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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_200/2022  
 
 
Urteil vom 11. Mai 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichterin Jametti, Bundesrichter Haag, 
Gerichtsschreiber Uebersax. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwälte Thomas Häusermann, Philip Stolkin und Bernard Rambert, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich, Schwere Gewaltkriminalität, Güterstrasse 33, 
Postfach, 8010 Zürich. 
 
Gegenstand 
Entlassung aus der Sicherheitshaft, 
 
Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts 
des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 17. März 2022 (SB210634-O/Z7/js). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich führte gegen A.________ eine Strafuntersuchung wegen versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, mehrfacher Drohung, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie weiterer Delikte. Ausgangspunkt für die Strafuntersuchung bildete ein Vorfall vom 28. Juni 2017, der sich im Rahmen des Vollzugs des Freiheitsentzugs aufgrund eines früher gefällten Strafurteils ergeben hatte. Bis am 27. September 2017 befand sich A.________ im entsprechenden Strafvollzug. Am 28. September 2017 wurde er aufgrund der neuen Vorwürfe vorläufig festgenommen. Das Bezirksgericht Zürich verfügte am 29. September 2017 wegen Wiederholungsgefahr die Anordnung von Untersuchungshaft. Mit Urteil 1B_553/2017 vom 12. Januar 2018 wies das Bundesgericht (I. öffentlich-rechtliche Abteilung) eine in diesem Zusammenhang erhobene Beschwerde ab. Am 25. April 2019 ordnete das Bezirksgericht Dielsdorf als Zwangsmassnahmengericht für A.________ Sicherheitshaft an. Das Bezirksgericht Dielsdorf verurteilte A.________ am 6. November 2019 wegen versuchter schwerer Körperverletzung, mehrfacher einfacher Körperverletzung, mehrfacher Sachbeschädigung, mehrfacher Drohung, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie mehrfacher Beschimpfung hauptsächlich zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Es ordnete eine stationäre therapeutische Behandlung von psychischen Störungen an und schob den Vollzug der Freiheitsstrafe zugunsten der Massnahme auf. Am 26. Mai 2021 verurteilte das Obergericht A.________ im Berufungsverfahren im Wesentlichen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten und sah gleichzeitig von der Anordnung einer Massnahme ab. Mit Urteil 6B_882/2021 und 6B_965/2021 vom 12. November 2021 hiess das Bundesgericht (Strafrechtliche Abteilung) im Wesentlichen eine Beschwerde von A.________ gegen den Berufungsentscheid gut, hob das Strafurteil des Obergerichts vom 26. Mai 2021 auf und wies die Sache zu neuer Beurteilung an das Obergericht zurück, unter Abschreibung der von der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich eingereichten Beschwerde wegen Gegenstandslosigkeit (nachfolgend auch: Strafurteil). Zur Begründung führte das Bundesgericht im Wesentlichen aus, das Obergericht habe sich mit den aktuellen Vollzugsbedingungen, nicht aber mit denjenigen der von A.________ bereits früher ausgestandenen Strafen und (Zwangs-) Massnahmen bzw. seinen diesbezüglichen Schilderungen auseinandergesetzt; damit habe es mit Blick auf das Argument von A.________, die ihm vorgeworfenen Taten in einer Notstandslage begangen zu haben, seine Begründungspflicht sowie den Gehörsanspruch des Angeklagten verletzt und den massgeblichen Sachverhalt unvollständig festgestellt.  
 
A.b. Parallel zum Strafprozess ergaben sich mehrere Rechtsmittelverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich sowie vor dem Bundesgericht im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Sicherheitshaft und den Bedingungen ("Sondersetting") des damit verbundenen Haftvollzugs (vgl. namentlich die Urteile des Bundesgerichts 1B_52/2021 vom 24. März 2021 = BGE 147 IV 259; 1B_326/2021 vom 5. Juli 2021; 1B_462/2021 vom 13. September 2021). Mit dem jüngsten Urteil 1B_574/2021 vom 3. Dezember 2021 hiess das Bundesgericht eine Beschwerde von A.________ teilweise gut, hob die damit angefochtene Präsidialverfügung des Obergerichts vom 17. September 2021 auf, mit dem dieses einen Antrag auf Haftentlassung abgewiesen hatte, und wies die Sache an das Obergericht zurück zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen, unter gleichzeitiger Abweisung des Gesuchs um sofortige Haftentlassung. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, das Obergericht habe A.________ formell das Recht verweigert, indem es sich nicht an einen früheren Rückweisungsentscheid des Bundesgerichts im Verfahren 1B_326/2021 vom 5. Juli 2021 bzw. an die darin vorgegebenen Auflagen gehalten habe. Diese Auflagen betrafen insbesondere die Haftbedingungen, denen A.________ im für ihn errichteten Sondersetting ausgesetzt war. Im Übrigen wies das Bundesgericht darauf hin, dass gemäss seiner neusten Rechtsprechung die Personalunion von Haft- und Sachrichter einen Anschein der Befangenheit zu begründen vermöge.  
 
A.c. Am 20. Januar 2022 wurde A.________ von der JVA Pöschwies ins Gefängnis Zürich verlegt, wo er in einem deutlich gelockerten Haftregime, wie es im Wesentlichen auch für die übrigen Häftlinge gilt, inhaftiert ist.  
 
B.  
In der Folge übertrug der zuständige Abteilungspräsident am Obergericht die Verfahrensleitung im Zusammenhang mit der Fortsetzung der Sicherheitshaft einem neuen Abteilungsmitglied. Dieses holte einen Bericht über das aktuelle Haftsetting ein und führte die Verfahrensinstruktion. Mit Einzelrichterentscheid vom 17. März 2022 verlängerte das Obergericht die Sicherheitshaft bis zum Endentscheid der Berufungsinstanz in der Hauptsache. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Haftvoraussetzungen des dringenden Tatverdachts sowie der Wiederholungsgefahr seien weiterhin erfüllt. Überdies bestehe vorerst noch keine Gefahr von Überhaft. Schliesslich befinde sich A.________ inzwischen in einem ordentlichen Haftsetting, das nicht zu beanstanden sei. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen vom 19. April 2022 an das Bundesgericht beantragt A.________, die Verfügung des Obergerichts vom 17. März 2022 aufzuheben und ihn sofort aus der Sicherheitshaft zu entlassen; eventuell seien dafür Ersatzmassnahmen anzuordnen; subeventuell sei die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um vollumfänglichen Beizug der Akten des Obergerichts sowie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, es liege keine Wiederholungsgefahr vor, nachdem er sich im neuen Haftsetting tadellos verhalten habe, und es drohe die ernsthafte Gefahr von Überhaft. 
Die Staatsanwaltschaft reichte innert Frist keine Stellungnahme ein. Das Obergericht verzichtete auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen einen kantonal letztinstanzlichen (vgl. Art. 80 BGG) Entscheid über die Fortsetzung von Sicherheitshaft während eines Verfahrens vor dem Berufungsgericht (vgl. Art. 232 StPO) steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG an das Bundesgericht offen. Bei der angefochtenen Präsidialverfügung handelt es sich um einen solchen kantonal letztinstanzlichen Entscheid (vgl. Art. 222 i.V.m. Art. 232 StPO), weshalb sich die Beschwerde in Strafsachen als zulässig erweist. Der Beschwerdeführer war am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt und ist als betroffener Häftling vom angefochtenen Entscheid besonders berührt, was ihn gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG zur Beschwerdeerhebung berechtigt.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht unter Einschluss von Bundesverfassungsrecht sowie von Völkerrecht, namentlich der Europäischen Menschenrechtskonvention, gerügt werden (Art. 95 lit. a und b BGG). Der Beschwerdeführer erhebt solche zulässigen Rügen.  
 
1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf Antrag hin oder von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
Der Beschwerdeführer beantragt den Beizug sämtlicher obergerichtlichen Akten. Ob er damit nur diejenigen des Haft- oder auch zusätzlich diejenigen des Berufungsverfahrens meint, ist nicht klar. Das Obergericht stellte dem Bundesgericht die aktuellen Verfahrensakten im Zusammenhang mit der Sicherheitshaft sowie sämtliche Aktenverzeichnisse zu. Der Beschwerdeführer erhielt davon Kenntnis und erhob dagegen keinen Einwand. Die dem Bundesgericht unterbreiteten Akten erweisen sich für das Haftverfahren auch als ausreichend. Es ist in diesem Sinne davon auszugehen, dass damit dem Anliegen des Beschwerdeführers entsprochen wurde. Soweit sein Antrag darüber hinaus reichen sollte, ist er abzuweisen. 
 
3.  
 
3.1. Nach den Grundvoraussetzungen von Art. 221 StPO ist Untersuchungshaft nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ein im Gesetz genannter Haftgrund vorliegt. Dazu zählt namentlich die sog. Wiederholungsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO). Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, es fehle am dringenden Tatverdacht. Hingegen bestreitet er eine massgebliche Wiederholungsgefahr. Zwar hatte er diesen Einwand vor dem Obergericht im vorliegenden Verfahren noch nicht vorgebracht. Neue rechtliche Vorbringen sind aber im bundesgerichtlichen Verfahren grundsätzlich zulässig (vgl. Art. 99 BGG e contrario). Hingegen kann es widersprüchlich sein, der Entscheidinstanz nachträglich eine Gehörsverletzung wegen unzureichender Begründung vorzuwerfen in einem Punkt, der vorweg gar nicht gerügt worden war. Eine entscheidende Behörde muss sich nach der Rechtsprechung nicht mit jedem rechtlichen Einwand ausdrücklich auseinandersetzen, solange sie insgesamt die wesentlichen Gesichtspunkte nachvollziehbar wiedergibt (vgl. BGE 142 II 49 E. 9.2; 137 II 226 E. 3.2; je mit Hinweisen). Das gilt umso mehr, wenn ein Einwand gar nicht erhoben wird.  
 
3.2. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Haftgrund der Wiederholungsgefahr in Anwendung der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie des Verfassungs- und Gesetzesrechts des Bundes restriktiv zu handhaben (vgl. Art. 212 Abs. 1 StPO). Die Anordnung von Haft wegen Wiederholungsgefahr kann dem strafprozessualen Ziel der Beschleunigung dienen, indem verhindert wird, dass sich das Verfahren durch immer neue Delikte kompliziert und in die Länge zieht. Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK anerkennt überdies ausdrücklich die Notwendigkeit, Beschuldigte an der Begehung strafbarer Handlungen zu hindern als Haftgrund. Bei der Annahme, dass der Beschuldigte weitere schwere Delikte begehen könnte, ist allerdings Zurückhaltung geboten. Da Präventivhaft einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der persönlichen Freiheit (nach Art. 10 Abs. 1 BV; vgl. auch Art. 31 BV) darstellt, muss sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 1 und 2 und Art. 36 Abs. 3 BV sowie Art. 197 StPO). Die rein hypothetische Möglichkeit weiterer Delikte sowie die Wahrscheinlichkeit, dass nur geringfügige Straftaten verübt werden, reichen nicht aus, um eine Präventivhaft zu begründen.  
 
3.3. Nach dem Gesetz setzt Wiederholungsgefahr voraus, dass ernsthaft zu befürchten ist, die beschuldigte Person gefährde durch Verbrechen oder schwere Vergehen (vgl. dazu BGE 137 IV 84 E. 3.2) die Sicherheit anderer erheblich, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO). Verbrechen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind (Art. 10 Abs. 2 StGB); Vergehen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sind (Art. 10 Abs. 3 StGB). Für das Vorliegen von Wiederholungsgefahr muss grundsätzlich das Vortatenerfordernis erfüllt sein und es müssen schwere Vergehen oder Verbrechen drohen, welche die Sicherheit anderer erheblich gefährden. Erforderlich ist dafür eine ungünstige Rückfallprognose. Dabei sind insbesondere die Häufigkeit und Intensität der untersuchten Delikte sowie die einschlägigen Vorstrafen zu berücksichtigen (vgl. BGE 143 IV 9 E. 2.3 ff.).  
 
3.4. Bei den in Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO verlangten Vortaten muss es sich um Verbrechen oder schwere Vergehen gegen gleiche oder gleichartige Rechtsgüter gehandelt haben, wie sie im hängigen Untersuchungsverfahren massgeblich sind. Die früher begangenen Straftaten können sich aus rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren ergeben. Sie können jedoch auch Gegenstand des noch hängigen Strafverfahrens bilden, in dem sich die Frage der Untersuchungs- und Sicherheitshaft stellt, sofern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass die beschuldigte Person solche Straftaten begangen hat (BGE 143 IV 9 E. 2.3.1 mit Hinweis). Nach Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO müssen die drohenden Delikte die Sicherheit anderer erheblich gefährden. Sicherheit bedeutet die Abwesenheit von Gefahr oder Beeinträchtigung von Rechtsgütern anderer Personen. Massgeblich sind insofern grundsätzlich Rechtsgüter jeglicher Art, wobei Delikte gegen die körperliche und sexuelle Integrität im Vordergrund stehen (BGE 143 IV 9 E. 2.7).  
 
3.5. Mit der Frage der Wiederholungsgefahr setzte sich das Bundesgericht schon in seinem Urteil 1B_553/2017 vom 12. Januar 2018 vertieft auseinander. Darauf kann teilweise verwiesen werden. Zu prüfen ist ergänzend, ob die damalige Beurteilung unter Berücksichtigung der seitherigen Entwicklung noch immer bundesrechtskonform ist. Im fraglichen Urteil vom 12. Januar 2018 hielt das Bundesgericht unter anderem fest, beim Beschwerdeführer ergebe sich ein deutliches Verhaltensmuster wiederkehrender Gewaltanwendung und Widerstandshandlungen gegen Behörden und Staatsangestellte. Ein Bruch bzw. ein Wandel zum Besseren nach dem Übergang ins Erwachsenenalter zeichne sich bisher nicht ab. Die damalige Beurteilung beruhte unter anderem auf zwei Fachexpertisen, die allerdings im Wesentlichen ohne direkte Beteiligung des Beschwerdeführers entstanden waren. Dies war zulässig, weil auf psychiatrische Aktengutachten nach der Rechtsprechung zwar nur ausnahmsweise abgestellt werden darf, wobei eine solche Ausnahme aber vorliegt, wenn der Proband nicht oder nur schwer erreichbar ist oder sich wie hier einer Begutachtung verweigert (BGE 127 I 54 E. 2). Insgesamt kam das Bundesgericht damals zum Schluss, es verletze Bundesrecht nicht, von einer ungünstigen Rückfallprognose auszugehen.  
 
3.6. Zu prüfen ist, ob sich diese Einschätzung vom Januar 2018 unter Berücksichtigung der seitherigen Entwicklung noch aufrecht erhalten lässt. Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, das Bundesgericht habe seither wiederholt festgehalten, die beiden vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingereichten Privatgutachten seien gemäss den entsprechenden Regeln ebenfalls zu berücksichtigen. Zudem verhalte er sich seit seiner Verlegung ins Gefängnis Zürich tadellos. Beides spreche gegen eine massgebliche Fortsetzungsgefahr. Es verletze überdies die Unschuldsvermutung, von weiteren möglichen Straftaten auszugehen. Das Obergericht habe insofern nicht nur gegen das materielle Strafprozessrecht verstossen, sondern ihm zudem das rechtliche Gehör nach Art. 29 BV verweigert.  
 
3.7. Beide beteiligten Abteilungen des Bundesgerichts wiesen das Obergericht schon wiederholt darauf hin, dass es auch die Privatgutachten gemäss den entsprechenden Modalitäten, wie sie in der Rechtsprechung entwickelt wurden, zu beachten habe (vgl. die Urteile 1B_574/2021 vom 3. Dezember 2021 E. 5.3 sowie 6B_882/2021 und 6B_965/2021 E. 4.6). Dabei ging es jedoch im Wesentlichen um die Auswirkungen des Haftregimes auf den Beschwerdeführer. Aus den Privatexpertisen mag sich allenfalls, wie der Beschwerdeführer geltend macht, ergeben, dass die Haftbedingungen, denen er unterworfen war, mit zu seinen Gewaltausbrüchen im Haftvollzug beigetragen haben oder dass er sich insofern möglicherweise sogar in einer Notstandslage befunden haben könnte. Der Beschwerdeführer war aber bereits vorher gewalttätig und diese Neigung vermochte er im Haftvollzug schon, bevor er einem strikten Regime unterworfen wurde, nicht zu meistern. Das Bundesgericht hielt denn auch in BGE 147 IV 259 E. 3.3 fest, der Beschwerdeführer sei verschiedentlich durch übermässige Gewaltanwendung gegenüber Einrichtungen und Personen aufgefallen und es gelte als gerichtsnotorisch, dass er zumindest in bestimmten Stresssituationen zu aggressivem Verhalten neige. Zwar erscheint es nicht von vornherein unglaubwürdig, dass sich die stark einschränkenden Haftbedingungen des ihm damals auferlegten Sondersettings insofern ungünstig ausgewirkt haben. Dafür spricht nicht zuletzt, dass er sich seit seiner Verlegung in ein deutlich lockereres Regime im Januar 2022 offenbar tadellos verhält, wie dies das Obergericht unter Bezug auf den entsprechenden Bericht der neuen Vollzugsanstalt für das Bundesgericht verbindlich festgestellt hat. Das ist ausdrücklich zu Gunsten des Beschwerdeführers anzuerkennen und zu würdigen. Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass er schon vorher im normalen Vollzug, bevor er in Einzelhaft versetzt wurde, gewalttätig war und sich nunmehr erst seit rund dreieinhalb Monaten und damit noch nicht allzu lange im wieder lockereren Regime befindet. Zudem steht eine Therapie, die zu einer Stabilisierung beitragen könnte, offenbar noch aus. So sehr die jüngere Entwicklung zu begrüssen ist, erscheint es trotzdem noch zu früh, davon auszugehen, der Beschwerdeführer beherrsche inzwischen seine früher wiederholt gezeigte Gewaltneigung. Das verstösst entgegen seiner Ansicht nicht gegen die Unschuldsvermutung gemäss Art. 31 Abs. 1 BV.  
 
3.8. Insgesamt ist demnach von einer zwar etwas abgeschwächten, aber weiterhin massgeblichen Wiederholungsgefahr auszugehen. Das Obergericht verstiess insofern nicht gegen Bundesrecht. Mit Blick auf die gerügte Gehörsverletzung ergibt sich, dass die Berücksichtigung der beiden Privatgutachten durch das Obergericht in seiner Entscheidbegründung wünschbar gewesen wäre. Im Vordergrund steht hier aber weder die Frage des Haftregimes, für die das Bundesgericht eine Würdigung der zwei Privatgutachten wiederholt als unerlässlich beurteilt hat, noch diejenige der materiellrechtlichen Beurteilung der gegen den Beschwerdeführer erhobenen Strafvorwürfe, wofür die privaten Expertisen vom Bundesgericht ebenfalls als massgeblich eingestuft worden sind. Über welche Bedeutung die Privatgutachten für die Einschätzung der Wiederholungsgefahr im Rahmen eines Haftverfahrens letztlich verfügen, kann hier offenbleiben. Der Beschwerdeführer hatte in seiner Stellungnahme an das Obergericht zur erneuten Haftverlängerung vom 1. März 2022 die Wiederholungsgefahr überhaupt nicht in Frage gestellt, sondern einzig das Risiko von Überhaft geltend gemacht und sich auch nicht auf die Privatgutachten berufen. Unter diesen Umständen musste sich das Obergericht in seiner Entscheidbegründung im vorliegenden Haftverfahren auch nicht zwingend ausdrücklich damit auseinandersetzen.  
 
4.  
 
4.1. Wie alle strafprozessualen Zwangsmassnahmen hat Untersuchungshaft verhältnismässig zu sein (vgl. Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 3 BV, Art. 197 Abs. 1 lit. c und Art. 212 Abs. 2 lit. c StPO). Sie muss durch die Bedeutung der Straftat gerechtfertigt sein (Art. 197 Abs. 1 lit. d StPO) und darf nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe (Art. 212 Abs. 3 StPO). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verlangt der Verhältnismässigkeitsgrundsatz von den Behörden, umso zurückhaltender zu sein, je mehr sich die Haft der zu erwartenden Freiheitsstrafe nähert; dabei ist jedoch nicht das Verhältnis der erstandenen Haftdauer zur zu erwartenden Freiheitsstrafe als solches entscheidend, sondern es ist vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen (BGE 145 IV 179 E. 3.5).  
 
4.2. Das Bezirksgericht Dielsdorf verurteilte den Beschwerdeführer am 6. November 2019 insbesondere zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Das Obergericht hielt dazu im angefochtenen Entscheid fest, der Beschwerdeführer hätte diese Strafe in rund drei Monaten erstanden. Vom heutigen Zeitpunkt des bundesgerichtlichen Urteils an gerechnet, verbleibt noch gut ein Monat. Die Staatsanwaltschaft beantragte im ersten Berufungsverfahren eine Freiheitsstrafe von 90 Monaten (bzw. von sieben Jahren und sechs Monaten) sowie die Anordnung einer ordentlichen Verwahrung. Im ersten, vom Bundesgericht mit Strafurteil 6B_882/2021 und 6B_965/2021 aufgehobenen Berufungsentscheid vom 26. Mai 2021 erhöhte das Obergericht das Strafmass auf sechs Jahre und vier Monate, verzichtete jedoch gleichzeitig auf eine Verwahrung. Gemäss dem angefochtenen Entscheid gedenkt die Staatsanwaltschaft im zweiten Berufungsverfahren angeblich an ihrem im ersten Berufungsverfahren gestellten Antrag festzuhalten.  
 
4.3. Auf die von der Staatsanwaltschaft beantragte Verwahrung kann für die Einschätzung des dem Beschwerdeführer drohenden strafrechtlichen Freiheitsentzugs zurzeit nicht abgestellt werden, nachdem bisher weder das Bezirksgericht noch das Obergericht eine solche angeordnet haben. Zwar ist eine Verwahrung noch immer nicht völlig ausgeschlossen; sie erscheint aber aufgrund dieser Ausgangslage gegenwärtig zu wenig wahrscheinlich, als dass sie als Leitlinie für den zu erwartenden Freiheitsentzug gelten kann. Hinzu kommt, dass mit der Rückweisung des Straffalles im strafrechtlichen Urteil des Bundesgerichts vom 26. Mai 2021 eher die Folge einer möglichen Strafmilderung im Vordergrund steht. Auch wenn der entsprechende Ausgang offen ist, erscheint derzeit weder eine Verwahrung noch eine weitere Erhöhung der Freiheitsstrafe besonders wahrscheinlich. Es ist vielmehr am ehesten zu erwarten, dass diese zwischen der erstinstanzlich ausgesprochenen Strafe von vier Jahren und neun Monaten und der von der Vorinstanz im ersten Berufungsurteil festgelegten Strafe von sechs Jahren und vier Monaten zu liegen kommen könnte. Nicht ganz auszuschliessen ist ferner auch, dass sich keine Strafmilderungsgründe ergeben. Die Abklärung und Beurteilung dieser Umstände bleibt dem Obergericht vorbehalten und darf hier nicht vorweggenommen werden. Aufgrund dieser Ausgangslage ist insgesamt davon auszugehen, dass die Gefahr von Überhaft noch nicht unmittelbar besteht, jedoch zunehmend wahrscheinlicher wird, falls die Sicherheitshaft noch längere Zeit andauert.  
 
4.4. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das strafrechtliche Urteil des Bundesgerichts vom 12. November 2021, mit dem die Streitsache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückgewiesen wurde, vor nunmehr auch schon wieder rund sechs Monaten ergangen ist. Dem Obergericht wird durch das genannte Strafurteil kein ausgesprochen grosser Zusatzaufwand auferlegt. Es sollte ihm daher möglich sein, das Berufungsverfahren in angemessener baldiger Frist zu beenden. Sollte das Berufungsverfahren jedoch wider Erwarten noch längere Zeit beanspruchen, könnte sich die Frage der Überhaft verschärfen.  
 
4.5. Im Übrigen vermag der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darzutun und es ist auch nicht ersichtlich, dass in seinem Falle zurzeit geeignete Ersatzmassnahmen für die Haft bestünden. Eine entsprechende Freilassung unter Auflagen und unter der Annahme, dass die Haftvoraussetzungen grundsätzlich weiter erfüllt wären, fiele erst dann in Betracht, wenn er nachhaltig gezeigt hat, seine Gewaltneigung zu beherrschen. Das Haftregime, in dem sich der Beschwerdeführer heute befindet, wird nicht beanstandet. Was der Beschwerdeführer schliesslich sonst noch vorträgt, schlägt ebenfalls nicht durch und ändert an der Beurteilung nichts, dass die Sicherheitshaft im Rahmen der gegenwärtigen Haftbedingungen vorerst noch zulässig ist. Der angefochtene Entscheid verletzt Bundesrecht demnach nicht.  
 
5.  
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen. 
Dem Gesuch des prozessbedürftigen Beschwerdeführers, dessen Begehren nicht von vornherein als aussichtslos erscheinen, um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist stattzugeben (vgl. Art. 64 BGG). Unter diesen Umständen sind für das bundesgerichtliche Verfahren keine Kosten zu erheben. Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, handelnd durch den amtlichen Rechtsanwalt Thomas Häusermann und in Vertretung aller drei Anwälte des Beschwerdeführers, ist aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren wird gutgeheissen und es wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwalt Thomas Häusermann als unentgeltlicher Rechtsbeistand beigegeben. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Rechtsanwalt Thomas Häusermann wird aus der Gerichtskasse mit Fr. 2'500.-- entschädigt. 
 
5.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 11. Mai 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Uebersax