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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_219/2008 /zga 
 
Urteil vom 11. Juli 2008 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Merkli, Präsident, 
Bundesrichter Hungerbühler, Donzallaz, 
Gerichtsschreiber Klopfenstein. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen 
 
Amt für Migration des Kantons Luzern, Fruttstrasse 15, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Aufenthaltsbewilligung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 30. Januar 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Die aus Kamerun stammende X.________ (geb. 1980) reiste am 9. Februar 2004 in die Schweiz ein. Ihr gleichentags gestelltes Asylgesuch wies das damalige Bundesamt für Flüchtlinge (heute: Bundesamt für Migration) mit Verfügung vom 12. Juli 2004 ab und wies die Gesuchstellerin aus der Schweiz weg. 
 
Am 7. März 2005 brachte X.________ den Sohn Y.________ zur Welt. Das Kind, welches in der Obhut der Mutter lebt, wurde am 20. Mai 2005 auf dem Zivilstandsamt Luzern vom Schweizer Bürger Z.________ (geb. 1962) anerkannt. Mit Unterhaltsvertrag vom 21. Juli 2005 verpflichtete sich dieser u.a., seinem Sohn bis zu dessen Mündigkeit einen Unterhaltsbeitrag von Fr. 1'000.-- pro Monat zu bezahlen. 
 
Mit Entscheid vom 6. September 2005 wies die Schweizerische Asylrekurskommission die von X.________ und ihrem Sohn erhobene Beschwerde gegen den negativen Asylentscheid ab. Die Kommission erwog u.a., die Rückkehr ins Heimatland sei den beiden zumutbar (vgl. S. 13 dieses Entscheides). 
 
B. 
Mit Verfügung vom 13. Dezember 2005 wies das Amt für Migration des Kantons Luzern das von X.________ und ihrem Sohn Y.________ gestellte Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ab. Auf eine hiegegen erhobene Beschwerde trat das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 5. Januar 2007 mangels eines Rechtsanspruches nicht ein und überwies die Sache zur weiteren Behandlung dem kantonalen Justiz- und Sicherheitsdepartement. 
 
Inzwischen - im Herbst 2006 - war Y.________ erleichtert eingebürgert worden. X.________ liess daher am 24. November 2006 durch die Caritas Schweiz ein neues Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellen. In der Folge sistierte das Justiz- und Sicherheitsdepartement die ihm vom Verwaltungsgericht zur Behandlung überwiesene Beschwerde bis zur Erledigung dieses Gesuches. 
 
Mit Verfügung vom 3. Mai 2007 wies das kantonale Amt für Migration das Gesuch ab. 
 
C. 
Hiegegen liess X.________ beim Verwaltungsgericht erneut Beschwerde führen. Sie machte im Wesentlichen geltend, sie sei die Konkubinatspartnerin von Z.________. Dieser sei für das gemeinsame Kind, welches nunmehr ein gefestigtes Anwesenheitsrecht habe, anerkanntermassen die einzige männliche Bezugsperson. Kleine Kinder seien auf die Erziehung und den Beistand des leiblichen Vaters unbedingt angewiesen, weshalb ihr - X.________ - u.a. im Interesse des Kindeswohls eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen sei. 
 
Am 30. Januar 2008 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab. Sein begründetes Urteil versandte es am 6. Februar 2008. 
 
D. 
Mit Eingabe in französischer Sprache vom 10. März 2008 führt X.________ beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den (zum Teil sinngemäss gestellten) Anträgen, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 30. Januar 2008 aufzuheben und ihr eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Gleichzeitig wird um unentgeltliche Rechtspflege ersucht. 
 
Das Amt für Migration des Kantons Luzern stellt den Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern stellt denselben Antrag. Das Bundesamt für Migration schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Das Verfahren vor dem Bundesgericht wird in einer der Amtssprachen geführt, in der Regel in der Sprache des angefochtenen Entscheids (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 BGG). Es besteht vorliegend kein Anlass, von dieser Regel abzuweichen. 
 
2. 
2.1 Gemäss Art. 83 lit. c Ziff. 2 BGG ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Ausländerrechts unzulässig gegen Entscheide betreffend Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt. 
 
2.2 Zwar ist am 1. Januar 2008 das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG, SR 142.20) in Kraft getreten, doch bestimmt dessen Art. 126 Abs. 1, dass auf Gesuche, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingereicht worden sind, noch das bisherige Recht anwendbar bleibt. Das streitige Gesuch um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung wurde vor Inkrafttreten des Ausländergesetzes gestellt (vgl. vorne "B.-") und beurteilt sich daher - soweit innerstaatliches Gesetzesrecht überhaupt zur Anwendung kommt - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin (vgl. S. 5 der Beschwerdeschrift) einzig nach dem inzwischen aufgehobenen Bundesgesetz vom 26. Mai 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) und seinen Ausführungserlassen. 
 
2.3 Aus diesen Erlassen kann die Beschwerdeführerin - so wenig wie übrigens nach dem neuen Ausländergesetz - keine Ansprüche auf eine Aufenthaltsbewilligung herleiten. Sie ist mit dem Vater ihres Kindes, welcher das Schweizer Bürgerrecht besitzt, nicht verheiratet und ist im Asylverfahren rechtskräftig aus der Schweiz weggewiesen worden. Als Anspruchsgrundlage kommt vorliegend einzig die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) in Betracht. 
 
2.4 Art. 8 EMRK gewährleistet den Schutz des Familienlebens. Die Europäische Menschenrechtskonvention verschafft an sich kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Konventionsstaat. Hat ein Ausländer nahe Verwandte in der Schweiz und ist diese familiäre Beziehung intakt und wird sie tatsächlich gelebt, kann es hingegen das in Art. 8 Ziff. 1 EMRK bzw. in Art. 13 Abs. 1 BV garantierte Recht auf Achtung des Familienlebens verletzen, wenn ihm die Anwesenheit in der Schweiz untersagt wird. Der sich hier aufhaltende Angehörige muss dabei über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügen. Dies ist der Fall, wenn er das Schweizer Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung besitzt oder über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt, die ihrerseits auf einem gefestigten Rechtsanspruch beruht (BGE 130 II 281 E. 3.1 S. 285 f. mit Hinweisen). 
Y.________, der Sohn der Beschwerdeführerin, ist erleichtert eingebürgert worden. Für die Mutter ergibt sich daher ein potentieller Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung, weil das unter ihrer Obhut stehende Kind nach dem Gesagten als Schweizer Bürger ein festes Anwesenheitsrecht besitzt. Dies öffnet den Weg der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 83 lit. c BGG e contrario). 
 
2.5 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 bzw. Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Soweit die Beschwerdeführerin neue Beweismittel einreicht (so einen neuen Bericht über die erhöhte Kindersterblichkeit in Kamerun vom 26. Februar 2008) oder neue Tatsachen vorträgt und etwa geltend macht, ihr Sohn besuche seit dem 12. März 2008 den Kindergarten in Sursee, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Ebenso wenig ist ihr Einwand zu hören, sie leide an einer Depression ("que je présente un cas de maladie dans le domaine de la dépression"). 
 
3. 
3.1 Eine Verletzung von Art. 8 EMRK liegt von vornherein nicht vor, wenn es (auch) den fest anwesenheitsberechtigten Familienmitgliedern zumutbar ist, ihr Familienleben im Ausland zu führen. Einem Kind im anpassungsfähigen Alter kann grundsätzlich zugemutet werden, dem für ihn sorgenden Elternteil ins Ausland zu folgen (BGE 122 II 289 E. 2c S. 298; vgl. auch Niccolò Raselli/Christine Hausammann, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold, Ausländerrecht, Basel 2002, Rz. 13.61). Dies gilt insbesondere für Kleinkinder. Dass ein Kleinkind das schweizerische Bürgerrecht oder eine Niederlassungsbewilligung besitzt, schliesst nicht aus, dass es den Eltern oder dem obhutsberechtigten Elternteil, wenn diesen bzw. diesem der weitere Aufenthalt in der Schweiz verweigert wird, ins Ausland zu folgen hat (BGE 127 II 60 E. 2b S. 67; 122 II 289 E. 2c S. 298; Urteile 2A.562/2006 vom 16. Februar 2007, E. 3.2, und 2C_185/2007 vom 12. Juni 2007, E. 3.3.2). Gemäss konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts ist diese Konsequenz einem Kleinkind regelmässig dann zuzumuten, wenn keine besonders intensive Beziehung zum anderen Elternteil dem entgegensteht (vgl. die letztgenannten Urteile, insbesondere 2A.562/2006 [E. 3.4.1, am Ende] sowie 2A.508/2005 vom 16. September 2005 [E. 2.2.3 mit Hinweisen] und - neuestens - 2C_657/2007 vom 26. Mai 2008, E. 2.4.3 mit Hinweisen). Aus der von der Beschwerdeführerin angerufenen UNO-Kinderrechtekonvention lässt sich nichts Gegenteiliges herleiten (BGE 126 II 377 E. 5 S. 388 ff., 124 II 361 E. 3b S. 367). 
 
3.2 Eine besonders intensive Beziehung zum Kindsvater ist hier - wie das Verwaltungsgericht zu Recht annehmen durfte (E. 2b des angefochtenen Entscheides) - klarerweise nicht gegeben: Am 3. Oktober 2005 hatte der Vater gegenüber dem kantonalen Migrationsamt ausgesagt, er könne "gut damit leben, wenn mein Sohn nicht in der Schweiz lebt". Am 18. November 2005 gab er schriftlich an, er wolle den Kontakt zu seinem Sohn hier in der Schweiz nicht aufrechterhalten bzw. diesen Kontakt ganz abbrechen. Selbst wenn die Beschwerdeführerin nun geltend macht, dass der biologische Vater "rend régulièrement visite à son enfant et respecte la convention d'entretien qui lui oblige de s'occuper de l'enfant" , kann unter diesen Umständen nicht von einer intensiven emotionalen Bindung des Vaters zu seinem Kind die Rede sein. 
 
3.3 Unbegründet ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin, eine Aufenthaltsbewilligung auf der Grundlage von Art. 8 EMRK müsse ihr "au vu de notre concubinage longue duréé et stable" erteilt werden: Am 7. Juli 2005 hatte X.________ gegenüber dem Migrationsamt angegeben, sie lebe nicht mit dem Vater des Kindes zusammen ("weil wir uns getrennt haben") und es bestehe auch keine Absicht des Zusammenziehens. Z.________ gab seinerseits an, es liege ihm "nicht viel daran, dass Frau X.________ hier bleibt". Er werde "nie mit ihr zusammenleben" (Befragung vom 3. Oktober 2005). Im Verfahren vor Bundesgericht macht die Beschwerdeführerin nun geltend, sie habe mit dem Vater ihres Kindes regelmässig Kontakt ("nous vivons en contact depuis 2004"). Ein Konkubinat der Beschwerdeführerin mit Z.________, welches allenfalls den Schutz von Art. 8 EMRK geniessen könnte (vgl. dazu BGE 126 II 425), ist unter diesen Umständen aber in keiner Weise dargetan. 
 
3.4 Die Einwände der Beschwerdeführerin gegen die Nichterteilung einer Aufenthaltsbewilligung erweisen sich damit als unbegründet. Ihr Hinweis auf die hohe Kindersterblichkeit in Kamerun rechtfertigt - soweit er nicht ohnehin als unzulässiges Novum unbeachtlich bleiben muss (vgl. vorne E. 2.5) - keinen anderen Schluss: Die Beschwerdeführerin, welche vom Vater ihres Kindes immerhin Alimente (Fr. 1'000.-- pro Monat) bezieht, wird dank dieser Unterstützung besser als die meisten anderen Landsleute in der Lage sein, ihrem Kind die erforderliche Pflege zukommen zu lassen. 
 
4. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG); ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann mangels ernsthafter Erfolgsaussicht der Beschwerde nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführerin wird bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung getragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. Juli 2008 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Merkli Klopfenstein