Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_302/2008 
 
Urteil vom 18. März 2009 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Raselli, Fonjallaz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Parteien 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans-Ulrich Stooss, 
 
gegen 
 
Gemeinde Ebikon, handelnd durch den Gemeinderat, Riedmattstrasse 14, Postfach, 6031 Ebikon, und dieser vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jörg Sprecher. 
 
Gegenstand 
Auflösung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 27. Mai 2008 
des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung. 
Sachverhalt: 
 
A. 
X.________ war als Fachlehrer für technisches Gestalten der Sekundarstufe 1 in Ebikon tätig. Im September 2006 meldeten drei Schülerinnen aus der ersten Klasse, sie seien von X.________ sexuell belästigt worden. Am 10. Oktober 2006 gewährte ihm die Schulpflege Ebikon das rechtliche Gehör im Hinblick auf eine Kündigung. Seit dem 19. Oktober 2006 war er krank geschrieben. Die Schulpflege liess mit Schreiben vom 21. Februar 2007 vernehmen, sie beabsichtige, weitere Schülerinnen und Schüler über ihre Erfahrungen mit X.________ befragen zu lassen. Am 2. April 2007 teilte sie diesem jedoch mit, dass die Befragungen nicht durchgeführt worden seien. Sie habe beschlossen, auf eine Kündigung zu verzichten und erwarte die Rückkehr in den Schuldienst, sobald sein Gesundheitszustand dies erlaube. X.________ war weiterhin krank geschrieben. Am 21. November 2007 verfügte die Schulpflege die Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit. 
Gegen diese Verfügung erhob X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit Urteil vom 27. Mai 2008 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern das Rechtsmittel ab. Es stellte jedoch fest, der Schulpflege seien grobe Verfahrensfehler und eine Verletzung der Fürsorgepflicht anzulasten. X.________ wurden deshalb keine Verfahrenskosten auferlegt und die Gemeinde Ebikon wurde verpflichtet, ihm eine Parteientschädigung zu bezahlen. 
 
B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 4. Juli 2008 beantragt X.________ im Wesentlichen, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei insofern aufzuheben, als sein Rechtsmittel abgewiesen worden sei. Zudem sei festzustellen, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses widerrechtlich sei. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Das Verwaltungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die Gemeinde Ebikon beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde und verbindet ihre Vernehmlassung mit eigenen, neuen Anträgen. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Der angefochtene Entscheid betrifft die Auflösung eines auf kantonalem öffentlichen Recht basierenden Anstellungsverhältnisses, somit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit (Art. 82 lit. a BGG). Es handelt sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, da mit dem Begehren letztlich und überwiegend ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird. Der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. g BGG ist somit nicht gegeben. 
In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde auf dem Gebiet der öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnisse zulässig, wenn der Streitwert nicht weniger als Fr. 15'000.-- beträgt (Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG). Lautet ein Begehren nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, setzt das Bundesgericht gemäss Art. 51 Abs. 2 BGG den Streitwert nach Ermessen fest. Gemäss dem Lohnausweis für das Jahr 2007 erhielt der Beschwerdeführer einen Jahres-Bruttolohn von Fr. 120'352.--. Die Streitwertgrenze von Fr. 15'000.-- ist damit klar überschritten. Eine genauere Bestimmung des Streitwerts ist unter diesen Umständen nicht erforderlich. 
Der Beschwerdeführer ist als Adressat des angefochtenen Entscheids besonders berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung. Die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids setzt die Feststellung der Widerrechtlichkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses voraus. Ein darüber hinausgehendes Interesse an der Feststellung der Widerrechtlichkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses besteht nicht. Auf das Feststellungsbegehren ist nicht einzutreten (vgl. BGE 118 Ia 488 E. 1c S. 491 mit Hinweis). Im Übrigen ist die Legitimation zur Beschwerde gegeben (Art. 89 Abs. 1 BGG). 
 
1.2 Der Beschwerdeführer rügt die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz in verschiedener Hinsicht als aktenwidrig bzw. als willkürlich (Art. 9 BV). 
1.2.1 Nach Ansicht des Beschwerdeführers hat das Verwaltungsgericht unterschlagen, dass die Schulpflege bei der Gehörsgewährung am 10. Oktober 2006 Vorkommnisse aus den Jahren 2002 und 2005 erwähnt, die in Aussicht genommene Auflösung des Arbeitsverhältnisses jedoch auf neue Vorwürfe gestützt habe. Inwiefern der angefochtene Entscheid diesbezüglich gegen das Willkürverbot verstossen soll, wird nicht dargelegt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Auf die Rüge ist nicht einzutreten. 
1.2.2 Als willkürlich kritisiert der Beschwerdeführer weiter, dass der angefochtene Entscheid mit keinem Wort auf seine Noveneingabe vom 27. Februar 2008 eingehe. Der Beschwerdeführer legt weder dar, inwiefern Willkür vorliegen soll noch macht er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend (Art. 42 Abs. 2 BGG). Auf die Rüge ist nicht einzutreten. 
1.2.3 Der Beschwerdeführer erachtet den Schluss als zwingend, dass nicht die dauernde Arbeitsunfähigkeit, sondern die Vorwürfe der sexuellen Belästigung der Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewesen seien. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Beschwerdeführer sei wegen seiner Arbeitsunfähigkeit entlassen worden, erscheine deshalb als aktenwidrig. 
Das Verwaltungsgericht argumentiert, die Schulpflege habe kündigen müssen, da gesetzlich keine Alternative bestehe. Implizit erklärt sie damit subjektive Motive für irrelevant. Ob diese Auslegung rechtlich haltbar ist, wird im Folgenden zu prüfen sein. Bezüglich der Sachverhaltswürdigung geht die Willkürrüge jedenfalls fehl. Dem Verwaltungsgericht ist keine Aktenwidrigkeit vorzuwerfen. 
1.2.4 Der Beschwerdeführer schildert den Sachverhalt aus eigener Sicht, ohne dies mit weiteren Rügen gegenüber der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu verbinden (Art. 97 Abs. 1 BGG). Es besteht insofern kein Anlass, vom Sachverhalt abzuweichen, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). 
1.2.5 Die Gemeinde Ebikon beantragt in ihrer Vernehmlassung vom 15. September 2008 über die Abweisung der Beschwerde hinaus die Feststellung, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtmässig gewesen sei. Zudem sei das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit aufzuheben, als die Gemeinde Ebikon verpflichtet werde, dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten. Die Angelegenheit sei zur neuen Festsetzung der Parteientschädigung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Auf diese Anträge ist nicht einzutreten. Das Bundesgerichtsgesetz sieht die Anschlussbeschwerde nicht vor (BGE 134 III 332 E. 2.5 S. 335 f. mit Hinweisen). Die Vernehmlassung der Gemeinde kann auch nicht als eigenständige Beschwerde entgegengenommen werden, da sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist von Art. 100 Abs. 1 BGG eingereicht wurde. 
 
2. 
2.1 Der Beschwerdeführer argumentiert, die Schulpflege habe ihm gegenüber ihre Fürsorgepflicht nach § 30 des Personalgesetzes des Kantons Luzern vom 26. Juni 2001 (SRL 51) grob verletzt. Dies habe seine Krankheit verursacht. Die Schulpflege habe somit das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf eine von ihr verschuldete Arbeitsunfähigkeit aufgelöst. Die Begründung erweise sich als vorgeschoben, denn in Wirklichkeit sei die Auflösung wegen der Vorwürfe der sexuellen Belästigung erfolgt, welche die Schulpflege aber nicht habe abklären wollen. Er selbst habe unter anderem verfahrensrechtliche Schritte unternommen, damit die Vorwürfe abgeklärt oder zurückgenommen würden. Daraus folge, dass die Kündigung mit der Tatsache in Zusammenhang stehe, dass er seine Rechte aus dem öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnis durchzusetzen versucht habe. Es könne nicht dem Sinn von § 21 PG entsprechen, wenn sich die öffentlich-rechtliche Arbeitgeberin eines Arbeitnehmers unter Berufung auf eine von ihr verschuldete Arbeitsunfähigkeit entledige. Der Beschwerdeführer macht geltend, dass der vorinstanzliche Entscheid aus diesen Gründen den Grundsatz von Treu und Glauben sowie das Verbot des Rechtsmissbrauchs verletze. 
 
2.2 Das Verwaltungsgericht legt in seinem Urteil dar, gemäss § 21 PG sei die Schulpflege verpflichtet gewesen, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Da keine Handlungsalternative bestanden habe, könne nicht von Rechtsmissbrauch gesprochen werden. Dies sei auch deshalb nicht möglich, weil bei dauernder Arbeitsunfähigkeit die Möglichkeit bestehen müsse, das Dienstverhältnis zu beenden, sei doch der betroffene Arbeitnehmer in diesem Fall nicht mehr einsetzbar. Das Verwaltungsgericht weist auf die Entschädigung bei dauernder Arbeitsunfähigkeit nach § 23 f. der Personalverordnung des Kantons Luzern vom 24. September 2002 (SRL 52) hin. Für weitergehende Schadenersatz- bzw. Genugtuungsansprüche stehe der Weg der Staatshaftung zur Verfügung. 
2.3 
2.3.1 Der Anspruch auf Behandlung nach Treu und Glauben umfasst einerseits den Vertrauensschutz und andererseits das Verbot des Rechtsmissbrauchs. Der Vertrauensschutz ist in seinem spezifisch grundrechtlichen Gehalt in Art. 9 BV verankert. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs wird dagegen nicht von dieser Bestimmung erfasst, sondern steht in Zusammenhang mit dem Verfassungsgrundsatz von Art. 5 Abs. 3 BV, wonach staatliche Organe und Private nach Treu und Glauben handeln (Urteil des Bundesgerichts 1P.701/2004 vom 7. April 2005 E. 4.2 mit Hinweisen). Ob sich alle Ausprägungen des Rechtsmissbrauchsverbots direkt aus dieser Bestimmung ableiten lassen, kann vorliegend offen bleiben. 
Die Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns nach Art. 5 BV konnten unter dem altrechtlichen Bundesrechtspflegegesetz nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden. Im Zusammenhang mit dem Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV) und dem Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 5 Abs. 2 BV) hat das Bundesgericht sodann festgestellt, dass mit der Einführung der Einheitsbeschwerde nach dem Bundesgerichtsgesetz keine Erweiterung seiner Prüfungsbefugnis gegenüber kantonalen Akten beabsichtigt war. Die Anwendung kantonalen Rechts prüft es deshalb, abgesehen von schweren Grundrechtseingriffen und den in Art. 95 lit. c - e aufgeführten Ausnahmen, nur auf Willkür (BGE 134 I 153 E. 4 S. 156 ff.; Urteil 2C_212/2007 vom 11. Dezember 2007 E. 3.1; je mit Hinweisen). 
2.3.2 Der Beschwerdeführer rügt nicht, der Grundsatz des Vertrauensschutzes sei verletzt. Vielmehr behauptet er, das Rechtsmissbrauchsverbot (als Teilgehalt des Anspruchs auf Behandlung nach Treu und Glauben) sei verletzt. Dieser Vorwurf gründet auf einer angeblichen Diskrepanz zwischen Wortlaut und Normzweck von § 21 PG. Die Schulpflege habe unter Berufung auf den Wortlaut der Bestimmung eine Anordnung getroffen, die deren Zweck zuwiderlaufe. Nach dem Gesagten prüft das Bundesgericht diese Rüge nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür. 
2.3.3 Das Personalgesetz des Kantons Luzern unterscheidet in §§ 15 ff. zwischen verschiedenen Beendigungsarten. § 18 PG zählt verschiedene Kündigungsgründe auf, so etwa die Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten und Mängel in der Leistung oder im Verhalten, die sich trotz schriftlicher Mahnung wiederholen oder anhalten (lit. b). Die Kündigungsgründe von § 18 PG wie auch die fristlose Auflösung nach § 19 PG sind als Kann-Bestimmungen formuliert. Der rechtsanwendenden Behörde kommt demnach Ermessen zu. Die Auflösung oder Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses infolge dauernder Arbeitsunfähigkeit nach § 21 PG dagegen ist zwingend, wie bereits dem Wortlaut der Bestimmung zu entnehmen ist: 
1 Ist die oder der Angestellte wegen Krankheit oder Unfall dauernd ausserstande, die Dienstpflichten voll zu erfüllen, wird das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vorgeschriebenen Fristen und Termine aufgelöst oder umgestaltet. 
2 Die volle oder teilweise Arbeitsunfähigkeit gilt als dauernd, wenn die zuständige Behörde, gestützt auf ein Gutachten der Vertrauensärztin oder des Vertrauensarztes des Gemeinwesens sie so beurteilt oder wenn sie länger als zwölf Monate dauert. Die zuständige Behörde kann die Frist in Ausnahmefällen verlängern. 
3 ... 
Bezüglich des Zwecks dieser Bestimmung führt die Vorinstanz aus, dass bei dauernder Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis müsse beendet werden können, da eine Rückkehr des betroffenen Arbeitnehmers an die bisherige Stelle wegen der fehlenden Einsetzbarkeit ausser Betracht falle. 
2.3.4 Inwiefern diese Auslegung von § 21 PG durch die Vorinstanz willkürlich sein sollte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist angesichts fehlenden Ermessens der rechtsanwendenden Behörde nicht ersichtlich, inwiefern der Auflösungsgrund der dauernden Arbeitsunfähigkeit in einer dem Normzweck von § 21 PG widersprechenden Weise hätte vorgeschoben worden sein sollen. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich demnach als unbegründet, zumal er nicht geltend macht, dass die Annahme der Arbeitsunfähigkeit auf einer willkürlichen Anwendung von § 21 Abs. 2 PG beruhe oder dass das Arbeitsverhältnis gemäss § 21 Abs. 1 PG umzugestalten gewesen wäre. 
 
3. 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Diesem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Gemeinde Ebikon, die in ihrem amtlichen Wirkungskreis obsiegt hat, ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Gemeinde Ebikon und dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 18. März 2009 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Dold