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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_146/2021  
 
 
Verfügung vom 13. Oktober 2021  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, als Einzelrichter, 
Gerichtsschreiberin Gutzwiller. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Gianni Rizzello und/oder Rechtsanwalt Pascal Sieger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Kai Burkart, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Ehescheidung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 19. Januar 2021 (LC200020-O/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. A.________ (geb. 1963) und B.________ (geb. 1954) stehen sich seit dem 12. Oktober 2011 am Bezirksgericht Meilen in einem Scheidungsverfahren gegenüber. Im Rahmen eines Teilurteils vom 9. November 2018 schied dieses die Ehe der Parteien. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die von der Ehefrau dagegen erhobene Berufung am 31. Januar 2019 ab.  
B.________ hat seither wieder geheiratet. 
 
A.b.  
 
A.b.a. Im Hinblick auf die Vollendung des fünfundsechzigsten Altersjahrs von B.________ am xx.xx.2019 erteilte das Bezirksgericht mit Verfügung vom 18. Juli 2019 dessen Pensionskasse (BVG-Sammelstiftung C.________) gewisse Anweisungen hinsichtlich seiner Guthaben und verbot jenem, seine Vorsorgegelder ohne gerichtliche Anordnung oder Zustimmung von A.________ als Kapitalabfindung zu beziehen oder zu verpfänden.  
 
A.b.b. Mit Teilurteil vom 18. Mai 2020 wies das Bezirksgericht die Pensionskasse an, ab Rechtskraft des Entscheids vom Vorsorgekonto des B.________ den Betrag von Fr. 1'045'182.-- zuzüglich Zins seit 12. Oktober 2011 auf ein von A.________ noch zu bezeichnendes Freizügigkeitskonto zu überweisen. Sodann verpflichtete es diese, der Pensionskasse innert 10 Tagen ab Rechtskraft des Entscheids mitzuteilen, auf welches Freizügigkeitskonto die Überweisung getätigt werden solle. Ferner hob es die Anordnungen vom 18. Juli 2019 auf den Zeitpunkt der Rechtskraft und des Vollzugs des Teilurteils auf.  
 
B.  
A.________ führte Berufung beim Obergericht; sie bestritt ausschliesslich die Zulässigkeit des Erlasses eines Teilurteils. Das Obergericht wies die Berufung mit Entscheid vom 19. Januar 2021 ab und bestätigte das Teilurteil des Bezirksgerichts. 
 
C.  
 
C.a. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 22. Februar 2021 wendet sich A.________ (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht, dem sie beantragt, das Urteil des Obergerichts vom 19. Januar 2021 sei aufzuheben und der Vorsorgeausgleich zwischen ihr und B.________ (Beschwerdegegner) sei erst am Schluss des Scheidungsverfahrens im Entscheid über die übrigen Scheidungsnebenfolgen vorzunehmen.  
In seiner Vernehmlassung vom 9. März 2021 beantragt der Beschwerdegegner, es sei nicht auf die Beschwerde einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
C.b. Mit Verfügung vom 17. März 2021 hat der Präsident der urteilenden Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.  
 
C.c. Am 30. August 2021 hat das Bezirksgericht über die verbleibenden Nebenfolgen der Scheidung entschieden. In ihren Stellungnahmen vom 1. Oktober 2021 bzw. 4. Oktober 2021 schliessen die Parteien auf Gegenstandslosigkeit der Beschwerde. Hinsichtlich der Kostenfolgen vertreten sie die Auffassung, dass der jeweilige Prozessgegner kosten- und entschädigungspflichtig werde.  
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Zur Beschwerde in Zivilsachen ist nur berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Abänderung hat (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). Fällt das aktuelle oder praktische Interesse des Beschwerdeführers nach Einreichung der Beschwerde beim Bundesgericht weg, ist das Verfahren als gegenstandslos abzuschreiben (BGE 136 III 497 E. 2.1 mit Hinweis). 
Mit dem Scheidungsurteil vom 30. August 2021 hat das Bezirksgericht über die Nebenfolgen der Scheidung entschieden. Wäre es nach den Vorstellungen der Beschwerdeführerin gegangen, hätte der Inhalt des Teilurteils vom 18. Mai 2020 Gegenstand des Scheidungsurteils vom 30. August 2021 sein müssen. Dieses liegt nun vor. Inhaltlich beanstandet die Beschwerdeführerin die Teilung der Vorsorgeguthaben nicht. Damit ist der Streit gegenstandslos geworden und das Verfahren ist in Anwendung von Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP (SR 273) durch den Instruktionsrichter als Einzelrichter abzuschreiben (Art. 32 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Über die Prozesskosten eines als gegenstandslos erklärten Rechtsstreits (E. 1 oben) entscheidet das Bundesgericht mit summarischer Begründung aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP; Urteil 5A_535/2020 vom 27. Januar 2021 E. 2.2 mit Hinweis). In erster Linie ist somit auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen. Dabei geht es nicht darum, die Prozessaussichten im Einzelnen zu prüfen und dadurch weitere Umtriebe zu verursachen (Urteil 5A_767/2020 vom 25. Juni 2021 E. 6.2.1 mit Hinweis). Vielmehr soll es bei einer knappen, summarischen Beurteilung der Aktenlage sein Bewenden haben. Auf dem Weg über den Kostenentscheid soll nicht ein materielles Urteil gefällt werden (vgl. BGE 142 V 551 E. 8.2 in fine mit Hinweisen). Diesbezüglich ergibt sich was folgt:  
 
2.2. Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, ist der im Gesetz enthaltene Grundsatz der Einheit des Scheidungsverfahrens nicht absolut. Gewisse Ausnahmen sind bereits im Gesetz vorgesehen (Art. 281 Abs. 3 sowie Art. 283 Abs. 2 und 3 ZPO). Sodann hat das Bundesgericht unter gegebenen Umständen auf einen Anspruch auf ein Teilurteil im Scheidungspunkt erkannt (BGE 144 III 298 E. 5-8). Die Beschwerdeführerin verneint aber kategorisch die Möglichkeit weiterer Ausnahmen.  
 
2.3. Der vorliegende Fall lässt sich weder in die bisherige Rechtsprechung noch in das Gesetz einordnen. Hingegen zeichnet er sich durch die Besonderheit aus, dass das Scheidungsverfahren seit 12. Oktober 2011 hängig und dieser Stichtag gemäss Art. 122 ZGB in seiner seit 1. Januar 2017 geltenden Fassung (Änderung vom 19. Juni 2015; AS 2016 2317), der übergangsrechtlich auch für das streitgegenständliche Scheidungsverfahren massgeblich ist (Art. 7d Abs. 2 SchlT ZGB; Urteile 5A_819/2017 vom 20. März 2018 E. 10.2.2, in: FamPra.ch 2018 S. 832 f.; 5A_710/2017 vom 30. April 2018 E. 5.2; je mit Hinweis), für die Ermittlung der aus der beruflichen Vorsorge erworbenen Ansprüche massgebend ist; nicht Rentenansprüche, sondern Austrittsleistungen zu teilen waren (Art. 123 ZGB); die Ehe der Parteien mit Teilurteil des Obergerichts vom 31. Januar 2019 rechtskräftig geschieden wurde; der Beschwerdegegner am xx.xx.2019 das 65. Altersjahr zurückgelegt und damit Anspruch auf Altersleistungen erworben hatte (Art. 13 Abs. 1 BVG [SR 831.40]); diese zufolge der Verfügung vom 18. Juli 2019 wohl als Rente (Art. 37 Abs. 1 BVG und Art. 22a Abs. 4 FZG [SR 831.42] i.V.m. Art. 19g Abs. 1 FZV [SR 831.425]), mangels Zustimmung der Beschwerdeführerin nicht aber als Kapitalleistung ausbezahlt werden konnten (vgl. vorne Sachverhalt lit. A.b.a); der Beschwerdegegner seinen unbestritten gebliebenen Aussagen zufolge auf die Auszahlung seiner Guthaben angewiesen war, um seinen finanziellen Pflichten nachkommen zu können; nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Vorinstanz das Ende des Scheidungsverfahrens im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Teilurteils nicht absehbar war; die güterrechtliche Auseinandersetzung unangefochten keinen Einfluss auf die Höhe des Vorsorgeausgleichs hatte (zum Vorrang der güterrechtlichen Auseinandersetzung gegenüber dem Vorsorgeausgleich: BGE 130 III 537 E. 4 mit Hinweis); letzterer von keiner Partei beanstandet wurde und sich daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin in der Tat die Frage stellt, welches Interesse sie an der strikten Durchsetzung des Grundsatzes der Einheit des Scheidungsverfahrens haben könnte (Art. 2 Abs. 2 ZGB, wonach der offenbare Missbrauch eines Rechts keinen Rechtsschutz findet, worunter namentlich die Rechtsausübung trotz Fehlens eines schutzwürdigen Interesses fällt; BGE 143 III 279 E. 3.1). In der hiervor geschilderten besonderen Konstellation scheint in summarischer Beurteilung der Erlass eines Teilurteils über den Vorsorgeausgleich nicht bundesrechtswidrig zu sein.  
 
3.  
Gestützt auf die vorstehenden Ausführungen hätte die Beschwerde mutmasslich abgewiesen werden müssen. Dieses (mutmassliche) Ergebnis gilt als vollumfängliches Unterliegen. Damit wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Angesichts des Ausgangs des Verfahrens wird gegenüber dem Kostenvorschuss eine reduzierte Gerichtsgebühr erhoben. Sodann hat die Beschwerdeführerin den Beschwerdegegner, der sich auf Einladung des Bundesgerichts zur Hauptsache und zu den Folgen der Gegenstandslosigkeit hat vernehmen lassen, mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach verfügt der Einzelrichter:  
 
1.  
Das Verfahren wird als gegenstandslos abgeschrieben. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 13. Oktober 2021 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Einzelrichter: von Werdt 
 
Die Gerichtsschreiberin: Gutzwiller