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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_636/2021  
 
 
Urteil vom 21. Dezember 2021  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Diego Reto Gfeller, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, 
Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8036 Zürich. 
 
Gegenstand 
Haftentlassung, 
 
Beschwerde gegen die Präsidialverfügung 
des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 29. Oktober 2021 (SB210378-O/Z6/as). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat führte gegen A.________ eine Strafuntersuchung. Am 28. April 2016 wurde er festgenommen und in Untersuchungshaft gesetzt. Am 19. Januar 2018 wurde ihm der vorzeitige Strafvollzug bewilligt. Mit Urteil vom 18. Dezember 2018 verurteilte ihn das Bezirksgericht Zürich wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren, unter Anrechnung von 631 Tagen Untersuchungshaft, und zu einer bedingten Geldstrafe. Dagegen erhob er Berufung. Mit Urteil vom 6. Oktober 2020 bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich im Wesentlichen die erstinstanzlich ausgefällte Strafe. Auf eine Beschwerde in Strafsachen hin hob das Bundesgericht das obergerichtliche Urteil wegen Verletzung des Anklageprinzips teilweise auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurück (Urteil 6B_1416/2020 vom 30. Juni 2021). 
Am 28. Januar 2019 hatte A.________ beim Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich (heute: Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung) ein Gesuch um Versetzung in den offenen vorzeitigen Strafvollzug gestellt. Am 5. März 2019 lehnte das Amt für Justizvollzug dieses Gesuch ab. Kantonal letztinstanzlich wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 9. Januar 2020 ein Rechtsmittel von A.________ im Sinne der Erwägungen ab. Im Wesentlichen führte es aus, zuständig für den Entscheid über ein Gesuch um Versetzung in den offenen Vollzug beim vorzeitigen Strafvollzug sei gemäss der Strafprozessordnung die Verfahrensleitung und nicht der Justizvollzug. Gegen dieses Urteil erhoben A.________ mit Blick auf die ihm verweigerte unentgeltliche Prozessführung und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit Blick auf den von ihr als bundesrechtswidrig erachteten Zuständigkeitsentscheid Beschwerde ans Bundesgericht. Mit Urteil 1B_82/2020 und 1B_83/2020 vom 31. März 2020 vereinigte das Bundesgericht die Verfahren. Es hiess die Beschwerde von A.________ gut und wies die Streitsache insoweit an das Verwaltungsgericht zurück zu neuem Entscheid über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Auf die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft trat es mangels Beschwerdelegitimation nicht ein. Zur Frage der Zuständigkeit äusserte es sich deshalb nicht. 
Am 20. April 2020 beantragte A.________ erneut, diesmal bei der Leitung des Berufungsverfahrens am Obergericht des Kantons Zürich, er sei aus dem vorzeitigen Strafvollzug zu entlassen, eventualiter in den offenen Strafvollzug zu versetzen. Mit Präsidialverfügung vom 8. Mai 2020 wies der Verfahrensleiter am Obergericht das Gesuch ab, wobei er die Frage seiner Zuständigkeit offen liess. Eine von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 1B_264/2020 vom 17. Juni 2020 ab. Es erwog, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestehe kein negativer Kompetenzkonflikt, da das Obergericht ja in der Sache entschieden habe (a.a.O., E. 4.3). Zur Fluchtgefahr hielt es fest, diese sei derzeit noch zu gross, als dass sie mit einer Ersatzmassnahme, allenfalls in Kombination mit der Versetzung in den offenen Vollzug, gebannt werden könnte (a.a.O., E. 6). 
Ein weiteres Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug wies das Obergericht mit Präsidialverfügung vom 31. März 2021 ab. Mit Urteil 1B_206/2021 vom 18. Mai 2021 wies das Bundesgericht eine dagegen gerichtete Beschwerde von A.________ ebenfalls ab, weil sich an der Fluchtgefahr seit seiner letzten Beurteilung nichts Wesentliches geändert hatte. 
Mit Eingabe vom 18. Oktober 2021 beantragte A.________ dem Obergericht erneut, er sei unter Ersatzmassnahmen aus dem vorzeitigen Strafvollzug zu entlassen, eventualiter sei er in den offenen Strafvollzug zu versetzen. Mit Präsidialverfügung vom 29. Oktober 2021 wies das Obergericht das Haftentlassungsgesuch ab und trat auf den Eventualantrag nicht ein. 
 
B.  
Mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht vom 22. November 2021 beantragt A.________, die Präsidialverfügung des Obergerichts sei aufzuheben und er selbst unter Anordnung von Ersatzmassnahmen unverzüglich aus dem vorzeitigen Strafvollzug zu entlassen. Eventualiter sei er in den offenen Strafvollzug zu versetzen, subeventualiter sei diese Ersatzmassnahme mittels Electronic Monitoring zu überwachen und mit einer Ausweis- und Schriftensperre zu verbinden. Weiter sei eine formelle Rechtsverweigerung festzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht verlangt er zudem, über das Gesuch um Versetzung in den offenen Strafvollzug sei superprovisorisch (d.h. ohne vorgängige Anhörung der anderen Verfahrensbeteiligten) und über das Haftentlassungsgesuch provisorisch vorab zu befinden. Weiter sei über die Zuständigkeitsfrage betreffend die Versetzung in den offenen Vollzug ein Meinungsaustausch durchzuführen. Schliesslich beantragt er die unentgeltliche Rechtspflege. 
Das Obergericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet, während sich die Staatsanwaltschaft nicht hat vernehmen lassen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (vgl. das ebenfalls den Beschwerdeführer betreffende Urteil 1B_264/2020 vom 17. Juni 2020 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Nicht einzutreten ist indessen auf den Antrag, es sei eine formelle Rechtsverweigerung festzustellen. Ein Interesse an einer derartigen Feststellung, das über das Interesse an der Gutheissung der übrigen Rechtsbegehren hinausgeht, wird nicht dargetan und ist auch nicht erkennbar (vgl. BGE 122 II 97 E. 3; 114 II 253 E. 2a; Urteile 1C_455/2019 vom 19. Juni 2020 E. 2.4; 1C_15/2019 vom 13. Dezember 2019 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 146 II 134; 1B_92/2019 vom 2. Mai 2019 E. 1.2; 1B_498/2016 vom 24. Januar 2017 E. 1; je mit Hinweisen). Auf das Feststellungsbegehren ist deshalb nicht einzutreten.  
 
2.  
Der Beschwerdeführer beantragt, über die Frage der Zuständigkeit zur Bewilligung des offenen Vollzugs sei ein Meinungsaustauschverfahren nach Art. 29 BGG durchzuführen. Diese Bestimmung betrifft jedoch ausschliesslich die Zuständigkeit des Bundesgerichts. Bei Zweifeln über die Zuständigkeit kantonaler Behörden ist sie dagegen nicht anwendbar. Der Antrag ist deshalb abzuweisen. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer befindet sich im vorzeitigen Strafvollzug. Dies hindert ihn nicht daran, ein Gesuch um Haftentlassung zu stellen. Auf Gesuch um Entlassung aus dem vorzeitigen Strafvollzug hin ist zu prüfen, ob die Haftvoraussetzungen gegeben sind (BGE 143 IV 160 E. 2.3 mit Hinweisen). 
Nach Art. 221 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Abs. 1 lit. a). An ihrer Stelle sind Ersatzmassnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 ff. StPO). 
Das Obergericht bejahte den dringenden Tatverdacht. Zudem ging es von Fluchtgefahr aus. Zur Begründung verwies es auf seine früheren Haftentscheide vom 8. Mai 2020 und 31. März 2021. Weiter erwog es, die vom Bundesgericht in der Zwischenzeit festgestellte Verletzung des Anklageprinzips werde voraussichtlich nicht zu einer wesentlichen Reduktion der Freiheitsstrafe von 11 Jahren führen. Eine allfällige bedingte Entlassung rücke aus diesem Grund auch jetzt noch nicht in grosse Nähe und sei somit nicht zu berücksichtigen. Ersatzmassnahmen seien nicht ausreichend, um die Fluchtgefahr zu bannen. Für die Beurteilung des Gesuchs um Versetzung in den offenen Vollzug seien die Vollzugsbehörden zuständig, nicht die Verfahrensleitung. Darauf sei deshalb nicht einzutreten. 
Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht nicht. Er ist jedoch der Auffassung, dass Ersatzmassnahmen ausreichen würden, um der Fluchtgefahr zu begegnen. In diesem Zusammenhang kritisiert er zudem, dass das Obergericht sein Gesuch um Versetzung in den offenen Vollzug nicht behandelt hat. 
 
4.  
 
4.1. Zur Frage des offenen Strafvollzugs bringt der Beschwerdeführer vor, das Bundesgericht habe im ihn betreffenden Urteil 1B_264/2020 vom 17. Juni 2020 festgehalten, dass diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen sei. Sämtliche Vollzugslockerungen seien als Ersatzmassnahmen im Sinne von Art. 237 StPO zu qualifizieren. Diese Bestimmung zähle die möglichen Ersatzmassnahmen in nicht abschliessender Weise auf. Die Auffassung der Vorinstanz, dass freiheitsentziehende Zwangsmassnahmen nicht darunter fielen, weil diese nach Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO klar von Ersatzmassnahmen zu unterscheiden seien, überzeuge nicht. Auch die in Art. 237 Abs. 2 lit. c StPO als Ersatzmassnahme aufgeführte Auflage, sich nur oder sich nicht an einem bestimmten Ort oder in einem bestimmten Haus aufzuhalten, sei ja eine freiheitsentziehende Zwangsmassnahme. Hinzu komme, dass sowohl die Vorinstanz als auch das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung die Voraussetzungen für den offenen Vollzug für erfüllt hielten, sich jedoch beide wegen angeblicher Unzuständigkeit weigerten, diesen Schritt zu veranlassen. Dies sei nicht mehr nachvollziehbar.  
 
4.2. Das Obergericht führte aus, die Vollzugsbehörden erachteten die Fluchtgefahr als nicht mehr erheblich und befürworteten den offenen Vollzug. Deshalb könnte dieser allenfalls in Betracht kommen. Zwar seien in Fällen des vorzeitigen Strafvollzugs, der anstelle von Sicherheitshaft bewilligt worden sei, Vollzugslockerungen grundsätzlich nicht vorgesehen. Allerdings habe es mit Schreiben vom 7. Oktober 2021 dem Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung bereits mitgeteilt, dass aus Sicht der Verfahrensleitung keine strafprozessualen Gründe gegen den offenen Vollzug sprechen würden, wobei sich die Verfahrensleitung dafür als unzuständig erachte. Auch eine eingehendere Prüfung der Zuständigkeitsfrage ändere an dieser Einschätzung nichts. Gemäss § 20 Abs. 2 Satz 1 der kantonalen Justizvollzugsverordnung vom 6. Dezember 2006 (JVV; LS 331.1) erfolge der vorzeitige Antritt in einer geschlossenen Vollzugseinrichtung nach den Regeln und Zuständigkeiten für den Vollzug rechtskräftiger Urteile, und Vollzugslockerungen könnten nach Satz 3 gewährt werden, wenn die Verfahrensleitung nicht wegen strafprozessualen Haftgründen Einspruch erhebe. Zuständig für die Bestimmung der Vollzugsform sei gemäss § 46 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 JVV das Amt für Justizvollzug und Wiedereingliederung. Diese Zuständigkeitsordnung stehe auch nicht im Widerspruch zur Strafprozessordnung. Diese enthalte nur punktuell Kompetenzregelungen. Zur Anordnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft oder entsprechender Ersatzmassnahmen sei zwar die Verfahrensleitung zuständig. Ihre Zuständigkeit könnte somit bejaht werden, wenn es sich bei der Gewährung des offenen vorzeitigen Strafvollzugs um eine Ersatzmassnahme handeln würde. Dies treffe allerdings nicht zu. Denn Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO unterscheide freiheitsentziehende Zwangsmassnahmen klar von Ersatzmassnahmen. Zudem bestehe kein Risiko paralleler Zuständigkeiten der Vollzugsbehörde und der Verfahrensleitung. Bei bestehender Kollusionsgefahr weise die Strafprozessordnung punktuell die Zuständigkeit für Besuchsbewilligungen der Verfahrensleitung zu (Art. 235 Abs. 2 StPO). Bei den übrigen Haftgründen habe die Verfahrensleitung keinen näheren Bezug als die Vollzugsbehörden. Zudem gewährleiste die Möglichkeit des Einspruchs der Verfahrensleitung gestützt auf § 20 Abs. 2 Satz 3 JVV, dass das Restrisiko allfälliger Fehlerquellen oder Informationsdefizite abgefedert werde.  
 
4.3. Anstelle von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft werden nach dem Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c StPO) eine oder mehrere mildere Massnahmen angeordnet, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 237 Abs. 1 StPO). In Art. 237 Abs. 2 lit. a bis g StPO werden Ersatzmassnahmen aufgezählt. Es handelt sich dabei um eine nicht abschliessende Aufzählung. Im konkreten Fall sind jeweils diejenigen Massnahmen zu treffen, die am geringsten in die Grundrechtsposition des Beschuldigten eingreifen (BGE 142 IV 29 E. 3.2; s. auch Urteil 1B_165/2012 vom 12. April 2012 E. 2.3 ["toute mesure moins incisive"]; je mit Hinweisen). Vor diesem Hintergrund erscheint das Argument der Vorinstanz, der offene vorzeitige Vollzug könne nicht als Ersatzmassnahme qualifiziert werden, fragwürdig. Aus der gesetzlichen Vorschrift, wonach freiheitsentziehende Zwangsmassnahmen aufzuheben sind, sobald Ersatzmassnahmen zum gleichen Ziel führen (Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO), kann dies jedenfalls nicht abgeleitet werden. Ohnehin ist es im Ergebnis eine Frage der reinen Begrifflichkeit, ob man die Gewährung des offenen Vollzugs während des Strafverfahrens als Ersatzmassnahme oder als Vollzugsform qualifiziert. In beiden Fällen bildet das Verhältnismässigkeitsprinzip den Beurteilungsmassstab. Für die Zuständigkeit sind, wie im Folgenden darzulegen sein wird, andere Gesichtspunkte ausschlaggebend.  
 
4.4. Nach Art. 123 Abs. 2 BV sind auf dem Gebiet des Strafrechts unter anderem für die Organisation der Gerichte und den Straf- und Massnahmenvollzug die Kantone zuständig, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht. Die Strafprozessordnung enthält keine abschliessende Ordnung im Bereich des Vollzugs der Untersuchungs- und der Sicherheitshaft bzw. des vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzugs. Sie schreibt die Zuständigkeit der Verfahrensleitung für einzelne konkrete Entscheide vor, die für die Strafverfolgung von Bedeutung sind. Die Schlussfolgerung, die Verfahrensleitung müsse auch für alle anderen Entscheide zuständig sein, ist genauso wenig zwingend wie der Umkehrschluss, diese stünden den Vollzugsbehörden zu (Urteil 1B_141/2020 vom 20. August 2020 E. 5.4).  
Gemäss der Strafprozessordnung sind die Strafbehörden (und nicht die Vollzugsbehörden) unter anderem zuständig zur Haftanordnung, Haftverlängerung und zur Behandlung von Haftentlassungsgesuchen sowie zur Gewährung des vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzugs (Art. 224 bis 236 StPO). Die Kantone regeln dagegen insbesondere die Rechte und Pflichten der inhaftierten Personen, ihre Beschwerdemöglichkeiten, die Disziplinarmassnahmen sowie die Aufsicht über Haftanstalten (Art. 235 Abs. 5 StPO). Art. 236 Abs. 4 StPO sieht zudem vor, dass beim vorzeitigen Sanktionsvollzug die beschuldigte Person mit dem Eintritt in die Vollzugsanstalt ihre allfällige Strafe oder Massnahme antritt; sie untersteht von diesem Zeitpunkt an dem Vollzugsregime, wenn der Zweck der Untersuchungs- oder der Sicherheitshaft dem nicht entgegensteht. 
Bei der Auslegung dieser Zuständigkeitsbestimmungen ist zu vermeiden, dass durch eine Gabelung des Rechtswegs das Beschleunigungsgebot verletzt wird. In BGE 143 I 241 erachtete es das Bundesgericht unter anderem aus diesem Grund als bundesrechtswidrig, den Entscheid über die Bewilligung von Besuchen der Verfahrensleitung und denjenigen über Urlaube den Vollzugsbehörden zuzuweisen. Wenn zwei Häftlinge in Sicherheitshaft bzw. im vorzeitigen Strafvollzug beantragen, sich gegenseitig besuchen zu dürfen, sei die Verfahrensleitung nach Art. 235 Abs. 2 Satz 1 StPO zuständig (a.a.O., E. 4.4). 
 
4.5. Unabhängig davon, ob der offene Vollzug als Ersatzmassnahme angesehen wird, ist offensichtlich, dass seine Zulässigkeit eng mit der Beurteilung der besonderen Haftgründe zusammenhängt: Der Flucht-, Kollusions-, Wiederholungs- und Ausführungsgefahr kann im offenen Vollzug nicht gleich wirksam begegnet werden wie im geschlossenen bzw. in der Untersuchungs- und Sicherheitshaft. Es verhält sich insofern ähnlich wie bei der Bewilligung des vorzeitigen Strafantritts nach Art. 236 Abs. 1 StPO. Bei dieser ist insbesondere auch einer möglichen Kollusionsgefahr Rechnung zu tragen, weil Kollusionshandlungen im Strafvollzug leichter möglich sind als in der Untersuchungs- und Sicherheitshaft (Urteile 1B_372/2019 vom 27. August 2019 E. 2.1; 1B_449/2015 vom 15. Januar 2016 E. 2.3; je mit Hinweisen). Die Verfahrensleitung ist am besten in der Lage zu beurteilen, inwieweit der Haftzweck durch die Gewährung des vorzeitigen Strafvollzugs, sei es in einer offenen oder einer geschlossenen Anstalt, gefährdet werden kann. Dasselbe gilt im Übrigen auch für Kontakte zwischen der inhaftierten Person und anderen Personen, weshalb Art. 235 Abs. 2 StPO die Bewilligung insoweit ebenfalls der Verfahrensleitung zuweist.  
 
4.6. Im den Beschwerdeführer betreffenden Urteil 1B_264/2020 vom 17. Juni 2020 hat das Bundesgericht erwogen, unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit sei die Möglichkeit der Kombination der gesetzlich vorgesehenen Ersatzmassnahmen zu prüfen. Erst recht gelte dies für die Versetzung in den vorzeitigen offenen Vollzug in Verbindung mit ergänzenden geeigneten Massnahmen. Solchen Ersatzvorkehren grundsätzlich die Eignung abzusprechen, stünde im Widerspruch zur Strafprozessordnung und wäre daher bundesrechtswidrig (a.a.O., E. 6.2). Im Ergebnis erachtete das Bundesgericht die Fluchtgefahr damals zwar als noch zu hoch, weshalb es sich rechtfertigte, auf die vom Beschwerdeführer beantragten Ersatzmassnahmen zu verzichten bzw. ihm die Versetzung in den offenen Vollzug in Verbindung mit den vorgeschlagenen Vorkehren zu verweigern (a.a.O., E. 6.3). Dessen ungeachtet geht aus den bundesgerichtlichen Erwägungen der oben beleuchtete enge Zusammenhang zwischen dem offenen vorzeitigen Vollzug und den Ersatzmassnahmen zum Freiheitsentzug hervor. Diesen zu ignorieren und dem Verfahrensleiter als Haftrichter die Zuständigkeit zur Anordnung des offenen Vollzugs abzusprechen, würde bedeuten, das Verhältnismässigkeitsprinzip in diesem Umfang im Haftprüfungsverfahren ausser Acht zu lassen. Auch würde damit die Gefahr sich widersprechender Entscheide in Kauf genommen. Zudem hätte der Beschwerdeführer zwei verschiedene Rechtswege zu beschreiten, was das Verfahren verkompliziert und verlängert und deshalb wegen des Beschleunigungsgebots möglichst zu vermeiden ist.  
Aus diesen Gründen muss die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts, die während des Berufungsverfahrens sowohl zur Behandlung von Haftentlassungsgesuchen (Art. 233 StPO) als auch zur Bewilligung des vorzeitigen Straf- und Massnahmenvollzugs (Art. 236 Abs. 1 StPO) zuständig ist, im Rahmen des Haftprüfungsverfahrens auch über einen Antrag auf Versetzung in den offenen vorzeitigen Strafvollzug befinden. Weil die Vorinstanz dies nicht getan hat, sondern auf den betreffenden Antrag des Beschwerdeführers nicht eingetreten ist, ist ihr Entscheid aufzuheben. 
 
5.  
Die Beschwerde ist somit teilweise gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es erübrigt sich damit, auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers einzugehen. Zudem werden dessen Gesuche um superprovisorische und provisorische Massnahmen für die Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens gegenstandslos. Das Gleiche gilt für das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Zürich hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und die Präsidialverfügung des Obergerichts vom 29. Oktober 2021 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
3.  
Der Kanton Zürich hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt Dr. Diego Reto Gfeller, eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- auszurichten. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Dezember 2021 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold