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[AZA] 
K 134/98 Hm 
 
II. Kammer  
 
Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari; 
Gerichtsschreiber Schürer 
 
Urteil vom 2. März 2000  
 
in Sachen 
 
N.________, 1950, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts- 
anwalt Dr. B.________, 
 
gegen 
 
Helsana Versicherungen AG, Stadelhoferstrasse 25, Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
und 
 
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern 
 
    A.- N.________, geboren 1950, bezog gemäss Abrechnung 
der Kantonalen Arbeitslosenkasse Luzern vom 25. Juli 1995 
im Juli 1995 letztmals 20 Taggelder der Arbeitslosenver- 
sicherung, womit sein Anspruch (400 Arbeitslosentaggelder) 
erschöpft war. Ende Oktober 1995 reichte er der Helsana 
Versicherungen AG (damals Krankenkasse Helvetia; nachfol- 
gend: Helsana) eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 
20. Oktober 1995 ein; darin bestätigte Dr. med. M.________, 
dass der Versicherte seit 1. August 1995 zufolge Krankheit 
zu 100 % arbeitsunfähig sei. Mit Verfügung vom 3. Januar 
1996 sprach die Helsana N.________ ein Taggeld von 
Fr. 10.- mit Wirkung ab 1. August 1995 zu. Mit Einsprache 
vom 22. Januar 1996 beantragte dieser die Zusprechung eines 
Taggelds "gemäss Versicherungspolice". Die Helsana wies die 
Einsprache mit Entscheid vom 10. April 1996 ab. 
 
    B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher 
N.________ die Auszahlung eines Taggeldes von Fr. 155.- ab 
31. August 1995 beantragte, wies das Verwaltungsgericht des 
Kantons Luzern mit Entscheid vom 29. Juli 1998 ab. 
 
    C.- N.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde 
unter Erneuerung seines vorinstanzlichen Rechtsbegehrens. 
    Die Helsana schliesst auf Abweisung der Verwaltungs- 
gerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung 
hat keine Vernehmlassung eingereicht. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:  
 
    1.- a) Streitig ist, ob dem Beschwerdeführer ab 
31. August 1995 ein Taggeld von Fr. 155.- oder von ledig- 
lich Fr. 10.- zusteht. 
 
    b) Parteien und Vorinstanz stimmen zu Recht darin 
überein, dass es sich bei dem streitigen Taggeld bis 
31. Dezember 1995 um ein Krankengeld im Sinne von 
Art. 12bis Abs. 1 KUVG sowie ab 1. Januar 1996 um ein Tag- 
geld im Sinne von Art. 67 ff. KVG handelt. Demzufolge ist 
zu Recht auch unbestritten, dass das Eidgenössische Ver- 
sicherungsgericht zuständig ist zur Überprüfung des Tag- 
geldanspruchs sowohl für die Zeit vom 1. August bis 31. De- 
zember 1995 als auch für die Zeit ab 1. Januar 1996 
(Art. 91 KVG; BGE 124 V 202 Erw. 1b). 
    2.- a) Die freiwillige Taggeldversicherung nach 
Art. 67 ff. KVG bezweckt die Deckung des Erwerbsausfalls 
infolge von Krankheit, Unfall oder Mutterschaft, ist also 
eine reine Erwerbsausfallversicherung (Botschaft des Bun- 
desrates über die Revision der Krankenversicherung vom 
6. November 1991, BBl 1992 I S. 138; Eugster, Zum Leis- 
tungsrecht der Taggeldversicherung nach KVG, in LAMal-KVG, 
Lausanne 1997, S. 505 f. und S. 538 f.). Dies schliesst 
indessen nicht aus, dass im Versicherungsvertrag (vgl. dazu 
Maurer, Das neue Krankenversicherungsrecht, S. 108) neben 
dem Verdienstausfall weitere krankheitsbedingte Schadens- 
positionen als versicherte Risiken aufgeführt werden. 
 
    b) Der Schlussfolgerung, dass die freiwillige Taggeld- 
versicherung nach Art. 67 ff. KVG eine reine Erwerbsaus- 
fallversicherung ist, stehen namentlich die Bestimmungen 
über die Vermeidung einer Überentschädigung (Art. 78 Abs. 2 
KVG und Art. 122 KVV) nicht entgegen. Diese sowohl auf die 
obligatorische Krankenpflege- als auch die freiwillige Tag- 
geldversicherung anwendbaren Vorschriften bezeichnen nicht 
den Gegenstand der Taggeldversicherung (Eugster, a.a.O., 
S. 506), ebenso wenig denjenigen der Krankenpflegeversiche- 
rung. Sie bezwecken vielmehr, die Kürzung von Sozialver- 
sicherungsleistungen zu vermeiden, solange die versicherte 
Person Kosten oder Einbussen im Sinne von Art. 122 Abs. 2 
KVV zu tragen hat. Um die Überentschädigungsberechnung 
durchführen zu können, muss aber selbstverständlich in 
jedem Fall zunächst festgestellt werden, auf welche Sozial- 
versicherungsleistungen die versicherte Person überhaupt 
Anspruch hat (RKUV 1998 KV Nr. 43 S. 421 Erw. 2a und b). 
 
    c) Aus dem vorliegend anwendbaren Reglement Taggeld- 
Versicherung der Helsana, Ausgabe 1995 (nachfolgend: Regle- 
ment), sowie den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für 
die freiwillige Taggeldversicherung Salaria, Ausgabe 1996 
(nachfolgend: AVB), ergibt sich ohne weiteres, dass sowohl 
bis zum 31. Dezember 1995 als auch ab 1. Januar 1996 die 
vom Beschwerdeführer abgeschlossene Taggeldversicherung 
eine Erwerbsausfallversicherung war. Nach Art. 1 des Regle- 
ments waren der Einkommensausfall sowie andere ungedeckte 
Kosten, die durch eine krankheits- oder unfallbedingte 
Arbeitsunfähigkeit entstanden, gedeckt, und nach Art. 36 
AVB deckte die Taggeldversicherung den Verdienstausfall bei 
Arbeitsunfähigkeit, welche durch Krankheit, Unfall oder 
Mutterschaft entstand. Laut Art. 14 Abs. 3 des Reglements 
sowie Art. 54 Abs. 3 AVB wurde Versicherten, die keinen 
Nachweis über ungedeckten Einkommensausfall erbringen konn- 
ten, ein Taggeld von höchstens Fr. 10.- ausgerichtet; nach 
Art. 14 Abs. 3 des Reglements galt diese Regelung auch für 
nicht nachgewiesene anderweitige krankheits- oder unfall- 
bedingte Kosten. 
    Der Beschwerdeführer war in den Jahren 1995 und 1996 
für ein Taggeld von Fr. 155.- (Wartefrist: 30 Tage) ver- 
sichert. 
 
    3.- a) Nach der Rechtsprechung kann auch eine arbeits- 
lose Person, die keinen Anspruch auf Taggelder der Arbeits- 
losenversicherung (oder auf Arbeitslosentaggelder nach kan- 
tonalem Recht) besitzt, einen Erwerbsausfall erleiden, wel- 
cher Anspruch auf Krankentaggelder verleiht. Voraussetzung 
für den Leistungsanspruch ist allerdings, dass mit überwie- 
gender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die versicherte 
Person eine Erwerbstätigkeit ausüben würde, wenn sie nicht 
krank wäre. Es ist die Aufgabe der Verwaltung und gegebe- 
nenfalls des Richters, in Anwendung des Untersuchungsgrund- 
satzes (welcher durch die Mitwirkungspflicht der versicher- 
ten Person ergänzt wird; Locher, Sozialversicherungsrecht, 
2. Aufl., S. 341 und 384) abzuklären, ob die versicherte 
Person einer Erwerbstätigkeit nachgehen würde, wenn sie 
nicht erkrankt wäre. Dabei haben Verwaltung und Gericht 
nach der Rechtsprechung grundsätzlich zwei Fallkategorien 
zu unterscheiden: Wenn eine versicherte Person ihre Stelle 
durch Kündigung zu einem Zeitpunkt verliert, da sie bereits 
zufolge Krankheit arbeitsunfähig ist, gilt die Vermutung, 
dass sie - wie vor der Erkrankung - erwerbstätig wäre, wenn 
sie nicht erkrankt wäre. In solchen Fällen kann der An- 
spruch auf Krankentaggelder nur verneint werden, wenn kon- 
krete Indizien dafür vorliegen, dass die versicherte Per- 
son, auch wenn sie nicht erkrankt wäre, mit überwiegender 
Wahrscheinlichkeit keine Erwerbstätigkeit ausüben würde 
(BGE 102 V 83; RKUV 1994 K 932 S. 65 Erw. 3; nicht veröf- 
fentlichtes Urteil F. vom 1. September 1997, K 142/96). 
Anders sind jene Fälle zu beurteilen, da die versicherte 
Person erkrankt, nachdem sie bereits zuvor arbeitslos ge- 
worden ist. Diesfalls ist von der Vermutung auszugehen, 
dass die versicherte Person, auch wenn sie nicht erkrankt 
wäre, weiterhin keine Erwerbstätigkeit ausüben würde. Diese 
Vermutung kann indessen durch den Nachweis, dass die ver- 
sicherte Person mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine 
konkret bezeichnete Stelle angetreten hätte, wenn sie nicht 
erkrankt wäre, widerlegt werden (RKUV 1998 KV Nr. 43 S. 422 
Erw. 2b; SVR 1998 KV Nr. 4 S. 9 Erw. 3b). 
 
    b) Der Beschwerdeführer war bis zum 31. Juli 1995 
vollständig arbeitsfähig. Er wurde deshalb von der Arbeits- 
losenversicherung als vermittlungsfähig anerkannt und bezog 
von dieser das volle Taggeld. Andererseits blieb unbestrit- 
ten, dass er, entsprechend den ärztlichen Bescheinigungen 
vom 20. Oktober und 5. Dezember 1995, ab 1. August 1995 
vollständig arbeitsunfähig war. Nach der in Erw. 2c hievor 
angeführten Rechtsprechung könnte deshalb der Anspruch auf 
Fr. 10.- übersteigende, einen Erwerbsausfall deckende Tag- 
gelder von der Helsana nur anerkannt werden, wenn der Be- 
schwerdeführer, wäre er nicht erkrankt, mit überwiegender 
Wahrscheinlichkeit eine von ihm konkret bezeichnete Stelle 
angetreten hätte. Dass dies der Fall gewesen wäre, macht 
der Beschwerdeführer nicht einmal geltend, und es finden 
sich auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte in den Akten. 
Letzteres gilt auch bezüglich anderer ungedeckter Kosten im 
Sinne von Art. 1 des Reglements. Demzufolge ist der ange- 
fochtene Entscheid im Ergebnis zu bestätigen. 
    4.- Da der Beschwerdeführer unterliegt, steht ihm kein 
Anspruch auf Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:  
 
I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.  
 
II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.  
 
III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge-  
    richt des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrecht- 
    liche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversiche- 
    rung zugestellt. 
 
 
Luzern, 2. März 2000 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Präsident der II. Kammer: 
 
Der Gerichtsschreiber: