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[AZA 0/2] 
 
7B.246/2001/min 
7B.247/2001 
7B.248/2001 
 
SCHULDBETREIBUNGS- UND KONKURSKAMMER 
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15. Januar 2002 
Es wirken mit: Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Meyer und Gerichtsschreiber Gysel. 
 
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In Sachen 
A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Martin Koller, Grossfeldstrasse 11, Postfach, 6011 Kriens, 
 
gegen 
drei Entscheide des Obergerichts (Schuldbetreibungs- und Konkurskommission) des Kantons Luzern als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs vom 8. Oktober 2001 (SK 01 123, SK 01 124 und SK 01 125), 
 
 
betreffend 
Pfändung und Steigerungsanzeige, 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
__________________________________________ 
 
1.- a) Als das Betreibungsamt X.________ in der von B.________ gegen A.________ eingeleiteten Betreibung Nr. yyy am 21. November 2000 die Pfändung vollziehen wollte, gelangte es zum Schluss, der Schuldner habe ausser der Liegenschaft in Z.________ (Grundstück Nr. ... des Grundbuchs X.________) kein pfändbares Gut. Es lud den Gläubiger noch am gleichen Tag ein, innert zehn Tagen einen Kostenvorschuss von 10'000 Franken zu leisten, falls er wünsche, dass das Grundstück mit Beschlag belegt werde; sonst werde die Betreibung mit der Ausstellung eines Verlustscheins abgeschlossen. Am 23. November 2000 ersuchte B.________ um Pfändung des Grundstücks, bat aber gleichzeitig um Reduktion des Kostenvorschusses. Das Betreibungsamt stellte ihm in der Folge am 19. Dezember 2000 eine Kopie des Grundbuchauszugs zu und liess ihn wissen, dass er im Hinblick auf eine Pfändung des Grundstücks 3'000 Franken Kostenvorschuss zu zahlen habe. B.________ verlangte mit Schreiben vom 21. Dezember 2000 weitere Informationen über das Grundstück, die das Betreibungsamt ihm am 5. Februar 2001 erteilte mit dem Bemerken, dass er gebeten werde, einen Kostenvorschuss von 3'000 Franken zu zahlen, falls er nun die Pfändung des Grundstücks wünsche. 
 
Am 7. März 2001 stellte das Betreibungsamt einen Verlustschein über insgesamt Fr. 70'868. 35 aus mit dem Hinweis, es sei auf die Pfändung des Grundstücks verzichtet worden. 
Mit Eingaben vom 8. und 12. März 2001 verlangte B.________ beim Betreibungsamt die Aufhebung des Verlustscheins und die Pfändung des Grundstücks. Er kündigte gleichzeitig an, den Betrag von 3'000 Franken in den nächsten Tagen zu überweisen. 
Das Betreibungsamt liess A.________ am 13. März 2001 wissen, es habe B.________ am 5. Februar 2001 aufgefordert, im Hinblick auf eine Pfändung des Grundstücks einen Kostenvorschuss zu zahlen, dabei jedoch versäumt, hiefür eine Frist festzusetzen. Unter diesen Umständen müsse es dem Begehren von B.________ stattgeben und den Verlustschein von Amtes wegen aufheben. Noch am gleichen Tag setzte das Betreibungsamt B.________ eine Frist von zehn Tagen zur Leistung des Kostenvorschusses an. Am 20. März 2001 wurde der Betrag von 3'000 Franken einbezahlt. 
 
b) Am 2. Mai 2001 versandte das Betreibungsamt die Pfändungsurkunde, wonach das Grundstück zu einem Schätzungswert von Fr. 440'000.-- mit Beschlag belegt worden sei. Auf eine von A.________ am 3. Mai 2001 gegen den Pfändungsvollzug erhobene Beschwerde trat der Amtsgerichtspräsident I von Y.________ als untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen nicht ein (Entscheid vom 8. Juni 2001). Am 21. Mai 2001 hatte B.________ das Verwertungsbegehren eingereicht, und am 6. August 2001 stellte das Betreibungsamt den Beteiligten die Steigerungsanzeige zu. 
 
c) A.________ hatte am 30. Juli 2001 beim Amtsgericht Y.________ eine weitere (vom 27. Juli 2001 datierte) Beschwerde eingereicht und verlangt, die Pfändung vom 2. Mai 2001 und das Verwertungsbegehren vom 21. Mai 2001 seien aufzuheben. Dieser Beschwerde folgten noch zwei andere, mit denen er die Aufhebung des am 7. März 2001 erstellten Verlustscheins anfocht (Eingabe vom 7. August 2001) bzw. 
(im Hauptstandpunkt) beantragte, es sei festzustellen, dass die gemäss Anzeige des Betreibungsamtes vom 6. August 2001 öffentlich bekannt gemachte Grundstücksteigerung wie auch die in der Betreibung Nr. yyy vollzogene Pfändung nichtig seien, und das Betreibungsamt sei anzuweisen, die Steigerung zu widerrufen (Eingabe vom 16. August 2001). 
Am 22. August 2001 entschied der Amtsgerichtspräsident I (als untere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen), dass auf die beiden Beschwerden vom 27. Juli und vom 7. August 2001 nicht eingetreten werde. Er stellte fest, sie seien verspätet und eine Nichtigkeit der Aufhebung des Verlustscheins bzw. der Pfändung sei nicht dargetan. 
Mit Entscheid vom 23. August 2001 wies er die dritte Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten sei. 
 
 
A.________ gelangte gegen diese drei Entscheide an das Obergericht (Schuldbetreibungs- und Konkurskommission) des Kantons Luzern (obere kantonale Aufsichtsbehörde), das am 8. Oktober 2001 in allen drei Verfahren den Beschwerde-Weiterzug abwies. 
 
 
d) Die drei Entscheide des Obergerichts nahm A.________ am 17. Oktober 2001 in Empfang. Mit drei vom 29. Oktober 2001 (Montag) datierten und noch am gleichen Tag zur Post gebrachten Eingaben führt er gegen alle (rechtzeitig) Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. 
Er beantragt in allen Fällen, die Entscheide der beiden kantonalen Aufsichtsbehörden aufzuheben. Sodann sei festzustellen, dass der am 7. März 2001 ausgestellte Verlustschein gültig und das Betreibungsverfahren mit Ausstellung dieses Verlustscheins abgeschlossen worden und der Pfändungsvollzug vom 2. Mai 2001 nichtig sei. Mit den Beschwerden, die sich gegen die Entscheide in den vorinstanzlichen Verfahren SK 01 124 und SK 01 125 richten, verlangt er ausserdem die Feststellung der Nichtigkeit der gemäss Anzeige vom 6. August 2001 getroffenen Anordnung der Steigerung des Grundstücks. 
 
Das Obergericht hat sich zu den Beschwerden nicht geäussert. 
Das Betreibungsamt X.________ schliesst auf Abweisung der Beschwerden, und der Beschwerdegegner B.________ hat sich unter Hinweis auf die angefochtenen Entscheide eines ausdrücklichen Antrags enthalten. 
 
Durch Präsidialverfügung vom 5. November 2001 ist allen drei Beschwerden antragsgemäss aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. 
 
2.- Hauptsächlicher Streitgegenstand ist in allen drei Fällen der Widerruf des am 7. März 2001 ausgestellten Verlustscheins. 
Die Ausführungen des Obergerichts in den angefochtenen Entscheiden und ebenso die Vorbringen des Beschwerdeführers sind denn auch weitgehend die gleichen. Im Entscheid SK 01 123 verweist die Vorinstanz zudem auf gewisse Erwägungen im Entscheid SK 01 124. Unter den dargelegten Umständen rechtfertigt es sich, die Beschwerdeverfahren 7B.246/2001, 7B.247/2001 und 7B.248/2001 zu vereinigen. 
 
3.- a) Im Falle der Kantone mit einem zweistufigen Verfahren können bei der erkennenden Kammer nur die Entscheide der oberen Aufsichtsbehörde angefochten werden (Art. 19 Abs. 1 SchKG). Soweit der Beschwerdeführer auch die Aufhebung der drei Entscheide des Amtsgerichtspräsidenten I von Y.________ vom 22. und 23. August 2001 verlangt, ist auf die Beschwerden daher von vornherein nicht einzutreten. 
 
b) Ein blosses Feststellungsbegehren ist grundsätzlich unzulässig (vgl. Lorandi, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, Basel 2000, N 41 zu Art. 20a SchKG). Hier geht es dem Beschwerdeführer letztlich jedoch nicht um die Feststellung der Gültigkeit des Verlustscheins als solcher, sondern darum, dass dieser nicht rechtswirksam aufgehoben worden und dass deshalb die am 2. Mai 2001 vollzogene Pfändung wie dann auch die Anordnung der Steigerung nichtig seien. 
4.- a) Strittig ist vorab, ob der am 7. März 2001 ausgestellte Verlustschein durch das an den Beschwerdeführer gerichtete Schreiben des Betreibungsamtes vom 13. März 2001 widerrufen worden sei. Nach Ansicht des Obergerichts erfüllt das Schriftstück alle hiefür verlangten formellen Anforderungen. 
Ob eine Verfügung (im Sinne von Art. 17 SchKG) oder eine blosse Absichtserklärung vorliege, sei durch Auslegung nach dem Vertrauensprinzip zu ermitteln. Die Vorinstanz erklärt, das Betreibungsamt habe im genannten Schreiben zum Ausdruck gebracht, dass es fälschlicherweise angenommen habe, der Gläubiger verzichte auf die Pfändung des Grundstücks, dass der Verlustschein daher entsprechend dem Begehren des Gläubigers aufgehoben werden müsse und dass es für den nächsten Verfahrensschritt, die Schätzung der Liegenschaft, mit dem Beschwerdeführer in den nächsten Tagen einen Termin abmachen werde. Diese Ausführungen hätten in ihrer Gesamtheit in guten Treuen nur so verstanden werden können, dass damit die Aufhebung des Verlustscheins und die verzugslose Weiterführung der Betreibung Nr. yyy angeordnet worden sei. Das Obergericht hält ferner dafür, es würde einem vernünftigen, verfahrensökonomischen Vorgehen des Betreibungsamtes widersprechen, vorerst die Absicht der Aufhebung des Verlustscheins kundzutun und zu einem späteren Zeitpunkt noch eine besondere Aufhebungsverfügung zu erlassen. Auch die Ankündigung, das Betreibungsamt werde schon in den nächsten Tagen einen weiteren Verfahrensschritt einleiten, habe die Aufhebung des Verlustscheins vorausgesetzt. Abschliessend erklärt die Vorinstanz, das Betreibungsamt habe mit seinem Schreiben vom 13. März 2001 den am 7. März 2001 ausgestellten Verlustschein rechtzeitig und formgültig wieder aufgehoben. 
 
b) Was der Beschwerdeführer hierzu vorträgt, ist nicht geeignet, die Entscheide der Vorinstanz als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Dass der Verlustschein zu Recht und gültig ausgestellt worden sei, ist ohne Belang, zumal gegen das vom Obergericht als anfechtbare Verfügung qualifizierte Schreiben vom 13. März 2001 innert Frist keine Beschwerde erhoben worden ist. Unbehelflich ist auch das vom Beschwerdeführer der Auslegung des Schreibens durch die Vorinstanz Entgegengehaltene, das sich im Wesentlichen in einer blossen Darstellung der eigenen Sicht der Dinge erschöpft (zur Abgrenzung zwischen einer blossen Meinungsäusserung bzw. 
Absichtserklärung des Betreibungsamtes und einer Verfügung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG vgl. BGE 94 III 83 E. 2 S. 88 mit Hinweis; 96 III 35 2c S. 44). Der Beschwerdeführer vermag keine gesetzlichen Vorschriften zu nennen, aus denen sich ergäbe, dass von einer Verfügung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SchKG nur dann gesprochen werden könnte, wenn ein Schriftstück ausdrücklich als solche oder als Entscheid bezeichnet wurde und ein Dispositiv sowie eine Rechtsmittelbelehrung enthält. 
 
5.- Für den Fall, dass im Schreiben des Betreibungsamtes vom 13. März 2001 eine formgültige Verfügung zu erblicken sein sollte, macht der Beschwerdeführer in den die Entscheide SK 01 124 und SK 01 125 betreffenden Beschwerden geltend, der angeordnete Widerruf des Verlustscheins sei nichtig. Die Vorinstanz hat diesen Einwand verworfen. 
 
a) Im Betreibungsverfahren ergangene Verfügungen sind nichtig, wenn sie gegen Vorschriften verstossen, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse von am Verfahren nicht beteiligten Personen erlassen worden sind (Art. 22 Abs. 1 SchKG). Ob eine nichtige Betreibungshandlung vorliege, prüft auch die erkennende Kammer von Amtes wegen, unabhängig davon, ob jene mit rechtzeitig erhobener Beschwerde angefochten worden ist oder nicht (dazu BGE 121 III 142 E. 2 S. 144 mit Hinweis). 
b) Seine Auffassung, die Aufhebung des Verlustscheins sei nichtig, begründet der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit, dass die Verfügung vom 21. November 2000, womit der Beschwerdegegner unter Androhung der Ausstellung eines Verlustscheins zur Zahlung eines Kostenvorschusses von 10'000 Franken aufgefordert worden ist, in Rechtskraft erwachsen sei. Da der Kostenvorschuss innert der darin festgesetzten Frist nicht geleistet worden sei, habe das Betreibungsamt zu Recht einen Verlustschein ausgestellt. Die beiden Zahlungsaufforderungen vom 19. Dezember 2000 und vom 5. Februar 2001 wie auch der Widerruf des Verlustscheins seien unter den gegebenen Umständen unbeachtlich. Die Verfügungen verstiessen gegen Art. 17 Abs. 2 und 4 wie auch gegen Art. 33 Abs. 4 SchKG. Diese Vorbringen sind unbehelflich: 
Der Beschwerdeführer verkennt, dass nach der von ihm angerufenen Rechtsprechung der Widerruf einer Verfügung durch das Betreibungsamt selber nur dann nichtig ist, wenn er vom Amt erst nach Einreichung seiner Vernehmlassung in einem hängigen Beschwerdeverfahren angeordnet worden ist, und zwar deshalb, weil auf Grund des Devolutiveffekts der Beschwerde dem Amt die entsprechende Zuständigkeit entzogen ist (BGE 97 III 3 E. 2 S. 5 f. mit Hinweis). Dieser Tatbestand ist hier nicht gegeben. Ins Leere stösst ebenso die Berufung auf Art. 33 Abs. 4 SchKG, ist doch der Beschwerdegegner nicht etwa zu einer nachträglichen Beschwerde zugelassen worden. 
 
Dass die Abänderung(en) der Kostenvorschussverfügung vom 21. November 2000 und der Widerruf des Verlustscheins nichtig wären, vermag der Beschwerdeführer mithin nicht darzutun. 
Hinweise für eine Nichtigkeit sind auch sonst nicht zu erkennen. 
 
Die beanstandeten Verfügungen hätten demnach einzig mit fristgerecht eingereichter Beschwerde angefochten werden können. 
6.- Nach dem Gesagten ist dem, was der Beschwerdeführer zur Begründung seines Standpunktes, der Pfändungsvollzug vom 2. Mai 2001 und die Anordnung der Steigerung seien nichtig, vorträgt, die Grundlage entzogen. Ein anderer Umstand, der diese Vorkehren als nichtig erscheinen liesse, ist nicht dargetan. 
 
 
Demnach erkennt 
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: 
_________________________________________ 
 
1.- Die Beschwerdeverfahren 7B.246/2001, 7B.247/2001 und 7B.248/2001 werden vereinigt. 
 
2.- Alle drei Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Beschwerdegegner B.________, vertreten durch Advokat Urban Carlen, Furkastrasse 25, 3900 Brig-Glis, dem Betreibungsamt X.________ und dem Obergericht (Schuldbetreibungs- und Konkurskommission) des Kantons Luzern als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs schriftlich mitgeteilt. 
______________ 
Lausanne, 15. Januar 2002 
 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Die Präsidentin: Der Gerichtsschreiber: