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[AZA 0/2] 
7B.21/2002/bnm 
 
SCHULDBETREIBUNGS- UND KONKURSKAMMER 
************************************ 
 
26. April 2002 
 
Es wirken mit: Bundesrichterin Nordmann, Präsidentin der 
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, Bundesrichterin Escher, 
Bundesrichter Meyer und Gerichtsschreiber Gysel. 
 
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In Sachen 
Kollektivgesellschaft Z.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Jürg Wernli, Länggass-Strasse 7, Postfach 7161, 3001 Bern, 
 
gegen 
den Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern vom 21. Januar 2002, 
 
betreffend 
Anfechtung eines Steigerungszuschlags, 
wird festgestellt und in Erwägung gezogen: 
 
1.- In den gegen die einfache Gesellschaft "Konsortium X.________" (bestehend aus der W.________ AG, der V.________ AG, der Kollektivgesellschaft Z.________ sowie U.________) hängigen Betreibungen Nrn. ..., ..., ... und ... auf Grundpfandverwertung führte das Betreibungsamt A.________ am 7. Dezember 2001 die Steigerung durch und schlug die beiden Grundstücke Nrn. ... und ... in B.________ für 350'000 Franken der T.________ AG zu. 
 
 
Die Kollektivgesellschaft Z.________ erhob mit Eingabe vom 17. Dezember 2001 Beschwerde an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern und verlangte, es sei der erwähnte Zuschlag aufzuheben und der Zuschlag der T.________ AG zum Preis von 699'000 Franken zu erteilen. 
 
Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 21. Januar 2002 ab. 
 
 
Diesen Entscheid nahm die Kollektivgesellschaft Z.________ am 24. Januar 2002 in Empfang. Sie führt mit einer vom 4. Februar 2002 (Montag) datierten und noch am gleichen Tag zur Post gebrachten Eingabe (rechtzeitig) Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und erneuert das im kantonalen Verfahren gestellte Rechtsbegehren. 
 
Die kantonale Aufsichtsbehörde hat auf Gegenbemerkungen zur Beschwerde ausdrücklich verzichtet. Andere Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden. 
2.- Die Beschwerdeführerin begründet ihr Rechtsbegehren damit, dass die T.________ AG mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 dem Betreibungsamt ein schriftliches Angebot über Fr. 699'000.-- für die auf den 7. Dezember 2001 angesetzte Steigerung unterbreitet habe. Mit einer Kopie sei Notar P.________ über die Offerte informiert worden und dieser habe das Schreiben dann unter anderem auch an sie, die Beschwerdeführerin, weitergeleitet. Im Vertrauen auf das erwähnte Angebot, das ein für sie tragbares Ergebnis zur Folge gehabt hätte, habe sie davon abgesehen, Vorkehrungen zur Unterbreitung einer eigenen Offerte zu treffen und an der Steigerung teilzunehmen. 
Die Beschwerdeführerin hält (dem Sinne nach) dafür, der von der T.________ AG am 6. Dezember 2001 erklärte Rückzug ihres Angebots, von dem sie in keiner Weise Kenntnis erhalten habe, sei unbeachtlich. 
 
3.- Das Betreibungsamt hat die Verwertung der Grundstücke durch öffentliche Steigerung (Art. 133 SchKG) angeordnet und am 7. Dezember 2001 vollzogen. Strittig ist, ob das von der T.________ AG am 4. Dezember 2001 eingereichte Angebot rechtsgültig habe zurückgezogen werden können oder ob die Offerentin daran gebunden geblieben sei. Die Beschwerdeführerin leitet sowohl aus Art. 9 OR als auch aus Art. 58 Abs. 4 der Verordnung des Bundesgerichts über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG; SR 281. 42) ab, dass letzteres der Fall sei. 
 
a) Art. 229 Abs. 1 OR bestimmt, dass bei der Zwangsversteigerung der Kaufvertrag dadurch zum Abschluss gelangt, dass der Versteigerungsbeamte den Gegenstand zuschlägt. Auch wenn hier von "Kaufvertrag" die Rede ist, wird die betreibungsrechtliche Versteigerung seit langem nicht mehr als privates Rechtsgeschäft betrachtet (dazu Pierre Cavin, Kauf, Tausch und Schenkung, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/1, S. 163). Nach heutiger Auffassung stellt übrigens nicht nur die Verwertungsform der öffentlichen Steigerung, sondern ebenso diejenige des Freihandverkaufs (hierzu BGE 106 III 79 E. 4 S. 82) einen staatlichen Hoheitsakt dar. Der Zuschlag des Vollstreckungsbeamten ist somit eine betreibungsrechtliche Verfügung (BGE 38 I 312 S. 314; vgl. auch BGE 128 III 104 E. 3c, 7B.256/2001). Die Rechtsnatur wie auch die Besonderheiten des - (im Abschlussstadium) öffentlich durchzuführenden - Steigerungsverfahrens lassen nicht zu, die allgemeinen Regeln über das Zustandekommen eines Vertrags, insbesondere die Bestimmungen über Antrag und Annahme (Art. 3 ff. OR) hier auch nur sinngemäss anzuwenden. Der Art. 231 OR, wonach der Bietende nach Massgabe der Versteigerungsbedingungen an sein Angebot gebunden ist (Abs. 1) und wonach der Bietende - unter dem Vorbehalt einer gegenteiligen Anordnung in den erwähnten Bedingungen - frei wird, wenn ein höheres Angebot erfolgt oder sein Angebot nicht sofort nach dem üblichen Aufruf angenommen wird (Abs. 2), verweist im Ergebnis seinerseits auf das Zwangsvollstreckungsrecht, namentlich auf die Bestimmungen über die Steigerungsbedingungen (Art. 134 ff. SchKG; vgl. auch Anton Pestalozzi, Der Steigerungskauf, Zürich 1997, Rz 971). 
 
Im Schuldbetreibungsrecht werden schriftliche Steigerungsangebote einzig insofern erwähnt, als Art. 58 Abs. 4 VZG bestimmt, sie seien bei Beginn der Steigerung den Teilnehmern bekanntzugeben und unter den gleichen Bedingungen zu berücksichtigen wie mündliche Angebote. Es wird nirgends ausdrücklich bestimmt, der Widerruf einer schriftlichen Offerte sei grundsätzlich ausgeschlossen. Dass dies hier in den Steigerungsbedingungen angeordnet worden wäre, ist nicht dargetan. 
 
b) Die betreibungsrechtliche Steigerung ist ein öffentlich durchzuführender Verwertungsakt (Kurt Amonn/Dominik Gas-ser, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 
6. Auflage, § 27 Rz 28). Charakteristisch ist der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Ausruf des Gantbeamten, dem Angebot aus der Reihe der anwesenden Interessenten und dem Zuschlag, die grundsätzlich Elemente einer einzigen in sich geschlossenen Veranstaltung bilden (dazu Hans Giger, Berner Kommentar, N 35 zu Art. 229 OR). Als Folge dieses Prinzips der Einheitlichkeit des Steigerungsverfahrens ist denn auch vom Gantbeamten zu verlangen, dass er schriftliche Angebote, die vor dem Steigerungstermin beim Betreibungsamt eingegangen sind, am Anfang bekanntgibt (Art. 58 Abs. 4 VZG). Erst mit dieser Bekanntgabe an die anwesenden Interessenten erlangt die schriftliche Offerte die steigerungsrechtliche Wirksamkeit, die sie als mit den (nachfolgenden) Angeboten von Steigerungsteilnehmern gleichwertig erscheinen lässt (vgl. 
Pestalozzi, a.a.O., Rz 203; dazu auch das Obergericht des Kantons Zürich in dem in ZR 63/1964 Nr. 48 veröffentlichten Entscheid vom 29. März 1963 [S. 105]). Gründe, die gebieten würden, einem schriftlichen Angebot beispielsweise schon mit seinem Eintreffen beim Betreibungsamt eine Wirkung beizumessen, die einen Widerruf ausschlösse, vermag die Beschwerdeführerin nicht namhaft zu machen und sind auch nicht ersichtlich. 
Es ist zu bedenken, dass das Betreibungsamt die Offerte lediglich zu Handen der Steigerungsteilnehmer entgegennimmt und ein Zuschlag vor der Steigerung von vornherein unzulässig ist. Solange die eigentliche Steigerungsverhandlung nicht eröffnet ist, ist niemandem vom Eingang eines schriftlichen Angebots Kenntnis zu geben und sind Dritte von einem solchen auch gar nicht betroffen. Unbehelflich ist der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Unzulässigkeit von Offerten, die an Bedingungen oder Vorbehalte geknüpft sind (Art. 58 Abs. 1 VZG). Mit dieser Bestimmung soll verhindert werden, dass der Steigerungsgegenstand nicht vorbehaltlos zugeschlagen werden kann. Wo es vor der Eröffnung der Gant widerrufen wird, kann das schriftliche Angebot jedoch von vornherein nicht zu einem Zuschlag führen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin und der von ihr angerufenen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen des Kantons Tessin (vgl. den in Repertorio di giurisprudenza patria, Band 132 (1999), Nr. 89, veröffentlichten Entscheid vom 11. Januar 1999) führt die dargelegte Betrachtungsweise jedenfalls insofern nicht zu einer ungleichen Behandlung der schriftlich und der mündlich Bietenden, als vom Zeitpunkt der öffentlichen Bekanntmachung an beide Angebote gleichgestellt sind. 
 
4.- Dass der Rückzug der schriftlichen Offerte vom 4. Dezember 2001 als solcher missbräuchlich sei, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend. Sie bringt jedoch vor, sie hätte über den Widerruf des Angebots, auf das sie vertraut habe, benachrichtigt werden müssen und das Betreibungsamt hätte den Rückzug deshalb nicht beachten dürfen. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin nicht etwa durch das Betreibungsamt vom erwähnten Angebot der T.________ AG erfahren hat. Die Beschwerdeführerin erklärt vielmehr selbst, sie habe von Notar P.________, der zuvor vergeblich versucht habe, im Namen der Eheleute R.________ einen Freihandverkauf zu erwirken, eine Kopie der schriftlichen Offerte zugestellt erhalten. Dass das Betreibungsamt davon gewusst hat, ist im Übrigen nicht festgestellt. Es konnte mithin von vornherein nicht gehalten sein, die Beschwerdeführerin über den Widerruf des Angebots zu informieren. Vielmehr betrifft das angeblich treuwidrige Verhalten ausschliesslich das privatrechtliche Verhältnis zwischen der T.________ AG und der Beschwerdeführerin. 
Unter den gegebenen Umständen ist nicht dargetan, dass das Betreibungsamt durch die Berücksichtigung des Widerrufs des Angebots vom 4. Dezember 2001 und den anlässlich der Steigerung vom 7. Dezember 2001 für 350'000 Franken erteilten Zuschlag gegen Bundesrecht verstossen hätte. 
 
Demnach erkennt 
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer: 
 
1.- Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Beschwerdegegnerin, dem Betreibungs- und Konkursamt A.________ und der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern schriftlich mitgeteilt. 
 
______________ 
Lausanne, 26. April 2002 
 
Im Namen der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer 
des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS 
Die Präsidentin: 
 
Der Gerichtsschreiber: