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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5D_210/2021  
 
 
Urteil vom 3. August 2022  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter Schöbi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ Sàrl, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jacques Fournier, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. C.B.________, 
2. D.B.________, 
beide vertreten durch Advokat Peter Volken, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Provisorische Rechtsöffnung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Wallis, Zivilkammer, vom 22. Oktober 2021 (C3 21 143). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die A.________ Sàrl betrieb C.B.________ mit Zahlungsbefehl Nr. xxx des Betreibungsamtes der Bezirke Brig, Goms und Östlich Raron für den Betrag von Fr. 7'500.-- plus Zins zu 5% ab 11. August 2020. Der Betriebene erhob Rechtsvorschlag.  
A.b Das Bezirksgericht Brig, Östlich Raron und Goms erteilte der A.________ Sàrl auf deren Gesuch hin am 19. August 2021 die provisorische Rechtsöffnung für den gesamten in Betreibung gesetzten Betrag. 
 
B.  
C.B.________ und D.B.________ fochten den Rechtsöffnungsentscheid mit Beschwerde vom 30. August 2021 beim Kantonsgericht Wallis an. Mit Entscheid vom 22. Oktober 2021 trat dieses auf die Beschwerde von D.B.________ nicht ein. Die Beschwerde von C.B.________ hiess es teilweise gut. Es erteilte der A.________ Sàrl die provisorische Rechtsöffnung für den Teilbetrag von Fr. 625.-- zuzüglich Zins zu 5% seit dem 11. August 2020 und wies deren Rechtsöffnungsgesuch im Übrigen ab. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 16. November 2021 ist die A.________ Sàrl an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils und die Gewährung der provisorischen Rechtsöffnung im Umfang des Gesamtbetrages von Fr. 7'500.-- plus Zins zu 5% ab 11. August 2020. 
Mit Verfügung vom 7. Dezember 2021 ist das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung abgewiesen worden. 
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, indes in der Sache keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Entscheid des Kantonsgerichts, das als kantonale Rechtsmittelinstanz über ein Rechtsöffnungsbegehren, mithin eine Schuldbetreibungssache entschieden hat (Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG). Die gesetzliche Streitwertgrenze wird nicht erreicht (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist damit nicht gegeben. Die Eingabe der Beschwerdeführerin wird als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegengenommen (Art. 113 BGG).  
 
1.2. Die Beschwerdeschrift wurde in französischer Sprache, mithin in einer Amtssprache, verfasst, was zulässig ist. Das Verfahren wird indes in der Sprache des angefochtenen Entscheides durchgeführt (Art. 54 Abs. 1 BGG).  
 
1.3. Die Beschwerdeführerin hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen. Als Betreibungsgläubigerin hat sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides. Sie ist daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 115 BGG).  
 
1.4. Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). In der Beschwerde ist anzugeben, welche verfassungsmässigen Rechte verletzt wurden, und substantiiert darzulegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht kann die Verletzung eines Grundrechtes nur insofern prüfen, als eine solche Rüge präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 147 II 44 E. 1.2; 133 III 439 E. 3.2).  
 
2.  
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt eine teilweise gewährte provisorische Rechtsöffnung. Strittig ist vorallem die Dauer der Zahlungsverpflichtung aus einem Unterrichtsvertrag. 
 
2.1. Beruht die Forderung auf einer durch öffentliche Urkunde festgestellten oder durch Unterschrift bekräftigten Schuldanerkennung, so kann der Gläubiger die provisorische Rechtsöffnung verlangen. Der Richter spricht diese aus, sofern der Betriebene nicht Einwendungen, welche die Schuldanerkennung entkräften, sofort glaubhaft macht (Art. 82 SchKG). Alle Einwendungen und Einreden, die zivilrechtliche Bedeutung haben, sind zu hören; sie sind (gemäss Art. 254 ZPO) grundsätzlich durch Urkunden geltend zu machen (BGE 145 III 20 E. 4.1.2).  
 
2.2. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung qualifiziert den Unterrichtsvertrag als gemischten Vertrag, der hauptsächlich dem Auftragsrecht untersteht (Urteil 4A_275/2019 vom 29. August 2019 E. 1.3.1). Dazu gehört auch das jederzeitige Widerrufs- und Kündigungsrecht jeder Vertragspartei (Art. 404 Abs. 1 OR). Erfolgt dies jedoch zur Unzeit, so ist der zurücktretende Teil zum Ersatze des dem anderen verursachten Schadens verpflichtet (Art. 404 Abs. 2 OR). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Beauftragte dem zurücktretenden Vertragspartner keinen ernsthaften Anlass für eine Kündigung geliefert hat und für diesen die Fortführung des Vertrags nicht unzumutbar ist, wie dies bei einem Vertrauensbruch der Fall wäre. Unter diesen Voraussetzungen gilt die Kündigung des Unterrichtsvertrages in der Regel als zur Unzeit erfolgt, wenn sie mitten im Semester ausgesprochen wird, da sie für die Gegenpartei aufgrund der getroffenen Vorkehren nachteilig ist (Urteile 4A_275/2019 vom 29. August 2019 E. 1.3.1; 4A_601/2015 vom 19. April 2016 E. 1.2.1; 4A_141/2011 vom 6. Juli 2011 E. 4.2).  
 
2.3. Nach den Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz schlossen der Beschwerdegegner und seine Ehefrau am 27./29. Januar 2019 mit der Beschwerdeführerin für das Schuljahr 2019/2020 einen von beiden Parteien unterzeichneten Unterrichtsvertrag ("Schulvertrag") für ihren Sohn E.B.________ (geboren am yyy) ab. Das Schulgeld wurde auf Fr. 1'250.-- pro Monat festgelegt. Es war gemäss Vertrag für das ganze Schuljahr geschuldet, selbst wenn der Schüler dem Unterricht nicht mehr folgen könnte, wie beispielsweise bei einem Wohnsitzwechsel. Der Unterrichtsvertrag wurde von den Eltern per 15. Januar 2020 aufgelöst, nachdem E.B.________ die Privatschule tags zuvor verlassen hatte und in eine staatliche Schule eingetreten war.  
In rechtlicher Hinsicht kam die Vorinstanz zum Schluss, dass der vorliegende Unterrichtsvertrag grundsätzlich als provisorischer Rechtsöffnungstitel dienen könne. Indes enthalte der Vertrag keine Kündigungsmöglichkeit, was der zwingenden Bestimmung von Art. 404 Abs. 1 OR widerspreche. Die Kündigung per 15. Januar 2020 erweise sich somit als zulässig, womit das Schuldgeld ab diesem Zeitpunkt nicht mehr geschuldet sei. Der Schulvertrag bilde einzig für den Betrag von Fr. 625.--, die Hälfte des Monats Januar, einen hinreichenden Rechtsöffnungstitel. Dies bedeutet nach Ansicht der Vorinstanz nicht, dass die Eltern keine Entschädigung für die Auflösung des Unterrichtsvertrages zu zahlen hätten. Eine solche wäre aber nicht unter dem Titel Vertragserfüllung, sondern als Schadenersatz zu leisten, sofern die Kündigung zur Unzeit erfolgt wäre (Art. 404 Abs. 2 OR). Ob die entsprechenden Voraussetzungen im konkreten Fall gegeben sind, hänge von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, welcher eine eingehende materielle Prüfung durch den Sachrichter erfordern und den Rahmen des Rechtsöffnungsverfahrens sprengen würde. 
 
2.4. Vorab wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz die Verletzung der Begründungspflicht sowie formelle Rechtsverweigerung gemäss Art. 29 Abs. 2 BV vor, da sie sich zu einem von ihr zweimal angeführten Bundesgerichtsurteil (Urteil 5A_946/2020 vom 8. Februar 2021) nicht geäussert habe, welches auf demselben Sachverhalt wie der konkrete Fall beruhe und daher entscheidwesentlich sei.  
 
2.4.1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 148 III 30 E. 3.1). Dem von der Beschwerdeführerin ebenfalls angerufenen Verbot der formellen Rechtsverweigerung kommt in diesem Zusammenhang keine eigene Bedeutung zu.  
 
2.4.2. Eine Gehörsverletzung, wie sie die Beschwerdeführerin rügt, ist nicht auszumachen. Der angefochtene Entscheid ist einlässlich begründet und setzt sich mit den entscheidwesentlichen Fragen auseinander. Welche Antworten die Vorinstanz darauf gegeben hat und inwieweit sie die bundesgerichtliche Rechtsprechung berücksichtigen musste, beschlägt die Rechtsanwendung und ist nachfolgend zu prüfen. Die Beschwerdeführerin war hingegen ohne Weiteres in der Lage, den kantonsgerichtlichen Entscheid sachgerecht anzufechten, womit ihre Rüge fehl geht.  
 
2.5. In der Sache wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz eine gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV) verstossende Anwendung von Art. 82 Abs. 1 SchKG vor. Sie beruft sich dabei auf den Text des Unterrichtsvertrages, wonach die Eltern sich verpflichten, das gesamte Schulgeld eines Schuljahres zu bezahlen, auch wenn ihr Kind dem Unterricht nicht mehr folgen kann, wie beispielsweise bei einem Wohnsitzwechsel. Der Wortlaut dieser Abmachung sei klar und könne als Konventionalstrafe verstanden werden, falls das Kind die Schule, aus welchen Gründen auch immer, im Laufe des Schuljahres verlässt. Weshalb diese Verpflichtung mit der Kündigung seitens der Eltern hinfällig sein sollte, begründe die Vorinstanz nicht, was eine Gehörsverletzung darstelle.  
 
