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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
5A_315/2020  
 
 
Urteil vom 2. November 2020  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Escher, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter von Werdt, Schöbi, 
Gerichtsschreiber Levante. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Betreibungsamt U.________, 
 
1. B.________ A.G., 
vertreten durch Rechtsanwalt 
Dr. Michael Hochstrasser, 
2. Bank C.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roman Bögli, 
Beschwerdegegnerinnen, 
 
Gegenstand 
Steigerungspublikation, Nichtigkeit von Betreibungshandlungen, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, vom 26. März 2020 (BS.2020.3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am xx.xx.2019 publizierte das Betreibungsamt U.________ in den Betreibungen auf Pfandverwertung Nr. xxx und Nr. yyy der Liegenschaften Nr. rrr und Nr. sss des Grundbuches U.________ (Schuldnerin A.________ AG) im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) die Versteigerung. Mit Schreiben vom 28. November 2019 stellte das Betreibungsamt A.________ eine entsprechende Kopie davon zu.  
 
A.b. Die zur Verwertung anstehenden Grundstücke stehen im Eigentum der B.________ A.G.; gemäss Sicherungsvereinbarung vom 23. Juni 2010 sind beide Grundstücke mit einem Grundpfand in Gestalt eines Schuldbriefes belastet. Die Bank C.________ ist Grundpfandgläubigerin im ersten Rang. A.________ behauptet, durch Schuldbriefe gesicherte Grundpfandgläubigerin im zweiten Rang zu sein.  
 
A.c. A.________ erhob am 11. Dezember 2019 beim Bezirksgericht Kreuzlingen, als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungssachen, Beschwerde gegen die Steigerungspublikation. Sie machte sinngemäss geltend, die Löschung der A.________ AG als Schuldnerin der pfandgesicherten Forderung habe die Nichtigkeit der Zwangsvollstreckung zur Folge. Der Einzelrichter des Bezirksgerichts wies die Beschwerde am 5. März 2020 ab, soweit er darauf eintrat.  
 
B.  
Gegen diesen Entscheid gelangte A.________ an das Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, welches ihre Beschwerde am 26. März 2020 abwies. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 1. Mai 2020 hat A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführerin beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheides, eventuell die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. Zudem verlangt sie die Löschung der betreibungsamtlichen Steigerungspublikation gegen die A.________ AG "im Handelsregister V.________", wie dies vom Amt am 28. November 2019 mitgeteilt wurde. 
Die Beschwerdeführerin stellt ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege. 
Es sind die kantonalen Akten, indes keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde über die Steigerungspublikation in einer Pfandverwertung ist die Beschwerde in Zivilsachen unabhängig eines Streitwertes gegeben (Art. 19 SchKG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 lit. a, Art. 74 Abs. 2 lit. c und Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin, welche am kantonalen Verfahren teilgenommen hat, ist als Grundpfandgläubigerin vom angefochtenen Entscheid besonders betroffen und daher zur Beschwerde berechtigt (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG).  
 
1.2. Mit der vorliegenden Beschwerde kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). In der Beschwerde ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der Entscheid Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 377 E. 1.2). Die Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist ebenfalls zu begründen, wobei hier das Rügeprinzip gilt (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 142 III 364 E. 2.4). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweise sind nur zulässig, soweit der vorinstanzliche Entscheid dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3).  
 
2.  
Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin entgegen der Erstinstanz ein Rechtsschutzinteresse an der Anfechtung der Steigerungspublikation zugestanden, die ihr mit einer Spezialanzeige mitgeteilt wurde. Zwar hat sie die Anfechtung der Publikation im SHAB als verspätet erachtet, indes auf eine mögliche Fristverlängerung angesichts des Wohnsitzes der Beschwerdeführerin im Ausland hingewiesen. In der Sache ist sie dem Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht gefolgt, dass die Betreibungen nichtig seien, nachdem die A.________ AG als Schuldnerin der pfandgesicherten Forderungen im Handelsregister gelöscht worden sei. 
 
3.  
Anlass zur Beschwerde gibt die Anzeige der Versteigerung im Rahmen der Pfandverwertung von zwei Liegenschaften. 
 
3.1. Die Steigerungspublikation soll die Vorbereitung und korrekte Durchführung der Versteigerung ermöglichen. Sie muss daher die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben enthalten und mindestens einen Monat vor dem Versteigerungstermin erfolgen (Art. 138 Abs. 1 SchKG). Die Beteiligten erhalten zudem eine Spezialanzeige (Art. 139 SchKG). Die Bekanntmachung enthält die Angaben von Ort und Zeitpunkt der Versteigerung, den Hinweis auf die Daten der Auflage der Steigerungsbedingungen und die Aufforderung zur Forderungsanmeldung im Hinblick auf die Erstellung des Lastenverzeichnisses (Art. 138 Abs. 2 Ziff. 1-3 SchKG).  
 
3.2. Im vorliegenden Fall veranlasste das Betreibungsamt die Publikation der Versteigerung im SHAB vom xx.xx.2019 (Art. 35 Abs. 1 SchKG). Zudem stellte es der Beschwerdeführerin am 28. November 2019 eine entsprechende Kopie per Post zu (Art. 34 Abs. 1 SchKG). Sie hat ihren Wohnsitz im Ausland. Ob ihr deswegen allenfalls eine längere Beschwerdefrist zugestanden wäre (Art. 33 Abs. 2 SchKG), kann vorliegend offen bleiben. Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz ist die Eingabe der Beschwerdeführerin vom 11. Dezember 2019 (betreffend Spezialanzeige vom 28. November 2019) nämlich in Beachtung der zehntägigen Frist (Art. 17 Abs. 2 SchKG) erfolgt. Die Anzeige an die Beteiligten entspricht der Publikation im SHAB (so GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. II, 2000, N. 13 zu Art. 139), wobei Einzelfragen des Fristbeginns nicht näher zu erörtern sind, zumal die Vorinstanz die Beschwerde unabhängig von der Fristwahrung behandelt hat.  
 
3.3. Dass die formellen Anforderungen, welchen die Publikation der Steigerung unterliegen, nicht eingehalten worden wären, bringt die Beschwerdeführerin nicht vor. Hingegen macht sie geltend, durch die gerichtlich angeordnete Rückübertragung der Grundstücke von der A.________ AG an die B.________ A.G. bestünden bei jener keine Verpflichtungen und keine verwertbaren Grundstücke mehr. Im Anschluss daran sei die A.________ AG im Handelsregister gelöscht worden. Damit seien die Rechtsöffnungsentscheide und alle betreibungsamtlichen Verfügungen nichtig. Insbesondere dürfe das Betreibungsamt in den beiden Pfandverwertungsverfahren keine Versteigerung ansetzen. Die Beschwerdeführerin macht schwere Verfahrensfehler geltend, welche ihre Rechte als Aktionärin der A.________ AG verletzt hätten.  
 
3.4. Wie die Vorinstanz der Beschwerdeführerin eingehend erläutert hat, wurden die Schuldbriefe vor Inkrafttreten der neuen Regelung (am 1. Januar 2012) zu Lasten der beiden Grundstücke errichtet und sei durch diesen Vorgang eine neue Forderung geschaffen worden, die neben die Grundforderung getreten ist (Art. 842 aZGB). Eine Novation werde nach der altrechtlichen Regelung nur vermutet. Im konkreten Fall spreche die Sicherungsabrede vom 23. Juni 2010 nach Ansicht der Vorinstanz gegen eine solche Vermutung, da auf diese Weise gemäss der damals verbreiteten Bankenpraxis ein eigenständiges Forderungsrecht geschaffen wurde, das unabhängig bereits bestehender oder künftiger Abmachungen gelten sollte. Die Bank C.________ habe die Schuldbriefe von der A.________ AG zu Eigentum erworben. Durch die gerichtlich angeordnete Rückübertragung der Grundstücke von der A.________ AG an die B.________ A.G. sei alsdann eine Drittpfandverhältnis entstanden. Da zwischen dem Grund- und dem Sicherungsverhältnis keine Akzessorietät bestehe, erweise sich die Berufung der Beschwerdeführerin auf eine Löschung der A.________ AG im Handelsregister als nicht zielführend. Die Sicherungsabrede sei davon ohnehin nicht betroffen. Allfällige Einreden daraus wären ausschliesslich von der B.________ A.G. als Drittpfandstellerin gegen die Bank als Pfandgläubigerin zu erheben. Die Beschwerdeführerin sei dazu nicht legitimiert. Dem Vorwurf der Nichtigkeit betreibungsrechtlicher Anordnungen infolge der Löschung der A.________ AG im Handelsregister hielt die Vorinstanz entgegen, dass die Rechtslage zur registerrechtlichen Löschung einer Gesellschaft strittig sei und daher keine Nichtigkeit der Zwangsvollstreckungen vorliege.  
 
3.5. Statt sich mit diesen Argumenten auseinanderzusetzen, begnügt sich die Beschwerdeführerin mit einer absatzweisen Kommentierung des angefochtenen Entscheides und der Bestreitung der vorinstanzlichen Beurteilung. Zudem erneuert sie mehrfach ihren bereits im kantonalen dargelegten Standpunkt, ohne auf die diesbezügliche Antwort der Vorinstanz einzugehen. Insbesondere die wiederholte Berufung auf die Nichtigkeit sämtlicher Verfügungen des Betreibungsamtes und der beiden Rechtsöffnungsentscheide wird nicht einmal ansatzweise begründet. Zwar bringt die Beschwerdeführerin schwerwiegende Verfahrensfehler vor, welche ihre Rechte als Verwaltungsrätin der A.________ AG verletzt hätten. Aus welchen Gründen dies der Fall sein sollte, führt sie nicht aus. Bei ihren Ausführungen lässt die Beschwerdeführerin schliesslich ausser Acht, dass es im vorliegenden Fall einzig um die Steigerungspublikation und nicht um den Bestand und den Umfang der im Lastenverzeichnis aufgenommenen Ansprüche geht. Damit geht auch ihre Behauptung, die Verwaltungsräte der B.________ A.G.. träten aufgrund nichtiger GV-Beschlüsse auf und hätten daher keine Zustimmung zur Pfandverwertung abgeben können, an der Sache vorbei.  
 
3.6. Soweit es im Antrag in der Formulierung der Beschwerdeführerin um anderes oder mehr als die Steigerungspublikation geht, ist das Begehren nicht nachvollziehbar und erfolgt es ohne jegliche Begründung. Insoweit ist auf die Beschwerde mit dem Antrag "der Eintrag der Steigerungspublikation im SHAB gegen die A.________ AG im Handelsregister V.________, durch das Betreibungsamt U.________ vom 28.11.2019 sei zu löschen" nicht einzutreten.  
 
4.  
Angesichts der mangelhaften Begründung und der fehlenden Relevanz der Vorbringen kann auf die Beschwerde insgesamt nicht eingetreten werden. Infolge Aussichtslosigkeit ist das Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten (Art. 66 Abs.1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Obergericht des Kantons Thurgau, als kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. November 2020 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Escher 
 
Der Gerichtsschreiber: Levante