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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_86/2019  
 
 
Urteil vom 11. Mai 2020  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
1. A.________, 
2. B.________, 
3. C.________ Limited, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Juan Carlos Gil, 
Beschwerdeführerinnen, 
 
gegen  
 
Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), Hauptabteilung Mehrwertsteuer, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Kollokation im Nachlassverfahren, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, vom 7. Dezember 2018 (Z1 2017 33). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die D.________ AG mit Sitz in Zug, stellte am 25. Januar 2012 das Gesuch um Nachlassstundung. Das Kantonsgericht Zug (Einzelrichter) bewilligte am 27. Januar 2012 die provisorische und am 27. März 2012 die definitive Nachlassstundung, welche am 24. September 2012 verlängert wurde. Mit Entscheid vom 18. Februar 2013 genehmigte das Kantonsgericht den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung; seither befindet sich die D.________ AG in Nachlassliquidation.  
 
A.b. Am 11. Mai 2016 legten die Liquidatoren den Kollokationsplan auf. Im Kollokationsplan wurde in der Dritten Klasse die A.________, die B.________ und die C.________ Limited mit ihren Forderungen im Umfang von über Fr. 2 Mia. zugelassen (Fr. 1'913'789'810.48, Fr. 104'848'313.31 und Fr. 18'652'506.60). In der Zweiten Klasse wurde die Schweizerischen Eidgenossenschaft, Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), Hauptabteilung Mehrwertsteuer, mit Forderungen für Mehrwertsteuer im Umfang von über Fr. 24 Mio. zugelassen (Fr. 23'050'258.93 und Fr. 1'687'733.83.  
 
A.c. Am 30. Mai 2016 erhoben die A.________, B.________ und C.________ Limited beim Kantonsgericht Zug (negative) Kollokationsklage gemäss Art. 250 Abs. 2 SchKG gegen die Schweizerischen Eidgenossenschaft, Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), Hauptabteilung Mehrwertsteuer, und beantragten, die Kollokation der Forderungen für Mehrwertsteuer sei nicht in der Zweiten Klasse, sondern in der Dritten Klasse vorzunehmen. Mit Entscheid vom 11. Juli 2017 wies das Kantonsgericht die Kollokationsklage ab.  
 
B.   
Gegen den Entscheid des Kantonsgericht erhoben die A.________, B.________ und C.________ Limited Berufung. Mit Urteil vom 7. Dezember 2018 wies das Obergericht des Kantons Zug die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid. 
 
C.   
Mit Eingabe vom 28. Januar 2019 haben die A.________, B.________ und C.________ Limited Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführerinnen beantragen die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und der Kollokation der Forderungen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), Hauptabteilung Mehrwertsteuer, (Beschwerdegegnerin) in der Zweiten Klasse; die Kollokation sei in der Dritten Klasse vorzunehmen. Weiter ersuchen sie um aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen. 
Mit Verfügung vom 18. Februar 2019 ist der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung in dem Sinne gewährt worden, dass vorläufig keine Rückbehalte aufzulösen und daraus keine Nachlassdividende oder Abschlagszahlungen zu leisten sind. 
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen in der Sache eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid des oberen kantonalen Gerichts als Rechtsmittelinstanz, welche im Rahmen einer (negativen) Kollokationsklage im Nachlassverfahren (Art. 321 Abs. 2 i.V.m. Art. 250 Abs. 2 SchKG) den Rang einer zugelassenen Forderung beurteilt hat. Der Entscheid in der Schuldbetreibungs- und Konkurssache unterliegt jedenfalls (unabhängig von der Natur der Forderung) der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG; BGE 135 III 545 E. 1).  
 
1.2. Im vorliegenden Fall bestimmt sich der Streitwert nach der Differenz zwischen der Dividende, welche gemäss Kollokationsplan auf die umstrittenen Forderungen entfällt, und derjenigen, welche sich ergibt, wenn die Klage gutgeheissen würde (BGE 131 III 451 E. 1.2). Gestützt auf die bei einer Kollokation in der Zweiten Klasse zu erwartenden Dividende von 100 % und in der Dritten Klasse mit einer solchen zwischen 5,91 und 23,64 % liegt der Streitwert unstrittig bei max. Fr. 24'275'977.40. Die Streitwertgrenze ist ohne weiteres erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 86 E. 2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 II 283 E. 1.2.2).  
 
2.   
Das Obergericht hat die Kollokationsklage, mit welcher die Beschwerdeführerinnen die Privilegierung der Mehrwertsteuerforderung bestreiten, mit der Begründung abgewiesen, dass nach den übergangsrechtlichen Regeln das Privileg noch massgebend sei. Das Privileg sei erst am 1. Januar 2014 ausser Kraft gesetzt worden und gelte weiter - wie hier - für Nachlassverfahren, die durch ein Gesuch vor jenem Datum, d.h. dem 1. Januar 2014 eingeleitet worden seien. Demgegenüber machen die Beschwerdeführerinnen im Wesentlichen geltend, der Gesetzgeber habe das Mehrwertsteuerprivileg "möglichst rasch" abschaffen wollen. Das betreffende Privileg sei zeitlich möglichst beschränkt anzuwenden, weshalb nicht auf den Zeitpunkt des Gesuchs um Nachlassstundung (oder die Pfändung oder Konkurseröffnung), sondern auf den Zeitpunkt der Kollokation abzustellen sei. Für den hier im Jahre 2016 aufgelegten Kollokationsplan sei daher das Mehrwertsteuerprivileg nicht mehr massgebend. Die gegenteilige Auffassung des Obergerichts sei bundesrechtswidrig. 
 
3.   
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt der Kollokationsplan, den die Liquidatoren für die D.________ AG in Nachlassliquidation erstellt haben und in welchem die Mehrwertsteuerforderung der Schweizerischen Eidgenossenschaft in der Zweiten Klasse eingereiht wird. Umstritten ist die übergangsrechtliche Behandlung des per 1. Januar 2014 aufgehobenen Privilegs Zweiter Klasse für Mehrwertsteuerforderungen in einem Nachlassverfahren, welches mit Stundungsbewilligung vor dem Jahre 2014 begonnen hat, der Kollokationsplan indes erst später erstellt worden ist. 
 
3.1. Kommt es im Nachlassverfahren zum Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, so erstellen die Liquidatoren einen Kollokationsplan (Art. 321 Abs. 1 SchKG), wobei die Regeln gemäss Art. 244-251 SchKG gelten (Art. 321 Abs. 2 SchKG). Der Kollokationsplan fasst alle Forderungen zusammen, welche an der Nachlassliquidation beteiligt sind, und entscheidet gemäss Art. 219 SchKG über deren Rang (BAUER/ HARI/JEANNERET/WÜTHRICH, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 2, 3 zu Art. 321 SchKG). Für Erstellung und Wirkung des Kollokationsplanes gelten die Regeln des Konkursverfahrens (BGE 115 III 144 E. 2; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 5. Aufl. 2012, Rz. 3240).  
 
3.2. Für die Fragestellung - das Mehrwertsteuerprivileg im Kollokationsplan der D.________ AG in Nachlassliquidation - sind die Änderungen des SchKG zu beurteilen, welche mit dem Bundesgesetz vom 21. Juni 2013, in Kraft seit 1. Januar 2014, vorgenommen wurden (AS 2013 4111).  
 
3.2.1. Mit der Änderung des SchKG im Elften Titel wurde das Nachlassverfahren neu geregelt. Geändert wurden Bestimmungen des Stundungsverfahrens, über den ordentlichen Nachlassvertrag und den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. In der (einzigen) Übergangsbestimmung wurde das auf hängige Nachlassverfahren anzuwendende Recht geregelt: Wurde das Gesuch um Nachlassstundung vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingereicht, so gilt für das Nachlassverfahren das bisherige Recht (AS 2013 4122). Ausser Frage steht, dass die D.________ AG das Gesuch um Nachlassstundung  vor dem 1. Januar 2014 gestellt hatte, und auf das Nachlassverfahren das bisherige Recht weiter gilt.  
 
3.2.2. Im Zuge der SchKG-Änderung von 2013 wurde nicht nur das Nachlassverfahren neu geregelt, sondern eine Reihe weiterer Gegenstände geordnet oder geändert, wie die sachlich zusammenhängenden Verfahren (Art. 4a SchKG), die Betreibungsferien (Art. 56 SchKG), die Konkurseröffnung (Art. 174, Art. 192 SchKG), die Dauerschuldverhältnisse (Art. 211a SchKG), das Anfechtungsrecht (Art. 285 ff. SchKG) sowie die Privilegienordnung der Gläubiger (Art. 219 SchKG). Mit der letzterwähnten Änderung wurde lit. e von Art. 219 Abs. 4 Zweite Klasse SchKG gestrichen und damit die Privilegierung von Steuerforderungen aus dem Mehrwertsteuergesetz aufgehoben. Das Bundesgesetz vom 21. Juni 2013 enthält indes nur eine - erwähnte - Übergangsbestimmung betreffend das "Nachlassverfahren", ohne die anderen geänderten Gegenstände wie u.a. im Konkursrecht zu erwähnen. Darauf ist mit Bezug auf die geänderte konkursrechtliche Privilegienordnung - im Folgenden - einzugehen.  
 
3.3. Nach dem allgemeinen Grundsatz werden Verfahrensvorschriften mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes auf hängige Verfahren anwendbar; dieser Grundsatz wird für das SchKG in Art. 2 Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung vom 16. Dezember 1994 kodifiziert (Botschaft vom 8. Mai 1991 über die Änderung des SchKG [SchKG-Revision], BBl 1991 III 196 Ziff. 214; D. STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 1, 9 zu Art. 2 SchlB SchKG). Geht es um eigentliche materiellrechtliche Regelungen, kommen die allgemeinen Bestimmungen über das intertemporale Recht gemäss Art. 1-4 SchlT ZGB zur Anwendung, soweit kein reines Verfahrensrecht in Frage steht und die Schlussbestimmungen zum SchKG nichts anderes vorsehen (LORANDI/ SCHWANDER, Intertemporales Recht und Übergangsbestimmungen im revidierten Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, AJP 1996 S. 1467).  
 
3.3.1. Der Kollokationsplan und die Privilegienordnung der Gläubiger gemäss Art. 219 SchKG sind nicht materiellrechtlicher Natur (entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerinnen, die sich dazu vergeblich auf LORANDI/SCHWANDER, a.a.O., und GILLIÉRON, a.a.O., Rz. 1806 ff. berufen) und das Urteil im Kollokationsprozess hat keine materiellrechtliche Wirkung (BGE 135 III 470 E. 1.2). Richtig ist, dass mit der Kollokation (bzw. Kollokationsklage) eine dem materiellen Recht entsprechende Teilnahme (oder die Nichtteilnahme eines Konkurrenten) am Konkursergebnis verlangt wird (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 46 Rz. 47, 62; GILLIÉRON, Poursuite, a.a.O, Rz. 1786). Die Privilegienordnung gehört - als Teilnahmeordnung am Erlös aus der Konkursmasse - zum Zwangsvollstreckungsrecht, welches im SchKG und dort übergangsrechtlich besonders geregelt wird, weil es kein reines Verfahrensrecht darstellt. Diese - allgemeine rangmässige Teilnahmeberechtigung am Verwertungsergebnis - ist nicht nur im Konkursverfahren massgebend, sondern durch Verweisung auch beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (E. 3.1) sowie in der Betreibung auf Pfändung (Art. 146 Abs. 2 SchKG; GILLIÉRON, Poursuite, a.a.O., Rz. 1367 f.).  
 
3.3.2. Für die Änderungen der Privilegienordnung wurde in der Revision im Jahre 1994 die besondere Schlussbestimmung geschaffen (Art. 2 Abs. 3 SchlB SchKG) : Die bisherigen Privilegien hatten weiter Geltung, wenn vor dem Inkrafttreten der Revision (am 1. Januar 1997) der Konkurs eröffnet oder die Pfändung vollzogen worden ist (Botschaft SchKG-Revision, a.a.O., BBl 1991 III 197 Ziff. 214), wobei das Bundesgericht auf dem Wege der Lückenfüllung ergänzt hat, dass im Falle eines Nachlassverfahrens für die Weitergeltung der bisherigen Privilegienordnung der Zeitpunkt der Bewilligung der Nachlassstundung massgebend ist (BGE 125 III 154 E. 3b, 3c). Auch für spätere Änderungen in der Privilegienordnung wurde die Übergangsbestimmung mit diesem Inhalt ausdrücklich aufgenommen (Schluss- bzw. Übergangsbestimmungen der Änderungen vom 24. März 2000 [AS 2000 2531], vom 19. Dezember 2003 [AS 2004 4031] und vom 18. Juni 2010 [AS 2010 4921]).  
 
3.3.3. Die Übergangsbestimmung zur Änderung des SchKG vom 21. Juni 2013 nimmt nur auf das revidierte Nachlassverfahren Bezug, hingegen fehlt für das revidierte Konkursrecht - wie für die revidierte Privilegienordnung, auf welche das Pfändungs- und Nachlassverfahren verweist - eine ausdrückliche Übergangsbestimmung (GASSER, Neues Nachlassverfahren [...], BlSchK 2014 S. 14; HUNKELER/LEONOVA, Neuere Entwicklungen im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, AnwR 2013 S. 384). Die Übergangsbestimmung spricht klar vom "Nachlassverfahren", nicht vom "Konkursverfahren". Dem Wortlaut der Übergangsbestimmung lässt sich nichts zum Konkursverfahren entnehmen, ebenso wenig dem systematischen Zusammenhang. Die Frage der Geltungsdauer des nach bisherigem Recht vorgesehenen, im neuen Recht aufgehobenen Privileg für Mehrwertsteuerforderungen betrifft nicht einzig den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. Geht es um die Frage der Geltungsdauer von nach altem Recht vorgesehen, im neuen Recht eingeschränkten Privilegien, hat die Rechtsprechung anerkannt, dass eine Übergangsbestimmung notwendig ist, welche sowohl das Pfändungsverfahren, den Konkurs sowie das Nachlassverfahren umfasst (BGE 125 III 154 E. 3a), und welche eine einheitliche, widerspruchsfrei und systemgerechte Lösung für Konkurs, Pfändung und Nachlassverfahren darstellt (BGE 125 III 154 E. 3b). Eine erschöpfende Ordnung kann in der Übergangsbestimmung betreffend Nachlassverfahren jedoch nicht erblickt werden. So wenig das Nachlassverfahren die Privilegienordnung regelt, sondern wie das Pfändungsverfahren lediglich auf das Konkursverfahren verweist, so wenig regelt die Übergangsbestimmung zum anwendbaren Nachlassverfahren in einheitlicher Weise die übergangsrechtliche Frage der Privilegienordnung.  
 
3.3.4. Zweck der Aufhebung des Mehrwertsteuerprivilegs (lit. e von Art. 219 Abs. 1 Zweite Klasse SchKG), welches mit dem Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer vom 12. Juni 2009 (in Kraft seit 1. Januar 2010; AS 2009 5203) eingeführt wurde, ist die Gleichbehandlung der Gläubiger wiederum neu zu gewichten, und die Bevorzugung einer bestimmten Gläubigerkategorie zulasten anderer Gläubiger abzuschaffen, mit der allgemeinen Folge, die Dividende der Drittklassgläubiger im Konkurs (oder einer Pfändungsgruppe) zu erhöhen und den Abschluss von Nachlassverträgen zu erleichtern (Botschaft vom 8. September 2010 zur Änderung des SchKG [Sanierungsrecht], BBl 2010 6475 Ziff. 2.4). Aus der höher gewichteten Gläubigergleichbehandlung allein lässt sich indes nicht ableiten, dass übergangsrechtlich nicht die Konkurseröffnung (bzw. Pfändung oder Bewilligung der Nachlassstundung), sondern - wie die Beschwerdeführerinnen meinen - der Zeitpunkt der Erstellung des Kollokationsplanes massgebend sein soll. Dass die Aufhebung des Konkursprivilegs im Zuge der Revision des Sanierungsrechts erfolgt ist (Botschaft Sanierungsrecht, a.a.O., BBl 2010 6476), könnte auch dafür gedeutet werden, dass sie zeitlich parallel mit dem revidierten Nachlassverfahren (Bewilligung der Nachlassstundung) wirksam werden soll. Wohl wurde in der Eintretensdebatte im Parlament die "raschest mögliche Streichung" des Mehrwertsteuerprivilegs betont, allerdings mit Hinweis auf die effiziente Revision des Sanierungsrechts und die aktuelle Gelegenheit zur Gesetzesänderung (vgl. AB 2011 N 1817 f., Votum Bundesrätin Sommaruga), wie die Vorinstanz zutreffend festgehalten hat. Von einem schlüssigen Auslegungsergebnis zur Übergangsregelung betreffend Privilegienrecht kann nicht gesprochen werden. Insoweit hat der Gesetzgeber unterlassen, was er hätte regeln sollen, und weder der (einzigen) Übergangsbestimmung betreffend Nachlassverfahren noch im Weiteren lässt sich nach dem Wortlaut oder dem durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt eine Vorschrift entnehmen, welche die Privilegienordnung im Konkurs übergangsrechtlich regelt. Es liegt eine Lücke im Gesetz vor (BGE 140 III 636 E. 2.1).  
 
3.4. Die vorhandene Gesetzeslücke ist vom Richter in der Art des Gesetzgebers nach allgemeinen Rechtsprinzipien (Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB) zu füllen (BGE 125 III 154 E. 3a; 140 III 636 E. 2.1). Da die zu findende Norm den Charakter einer allgemein gültigen Regel tragen und sich in das Gesetz möglichst nahtlos einfügen soll, ist dabei von analogen, gesetzlich bereits geregelten Tatbeständen auszugehen (BGE 125 III 154 E. 3a), hier also von der in der gleichen Frage getroffenen übergangsrechtlichen Regelung im Falle der Änderung bzw. Aufhebung von Konkursprivilegien.  
 
3.4.1. Die Straffung der Privilegienordnung bildete einen der Kernpunkte der Revision des SchKG von 1994 (Botschaft SchKG-Revision, a.a.O., BBl 1991 III 127 Ziff. 206.27; A. STAEHELIN, Zur Geschichte der Konkursprivilegien, in: Festschrift Meier, 2015, S. 719; JEANDIN, Les privilèges de l'art. 219 LP, SJ 2013 II S. 179). Zu den Forderungen, deren Privilegierung abgeschafft wurde, gehörte auch die Verrechnungssteuer (lit. m von aArt. 219 Abs. 4 Zweite Klasse SchKG), mit der Begründung, dass Steuerforderungen grundsätzlich keine Privilegierung kennen sollen (Botschaft SchKG-Revision, a.a.O., BBl 1991 III 132 Ziff. 206.27). Mit Art. 2 Abs. 3 SchlB SchKG wurde eine alle abgeschafften bzw. verkürzten Privilegien umfassende Bestimmung gefunden, um den Übergang von der alten zur neuen Privilegienordnung zu regeln. Bei der Aufhebung des Konkursprivilegs zugunsten der Mehrwertsteuer wurde ausdrücklich auf die Abschaffung des Vorrechts der Verrechnungssteuer Bezug genommen (Botschaft Sanierungsrecht, a.a.O., BBl 2010 6475 Ziff. 2.4). Wenn der Gesetzgeber in einem der Kernpunkte der Revision von 1994 zur Abschaffung von Konkursprivilegien einschliesslich eines Steuerprivilegs eine Übergangsregelung geschaffen hat, liegt nahe, für den Übergang von der alten zur neuen Privilegienordnung ohne Mehrwertsteuerprivileg die gleiche Regelung heranzuziehen.  
 
