damit jedoch nicht gemacht werden. Vielmehr hat die für die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets zuständige Abteilung auch seither ausdrücklich festgehalten, Vermögenswerte in der Schweiz seien glaubhaft zu machen (z.B. Urteil 5P.284/2004 vom 19. Oktober 2004, E. 4.2, zitiert bei Kaufmann-Kohler/Rigozzi, a.a.O., N. 3 zu Art. 167 LDIP, sowie bei Girsberger/ Schramm, Entwicklungen im schweizerischen internationalen Privatrecht, SJZ 102/2006 S. 82 ff., S. 86 Ziff. 5). 
3.3 Das Obergericht hat Glaubhaftmachung von Vermögenswerten in der Schweiz verlangt (E. 3.3 S. 5 des angefochtenen Beschlusses) und ist damit vom zutreffenden Beweismass ausgegangen. Hier nicht zu überprüfen ist, ob der den bundesrechtlichen Anforderungen entsprechende Beweis von der beweisbelasteten Partei tatsächlich erbracht worden ist; das ist nach ständiger Rechtsprechung eine Frage der gerichtlichen Beweiswürdigung (BGE 130 III 321 E. 5 S. 327), die nach dem Gesagten vor dem kantonalen Kassationsgericht zu erörtern ist (E. 1 und E. 2.3 hiervor). 
4. 
Eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) erblickt der Beschwerdeführer darin, dass sich das Obergericht mit dem legitimen Interesse der Beschwerdegegnerin zur Erhebung der Unzuständigkeitseinrede nicht befasst habe, obwohl er entsprechende Rügen ausdrücklich erhoben habe (S. 9 Ziff. 24 und S. 15 Ziff. 48 der Beschwerdeschrift). Bei den Ansprüchen aus Art. 29 Abs. 2 BV handelt es sich um vom Kassationsgericht frei überprüfbare wesentliche Verfahrensgrundsätze im Sinne von § 281 Ziff. 1 ZPO/ZH (BGE 133 III 585 E. 3.4 S. 587). Auf die Beschwerde kann auch in diesem Punkt nicht eingetreten werden. 
5. 
Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, das Bundesgericht solle die Frage beantworten, ob in Bezug auf Finnland das erforderliche Gegenrecht für die Anerkennung des finnischen Konkursdekrets gegeben sei (S. 8 Ziff. 21 und S. 15 Ziff. 44-47 der Beschwerdeschrift). Wie der Beschwerdeführer hervorhebt, stellt sich die Frage nicht, wenn die Zürcher Gerichte - nach dem Gesagten (E. 2-4 hiervor) - ihre örtliche Zuständigkeit verneinen durften. Zur Beantwortung bloss theoretischer Fragen aber ist die Beschwerde - wie bis anhin - nicht gegeben (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG; vgl. BGE 131 I 153 E. 1.2 S. 157; 131 II 649 E. 3.1 S. 651). Im Übrigen geht der Beschwerdeführer selber davon aus, er werde bei Erfolglosigkeit der vorliegenden Beschwerde neue Gesuche um Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets in Zürich und/oder Montreux stellen. Die Frage wird deshalb von den zuständigen Gerichten in den betreffenden Verfahren gegebenenfalls zu prüfen sein. 
6. 
Mit seinem Eventualantrag verlangt der Beschwerdeführer, das ausländische Konkursdekret anzuerkennen, den Konkurs in der Schweiz zu eröffnen und das Konkursamt Montreux mit dem Vollzug des Konkurses zu beauftragen. Er begründet den Eventualantrag damit, dass die Konkursitin in Montreux Eigentümerin einer Wohnung sei (S. 9 Ziff. 22 der Beschwerdeschrift). Das Bundesgericht ist indessen weder das zuständige Gericht im Sinne von Art. 167 IPRG noch sonstwie gesamtschweizerische Behörde für die Anerkennung ausländischer Konkursdekrete. Der Beschwerdeführer hat vielmehr ein Gesuch um Anerkennung an das zuständige kantonale Gericht am Ort des Vermögens in der Schweiz zu richten. Der Eventualantrag erweist sich als unzulässig. 
7. 
Aus den dargelegten Gründen muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Der Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, sowie dem Konkursamt Zürich (Altstadt) [Talstrasse 11, Postfach, 8022 Zürich] schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 4. Januar 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli von Roten