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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_520/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 19. Januar 2017  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Herrmann, Bovey, 
Gerichtsschreiber Zingg. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ (in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über den Nachlass von 
B.________), 
vertreten durch Rechtsanwältin Susanne Hirschberg, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Franco Lorandi, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Definitive Rechtsöffnung (Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 10. Juni 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Mit Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Deutschland) vom 5. Juni 2014 wurde C.________ verurteilt, an A.________ (in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über den Nachlass von B.________) EUR 142'785.44 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5. März 2013 zu bezahlen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des gleichen Gerichts vom 17. Juni 2014 wurde C.________ verpflichtet, EUR 3'781.22 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2014 an die Prozessbevollmächtigte von A.________, Rechtsanwältin D.________, zu erstatten. In diesen Entscheiden ist C.________ mit einer Wohnadresse in Düsseldorf vermerkt. 
Nach ihrem Umzug in die Schweiz betrieb A.________ (als Insolvenzverwalter über den Nachlass von B.________) C.________ (Zahlungsbefehl vom 2. Dezember 2015 in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamts Zürich 2) für die genannten Forderungen. C.________ erhob Rechtsvorschlag. 
 
B.   
Am 8. März 2016 ersuchte A.________ (als Insolvenzverwalter über den Nachlass von B.________) das Bezirksgericht Zürich um definitive Rechtsöffnung für Fr. 174'310.55 und Fr. 4'374.86, je nebst 4,17 % Zins seit 2. Dezember 2015. 
Das Bezirksgericht trat auf das Gesuch mit Verfügung vom 20. April 2016 nicht ein. 
 
C.   
Dagegen erhob A.________ (als Insolvenzverwalter über den Nachlass von B.________) am 19. Mai 2016 Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. Er verlangte die Aufhebung der Verfügung des Bezirksgerichts und die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung für die genannten Beträge. Eventuell sei die Sache an das Bezirksgericht zurückzuweisen. 
Mit Urteil vom 10. Juni 2016 wies das Obergericht die Beschwerde ab. 
 
D.   
Am 12. Juli 2016 hat A.________ in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über den Nachlass von B.________ (Beschwerdeführer) Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Er verlangt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und die Erteilung der Rechtsöffnung im genannten Umfang. Allenfalls sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen. 
Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. C.________ (Beschwerdegegnerin) schliesst in ihrer Beschwerdeantwort vom 7. November 2016 auf Abweisung der Beschwerde. Allenfalls sei die Sache an das Ober- oder das Bezirksgericht zurückzuweisen. Zudem ersucht sie um Sicherstellung der Parteikosten. Der Beschwerdeführer hat zur Beschwerdeantwort am 21. November 2016 Stellung genommen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Die vorliegende Beschwerde in Zivilsachen betrifft eine Schuldbetreibungssache und erweist sich als zulässig (Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75, Art. 76, Art. 90, Art. 100 Abs. 1 BGG). 
 
2.   
Umstritten ist, ob der Beschwerdeführer, der als Insolvenzverwalter des Nachlasses von B.________ auftritt, befugt ist, die definitive Rechtsöffnung gegenüber der Beschwerdegegnerin zu verlangen. Die kantonalen Gerichte haben ihm die Prozessführungsbefugnis abgesprochen. 
 
2.1. In Bezug auf einen ausländischen Konkurs geht die Schweiz vom Territorialitätsprinzip aus. Ob die ausländische Konkursmasse bzw. der Konkursverwalter auf Vermögen in der Schweiz greifen kann, beurteilt sich nach dem 11. Kapitel des IPRG (SR 291), d.h. nach Art. 166 bis 175 IPRG. Erforderlich ist dafür namentlich, dass das ausländische Konkursdekret in der Schweiz vorgängig anerkannt wurde, wofür die Voraussetzungen von Art. 166 Abs. 1 lit. a bis c IPRG gelten. Wird das ausländische Konkursdekret anerkannt, so unterliegt das in der Schweiz befindliche Vermögen des Schuldners grundsätzlich den konkursrechtlichen Folgen des schweizerischen Rechts (Art. 170 Abs. 1 IPRG) mit der Folge, dass das Konkursamt über das in der Schweiz befindliche Vermögen einen sogenannten Hilfskonkurs eröffnet. Das in den Art. 166 bis 175 IPRG vorgesehene System ist abschliessend. Der ausländische Konkursverwalter ist in der Schweiz einzig berechtigt, die Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets sowie den Erlass sichernder Massnahmen zu beantragen (Art. 166 Abs. 1 und Art. 168 IPRG) und - nach erfolgter Anerkennung des ausländischen Konkursdekrets in der Schweiz - gestützt auf Art. 171 IPRG Anfechtungsansprüche gemäss den Art. 285 bis 292 SchKG einzuklagen, sofern das schweizerische Konkursamt und die kollozierten Gläubiger darauf verzichtet haben. Demgegenüber ist eine ausländische Konkursmasse nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts namentlich nicht befugt, in der Schweiz Betreibungshandlungen vorzunehmen, eine Klage gegen einen angeblichen Schuldner des Konkursiten zu erheben oder im Konkurs des Schuldners in der Schweiz eine Forderung einzugeben. Grund für diese Beschränkung der Prozessführungsbefugnis ist, dass durch die genannten Handlungen das vom IPRG in den Art. 166 bis 175 konzipierte System (Generalexekution über das in der Schweiz gelegene Vermögen des Konkursiten), das unter anderem eine Privilegierung von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz bezweckt, umgangen würde (zum Ganzen: BGE 141 III 222 E. 5 S. 225; 139 III 236 E. 4.2 S. 237 ff.; 137 III 570 E. 2 S. 572 ff., 631 E. 2.3 S. 633 ff.; 135 III 40 E. 2.4 und 2.5 S. 43 f.; 134 III 366 E. 9 S. 374 ff.; 129 III 683 E. 5.3 S. 688).  
 
2.2. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass das ausländische Konkursdekret in der Schweiz nicht anerkannt worden ist. Es geht demnach nicht darum, ob der Beschwerdeführer als Insolvenzverwalter nach der Anerkennung des Konkursdekrets in der Schweiz gegen die Beschwerdegegnerin vorgehen könnte oder nicht. Vielmehr geht es um die Frage, ob der Beschwerdeführer ohne eine solche Anerkennung tätig werden kann. Entgegen seiner Auffassung kann er dazu nichts aus dem LugÜ (SR 0.275.12) ableiten, denn die Prozessführungsbefugnis von Konkursverwaltern ist darin nicht geregelt (vgl. Art. 1 Ziff. 2 lit. b LugÜ). Daran ändert auch nichts, dass es vorliegend um eine definitive Rechtsöffnung geht. Einzig daraus, dass Art. 22 Ziff. 5 LugÜ den Zwangsvollstreckungsgerichtsstand regelt, kann - unabhängig von dessen Anwendbarkeit im vorliegenden Fall - nicht auf die Prozessführungsbefugnis des ausländischen Konkursverwalters geschlossen werden. Der Umstand, dass die fragliche Forderung durch die deutschen Gerichte angeblich bereits rechtskräftig beurteilt worden ist und in der Schweiz angeblich nicht nochmals beurteilt werden kann, ist für die Frage der Prozessführungsbefugnis belanglos. Der Beschwerdeführer beruft sich ausserdem darauf, dass das Bundesgericht in BGE 139 III 236 E. 4.5 dem ausländischen Konkursverwalter die Prozessführungsbefugnis nicht kategorisch abgesprochen habe. Wie es sich mit den in BGE 139 III 236 E. 4.5 angesprochenen Konstellationen verhält, kann indes weiterhin offenbleiben. Mit dem Rechtsöffnungsgesuch (und der vorherigen Betreibung) zielt der Beschwerdeführer nämlich darauf ab, auf Vermögenswerte (Forderungen) der Konkursmasse zu greifen, die in der Schweiz - nämlich am Wohnsitz der Beschwerdegegnerin - gelegen sind (Art. 167 Abs. 3 IPRG; BGE 134 III 366 E. 9.2.4 S. 378). Entgegen seiner Auffassung geht es demnach um in der Schweiz gelegenes Vermögen, das er der konkursrechtlichen Verwertung zuführen will. Nach der finalen Betrachtungsweise, die der dargestellten Rechtsprechung über die eingeschränkte Prozessführungsbefugnis des ausländischen Konkursverwalters zugrundeliegt, dient sein Vorgehen folglich der Durchführung des ausländischen Konkurses und es ist ihm die Prozessführung in der Schweiz grundsätzlich untersagt (BGE 137 III 631 E. 2.3.4 S. 635). Der Beschwerdeführer bestreitet schliesslich, dass es Gläubiger in der Schweiz gebe, die geschützt werden müssten. Dem obergerichtlichen Urteil lässt sich nicht entnehmen, ob die Konkursmasse Gläubiger in der Schweiz aufweist. Ob solche Gläubiger existieren, erweist sich gegebenenfalls erst im in der Schweiz durchgeführten Hilfskonkurs.  
Der Beschwerdeführer ist somit für die in Frage stehende definitive Rechtsöffnung nicht prozessführungsbefugt. Die Beschwerde ist abzuweisen. 
 
3.   
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um Sicherstellung der Parteientschädigung (Art. 62 Abs. 2 BGG) ist erst in der Beschwerdeantwort gestellt worden, d.h. nachdem der finanziell abzusichernde Aufwand bereits angefallen war. Das Gesuch ist damit gegenstandslos geworden. Nach Einreichung des Gesuchs ist der Beschwerdegegnerin kein weiterer, zu sichernder Aufwand mehr entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Das Gesuch um Sicherstellung der Parteientschädigung wird als gegenstandslos abgeschrieben. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4.   
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen. 
 
5.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Januar 2017 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Zingg