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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1P.318/2003 /err 
 
Urteil vom 15. Juli 2003 
I. Öffentlichrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident, 
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Aeschlimann, 
Gerichtsschreiberin Scherrer. 
 
Parteien 
I.Z.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Christoph Anwander, Bahnhofstrasse 21, Postfach 49, 9101 Herisau, 
 
gegen 
 
Untersuchungsamt St. Gallen, Staatsanwalt Dr. Y.________, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, 
Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, Klosterhof 1, 9001 St. Gallen. 
 
Gegenstand 
Art. 9, Art. 29 Abs. 2, Art. 32 Abs. 1 BV; Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Strafverfahren), 
 
Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 17. März 2003. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Mit Urteil des Einzelrichters in Strafsachen, 3. Abteilung, des Bezirksgerichtes St. Gallen vom 28. Juni 2002 wurde I.Z.________ vom Vorwurf der Drohung freigesprochen. Indessen wurde er der mehrfachen Beschimpfung für schuldig befunden und dafür zu einer Busse von Fr. 1'000.-- verurteilt. Die Busse wurde bedingt löschbar erklärt und die Probezeit auf zwei Jahre festgesetzt. 
 
Der Einzelrichter hielt es für erwiesen, dass I.Z.________ am 20. Oktober 2001, um ca. 16 Uhr, sowie ungefähr anfangs Oktober 2001 seine Schwiegertochter N.Z.________ vor ihrem Haus in St. Gallen als "Hure" bezeichnet habe. Die Aussagen von N.Z.________ sowie der beiden Zeugen X.________ und I.________ schienen dem Einzelrichter - im Gegensatz zu den Aussagen von I.Z.________ und dem Zeugen C.________ - absolut glaubwürdig. 
B. 
Gegen dieses Urteil erhob I.Z.________ Berufung ans Kantonsgericht St. Gallen. Das Kantonsgericht kam in seinem Entscheid vom 17. März 2003 zum Schluss, die Vorinstanz habe den Sachverhalt umfassend und zutreffend gewürdigt. Der Angeschuldigte sei zu Recht der mehrfachen Beschimpfung schuldig gesprochen worden. Es bestätigte demzufolge die Busse in Höhe von Fr. 1'000.--. 
C. 
Mit Eingabe vom 22. Mai 2003 erhebt I.Z.________ staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des St. Galler Kantonsgerichtes. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und rügt die Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo", die Verletzung des Willkürverbotes sowie des Anspruchs auf Gewährung des rechtlichen Gehörs. 
 
Sowohl das Kantonsgericht St. Gallen als auch der Staatsanwalt verzichten auf eine Vernehmlassung. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
Das angefochtene Urteil des Kantonsgerichts stellt einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid dar, gegen den auf Bundesebene die staatsrechtliche Beschwerde als ausserordentliches Rechtsmittel zur Verfügung steht (Art. 269 Abs. 2 BStP; Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 OG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist daher einzutreten. 
2. 
Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, er sei am 20. Oktober 2001 von 13.00 Uhr bis 20.30 Uhr gar nicht in St. Gallen gewesen, sondern sei mit seinem Schwager C.________ von Heiden nach Bendern (Fürstentum Liechtenstein) gefahren und habe dort 30 kg Kabis eingekauft. Die Verkäuferin K.________ bezeuge dies. Nach dem Einkauf sei er bis ca. 20 Uhr in Heiden geblieben und sei erst danach nach St. Gallen zurückgekehrt. Das Kantonsgericht verletze seine, des Beschwerdeführers, verfassungsmässigen Rechte, weil es bei der Beurteilung des Vorfalls vom 20. Oktober 2001 von einem für ihn ungünstigen Sachverhalt ausgehe, obwohl bei objektiver Betrachtung Zweifel beständen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht habe, wie ihn das Kantonsgericht rekonstruiere. Überdies macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend, zum einen, weil das Kantonsgericht die Abnahme weiterer Beweise abgelehnt habe, zum andern, weil der Einzelrichter einen Augenschein vor Ort gemacht habe, ohne ihn, den Beschwerdeführer, von der Vorbesichtigung zu orientieren. 
 
