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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
5A_803/2015  
   
   
 
 
 
Urteil vom 14. Januar 2016  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bovey, 
Gerichtsschreiber von Roten. 
 
Verfahrensbeteiligte 
C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roger Groner, 
Klägerin und Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. H.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Hauser, 
2. A.________, 
Beklagte 1 und 3 und Beschwerdegegnerinnen. 
 
Gegenstand 
Rückzug einer Erbteilungsklage (Prozesskosten), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 10. September 2015. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am xx.xx.2012 starb I.________, Jahrgang 1923 (Erblasserin). Sie hatte keine Nachkommen und bestätigte letztwillig die gesetzliche Erbfolge. Als alleinige Erben wurden ihre Schwester H.________ sowie die Kinder ihres vorverstorbenen Bruders D.________, nämlich B.________, A.________ und C.________ anerkannt. Die Willensvollstreckung übernahm die J.________ AG in V.________ (Erbbescheinigung vom 31. Dezember 2012).  
 
A.b. Mit Klagebewilligung von 10. März 2014 und Eingabe vom 26. Juni 2014 erhob C.________ (Klägerin) Erbteilungsklage gegen H.________ (Beklagte 1), B.________ (Beklagten 2) und A.________ (Beklagte 3) mit dem Begehren, den Nachlass der Erblasserin festzustellen und zu teilen (Ziff. 1). Sie stellte in der Klageschrift insbesondere Begehren zu den Erbschaftssteuern (Ziff. 2a und 2b), zu Ansprüchen gegen die J.________ AG aus Vermögensverwaltung als Aktiven des Nachlasses (Ziff. 2c), zu den Passiven des Nachlasses (Ziff. 2d) und zur Zuweisung und Teilung einer Nachlassliegenschaft (Ziff. 3). In ihren Klageantworten stellten die Beklagten eigene Begehren zur Erbteilung.  
 
A.c. An der Instruktionsverhandlung vom 18. März 2015 wurden erfolglos Vergleichsgespräche geführt. Die Klägerin zog mit Schreiben vom 7. April 2015 ihre Klage zurück und äusserte sich zur Streitwertbemessung und zur Verteilung der Kosten. Bei einem Wert des zu teilenden Nachlasses (vor Steuern) von Fr. 8'438'808.70 und dem Erbanteil der Klägerin von einem Sechstel legte das Bezirksgericht U.________ den Streitwert auf Fr. 1'406'468.-- fest. Es schrieb das Verfahren als durch Rückzug erledigt ab, auferlegte die Gerichtskosten von Fr. 20'000.-- der Klägerin und verpflichtete die Klägerin, der Beklagten 1 eine Parteientschädigung von Fr. 32'000.-- zu bezahlen (Zirkulationsbeschluss vom 12. Mai 2015).  
 
B.  
 
B.a. Die Klägerin legte gegen den Prozesskostenentscheid am 29. Juni 2015 beim Obergericht des Kantons Zürich Beschwerde ein.  
 
B.b. Am 27. Juli 2015 teilte die Klägerin mit, dass der Beklagte 2 am 6. Juni 2015 gestorben ist. Das Obergericht stellte fest, dass die Beklagte 3 Alleinerbin des Beklagten 2 ist, und passte das Rubrum im Beschwerdeverfahren entsprechend an.  
 
B.c. Das Obergericht wies die Beschwerde der Klägerin ab und auferlegte ihr die zweitinstanzliche Entscheidgebühr von Fr. 2'500.--. Es wurden keine Parteientschädigungen zugesprochen (Urteil vom 10. September 2015).  
 
C.   
Mit Eingabe vom 8. Oktober 2015 beantragt die Klägerin dem Bundesgericht, es seien die Gerichtskosten des Bezirksgerichts auf Fr. 3'330.-- und die Parteientschädigung an die Beklagte 1 auf Fr. 8'510.-- festzusetzen. Die zweitinstanzliche Entscheidgebühr sei aufzuheben, ihr Aufwand angemessen zu entschädigen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren. Während das Obergericht auf eine Vernehmlassung verzichtet hat, schliessen die Beklagten auf Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung. Der Präsident der II. zivilrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt (Verfügung vom 9. November 2015). Es sind die kantonalen Akten, in der Sache hingegen keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
Im Gegensatz zum Abschreibungsbeschluss zufolge Klagerückzugs ist der darin enthaltene Prozesskostenentscheid mit Beschwerde anfechtbar (BGE 139 III 133 E. 1.2). Er betrifft eine Erbteilungsklage und damit eine Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG), hat einen Streitwert von Fr. 40'160.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG; Urteil 4D_54/2013 vom 6. Januar 2014 E. 1.2, nicht veröffentlicht in: BGE 140 III 30), ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 BGG), lautet zum Nachteil der Klägerin (Art. 76 Abs. 1 BGG) und schliesst das kantonale Verfahren ab (Art. 90 BGG). Auf die im Weiteren fristgerecht (Art. 100 Abs. 1 BGG) erhobene Beschwerde kann grundsätzlich eingetreten werden. 
 
2.   
Prozesskosten sind die Gerichtskosten und die Parteientschädigung (Art. 95 Abs. 1 ZPO). Sie werden der unterliegenden Partei und im Falle eines Klagerückzugs der klagenden Partei auferlegt (Art. 106 Abs. 1 ZPO). Gegen den Verteilungsgrundsatz wendet die Klägerin nichts ein. Sie rügt die Ermittlung des Streitwertes (Ziff. 8-16) und die Festsetzung der Prozesskosten (Ziff. 17-18) und dabei namentlich die Umstände des Verfahrens bzw. Entscheids des Bezirksgerichts (Ziff. 19 lit. a-g und Ziff. 11 der Beschwerdeschrift). 
 
3.   
Zur Ermittlung des Streitwertes führt die Klägerin aus, ihr Erbanteil könne hierfür nicht massgebend sein, zumal Streitgegenstand einzig die Sicherstellung der Steuern gewesen sei und damit der tatsächliche Streitwert rund Fr. 58'333.-- betrage. Sollte dennoch von ihrem Erbanteil ausgegangen werden, habe das Obergericht nicht erklärt, weshalb der Streitwert nicht um den für Steuern reservierten Betrag von 4 Mio. Fr. zu reduzieren sei (Ziff. 8-16 der Beschwerdeschrift). 
 
3.1. Im Zivilprozess wird der Streitgegenstand durch die Klagebegehren und die zu ihrer Begründung vorgebrachten Tatsachen bestimmt (BGE 136 III 123 E. 4.3.1 S. 126). Allein schon aufgrund der Klagebegehren durfte das Obergericht von einer Erbteilungsklage ausgehen, die im Hauptbegehren uneingeschränkt auf Feststellung und Teilung des Nachlasses der Erblasserin lautet. Es trifft zwar zu, dass die Klägerin an der Schlichtungsverhandlung das umfassende Rechtsbegehren von ihrem heutigen Rechtsvertreter dahin gehend hat erläutern lassen, dass einzig die Frage der Zahlung der Steuern und allenfalls der Verkauf der Liegenschaft streitig seien und der Streitwert Fr. 80'000.-- betrage. Ihre neu bestellten Rechtsvertreter haben das umfassende Rechtsbegehren dann aber wie auch die Beklagten seinem klaren Wortlaut gemäss verstanden und in der Klageschrift "insbesondere" Begehren gestellt und begründet, die sich nicht bloss auf Steuern bezogen, sondern die Erbteilung insgesamt bezweckt haben. Darauf hat das Obergericht abgestellt (E. 6.4 S. 4), so dass ihm weder Willkür in der Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV) noch eine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) oder von Bestimmungen der ZPO vorgehalten werden kann. Streitgegenstand war danach die Erbteilung, d.h. die Feststellung und Teilung des Nachlasses der Erblasserin, wie es die Klägerin begehrt hat.  
 
3.2. Der Streitwert im Erbteilungsprozess entspricht dem Wert des zu teilenden Nachlasses, wenn der Teilungsanspruch bestritten ist, bloss dem Wert des klägerischen Erbanteils hingegen, wenn sich die Parteien - wie hier - über den Grundsatz der Teilung einig sind (BGE 127 III 396 E. 1b/cc S. 398 mit Hinweisen). In Anlehnung an die Rechtsprechung hat das Obergericht dafürgehalten (E. 6.4 S. 4), der Streitwert entspreche dem Anteil der Klägerin am zu teilenden Nachlass (1/6 von Fr. 8'438'808.70) und betrage Fr. 1'406'468.-- (E. 6.1 S. 3 des angefochtenen Urteils). Der Vorwurf der Klägerin (Ziff. 16), das Obergericht habe auf den Wert der Erbschaft als solcher zur Bestimmung des Streitwertes abgestellt, erweist sich somit als haltlos. Entgegen ihrer Behauptung (Ziff. 12) hat das Obergericht auch erklärt und mit Hinweisen auf die Lehre begründet, weshalb bei der Berechnung des Nettonachlasses nicht zusätzlich die von den Erben geschuldeten Erbschaftssteuern von hier rund 4 Mio. Fr. in Abzug zu bringen seien (E. 6.4 S. 4 f.). Das angefochtene Urteil genügt damit - entgegen dem Vorwurf der Klägerin - den Anforderungen an die Urteilsbegründung (Art. 29 Abs. 2 BV; BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237). Mit der gegebenen Begründung wiederum setzt sich die Klägerin nicht auseinander (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2 S. 88). Eine Auseinandersetzung hätte sich indessen aufgedrängt, zumal eine Erbschaftssteuer, die je nach dem Erbanfall den verschiedenen Erben individuell und in unterschiedlicher Höhe auferlegt wird, nicht den Nachlass oder die Erbengemeinschaft belastet, weshalb die interne Auseinandersetzung der Erben über die Tragung der Steuern auch nicht zur Erbteilung gehört (BGE 108 II 490 E. 3 S. 492).  
 
3.3. Aus den dargelegten Gründen erscheint es nicht als bundesrechtswidrig, dass das Obergericht den Streitwert im Erbteilungsprozess der Klägerin auf Fr. 1'406'468.-- festgesetzt hat.  
 
4.   
Die Klägerin rügt die ausgesprochene Gerichtsgebühr und die Parteientschädigung als unverhältnismässig und damit als verfassungswidrig (Ziff. 17 ff. der Beschwerdeschrift). Soweit sie bei ihrer Bemessung der Prozesskosten allerdings von einem anderen als dem obergerichtlich angenommenen Streitwert ausgeht (Ziff. 17), kann auf Gesagtes (E. 3) verwiesen werden. 
 
4.1. Für die Prozesskosten setzen die Kantone die Tarife fest (Art. 96 ZPO). Gestützt darauf bestehen im Kanton Zürich die Gebührenverordnung des Obergerichts (GebV OG; LS/ZH 211.11) und die Verordnung über die Anwaltsgebühren (AnwGebV; LS/ZH 215.3). Die verfassungsmässigen Grundsätze (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip) sind anerkannt und brauchen nicht wiederholt zu werden (BGE 139 III 334 E. 3.2.3-3.2.4 S. 337 ff.). Der Streitwert darf bei der Bemessung der Gebühr eine massgebende Rolle spielen (BGE 130 III 225 E. 2.3 S. 228; 139 III 334 E. 3.2.4 S. 337), zumal die Tarife nebst dem Streitwert den Zeitaufwand und die Schwierigkeit des Falls berücksichtigen (§§ 4 Abs. 2 und 5 Abs. 1 GebV OG; § 2 AnwGebV) und insoweit den verfassungsmässigen Grundsätzen entsprechen (BGE 120 Ia 171 E. 4 S. 175 ff.; für die Parteientschädigung: Urteile 4A_602/2012 vom 11. März 2013 E. 6.1, in: SJ 135/2013 I S. 502 f., und 5A_171/2014 vom 14. Juli 2014 E. 2.3).  
 
4.2. Das Obergericht hat sich mit der Bemessung der Gerichtskosten und der Parteientschädigung und den dagegen erhobenen Rügen der Klägerin eingehend befasst. Es hat dem Streitwert eine massgebende Bedeutung zuerkannt und eine Herabsetzung der Grundgebühr für die Gerichtskosten von Fr. 34'800.-- zufolge Klagerückzugs um gut 40 % auf Fr. 20'000.-- als angemessen erachtet (E. 7 S. 5 ff.). Da der Anspruch auf die Anwaltsgebühr mit der Beantwortung der Klage entsteht (§ 11 Abs. 1 AnwGebV) und der Klagerückzug erst nach Erstattung der Klageantwort erfolgt ist, hat das Obergericht den Klagerückzug in der Festsetzung der Parteientschädigung nicht als eigenen Reduktionsgrund berücksichtigen können. Es ist davon ausgegangen, eine Reduktion der ordentlichen Anwaltsgebühr von Fr. 35'465.-- um rund 10 % auf Fr. 32'000.-- erscheine mit Rücksicht auf den Zeitaufwand in einem Prozess mit mittlerem Schwierigkeits- und Verantwortlichkeitsgrad nicht als unangemessen (E. 8 S. 7 f. des angefochtenen Urteils). Statt auf die Begründung des Obergerichts zur Gebührenbemessung einzugehen, holt die Klägerin zu einem eigentlichen Rundumschlag gegen die Referentin am Bezirksgericht aus. Zu den Bemessungskriterien gehört zwar unter anderem der Zeitaufwand des Gerichts, den das Obergericht berücksichtigt hat, aber nicht die angebliche Beeinflussbarkeit, fehlende Neutralität, grob unrichtige Beurteilung usw., die die Klägerin beanstandet. Auch mit ihrem - erneut unzutreffenden (E. 3) - Hinweis, einzig die Steuern seien streitig gewesen, vermag sie weder die Verletzung eines verfassungsrechtlichen Verhältnismässigkeitsgebots noch sonstwie einen Verstoss gegen Bundesrecht zu begründen.  
 
4.3. Nach dem Gesagten kann die obergerichtliche Bemessung der erstinstanzlichen Prozesskosten - jedenfalls aufgrund der heutigen Vorbringen der Klägerin - nicht beanstandet werden.  
 
5.   
Soweit die Klägerin das Verhalten und die Prozessleitung der Referentin am Bezirksgericht selbstständig rügen will, ist es dazu vor Bundesgericht zu spät. Die angeblichen Verfahrensmängel hätten allesamt bereits vor Obergericht gerügt werden können und auch gerügt werden müssen (BGE 141 III 210 E. 5.2 S. 216). 
 
6.   
Ihren Antrag, die zweitinstanzliche Entscheidgebühr aufzuheben, begründet die Klägerin nicht. Der Antrag wird offenbar für den Fall der Gutheissung der Beschwerde gestellt, der indessen nicht eingetreten ist. Darauf einzugehen, erübrigt sich damit (BGE 140 III 86 E. 2 S. 88). 
 
7.   
Die Beschwerde muss abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist. Die Klägerin wird damit kosten-, nicht hingegen entschädigungspflichtig, zumal ihr Gesuch um aufschiebende Wirkung entgegen den Anträgen der Beklagten gutgeheissen wurde und in der Sache keine Vernehmlassungen der Beklagten eingeholt worden sind (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Klägerin und Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 14. Januar 2016 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: von Roten