3.4.2. Im Weiteren bezeichnet der Gesetzgeber die Übergangsbestimmung, wonach für die Privilegienordnung jenes Recht anwendbar ist, welches im Zeitpunkt der Konkurseröffnung, Pfändung oder Bewilligung der Nachlassstundung gegolten hat, als "unbestrittenen Grundsatz" (Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates, Bericht 23. Juni 2003, Parlamentarische Initiative 00.459, Arbeitnehmerforderungen im Konkursfall, BBl 2003 6374 Ziff. 2.2.2, sowie Bericht vom 26. Juni 2009, Parlamentarische Initiative 02.440, Begrenzung des Konkursprivilegs für Arbeitnehmerforderungen, BBl 2009 7985 Ziff. 3.3). Darauf wird in den (bereits erwähnten) Änderungen der Privilegienordnung abgestellt (E. 3.2.2). Die ursprüngliche Übergangsregel betreffend Änderungen in der Privilegienordnung wurde damit ersetzt (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. IV, 2003, N. 9 zu Vorbem. zu Art. 351-352 SchKG und Schlussbestimmungen). In der Lehre wird schliesslich für das aufgehobene Mehrwertsteuerprivileg übergangsrechtlich die analoge Anwendung von Art. 2 Abs. 3 SchlB SchKG (einschliesslich BGE 125 III 154), d.h. das Abstellen auf den Zeitpunkt der Pfändung, Konkurseröffnung oder Bewilligung der Nachlassstundung, mehrheitlich befürwortet (GASSER, a.a.O., S. 9, 14; VOCK/GANZONI, in: Schulthess Kommentar SchKG, 2017, N. 7 zu ÜBest. der Änderung vom 21. Juni 2013; LEVANTE, in: Kurzkommentar SchKG, 2. Aufl. 2014, N. 9 zu ÜBest. der Änderung vom 21. Juni 2013;  a.M.  SCHMID, Bis wann wird die Mehrwertsteuer in der Insolvenz noch bevorzugt?, Jusletter, 23. Juni 2014, Rz. 15).  
 
3.4.3. Soll sich die Übergangsregelung zur Abschaffung des Mehrwertsteuerprivilegs in das Gesetz möglichst nahtlos einfügen, ist vom analogen, gesetzlich und durch Rechtsprechung bereits geregelten Tatbestand auszugehen, hier also von in der gleichen Frage getroffenen übergangsrechtlichen Regelung anlässlich der Revision von 1994 für die Aufhebung von Konkursprivilegien einschliesslich Steuerprivilegien. Die Übernahme der bestehenden Übergangsbestimmung des Bundesrechts entspricht dem Grundsatz, vergleichbare Sachverhalte rechtlich gleich zu erfassen.  
 
3.5. Was die Beschwerdeführerinnen vorbringen (im Wesentlichen mit Hinweis auf die abweichende Meinung von SCHMID, a.a.O.), um übergangsrechtlich den Zeitpunkt der Kollokation der Forderung als massgebend zu erachten, vermag das Ergebnis nicht in Frage zu stellen, wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat. Weder aus den Materialien noch aus dem systematischen Zusammenhang lässt sich - wie erwähnt - ihre Auffassung stützen.  
 
3.5.1. Soweit die Beschwerdeführerinnen die fehlende Rechtfertigung des Steuerprivilegs als Argument heranziehen, laufen ihre Vorbringen lediglich darauf hinaus, die Einführung des Mehrwertsteuerprivilegs im Jahre 2010 - damals aus zwingenden finanziellen Gründen als gerechtfertigt erachtet (Botschaft vom 25. Juni 2008 zur Vereinfachung der Mehrwertsteuer, BBl 2008 7025 f. Ziff. 2 ad Art. 110) - als "Fehler" des Gesetzgebers und die spätere Aufhebung als richtig zu bezeichnen. Die Gewichtung von Interessen, die sich im Laufe der Zeit ändern kann, ist jedoch Merkmal des Privilegienrechts (JEANDIN, a.a.O., S. 179; A. STAEHELIN, a.a.O., S. 712, 720 f.). So hat der Gesetzgeber die Abschaffung des Privilegs der öffentlichrechtlichen Beitragsforderungen in der Revision von 1994 bereits wenige Jahre später (im Jahre 1999) ebenfalls als "Fehler" bezeichnet und rückgängig gemacht (Art. 219 Abs. 4 Zweite Klasse lit. b-d SchKG; Bundesgesetz vom 24. März 2000, in Kraft seit 1. Januar 2001, AS 2000 2531; Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates, Bericht vom 26. März 1999, Parlamentarische Initiative, Konkursprivileg und Sozialversicherungen, BBl 1999 9128 Ziff. 14).  
 
3.5.2. Hingegen sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber für die Aufhebung betreffend Mehrwertsteuerprivileg vom - seiner Auffassung nach - unbestrittenen und wiederholt angewendeten übergangsrechtlichen Grundsatz hätte abweichen sollen. Der Hinweis der Beschwerdeführerinnen, dass das Gemeinwesen sich nicht auf ein verpöntes Fiskalprivileg berufen könne, weshalb der Zeitpunkt der Kollokation, und nicht derjenige der Pfändung, Konkurseröffnung oder Bewiligung der Nachlassstundung massgebend sei, führt nicht weiter. Die gleiche Problematik stellte sich bereits bei der SchKG-Revision von 1994 betreffend Privilegien steuerrechtlicher Natur (Verrechnungssteuer), ohne dass für deren Abschaffung - welche damals im Einzelnen begründet wurde und auf welche der Gesetzgeber nunmehr Bezug genommen hat - eine andere oder besondere Regelung getroffen worden wäre. Soweit die Beschwerdeführerinnen schliesslich der Beschwerdegegnerin Treuwidrigkeit und ein  venire contra factum proprium vorwerfen, weil der Bundesrat im Jahre 2008 (Botschaft Mehrwertsteuer) die Einführung, und im Jahre 2010 (Botschaft Sanierungsrecht) die Abschaffung des Privilegs vorgeschlagen habe, ergibt sich aus den Vorbringen nichts, was sie für die von ihnen für richtig erachtete Übergangsregelung ableiten könnten.  
 
3.6. Nach dem Dargelegten liegt keine Verletzung von Bundesrecht vor, wenn das Obergericht zum Ergebnis gelangt ist, dass für das Mehrwertsteuerprivileg das bisherige Recht weitergilt, wenn vor dem Inkrafttreten der Änderung (1. Januar 2014) der Konkurs eröffnet, die Pfändung vollzogen oder die Nachlassstundung bewilligt worden ist. Im konkreten Fall steht fest, dass das Gesuch der D.________ AG um Nachlassstundung (am 27. Januar 2012) vor dem Inkrafttreten bewilligt worden ist, weshalb Art. 219 Abs. 4 Zweite Klasse SchKG in der bisherigen Fassung (d.h. einschliesslich lit. e) zur Anwendung kommt. Wenn das Obergericht die Abweisung der Kollokationsklage der Beschwerdeführerinnen bestätigt hat, ist dies nicht zu beanstanden.  
 
4.   
Der Beschwerde ist kein Erfolg beschieden. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Beschwerdeführerinnen kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zu leisten (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 65'000.-- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. Mai 2020 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante