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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
8C_247/2014  
   
   
 
 
 
Urteil vom 2. Mai 2014  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Frésard, Maillard, 
Gerichtsschreiberin Durizzo. 
 
Verfahrensbeteiligte 
AXA Versicherungen AG,  
General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
L.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Schädel-Hirntrauma, 
psychisches Leiden), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn vom 19. Februar 2014. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
L.________, geboren 1979, war am Morgen des 26. November 2007 mit dem Velo unterwegs, als er mit einem Autofahrer kollidierte. Er wurde ins Spital X.________ eingeliefert, wo ein Computertomogramm des Schädels Kontusionsblutungen zeigte. Die AXA Versicherungen AG (nachfolgend: AXA), bei welcher L.________ als Angestellter bei der P.________ AG für die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert war, leitete im August 2008 ein Case Management ein, welches jedoch im Mai 2009 mangels Fortschritten beendet wurde, und liess den Versicherten in der Folge durch die Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) Zentrum Y.________ untersuchen. Die Gutachter diagnostizierten am 2. November 2009 eine organische wahnhafte (schizophreniforme) Störung (ICD 10 F06.2) und attestierten eine vollständige Arbeitsunfähigkeit. Mit Verfügung vom 5. März 2013 und Einspracheentscheid vom 5. September 2013 schloss die AXA den Fall per 31. Dezember 2012 ab und stellte die Taggeldleistungen per 31. März 2013 ein. Wegen Anosmie durch Schädigung des Nervus lingualis sprach sie L.________ eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 25% zu. 
 
B.   
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 19. Februar 2014 gut und sprach dem Versicherten auch über den 31. Dezember 2012 beziehungsweise 31. März 2013 hinaus Heilbehandlung und Taggelder zu. 
 
C.   
Die AXA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei ihr Einspracheentscheid vom 5. September 2013 zu bestätigen, eventualiter sei eine Begutachtung des Versicherten anzuordnen. Des Weiteren ersucht sie um Gewährung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde. 
 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).  
 
2.   
Streitig ist, ob der Versicherte auch über den 31. Dezember 2012 beziehungsweise 31. März 2013 hinaus Anspruch auf Heilbehandlung (Art. 10 UVG) und Taggeld (Art. 16 UVG) hat. Das kantonale Gericht hat die diesbezüglich massgeblichen Grundsätze, insbesondere auch zum Beweiswert von Gutachten externer Spezialärzte (Art. 44 ATSG; BGE 137 V 210 E. 1.3.4 S. 227; 135 V 465 E. 4.4 S. 470; 125 V 351 E. 3b/bb S. 353), zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen. 
 
3.   
Nach eingehender und sorgfältiger Würdigung der ärztlichen Berichte, namentlich auch des Gutachtens des Zentrums Y.________ vom 2. November 2009 und der von der Beschwerdeführerin eingeholten Stellungnahmen des Dr. med. S.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 18. Juli 2012 sowie ihres beratenden Arztes Dr. med. C.________, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, hat die Vorinstanz erkannt, dass das Gutachten des Zentrums Y.________ voll beweiskräftig und gestützt darauf von einer beim Unfall erlittenen organisch objektiv ausgewiesenen Hirnverletzung mit dadurch bedingter ausgeprägter psychischer Symptomatik auszugehen sei. Die Beschwerdeführerin schulde weiterhin Heilbehandlung und Taggelder, denn es sei anhand der Empfehlung der Experten eine namhafte Verbesserung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit des Versicherten durch Fortsetzung der ärztlichen Behandlung zu erwarten (Art. 19 UVG). 
 
4.   
Was der Beschwerde führende Unfallversicherer dagegen unter Berufung auf eine mangelhafte Schlüssigkeit des Gutachtens des Zentrums Y.________ vorbringt, vermag keine andere Betrachtungsweise zu rechtfertigen. 
 
4.1. Hinsichtlich seiner Einwände zur Unfallgenese der psychischen Störung ist entscheidwesentlich, dass es für die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs praxisgemäss genügt, wenn das schädigende Geschehen eine Teilursache bildet (BGE 123 V 43 E. 2b S. 45, 121 V 326 E. 2a S. 329). Insbesondere vermöchte es, wie von Dr. med. S.________ beiläufig erwähnt, angesichts der doch erheblichen beim Unfall erlittenen Verletzungen (intracerebrale Blutungen durch Contusio cerebri, traumatische Mittelohr- und Gehörgangsblutung) nicht einzuleuchten, weshalb nicht dieses Ereignis, sondern doch eher die mit einer Reise in die USA verbundene Belastung zu den psychischen Beschwerden hätte führen sollen, sodass der Unfall auf einen unspezifischen, beliebigen und austauschbaren auslösenden Faktor zu reduzieren und als anspruchshindernde Gelegenheits- oder Zufallsursache zu qualifizieren wäre (SVR 2007 UV Nr. 28 S. 94, U 413/05 E. 4; SVR 2012 UV Nr. 8 S. 27, 8C_380/2011 E. 4.2.1; Urteil 8C_377/2012 vom 8. Januar 2013 E. 4.3; Andreas Traub, Natürlicher Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Gesundheitsschädigung bei konkurrierender pathogener Einwirkung: Abgrenzung der wesentlichen Teilursache von einer anspruchshindernden Gelegenheits- oder Zufallsursache, in: SZS 2009 S. 479). Aufgrund der sich auf die Notfallärzte stützenden gutachtlichen Einschätzung kann im Übrigen mit dem kantonalen Gericht nicht daran gezweifelt werden, dass der Versicherte beim Unfall vom 26. November 2007 ein schweres Schädel-Hirntrauma mit den objektiv ausgewiesenen Verletzungen einer dislozierten Temporobasisfraktur und Hämatotympanon rechts mit residualer geringgradiger Hörminderung rechts (nunmehr ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) sowie bi-fronto-temporaler Kontusionsblutung erlitten hatte, zumal dies auch von den beratenden Ärzten der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt wurde.  
 
4.2. Dass der natürliche Kausalzusammenhang zwischen der erlittenen organisch objektiv ausgewiesenen Hirnverletzung und den anhaltenden Beschwerden zwischenzeitlich dahingefallen wäre, indem sich die Verletzungsfolgen zurückgebildet hätten und es dadurch zu einer Verbesserung des psychischen Zustandsbildes hätte kommen müssen, findet in den medizinischen Akten keine hinreichende Stütze. Die Beschwerdeführerin beruft sich diesbezüglich auf Dr. med. C.________, wonach die durch den Unfall erlittene hirnorganische Störung eher abgeflaut sei, zumal der Versicherte nicht mehr über Kopfschmerzen klage. Weshalb gleichzeitig mit einer Abnahme der psychotischen Symptome (welche nach Auffassung des Dr. med. C.________ ohnehin nicht unfallbedingt seien) zu rechnen gewesen wäre, wird nicht weiter erläutert. Auch weil allfällige unfallbedingte neuropsychologische Defizite angesichts der psychischen Symptomatik nach übereinstimmender ärztlicher Einschätzung nicht valide zu bestimmen sind, könnte das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen des Gesundheitsschadens nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360; 130 III 321 E. 3.2 und 3.3 S. 324 f.; RKUV 1985 Nr. K 613 S. 19 E. 3a) als erstellt gelten. Die Beweislast dafür liegt beim Unfallversicherer (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 E. 3b; SVR 2011 UV Nr. 4 S. 12, 8C_901/2009 E. 3.2).  
 
4.3. Mit dem kantonalen Gericht ist damit davon auszugehen, dass die anhaltenden Beschwerden auch über den 31. Dezember 2012 beziehungsweise 31. März 2013 hinaus in natürlichem Kausalzusammenhang mit der beim Unfall vom 26. November 2007 erlittenen organisch objektiv ausgewiesenen Hirnverletzung stehen. Diesbezügliche beweismässige Weiterungen sind nicht angezeigt. Dass unter diesen Umständen der Fall noch nicht abzuschliessen war, weil nach gutachtlicher Einschätzung eine namhafte Verbesserung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit des Versicherten durch Fortsetzung der ärztlichen Behandlung erwartet werden durfte, wird insoweit nicht bestritten. Es kann im Übrigen vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen des kantonalen Gerichts verwiesen werden. Ob und allenfalls wie die Adäquanz (separat) zu beurteilen wäre, war nicht Gegenstand der Überprüfung der Einstellung der vorübergehenden Leistungen (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f., E. 3.2 und 4 S. 113 ff.). Auf die Vorbringen zur adäquaten Kausalität und namentlich auch zum Einwand, dass die psychischen Beschwerden im Vordergrund stünden (dazu BGE 123 V 98 E. 2a S. 99; Urteil U 238/05 vom 31. Mai 2006 E. 4.1), ist hier daher nicht einzugehen.  
 
5.   
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde wird mit dem heutigen Urteil gegenstandslos. 
 
6.   
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 65 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. Mai 2014 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Ursprung 
 
Die Gerichtsschreiberin: Durizzo