2.5.1. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz sehr wohl dargelegt, weshalb der Unterrichtsvertrag aufgelöst worden war. Insbesondere hat sie die Beschwerdeführerin auf das Widerrufsrecht nach Art. 404 OR hingewiesen, welches zwingendes Recht darstelle. Dieser vorinstanzliche Standpunkt erweist sich nicht als widersprüchlich, wie die Beschwerdeführerin rügt. Zwar trifft es zu, dass es sich beim Rechtsöffnungsverfahren um einen Urkundenprozess handelt, in dem einzig der vom Gläubiger vorgelegte Vollstreckungstitel, und nicht der Bestand der Forderung geprüft wird (BGE 142 III 720 E. 4.1; vgl. bereits BGE 58 I 363 E. 2 S. 369). Damit ist aber noch nicht gesagt, dass keine Einwendungen vorgebracht werden können, die auf einer wie hier zwingenden Gesetzesbestimmung beruhen. Dies gilt insbesondere für das im Auftragsrecht verankerte Widerrufsrecht gemäss Art. 404 OR, welches - wie erwähnt - auf den Unterrichtsvertrag Anwendung findet (E. 2.2). Der Schuldner muss lediglich die Kündigung des Auftrages glaubhaft machen, und zwar grundsätzlich durch Urkunden (E. 2.1), womit gegebenenfalls der Entschädigungsanspruch für die Zeit ab Widerruf entfällt (STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 3. Aufl. 2021, N. 129 zu Art. 82). Dies nahm die Vorinstanz aufgrund der vorgelegten Urkunden an. Vorliegend ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner den Unterrichtsvertrag per 15. Januar 2020 gekündigt hat. Soweit die Beschwerdeführerin der Vorinstanz nun vorhält, ohne tatbeständliche Grundlage anzunehmen, der Unterrichtsvertrag bilde nach der Kündigung keine Schuldanerkennung für das Schulgeld des ganzen Jahres, verkennt sie, dass es hier um eine reine Rechtsfolge geht. Diese ergibt sich bereits aus dem Gesetz und benötigt als solche keine Urkunde. Hingegen kann Rechtsöffnung für allfälligen Schadenersatzanspruch nach Art. 404 Abs. 2 OR in Form einer Konventionalstrafe nur erteilt werden, wenn diesbezüglich eine Schuldanerkennung vorliegt (vgl. STAEHELIN, a.a.O.).  
 
2.5.2. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist vorliegend von einer für den Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung in der Höhe des Schulgeldes für den Rest des Schuljahres vereinbarten Konventionalstrafe auszugehen, auch wenn der Unterrichtsvertrag diese nicht ausdrücklich als solche bezeichne. Hierfür stelle der Unterrichtsvertrag einen provisorischen Rechtsöffnungstitel dar, dessen materielle Grundlage der Richter nicht überprüfen könne. Ihrer Ansicht nach geht es vorliegend um denselben Sachverhalt wie er dem bundesgerichtlichen Urteil 5A_946/2020 vom 8. Februar 2021 zugrunde lag. Mit dieser Rüge verkennt die Beschwerdeführerin die Bedeutung des genannten Urteils. Das Bundesgericht hatte lediglich zu entscheiden, ob die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Privatschule festgelegte Konventionalstrafe für eine Kündigung nach Beginn des Schuljahres herabgesetzt werden könne und ob dies allenfalls in der Zuständigkeit des Rechtsöffnungsrichters liege (vgl. Urteil 5A_946/2020, a.a.O., E. 4.3.2). Hingegen hatte es sich nicht zur Frage äussern müssen, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen für die Konventionalstrafe ein Rechtsöffnungstitel besteht. Der Vorinstanz kann daher keine Willkür vorgeworfen werden, da sie das erwähnte bundesgerichtliche Urteil nicht in ihre Entscheidfindung einbezogen hatte. Inwiefern die Vorinstanz gegen das Willkürverbot verstossen haben soll, wenn sie im Schulvertrag keinen hinreichenden Rechtsöffnungstitel für Schadenersatz in Form einer Konventionalstrafe erblickt hat, ist nicht ersichtlich.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist der Vorinstanz keine Verletzung verfassungsmässiger Rechte vorzuwerfen. Der Beschwerde ist daher kein Erfolg beschieden. Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung an den Beschwerdegegner ist nicht geschuldet, zumal er in der Sache nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurde und sich in seiner Stellungnahme dem Gesuch um aufschiebende Wirkung unterzogen hat (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Wallis, Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 3. August 2022 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante