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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
2C_540/2017  
 
 
Urteil vom 10. September 2018  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichter Zünd, 
nebenamtlicher Bundesrichter Benz, 
Gerichtsschreiber Matter. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch Rechtsanwalt Ivo Würsch, 
 
gegen  
 
Gemeinderat Horw, 
Gemeindehausplatz 1, Postfach, 6048 Horw, 
 
Dienststelle Steuern des Kantons Luzern, Buobenmatt 1, 6002 Luzern. 
 
Gegenstand 
Grundstückgewinnsteuer, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung, vom 2. Mai 2017 (7W 16 53). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 11. November 2014 veräusserte A.________ eine Liegenschaft in U.________/LU zum Preis von Fr. 705'000.--. Mit Einspracheentscheid vom 8. September 2016 ermittelte der Gemeinderat von U.________ einen Grundstückgewinn von Fr. 537'743.10. Dabei wurde (unter Berücksichtigung von wertvermehrenden Aufwendungen von Fr. 42'256.90) anstelle des historischen Erwerbspreises des Grundstücks von Fr. 9'750.-- (plus Aufwendungen) auf den Ersatzwert abgestellt, der ausgehend vom Katasterwert vor 30 Jahren in der Höhe von Fr. 100'000.-- und einem Zuschlag von 25 % auf Fr. 125'000.-- festgesetzt wurde. 
 
B.  
Das Kantonsgericht Luzern hat eine Beschwerde von A.________, mit der sie die Anrechnung eines höheren Ersatzwertes verlangte, mit Urteil vom 2. Mai 2017 abgewiesen. 
 
C.  
A.________ hat am 9. Juni 2017 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Sie stellt den Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
D.  
Das Kantonsgericht, der Gemeinderat von U.________ und die Dienststelle Steuern des Kantons Luzern schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat auf einen Antrag verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das angefochtene Urteil ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid eines oberen Gerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts, die unter keinen der Ausschlussgründe von Art. 83 BGG fällt. Die Steuerpflichtige ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf das frist- und formgerecht eingereichte Rechtsmittel ist einzutreten.  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem Recht (Art. 95 lit. c BGG) prüft das Bundesgericht nicht von Amtes wegen, sondern nur insoweit, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und substanziiert begründet worden ist. Dabei ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern die angerufenen Rechte verletzt worden sein sollen (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53; 135 II 232 E. 1.2 S. 234; BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254; je mit Hinweisen).  
 
2.   
 
2.1. Das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) enthält nur wenige Vorschriften zur Grundstückgewinnsteuer. Vorgeschrieben wird zwar die Erhebung einer solchen Steuer. Das Gesetz bleibt aber hinsichtlich der Ausgestaltung derselben vage und enthält nur wenige Vorgaben an die Kantone. Es äussert sich namentlich zur Ermittlung des steuerbaren Gewinns nur in allgemeiner Weise. Entsprechend den ihnen belassenen Freiräumen haben die Kantone die Besteuerung der Grundstückgewinne nicht einheitlich geregelt (vgl. BGE 143 II 382 E. 2.1 S. 384 f. m.w.H.).  
 
2.2. Der Grundstückgewinnsteuer unterliegen gemäss Art. 12 Abs. 1 StHG Gewinne bei der Veräusserung eines Grundstücks, soweit der Erlös die Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) übersteigt. Der Bundesgesetzgeber hat die prägenden Elemente dieser Vorschrift als unbestimmte Rechtsbegriffe ausgestaltet; so werden insbesondere die Begriffe "Erlös", "Anlagekosten" und "Ersatzwert" nicht näher ausgeführt. Insofern überlässt der Bund den Kantonen bei der Umschreibung des steuerbaren Gewinns einen, wenn auch eingeschränkten, Spielraum (vgl. BGE 143 II 382 E. 3.1 S. 387 m.w.H.).  
 
2.2.1. Die Kantone haben bei der Umschreibung des Steuerobjekts und dessen Bemessung den harmonisierungsrechtlichen Rahmen zu beachten. Entsprechend wird der Gestaltungsspielraum eingeschränkt, besonders mit Blick darauf, dass Grundstückgewinn- und Einkommens- bzw. Gewinnsteuer eng miteinander verbunden sind. Namentlich muss der Teil des Gewinns aus einer Geschäftsliegenschaft, der der Einkommenssteuer unterliegt, und derjenige Teil, welcher der Grundstückgewinnsteuer untersteht, genau abgegrenzt werden. Ebenso ist eine doppelte Berücksichtigung der Aufwendungen und Kosten (bei der Einkommenssteuer wie bei der Grundstückgewinnsteuer) ausgeschlossen (vgl. BGE 143 II 382 E. 4.1 S. 388 f. m.w.H.).  
 
2.2.2. In Bezug auf solche kantonale Besonderheiten der Grundstückgewinnsteuer, die in den dem kantonalen Gesetzgeber verbleibenden Gestaltungsraum fallen, stellt sich das jeweilige Grundstückgewinnsteuerrecht aber als kantonales Recht dar und überprüft das Bundesgericht die Rechtsanwendung nur auf Willkür (vgl. BGE 143 II 382 E. 3.3 S. 388 m.w.H.).  
 
2.3. Dem kantonalen Gesetzgeber steht mithin weitgehend frei, den Begriff "Ersatzwert" zu bestimmen. Diesbezüglich bestehen keine Koordinationsaufgaben, ebenso wenig ein Bedarf für vertikale Harmonisierung.  
 
2.3.1. Der Bundesgesetzgeber hat weder in zeitlicher noch in sachlicher Hinsicht Rahmenbedingungen oder Vorgaben festgelegt, wie die Kantone den Ersatzwert zu definieren haben, geschweige denn eine Verpflichtung der Kantone zur Verkehrswertberechnung. Art. 12 Abs. 1 StHG spricht vom "Ersatzwert", der sich - im Rahmen der Grundrechte, namentlich der Steuererhebungsprinzipien von Art. 127 Abs. 2 BV - aus dem kantonalen Recht ergibt, und nicht vom "Verkehrswert zu einem vom kantonalen Recht zu bestimmenden Zeitpunkt."  
Die Botschaft zum Harmonisierungsgesetz und die parlamentarischen Beratungen äussern sich ebenfalls nicht zu dieser Frage. Zu den Anlagekosten sowie zur Differenz zwischen Erwerbspreis und Ersatzwert führt die Botschaft aus, es stehe den Kantonen frei, bei Altbesitz den effektiv erzielten Gewinn zu erfassen oder eine "Limite für die Gewinnermittlung" zu setzen. In letzterem Fall tritt anstelle des Erwerbspreises ein Ersatzwert (Botschaft vom 25. Mai 1983 über die Steuerharmonisierung, BBl 1983 III 1, 100 zu Art. 15 E-StHG). 
Den Kantonen wird somit insbesondere die Möglichkeit eingeräumt, den Begriff des Ersatzwerts in zeitlicher Hinsicht, beispielsweise aus Praktikabilitätsgründen, zu definieren und damit den Erwerbspreis abzulösen. Diese Möglichkeit bringt es mit sich, dass realisierte Mehrwerte in einem gewissen Umfang (im Rahmen der Differenz zwischen Erwerbspreis und Ersatzwert) nicht besteuert werden, es somit zu einer grundsätzlich verpönten (teilweisen) Steuerbefreiung kommt. Mit dem "Ersatzwert" werden die Gestehungskosten zu einem bestimmten, vom kantonalen Gesetzgeber festzulegenden Zeitpunkt gesetzlich fingiert (vgl. das Urteil 2C_77/2013 vom 6. Mai 2013 E. 5.2 in: StE 2013 B 44.12.3 Nr. 7; siehe zum Ganzen das Urteil 2C_230/2017 vom 26. Januar 2018 E. 2.2.2 in: ASA 86 S. 571). 
 
2.3.2. Im Fall von Altbesitz stellt namentlich der Kanton Basel-Landschaft zur Bestimmung des Grundstückgewinns als Differenz zwischen dem Veräusserungserlös und den Anlagekosten (Erwerbspreis oder Ersatzwert zuzüglich Aufwendungen) bei einem mehr als 20 Jahre zurückliegenden Erwerb statt des Erwerbspreises als Ersatzwert auf den Verkehrswert vor 20 Jahren ab, sofern kein höherer Erwerbspreis nachweisbar ist (vgl. § 77 Abs. 3 StG-BL). Die Regelung wirkt sich zugunsten der steuerpflichtigen Person aus, da der Verkehrswert vor 20 Jahren in der Regel höher als der tatsächliche Erwerbspreis ist (vgl. dazu näher: Urteil 2C_230/2017 E. 2.2.3). Ähnliche Regelungen bestehen in den Kantonen Zürich (vgl. dazu u.a. das Urteil 2C_705/2011 vom 26. April 2012 E. 4.3.3 in: ASA 82 S. 163) und Basel-Stadt (vgl. das erwähnte Urteil 2C_77/2013 E. 3.1, 5.2, 5.3 u. 6.1).  
 
2.3.3. Andere Kantone knüpfen hingegen an den damaligen (Vermögens-) Steuerwert an. Zu dieser Gruppe gehört auch der Kanton Luzern. § 11 des Gesetzes des Kantons Luzern über die Grundstückgewinnsteuer vom 31. Oktober 1961 (GGStG/LU; SRL Nr. 647) lautet wie folgt:  
 
"1. Liegt der massgebende Erwerb über 30 Jahre zurück, so gilt die vor 30 Jahren bestehende Katasterschatzung mit einem Zuschlag von 25 Prozent als Erwerbspreis. Ergibt jedoch der Erwerbspreis beim massgebenden Erwerb, mit Einbezug der über 30 Jahre zurückliegenden Posten nach den §§ 12 und 13, einen grösseren Wert, so wird der Anlagewert aufgrund des massgebenden Erwerbs ermittelt. 
 
2. Kein Zuschlag erfolgt bei nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken, deren Katasterwert nach dem Schatzungsgesetz vom 27. Juni 1961, in der Fassung vom 21. Juni 1988, neu ermittelt wurde." 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin will aus dem Bundesrecht, namentlich aus Art. 12 und 14 StHG sowie aus Art. 127 Abs. 2 BV ableiten, dass anstelle des kantonalen Katasterwerts der (ihrer Ansicht nach viel höhere) Verkehrswert als Ersatzwert für den Erwerbspreis bei der Grundstückgewinnsteuer zu gelten habe. Konkret macht sie geltend, dass der alte Katasterwert von Fr. 100'000.-- massiv unter dem Verkehrswert per 14. November 1984 (= 30 Jahre vor der Veräusserung der Liegenschaft) liege. Erst mit der Neuschatzung im Jahre 1992 sei der Katasterwert der Liegenschaft auf Fr. 571'000.-- angestiegen. Die Erhöhung habe ihren Grund in einer Änderung der Schatzungsgesetzgebung, wonach sich der Katasterwert neu am Verkehrswert orientiere. Werde auf den alten Katasterwert abgestellt, so werde die Liegenschaft massiv unterbewertet. 
 
3.1. Die Beschwerdeführerin stützt sich vorab auf Art. 14 Abs. 1 StHG, wonach das Vermögen zum Verkehrswert zu bewerten ist. Dabei übersieht sie aber zum einen, dass der vorliegende Katasterwert aus einer Zeit stammt, als die direkten Steuern der Kantone und Gemeinden noch gar nicht harmonisiert waren. Das StHG trat am 1. Januar 1993 in Kraft und ist für die Kantone seit 1. Januar 2001 verbindlich (Art. 72 Abs. 1 StHG). Der vorliegend massgebende Katasterwert vor 30 Jahre unterlag von vornherein keinen harmonisierungsrechtlichen Vorgaben. Zum andern wäre es auch heute lediglich hinsichtlich der Vermögenssteuer bundesrechtswidrig, auf einen Katasterwert abzustellen, der nicht den Verkehrswert widerspiegelt. Aus Art. 14 StHG lässt sich nichts ableiten für die Grundstückgewinnsteuer bzw. für den Ersatzwert anstelle des Erwerbspreises.  
 
3.2. Art. 12 StHG lässt - anders als Art. 14 Abs. 1 StHG betreffend die kantonale Vermögenssteuer - hinsichtlich der Grundstückgewinnsteuer gerade offen, wie der Ersatzwert festgelegt wird (vgl. oben E. 2.2 u. 2.3). Dem Kanton Luzern hat es somit freigestanden, bei Altbesitz nicht den effektiv erzielten Gewinn vollständig zu erfassen, sondern anstelle des Erwerbspreises auf einen Ersatzwert abzustellen, der nicht dem Verkehrswert entspricht.  
 
3.2.1. Die gesetzliche Ordnung im Kanton Luzern, wonach grundsätzlich die vor 30 Jahren bestehende Katasterschatzung als Erwerbspreis gilt, wenn der massgebende Erwerb über 30 Jahre zurückliegt, entspricht den Vorgaben des StHG (vgl. das Urteil 2C_147/2008 vom 29. Juli 2008 E. 2.2 in: StR 64/2009 S. 121). Der Beschwerdeführerin kann somit nicht gefolgt werden, wenn sie aus Art. 12 Abs. 1 StHG eine Pflicht der Kantone zur Verkehrswertberechnung bei der Ermittlung des Ersatzwertes ableiten will. Hätte der Bundesgesetzgeber wie bei der Vermögenssteuer den Verkehrswert als Ersatzwert für verbindlich erklären wollen, hätte er dies in Art. 12 StHG ebenso verankert wie in Art. 14 StHG.  
 
3.2.2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem bereits zitierten Bundesgerichtsurteil 2C_77/2013 (vgl. oben E. 2.3.1 u. 2.3.2), aus dem die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten kann. Dort stand eine kantonale Regelung zur Diskussion, die auf den Realwert abstellt. Davon hat der Kanton Luzern aber abweichen dürfen, ohne den ihm zustehenden Freiraum zu überschreiten (vgl. oben E. 2.1 - 2.3 u. 3.2.1).  
Es bleibt hinzuzufügen, dass der im Kanton Luzern zur Anwendung kommende Schätzungswert ebenfalls nicht ohne Bezugspunkte zum Verkehrswert ist. Die Katasterschatzungen nach dem hier noch massgeblichen Schatzungsgesetz vom 27. Juni 1961 waren tiefer als der Verkehrswert, weshalb ein Zuschlag von 25 % gemacht wurde. Auf jeden Fall bleibt das luzernische System innerhalb der bundesgesetzlichen Erfordernissen (vgl. dazu schon oben E. 3.2.1). 
 
3.3. Die Beschwerdeführerin rügt sodann eine Verletzung von Art. 127 Abs. 2 BV. Eine solche ist aber in keiner Weise ersichtlich (vgl. dazu schon oben E. 2.3.1) oder rechtsgenügend dargetan (vgl. oben E. 1.2). Auf jeden Fall ergibt sich auch daraus nichts, was die vorinstanzliche Rechtsanwendung als willkürlich erscheinen lassen würde (vgl. oben E. 2.2.2).  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 f. BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht auszurichten (Art. 68 BGG). 
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 10. September 2018 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Matter