Aufgrund der formellen Natur des rechtlichen Gehörs führt eine Verletzung - unabhängig von den Erfolgsaussichten der Beschwerde in der Sache selbst - zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids (BGE 126 I 19 E. 2d/bb S. 24; 125 I 113 E. 3 S. 118). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob die kantonalen Instanzen dem Beschwerdeführer das rechtliche Gehör verweigert haben. 
2.1 Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheides dar, welcher in die Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheides zur Sache zu äussern, erhebliche Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 126 I 15 E. 2a/aa S. 16; 124 I 49 E. 3a S. 51, 241 E. 2 S. 242, je mit Hinweisen). Aus dem Gehörsrecht ergibt sich somit der Anspruch auf Beweisabnahme. Der Verzicht auf die Durchführung beantragter Beweismassnahmen ist indessen zulässig, wenn das Gericht auf Grund bereits abgenommener Beweise oder gestützt auf die Aktenlage seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass diese seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 122 II 464 E. 4a S. 469; 115 Ia 97 E. 5b S. 100). Beweise müssen daher nicht abgenommen werden, wenn sie nicht erhebliche Tatsachen betreffen oder offensichtlich untauglich sind, über die streitige Tatsache Beweis zu erbringen (BGE 117 Ia 262 E. 4b S. 268; 106 Ia 161 E. 2b S. 162;). Der Verzicht auf ein Beweismittel verletzt mithin dann Art. 29 Abs. 2 BV, wenn die vorweggenommene Beweiswürdigung, welche die kantonale Behörde zum Verzicht auf die Erhebung dieses Beweises bewog, sich als willkürlich erweist (vgl. BGE 115 Ia 8 E. 3a S. 11). Eine Aufhebung rechtfertigt sich aber nur, wenn die Entscheidung nicht bloss in der Begründung, sondern im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 122 I 61 E. 3a S. 66; 119 Ia 136 E. 2d S. 139). 
 
Wie im Verwaltungsverfahren gilt auch im Strafverfahren das Mitwirkungs- und Äusserungsrecht des Betroffenen im Zusammenhang mit der Durchführung eines Augenscheins. Dient die Ortsbesichtigung dazu, einen streitigen, unabgeklärten Sachverhalt festzustellen, so müssen die am Verfahren Beteiligten aufgrund von Art. 29 Abs. 2 BV zum Augenschein beigezogen werden. Infolgedessen darf auf diese Beweismittel nicht abgestellt werden, ohne dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, an der Beweisabnahme mitzuwirken oder wenigstens nachträglich zum Beweisergebnis Stellung zu nehmen. Ein Augenschein darf nur dann unter Ausschluss einer Partei erfolgen, wenn schützenswerte Interessen Dritter oder des Staates oder eine besondere Dringlichkeit dies gebieten, oder wenn der Augenschein seinen Zweck überhaupt nur dann erfüllen kann, wenn er unangemeldet erfolgt (BGE 121 V 150 E. 4a und 4b S. 152 f.; 116 Ia 94 E. 3b S. 99 f.). 
Der Umfang des Gehöranspruchs bestimmt sich in erster Linie nach den kantonalen Verfahrensvorschriften. Wo sich dieser kantonale Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessenden bundesrechtlichen Minimalgarantien zur Sicherung des rechtlichen Gehörs Platz. Deren Anwendung prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 126 I 19 E. 2a S. 21 f., 15 E. 2a S. 16; 116 Ia 94 E. 3a S. 98). Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, eine Norm des kantonalen Rechts verpflichte die Behörde zu einer weitergehenden Beweisabnahme, als dies Art. 29 Abs. 2 BV gebiete. Bei dieser Sachlage ist der angefochtene Entscheid einzig vor dem Hintergrund von Art. 29 Abs. 2 BV zu prüfen. 
2.2 Der Einzelrichter hat offensichtlich den Wohnort der Schwiegertochter vorab besichtigt, ohne die Parteien dazu einzuladen (Urteil des Bezirksgerichtes, E. 5a/ee S. 7). Er hat jedoch in der Folge nicht auf die Feststellungen dieser Vorbesichtigung abgestellt, sondern ausdrücklich einzig auf die Aussagen der Beteiligten und die Feststellungen der Stadtpolizei (Urteil des Bezirksgerichtes a.a.O.). Da das Ergebnis dieses inoffiziellen Augenscheines nicht in die Beweiswürdigung mit eingeflossen ist, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu verneinen. Das Kantonsgericht seinerseits erachtete den Sachverhalt als hinlänglich erstellt und hat demzufolge auf einen Augenschein vor Ort verzichtet. Es begründet die Ablehnung des Beweisbegehrens damit, dass durch einen Augenschein keine neuen Erkenntnisse gewonnen würden. Das Urteil erging sodann gestützt auf die verschiedenen Zeugenaussagen. Der Augenschein wäre nicht geeignet gewesen, aufzuzeigen, ob der Beschwerdeführer zum fraglichen Zeitpunkt vor der Wohnung seiner Schwiegertochter das Wort "Hure" gerufen hat oder nicht. Eine Besichtigung hätte lediglich Anhaltspunkte darüber liefern können, ob der Eingangsbereich von der Wohnung der Schwiegertochter aus zu sehen ist. Wie bereits der Einzelrichter festgehalten hat, ergibt sich dies aus den schlüssigen Zeugenaussagen und den Feststellungen der Stadtpolizei: Im Interventionsrapport vom 20. Oktober 2001 (act. 34 der Akten des Bezirksgerichtes) wird geschildert, dass N.Z.________ und X.________ bei Ankunft der Polizei aus dem Fenster blickten. Im Übrigen legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern ein Augenschein weiter zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen sollte. Wenn das Kantonsgericht auf die Durchführung eines Ortstermins verzichtet hat, ist darin keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu erblicken. 
3. Der Beschwerdeführer rügt insbesondere, das Kantonsgericht habe die Beweise willkürlich gewürdigt und habe ihn schuldig gesprochen, obwohl ernsthafte, nicht zu unterdrückende Zweifel an seiner Schuld beständen. 
3.1 Gemäss dem aus Art. 32 Abs. 1 BV und in Art. 6 Ziff. 2 EMRK abgeleiteten Grundsatz "in dubio pro reo" ist bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld zu vermuten, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer eine Verletzung der Beweiswürdigungsregel geltend: 
 
Als Beweiswürdigungsregel besagt der Grundsatz "in dubio pro reo", dass sich der Strafrichter nicht von der Existenz eines für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Die Maxime ist verletzt, wenn der Strafrichter an der Schuld des Angeklagten hätte zweifeln müssen. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, weil solche immer möglich sind und absolute Gewissheit nicht verlangt werden kann. Das Bundesgericht legt sich bei der Überprüfung von Beweiswürdigungen im Strafprozess Zurückhaltung auf. Es greift mit anderen Worten nur ein, wenn der Sachrichter den Angeklagten verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des ganzen Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche und schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel an dessen Schuld fortbestanden (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41; 124 IV 86 E. 2a S. 88; 120 Ia 31 E. 2c und d S. 37 f.). 
3.2 Der Beschwerdeführer stellt zunächst in Abrede, am 20. Oktober 2001 um 16 Uhr überhaupt in St. Gallen gewesen zu sein. Er beruft sich auf seinen Schwager, der bestätige, von ca. 14 Uhr bis ca. 20 Uhr mit ihm zusammen gewesen zu sein. Der Zeuge habe ausgesagt, sie seien beide von Heiden nach Bendern gefahren, um Gemüse zu kaufen. Diese Aussage bestätige auch die Verkäuferin. Es liege eine Quittung im Recht, die einwandfrei belege, dass der Beschwerdeführer am besagten Ort 30 kg Kabis für Fr. 18.-- erworben habe. Es sei durchaus möglich, dass der Verkauf des Gemüses wesentlich vor 17 Uhr stattgefunden habe. Die gegenteilige Annahme des Kantonsgerichtes sei willkürlich, weil einfach ein zeitlicher Ablauf konstruiert werde, um doch noch einen Schuldspruch zu ermöglichen. 
 
Das Kantonsgericht hält dagegen, laut Zeugenaussage der Verkäuferin könne es durchaus möglich gewesen sein, dass der Gemüsekauf erst zwischen 17 Uhr und 17.30 Uhr stattgefunden habe. Es sei der drittletzte Verkauf an diesem Tag gewesen. Dies wisse sie mit Sicherheit, weil sie sich die Verkäufe stets notiere. Sie könne sich jedoch nicht an die genaue Zeit erinnern. Die Fahrzeit mit dem Auto von St. Gallen via Heiden nach Bendern betrage rund 60 Minuten. Wenn also der Verkauf erst nach 17 Uhr abgewickelt worden sei, sei es möglich, dass der Beschwerdeführer um 16 Uhr noch in St. Gallen gewesen sei. Der Gemüsekauf und die Beschimpfung schlössen sich nicht aus. 
 
Der Umstand, dass sich der Zeuge C.________ ahnungslos gegeben hatte, was den Streit zwischen dem Beschwerdeführer und dessen Schwiegertochter anbelangte, stimmte das Kantonsgericht misstrauisch. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seinem Schwager vom angespannten Verhältnis erzählt habe. Überdies seien Aussagen naher Verwandter und Freunde mit einer gewissen Zurückhaltung zu würdigen. 
3.3 Die Rekonstruktion des zeitlichen Ablaufs durch das Kantonsgericht ist keineswegs abwegig. Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer gemäss Quittung am 20. Oktober 2001 in Bendern 30 kg Kabis gekauft hat, führt nicht zwingend zum Schluss, der Beschwerdeführer könne sich unmöglich um 16 Uhr in St. Gallen aufgehalten haben. Zudem hat das Kantonsgericht, wie nachfolgend zu zeigen ist, bei der Beweiswürdigung nicht einzig auf den zeitlichen Faktor abgestellt, sondern auch auf übereinstimmende Zeugenaussagen. Dass das Kantonsgericht davon ausgeht, der Beschwerdeführer könne trotz des Gemüsekaufs um 16 Uhr in St. Gallen gewesen sein, ist verfassungs- und konventionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal auch die Verkäuferin keine verbindlichen Angaben über den Zeitpunkt des Kaufs machen konnte. 
4. 
4.1 Weiter rügt der Beschwerdeführer, das Kantonsgericht messe bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen ohne erfindlichen Grund mit unterschiedlichen Ellen. Der von der Zeugin X.________ geschilderte Ablauf entbehre jeder Logik. Nach deren Aussage wolle sie auf Geheiss von N.Z.________ das Fenster geöffnet haben, worauf ihr der Beschwerdeführer zugerufen habe: "Ja, da bist du, du Hure". Dies würde voraussetzen, dass er, der Beschwerdeführer, seine Schwiegertochter auf wenige Meter Distanz nicht erkenne. Ob sich die beiden Frauen ähnlich sähen, sei nicht abgeklärt worden. Wie das Kantonsgericht richtig festgestellt habe, sprächen sämtliche Beteiligten die serbokroatische resp. eine ihr verwandte Sprache. Es sei auch richtig, dass nichts darauf hinweise, dass er und seine Schwiegertochter miteinander auf Deutsch kommunizieren würden. Aus den Einvernahmeprotokollen ergebe sich jedoch entgegen der Meinung des Kantonsgerichtes mit aller Deutlichkeit, dass die beleidigenden Worte in deutscher Sprache erfolgt seien. Im Übrigen habe er die Zeugin X.________ wenige Tage nach dem Vorfall nicht in ihrer Wohnung aufgesucht, um sie zu beeinflussen. Er habe erst nach Erhalt der Vorladung vom 6. November 2001 von der Existenz und vom Namen der Zeugin erfahren und sei nicht bereits vorher von seinem Sohn über den Strafantrag in Kenntnis gesetzt worden, wie das Kantonsgericht behaupte. 
 
Das Kantonsgericht hält ausdrücklich fest, die Aussagen X.________ seien unter dem Vorbehalt zu würdigen, dass sie eine "gute Kollegin" der Beschimpften sei. Ihre Aussagen wirkten jedoch im Unterschied zu denjenigen C.________s glaubwürdig. Sie erzähle detailliert und konstant. Erinnerungslücken, insbesondere bezüglich des genauen Datums oder des Wochentags, seien infolge des Zeitablaufs verständlich. Auch sei eine Verwechslung zweier Frauen in ähnlichem Alter aus nicht allzu grosser Distanz durchaus möglich. X.________ bestätige die Verwechslung denn auch ausdrücklich. Der Beschwerdeführer habe sie offensichtlich nicht erkannt. Das Kantonsgericht geht denn auch davon aus, dass der Beschwerdeführer und seine Schwiegertochter sich nicht auf Deutsch verständigen. Sinngemäss führt es aus, der inkriminierte Ausdruck sei zur Verständlichkeit in den Protokollen in die deutsche Sprache übersetzt worden. Der Verteidiger ziehe den falschen Schluss, wenn er behaupte, dass der Angeschuldigte mit der Klägerin nicht deutsch kommunizieren würde und dadurch Worte wie "du Hure" auf Deutsch gar nicht gefallen sein könnten. Der Angeschuldigte sei wohl von seinem Sohn über den Strafantrag in Kenntnis gesetzt worden, womit auch erklärt sei, wieso er bereits wenige Tage nach dem Vorfall die Zeugin X.________ aufgesucht habe. 
4.2 Das Kantonsgericht hat die Zeugenaussagen X.________s und C.________s einander gegenübergestellt und erstere als glaubwürdiger beurteilt. Die Zeugin gab den Tathergang offensichtlich detailliert und widerspruchsfrei wieder. Auch wichen ihre Schilderungen unmittelbar nach dem umstrittenen Vorfall und bei der späteren Einvernahme nicht wesentlich voneinander ab. Es ist nicht stossend, wenn das Kantonsgericht ihren Aussagen mehr Gewicht beimisst als denjenigen des Schwagers des Beschwerdeführers, selbst wenn die Zeugin eine gute Kollegin der Beschimpften ist. Zudem weist X.________ ausdrücklich darauf hin, der Beschwerdeführer habe sie anscheinend verwechselt. Auch ist nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in seiner Erregung zuerst nicht erkannt hat, wer das Fenster auf sein Klingeln hin geöffnet hat, er durfte ja davon ausgehen, dass es seine Schwiegertochter sein würde. Nicht zu überzeugen vermag sodann die Argumentation des Beschwerdeführers, da er sich mit seiner Schwiegertochter nicht auf Deutsch unterhalte, könne er nicht das deutsche Wort "Hure" verwendet haben. Die Einvernahmeprotokolle wurden - zumal deutschsprachige Behörden den Fall behandeln - in deutscher Sprache verfasst. Daraus lässt sich mitnichten folgern, die Beschimpfung sei auf Deutsch erfolgt. Teilt das Kantonsgericht die diesbezügliche Auffassung des Beschwerdeführers nicht, ist ihm deswegen kein Vorwurf der Willkür zu machen. 
 
Auf welche Weise der Beschwerdeführer vom gegen ihn eingeleiteten Verfahren Kenntnis erhalten hat, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist unbestritten, dass er die Zeugin X.________ wenige Tage nach dem Vorfall aufgesucht hat. Erachtet das Kantonsgericht die Aussage der Zeugin als glaubwürdig, wonach der Beschwerdeführer ihr geraten habe, im Hinblick auf ein allfälliges Gerichtsverfahren sei es für sie besser, nichts zu sagen, sonst passiere etwas (act. 16), ist dies nicht willkürlich. 
5. 
5.1 Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass ihm vorgeworfen wird, er habe seine Schwiegertochter nicht nur am 20. Oktober 2001, sondern auch an einem andern Tag beleidigt bzw. sie eine Hure genannt. Zum Beweis dafür stelle das Kantonsgericht auf die Aussagen des Zeugen I.________, ein Wohnungsnachbar der Schwiegertochter des Beschwerdeführers, ab. 
 
Weiter rügt der Beschwerdeführer, das genaue Datum des Vorfalls sei nicht nachgewiesen worden. Der Zeuge habe sich anlässlich seiner Einvernahme am 14. November 2001 nicht mehr daran erinnern können, wann die angebliche Beschimpfung stattgefunden habe. Möglich sei deshalb, dass sich der nachdrücklich bestrittene Vorfall auch drei Monate vor dem 20. Oktober 2001 ereignet habe, was zur Folge hätte, dass die Antragsfrist von drei Monaten verpasst worden sei. Hinzu komme, dass ihm, dem Beschwerdeführer, ohne genaue Kenntnis des Deliktsdatums jede Möglichkeit fehle, sich effizient zu verteidigen. Gemäss Einvernahmeprotokoll habe sich I.________ zum Zeitpunkt der umstrittenen Beschimpfung in der Wohnung der Schwiegertochter aufgehalten. Laut Einvernahme habe er sich bereits vom Fenster entfernt und sich nicht mehr im gleichen Zimmer aufgehalten, als eine vor dem Haus stehende deutsch sprechende Person die Schwiegertochter angeblich beleidigt habe. Auffallend sei weiter, dass der Zeuge nur das Wort "Hure" gehört habe, aber nicht, was sonst noch gesprochen worden sei. Eine solche Zeugenaussage sei unglaubwürdig. 
 
Das Kantonsgericht hält indes die Aussagen I.________s für besonders glaubwürdig, weil er im Gegensatz zu den anderen Zeugen mit keiner Partei befreundet sei und kein subjektives Interesse am Ausgang des Prozesses habe. Er betone in seiner Einvernahme, dass er sich nur ungern in die Angelegenheiten anderer einmische und lieber keine Aussage machen würde. Trotzdem nehme er zum Vorfall Stellung. Diese Aussagen wirkten deshalb umso glaubwürdiger. Zudem seien sie konstant und detailliert. Bezüglich der Erinnerungslücken könne auf die Ausführungen des Einzelrichters und diejenigen zur Aussage von X.________ verwiesen werden. Der Nachbar, welcher sich zum Zeitpunkt des früheren Vorfalls in der Wohnung der Beschimpften aufgehalten habe, sei nicht von der N.Z.________, sondern von der Polizei als Zeuge angefragt worden. 
5.2 Zwar ist dem Beschwerdeführer darin zuzustimmen, dass in Bezug auf den Zeitpunkt der früheren Beschimpfung weniger gefestigte Kenntnisse vorliegen, da die Beschimpfte damals nicht die Polizei benachrichtigt hatte. Aufgrund der Aussagen des Wohnungsnachbarn und der Zeugin X.________ durfte das Kantonsgericht dennoch davon ausgehen, dass sich der Beschwerdeführer bereits kurze Zeit vor dem 20. Oktober 2001 in besagter Art seiner Schwiegertochter gegenüber geäussert hatte. Der Zeuge I.________ schilderte den Ablauf des Vorfalles detailliert. Dass er sich dabei zwar nicht mehr an den genauen Wortlaut, jedoch insbesondere an die Beschimpfung "Hure" erinnerte, erstaunt nicht, fällt doch diese herabsetzende Bezeichnung im normalen Umgang nicht. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die vor dem Haus stehende Person habe deutsch geredet, ist durch nichts belegt. 
6. 
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Kantonsgericht willkürfrei die Aussagen der Zeugen N.Z.________, X.________ und I.________ stärker gewichten durfte als diejenigen des Beschwerdeführers und dessen Schwagers. Nicht nur waren sie kohärent und bis auf wenige Details, die sich infolge des Zeitablaufes erklären lassen, übereinstimmend, sie standen auch in Gegensatz zum wenig glaubwürdigen Verhalten des Beschwerdeführers selber. Dieser habe sich bei der Einvernahme darauf beschränkt, die Vorwürfe abzustreiten und mit Angriffen gegen die Schwiegertochter zu kontern (angefochtenes Urteil E. 5f S. 8 mit Verweis auf act. 7). Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer selber oder mit Hilfe seiner Frau versucht hat, die Zeugin X.________ und den Zeugen I.________ zu beeinflussen. Wirkt sich dieses Handeln nach Auffassung des Kantonsgerichtes negativ auf die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers aus, ist diese Schlussfolgerung nicht stossend. 
 
Bei objektiver Würdigung des gesamten Beweisergebnisses und im Hinblick auf den grossen Ermessensspielraum des Kantonsgerichtes, drängen sich - auch im Lichte der Vorbringen des Beschwerdeführers - keine offensichtlich erheblichen und schlechterdings nicht zu unterdrückenden Zweifel an der Beweiswürdigung des Kantonsgerichtes auf. Dessen Schlussfolgerung, insbesondere vor dem Hintergrund der zugestandenen verhärteten Positionen zwischen Schwiegervater und Schwiegertochter, sind durchaus nachvollziehbar und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 
7. 
Die Beschwerde ist demzufolge abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG). 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt. 
3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Untersuchungsamt St. Gallen, Staatsanwalt Dr. Y.________, und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 15. Juli 2003 
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: