Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Eidgenössisches Versicherungsgericht 
Tribunale federale delle assicurazioni 
Tribunal federal d'assicuranzas 
 
Sozialversicherungsabteilung 
des Bundesgerichts 
 
Prozess 
{T 7} 
U 99/05 
 
Urteil vom 8. November 2005 
III. Kammer 
 
Besetzung 
Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Lustenberger und Seiler; Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke 
 
Parteien 
D.________, 1962, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Beat Wachter, Obergasse 34, 8400 Winterthur, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin 
 
Vorinstanz 
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur 
 
(Entscheid vom 25. Januar 2005) 
 
Sachverhalt: 
A. 
Der bei der Firma U.________ als Emballagenmitarbeiter tätige und in dieser Eigenschaft bei der SUVA gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versicherte G.________ verstarb am 22. November 1999 bei einem Verkehrsunfall. Seiner Witwe D.________ und seiner Tochter C.________ sprach die SUVA mit Verfügung vom 6. März 2000 Hinterlassenenrenten mit Wirkung ab 1. Dezember 1999 zu. Mit Schreiben vom 19. September 2002 teilte die SUVA der mittlerweile in Italien wohnhaften D.________ mit, nachdem die Haftpflichtversicherung mit den Erben von G.________ offenbar eine aussergerichtliche Vereinbarung über Lire 500'000'000 geschlossen habe, sei die SUVA daran, die weiteren Schritte betreffend ihre Regressansprüche zu prüfen; bis zur definitiven Klärung würden die monatlichen Zahlungen der Hinterlassenenrente ab 1. Oktober 2002 sistiert. 
 
Mit Datum vom 19. Dezember 2002 erstellte die SUVA eine an D.________ gerichtete Verfügung. Darin wurde unter Bezugnahme auf die aussergerichtliche Vereinbarung und Art. 41 UVG ausgeführt, auf Grund der in der Vereinbarung enthaltenen Klausel betreffend Haftungsbefreiung gegenüber jeglichen Regressansprüchen einer Schweizerischen Versicherungsgesellschaft sei von einer Pflichtverletzung gegenüber der SUVA auszugehen, weshalb sie ihre Ansprüche mit der Rente gemäss Verfügung vom 6. März 2003 verrechne und deshalb die bereits seit 1. Oktober 2002 sistierten Rentenzahlungen weiterhin sistiere bis zur Tilgung der Schuld gegenüber der SUVA in der Höhe von Fr. 322'568.- (wobei die SUVA später, im Schreiben vom 11. März 2003, einräumte, diese Verfügung sei nicht versandt worden). Mit Schreiben vom 18. Februar 2003 teilte W.________ als ihr Berater in der Schweiz in administrativen Angelegenheiten D.________ mit, er habe ihren Brief erhalten. Seine Nachforschungen bei der SUVA hätten ergeben, dass sie mit Datum vom 19. Dezember 2002 eine Verfügung erhalten habe; er bitte um Zusendung einer Fotokopie. Die SUVA gebe ihm keine Auskunft ohne eine Vollmacht. Sie solle die Vollmacht in der Beilage unterschreiben und zurücksenden. Die Rentenzahlungen seien nur unterbrochen. Irgendwo sei ein Fehler, der in Ordnung gebracht werden müsse. 
Mit Datum vom 26. Februar 2003 erliess die SUVA nochmals eine gleichlautende Verfügung. Am 6. März 2003 ging bei der SUVA ein Schreiben des W.________ vom 2. März 2003 ein. Darin bat er gestützt auf eine Vollmacht um Zustellung einer Verfügungskopie und führte an, D.________ habe ihn beauftragt, das Ausbleiben der Rente der SUVA abzuklären. Die Verfügung vom 19. Dezember 2002 sei "in Verlust geraten". Er vermute, dass D.________ eine Auflage nicht erfüllt habe. Am 11. März 2003 sandte die SUVA W.________ eine Verfügungskopie und teilte ihm mit, auf Grund eines Versehens sei die Verfügung vom 19. Dezember 2002 nicht an D.________ versandt worden, weshalb am 26. Februar 2003 eine neue erlassen worden sei. Mit Schreiben vom 21. Mai 2003, eingegangen bei der SUVA am 30. Mai 2003, bezog sich Rechtsanwalt S.________ als Vertreter von D.________ auf das Schreiben vom 19. September 2002 und wandte sich gegen die Sistierung der Rente per 1. Oktober 2002. Am 28. Juni 2003 veranlasste die SUVA bei der Post ein Nachforschungsbegehren betreffend ihre eingeschriebene Sendung vom 26. Februar 2003 an D.________, welches jedoch ergebnislos blieb. Sie bat W.________ sowie Rechtsanwalt S.________ mit Schreiben vom 29. September 2003, ihr mitzuteilen, ob und wann D.________ die Verfügung vom 26. Februar 2003 erhalten habe. Gemäss Telefonnotiz der SUVA vom 6. Oktober 2003 gab W.________ an, er habe die am 11. März 2003 an ihn versandte Verfügung vom 26. Februar 2003 in den darauf folgenden Tagen erhalten, diese aber nicht an die Beschwerdeführerin weitergeleitet. Er habe mit ihr immer nur über die Sistierung der Zahlungen gesprochen, ohne auf den Inhalt der Verfügung weiter einzugehen, und ihr geraten, sich an einen Anwalt zu wenden. Nach Ansetzung einer Nachfrist am 7. November 2003 reichte Rechtsanwalt S.________ mit Schreiben vom 18. November 2003 eine Vollmacht nach und bestätigte, D.________ habe ihre Mitteilung betreffend die vom Bereich Renten erlassene Verfügung vom 26. Februar 2003 über ihren Schweizer Vertreter am 5. April 2003 erhalten ("La sig.ra D.________ ha ricevuto la Vs. communicazione relativo al provvedimento decisorio del 26.02.2003 emesso dal Settore rendite, per il tramite del suo rappresentante svizzero, in data 05.04.2003"). 
 
Die SUVA betrachtete das Schreiben des Rechtsanwalts vom 21. Mai 2003 als Einsprache gegen die Verfügung vom 26. Februar 2003 und trat darauf mit Entscheid vom 2. Dezember 2003 wegen Verspätung nicht ein. 
B. 
Hiegegen erhoben D.________ und C.________ - beide nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Beat Wachter - Beschwerde und reichten dabei unter anderem eine Bestätigung des Rechtsanwalts S.________ vom 5. März 2004 ins Recht, in welcher dieser ausführte, D.________ habe am 5. April 2003 von W.________ lediglich telefonisch vom Bestehen einer Verfügung erfahren, wobei sie deren Inhalt nicht verstanden, er aber die Sistierung der Leistungen erwähnt habe. In der Folge zog C.________ ihre Beschwerde zurück. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies mit Entscheid vom 25. Januar 2005 die Beschwerde von D.________ ab. 
C. 
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt D.________ beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sowie des Einspracheentscheides der SUVA sei die Sache zwecks Neueröffnung der am 26. Februar 2003 ergangenen Verfügung mit Ansetzung einer Nachfrist an diese zurückzuweisen. Eventualiter sei die Sache an die SUVA zurückzuweisen zur materiellen Behandlung der am 21. Mai 2003 vom italienischen Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin erhobenen Einsprache. 
 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
1. 
Die strittige Verfügung hat nicht die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen zum Gegenstand. Das Eidgenössische Versicherungsgericht prüft daher nur, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzte, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt wurde (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). 
2. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze betreffend die mangelhafte Eröffnung von Verfügungen (Art. 49 Abs. 3 ATSG; BGE 111 V 150 Erw. 4c, 106 V 97 Erw. 2a, 104 V 166 Erw. 3, ARV 2002 S. 68 mit Hinweisen; vgl. auch SVR 2004 ALV Nr. 1 S. 2 f. Erw. 3.2 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt. Richtig ist insbesondere, dass die Parteien im Sozialversicherungsprozess, welcher von der Untersuchungsmaxime beherrscht wird, in der Regel eine Beweislast nur insofern tragen, als im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Es handelt sich dabei nicht um die subjektive Beweisführungslast, sondern in der Regel nur um die so genannte objektive Beweislast (Art. 8 ZGB). Diese Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist, im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung den Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen, Urteile T. vom 16. September 2005, C 171/05, und K. vom 20. September 2002, H 392/00). Darauf kann verwiesen werden. 
 
Zu ergänzen ist, dass bezüglich Tatsachen, welche für die Zustellung von Verfügungen erheblich sind, der Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit gilt. Allerdings bedingt dies in der Regel die Eröffnung der Verfügung mit eingeschriebenem Brief; denn nach der Rechtsprechung vermag die Verwaltung den Wahrscheinlichkeitsbeweis für die Zustellung der Verfügung nicht durch den blossen Hinweis auf den üblichen administrativen Ablauf zu erbringen (BGE 121 V 6 f. Erw. 3b; vgl. ZAK 1984 S. 124 Erw. 1b). Wird die Tatsache oder das Datum der Zustellung uneingeschriebener Sendungen bestritten, muss im Zweifel auf die Darstellung des Empfängers abgestellt werden (BGE 124 V 402 Erw. 2a, 103 V 66 Erw. 2a). 
3. 
Zu prüfen ist die Rechtzeitigkeit der Einsprache vom 21. Mai 2003 gegen die Verfügung vom 26. Februar 2003, wobei im Zusammenhang mit der Verfügungszustellung der Beginn des Fristenlaufs in Frage steht. 
 
Dabei ist einleitend festzustellen, dass es entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen zum Sachverhalt in der fraglichen Verfügung nicht nur um die Sistierung der Rente "bis zur definitiven Klärung von allfälligen Regressansprüchen im Zusammenhang mit Entschädigungszahlungen einer italienischen Versicherungsgesellschaft" geht. Vielmehr wurde darin die Sistierung bis zur Tilgung der Schuld gegenüber der SUVA im Rahmen ihrer Regressforderungen in der Höhe von Fr. 322'568.- verfügt. 
3.1 Wie die Vorinstanz zunächst zutreffend erwogen hat und nunmehr unbestritten ist, ist auf die Darstellung der Beschwerdeführerin abzustellen, wonach sie die direkt an sie versandte Verfügung vom 26. Februar 2003 nie erhalten hat, nachdem die SUVA auch mit einem Nachforschungsbegehren bei der Post den rechtsgenüglichen Nachweis der postalischen Zustellung nicht zu erbringen vermochte. 
3.2 Hingegen kann der Vorinstanz nicht gefolgt werden, soweit sie der Zustellung einer Orientierungskopie der Verfügung vom 26. Februar 2003 an W.________ am 11. März 2003 keine fristauslösende Wirkung zuerkennt: 
 
Die Vollmacht von W.________ datiert vom 25. Februar 2003, mithin einen Tag vor Erlass der Verfügung durch die SUVA, welche davon am 6. März 2003 Kenntnis erhielt und in der Folge W.________ die Verfügung zustellte. Dass der Rechtsvertreter vorgängig eine schriftliche Vollmacht einreicht, wird für eine rechtsgültige Eröffnung praxisgemäss nicht gefordert (BGE 99 V 181; unveröffentlichtes Urteil I 451/85 vom 19. August 1986); massgebend ist vielmehr, dass der Vertreter im Zeitpunkt, in dem ihm die Verfügung zugestellt wurde, tatsächlich bevollmächtigt war. 
 
Wird eine Verfügung dem in diesem Zeitpunkt bereits gehörig bevollmächtigten Vertreter nicht direkt eröffnet, sondern trotz Vertretungsverhältnis (zunächst) der versicherten Person zugestellt, vermag nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts die nachträgliche Zustellung einer Verfügungskopie an den Rechtsvertreter keine neue Beschwerdefrist mehr zu eröffnen, weil die Partei selbst bereits Kenntnis von der Verfügung erhalten hat (BGE 118 V 190, 117 II 511 Erw. 2, 115 Ia 20 Erw. 5c, SZS 2002 S. 509 [Urteil E. vom 13. Februar 2001, C 168/00], Urteil R. vom 6. Mai 2003, I 565/02; vgl. Donzallaz, La notification en droit interne suisse, N 1168). Anders verhält es sich, wenn der Partei die Verfügung - wovon vorliegend auszugehen ist - auf Grund eines Eröffnungsmangels noch nicht zugestellt worden war: In diesem Fall besteht mit Blick auf die Rechtssicherheit (vgl. Donzallaz, a.a.O., N 1173) kein Grund, nicht den Beginn eines (neuen) Fristenlaufs ab Zeitpunkt der Eröffnung gegenüber dem Vertreter anzunehmen. Spätestens dann beginnt somit die Einsprachefrist. 
 
Bei dieser Rechtslage war die am 11. März 2003 erfolgte Zustellung der Verfügungskopie an W.________ jedenfalls fristauslösend (BGE 118 V 190 und 117 II 511 Erw. 2; vgl. auch 115 Ia 20 Erw. 5c), weshalb die am 21. Mai 2003 eingereichte Einsprache gegen die Verfügung vom 26. Februar 2003 als verspätet zu betrachten und die SUVA zu Recht auf die Einsprache nicht eingetreten ist. Der vorinstanzliche Entscheid erweist sich somit im Ergebnis als rechtens. 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
1. 
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, C.________, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt. 
Luzern, 8. November 2005 
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Die Präsidentin der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: