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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
5A_145/2008/don 
 
Urteil vom 11. April 2008 
II. zivilrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Raselli, Präsident, 
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Hohl, 
Gerichtsschreiber Schett. 
 
Parteien 
X.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Fürsprecher Patrick Lafranchi, 
gegen 
 
Kantonsgericht Freiburg. 
 
Gegenstand 
Unentgeltliche Rechtspflege im Arrestverfahren, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, II. Zivilappellationshof, vom 28. Januar 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Im Konkurs von X.________ (im Folgenden: Beschwerdeführer) wurde der Bank A.________ am 21. Dezember 2005 ein Verlustschein über Fr. 42'475'696.95 ausgestellt. Zudem zedierte die B.________ SA in Liquidation der Bank A.________ am 23. Dezember 2005 einen weiteren Verlustschein über Fr. 3'983'596.60. Im Testament vom 2. Mai 2007 wurde der Beschwerdeführer durch eine Klausel von seiner Ehegattin Y.________ unter Verweis auf Art. 480 ZGB enterbt. Y.________ starb am 6. Mai 2007. 
Auf Gesuch der Bank A.________ verarrestierte der Gerichtspräsident des Seebezirks mit Verfügung vom 28. Juni 2007 den Anteil des Beschwerdeführers an der unverteilten Erbschaft von Y.________ im Umfang von Fr. 46'463'293.55. Gegen diese Verfügung erhob der Beschwerdeführer am 9. Juli 2007 Einsprache gemäss Art. 278 SchKG. Mit Urteil vom 17. August 2007 wies der Gerichtspräsident von Z.________ die Einsprache ab. 
 
B. 
Dagegen reichte der Beschwerdeführer beim Kantonsgericht Freiburg am 3. September 2007 Berufung ein. Das am gleichen Tag eingereichte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das Berufungsverfahren wurde am 15. November 2007 abgewiesen. Am 13. Dezember 2007 reichte der Beschwerdeführer ein neues Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ein. Mit Urteil vom 28. Januar 2008 wies das Kantonsgericht das Begehren ab. 
 
C. 
Mit Eingabe vom 4. März 2008 hat der Beschwerdeführer die Sache an das Bundesgericht weitergezogen. Er beantragt in der Hauptsache die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Sodann ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. 
Mit Präsidialverfügung vom 13. März 2008 wurde dem Gesuch um aufschiebende Wirkung entsprochen. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der Entscheid betreffend die Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege in einem Verfahren nach Schuldbetreibung und Konkurs ist ein Zwischenentscheid in einer Zivilsache gemäss Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG (Urteil 5A_108/2007, E. 1.2), der einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 129 I 129 E. 1.1). Das Begehren um unentgeltliche Rechtspflege wird für ein Arrestverfahren im Sinne von Art. 271 ff. SchKG verlangt. Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig, sofern der Streitwert nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG erreicht ist, was vorliegend offensichtlich zutrifft. Auf die rechtzeitig (Art. 100 Abs. 1 BGG) gegen einen letztinstanzlichen Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist somit einzutreten. 
 
2. 
Das Kantonsgericht hat sich bei der Ablehnung des Armenrechtsgesuchs auf Art. 2 Abs. 1 URPG und auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu Art. 29 Abs. 3 BV gestützt und erwogen, dass das Begehren aussichtslos sei. 
 
2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 2 Abs. 1 URPG wiederhole das verfassungsmässige Recht auf unentgeltliche Rechtspflege gemäss Art. 29 Abs. 3 BV, weshalb vorliegend einzig zu prüfen ist, ob der angefochtene Entscheid vor der Verfassung Stand hält. Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint; sie hat auch Anspruch auf einen unentgeltlichen Rechtsbeistand, soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist. Das Bundesgericht prüft frei, ob der durch die Bundesverfassung garantierte Anspruch verletzt wurde, während seine Kognition in Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörde auf Willkür beschränkt ist (BGE 129 I 129 E. 2.1 S. 133). 
 
2.2 Angesichts der heiklen Rechtsfragen, die sich im Arrestverfahren stellen können, kann die unentgeltliche Rechtspflege in diesem Bereich nicht aus Prinzip ausgeschlossen werden (Betrand Reeb, Les mesures provisoires dans la procédure de poursuite, in: ZSR 1997 II, S. 481). 
Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer, der gegen den Entscheid des Gerichtspräsidenten, mit dem das Begehren der Gläubigerin um Verarrestierung seines Anteils aus dem Nachlass seiner Ehefrau bewilligt wurde, im Berufungsverfahren Erfolgschancen eingeräumt werden können; mit andern Worten, ob die Arrestbewilligung aller Voraussicht nach bestätigt werden muss. 
 
3. 
3.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Rechtsbegehren aussichtslos, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und daher kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Massgebend ist, ob eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entschliessen würde. Ein Begehren gilt nicht als aussichtslos, wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135/136). Das ist nach den Verhältnissen zur Zeit zu beurteilen, zu der das Gesuch gestellt wurde (BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S. 136) und aufgrund einer bloss summarischen Prüfung (BGE 88 I 144 S. 145; vgl. auch BGE 124 I 304 E. 4a S. 308/309 und 133 III 614 E. 5). 
 
3.2 Nach Auffassung des Kantonsgerichts hat die Gläubigerin glaubhaft gemacht, dass der Beschwerdeführer - wenigstens teilweise - über einen Erbschaftsanspruch gegenüber seiner Ehefrau (im Umfang seines Pflichtteils) verfüge, den er oder einer seiner Gläubiger mittels Herabsetzungsklage durchsetzen könne (Art. 524 ZGB), da die Enterbung ungültig sei (Art. 480 ZGB). Die Vorinstanz hat festgestellt, dass eine fällige und durch einen Verlustschein beurkundete Forderung vorliege. Des Weitern sei nicht ersichtlich, dass die Forderung pfandgesichert wäre. Somit erscheine das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers, der in der Hauptsache auf Aufhebung des angefochtenen Einspracheentscheids und des Arrestbefehls schliesse, aussichtslos. 
 
3.3 Gemäss Art. 272 Abs. 1 Ziff. 3 hat der Gläubiger glaubhaft zu machen, dass Vermögensgegenstände vorhanden sind, die dem Schuldner gehören. Die zu verarrestierenden Gegenstände müssen wirklich dem Schuldner gehören, weil dieser prinzipiell nur Verpflichtungen mit Bezug auf Vermögenswerte eingehen kann, die ihm gehören (BGE 105 III 107 E. 3 S. 112). Dennoch hat der Gesetzgeber mit der Annahme von Art. 272 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG gewollt, dass - wie unter der Herrschaft des früheren Rechts - der Gläubiger Vermögenswerte im Besitze eines Dritten verarrestieren kann, wenn er glaubhaft macht, dass diese in Wirklichkeit dem Schuldner gehören. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Dritte für vom Schuldner eingegangene Verpflichtungen verantwortlich ist, weil er mit ihm eine wirtschaftliche Einheit bildet (principe de la transparence; Durchgriff; vgl. BGE 126 III 95 E. 4a; 105 III 107 E. 3a S. 112; 102 III 365). Mit Bezug auf die Pfändung - oder Verarrestierung - eines auf den Namen des Schuldners eingetragenen Grundstücks (Art. 10 VZG) hat das Bundesgericht befunden, dass die verlangte Glaubhaftmachung des unrichtigen Grundbucheintrags gemäss Art. 10 Abs. 1 Ziff. 3 VZG, und daraus folgend, dass der Beweis, das Grundstück gehöre in Wirklichkeit dem Schuldner, in einem weiten Sinne ausgelegt werden müsse (BGE 117 III 29 E. 3 S. 31; 114 III 88 E. 3a S. 90): Er ist namentlich dann gegeben, wenn der Schuldner eine Liegenschaft veräussert hat, die nach den Umständen eine Rückerstattung gemäss Art. 285 ff. SchKG rechtfertigt, wobei der Gläubiger nur die Anfechtbarkeit der Handlung glaubhaft machen muss (BGE 114 III 88 E. 3a). 
Gleich kann im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten vorgegangen werden, wo der pflichtteilsberechtigte Erbe enterbt und damit sein den Gläubigern als Sicherheit dienender Pflichtteil entzogen wurde, jedoch glaubhaft gemacht wird, dass die Bedingungen für eine Enterbung nicht erfüllt sind (Art. 480 ZGB) und die Gläubiger mit einer Herabsetzungsklage gegen die begünstigten Erben nach Art. 524 Abs. 2 ZGB Erfolg haben werden. Der Pflichtteil des enterbten Erben kann nicht gepfändet werden, bevor über die von den Gläubigern gegenüber dem Schuldner angestrengte Klage auf Ungültigkeit der Enterbung entschieden worden ist, weil sonst Rechte derjenigen Gläubiger verletzt würden, die im Besitze eines Verlustscheins sind (BGE 52 III 22 S. 24/25); dem steht jedoch nicht entgegen, dass der Pflichtteil verarrestiert wird, räumt doch der Arrest dem Arrestgläubiger kein Vorrecht ein und verhindert nicht, dass die Vermögenswerte anderer Gläubiger gepfändet oder verarrestiert werden (Art. 281 Abs. 1 und 3 SchKG; BGE 116 III 111 E. 3a und b). Denn der Arrest ist eine dringliche Sicherungsmassnahme mit dem Zweck, zu verhindern, dass der Schuldner seine Vermögenswerte in der hängigen oder künftigen Betreibung seinem Gläubiger entzieht (BGE 116 III 111 E. 3a; 107 III 33 E. 2). Der Richter entscheidet aufgrund blosser Glaubhaftmachung der Tatsachen; er hat die Frage nicht definitiv zu beurteilen, wer Inhaber der Vermögenswerte ist, für welche der Arrest begehrt worden ist. 
Daraus folgt, dass die Auffassung des Kantonsgerichts nicht zu beanstanden ist, aufgrund der Vorbringen des Gesuchstellers fehlten die Erfolgsaussichten, habe er doch einen vollwertigen Anspruch auf seinen Pflichtteil. Der Beschwerdeführer stellt übrigens nicht in Frage, dass die Bedingungen für eine Enterbung nicht erfüllt seien. Er führt lediglich aus, mit der Annahme, der Beschwerdeführer habe zumindest Anspruch auf den Pflichtteil, habe die Vorinstanz den erbrechtlichen Grundsatz des favor testamenti verletzt. Dabei übersieht er jedoch, dass sein Gläubiger die Herabsetzung verlangen kann, wenn er selbst auf eine Anfechtung verzichtet (Art. 524 Abs. 2 ZGB). Mit dem Hinweis, seine Erbberechtigung sei ungewiss, räumt er selbst ein, dass eine Herabsetzung möglich sein könnte. Dass die Schlussfolgerung der Vorinstanz auf einer "Prognose" mit Bezug auf den Prozessausgang beruht und nicht auf der Glaubhaftmachung einer Tatsache, ist mit Blick auf die angeführte Rechtsprechung betreffend einen "wahrscheinlichen" Erfolg der Anfechtungsklage nicht zu bemängeln. 
 
3.4 Hält der angefochtene Entscheid, dass die Erfolgsaussichten für das Berufungsverfahren als gering angesehen werden müssen, vor der Verfassung Stand (Art. 29 Abs. 3 BV), ist die Frage, ob der Beschwerdeführer auch bedürftig im Sinne dieser Bestimmung sei, nicht zu prüfen. 
 
4. 
Nach dem Ausgeführten muss die Beschwerde abgewiesen werden. Der Beschwerdeführer hat für das bundesgerichtliche Verfahren das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt. Dem Begehren kann nicht entsprochen werden, da die Beschwerde von vornherein keine Aussicht auf Erfolg haben konnte (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer wird daher kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Freiburg, 
II. Zivilappellationshof, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 11. April 2008 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Raselli Schett