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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
8C_319/2009 
 
Urteil vom 23. Oktober 2009 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Parteien 
B.________, vertreten durch 
Rechtsanwalt Dr. iur. Hardy Landolt, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung (Unfallbegriff, 
unfallähnliche Körperschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus 
vom 4. März 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1948 geborene B.________ war als Mitarbeiter bei der Firma U.________ AG bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 25. Juli 2007 beim Umladen von Getränkepackungen heftige Schmerzen in der rechten Schulter verspürte. Mit Verfügung vom 28. September 2007 lehnte die SUVA jegliche Leistungen ab, da kein Unfall im Rechtssinne vorliege und auch keine unfallähnliche Körperschädigung gegeben sei. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 15. Januar 2008 fest. 
 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 4. März 2009 ab. 
 
C. 
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des kantonalen Entscheids seien ihm für die Folgen des Ereignisses vom 25. Juli 2007 die gesetzlichen Leistungen der Unfallversicherung zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann die Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). 
 
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2. 
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen über den Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1 UVG) und den Unfallbegriff (Art. 4 ATSG) sowie die Rechtsprechung zum Unfallbegriffsmerkmal der Ungewöhnlichkeit des äusseren Faktors (BGE 134 V 72, 130 V 117) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt bezüglich des Begriffs der unfallähnlichen Körperschädigungen, die auch ohne ungewöhnliche äussere Einwirkung Unfällen gleichgestellt sind (Art. 6 Abs. 2 UVG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 UVV), wobei am Erfordernis des äusseren Faktors festzuhalten ist (BGE 129 V 466; Urteil 8C_532/2007 vom 9. Juni 2008 E. 5, angeführt in SZS 2009 S. 153 f.). Richtig wiedergegeben hat die Vorinstanz auch die Grundsätze über die Untersuchungsmaxime (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG; BGE 130 V 64 E. 5.2.5 S. 68 f.; RKUV 2004 Nr. U 515 S. 418 E. 2.2.3 [U 64/02]), den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125) sowie die Beweismaxime der "Aussage der ersten Stunde", die eine im Rahmen der freien Beweiswürdigung (Art. 61 lit. c ATSG) zu berücksichtigende Entscheidungshilfe darstellt (BGE 121 V 45 E. 2a S. 47; RKUV 2004 Nr. U 524 S. 546 [U 236/03]). Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Streitig ist, ob das Ereignis vom 25. Juli 2007 einen Unfall oder eine unfallähnliche Körperschädigung darstellt; die Vorinstanz hat beides und damit eine Leistungspflicht der SUVA grundsätzlich verneint. Der Beschwerdeführer stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, die aufgrund des ungewöhnlichen Aufladevorgangs aufgetretene Krafteinwirkung im Schulterbereich erfülle alle Unfallmerkmale, insbesondere diejenigen der Ungewöhnlichkeit und des äusseren Einwirkens. 
 
3.1 Mit Schadenmeldung UVG vom 26. Juli 2007 liess der Beschwerdeführer mitteilen, er sei am "Bestellungen rüsten" gewesen. Beim Umverladen von Getränkepackungen habe es ihm die Schulter abgedreht. Am 7. August 2007 bestätigte er im Weiteren schriftlich, dass es sich um eine gewohnte Tätigkeit mit normalen äusseren Bedingungen gehandelt hatte; etwas Besonderes (Ausgleiten, Sturz) sei nicht passiert. Gemäss telefonischer Sachverhaltsschilderung des Beschwerdeführers gegenüber der SUVA am 28. August 2007 habe er, wie schon unzählige Male (diese Arbeit gehöre zu seinen täglichen, gewohnten Verrichtungen), Getränke gerüstet. Damit der Platz im LKW reiche, würden die rund 9 kg schweren Getränkepakete über 150 cm hoch aufgeschichtet. Zuerst habe er das Getränkepaket in der linken Hand mit Schwung auf die rund 150 cm Höhe gehoben, anschliessend habe er das Paket in der rechten Hand ebenfalls schwungvoll nach oben gehoben. Er müsse dies mit Schwung machen, da er nur 160 cm gross sei. Der Bewegungsablauf sei wie gewollt erfolgt, gleichwohl habe er einen Zwick in der rechten Schulter verspürt, verbunden mit einem starken Schmerz. Er habe den rechten Arm nicht mehr hochheben können und gleichentags den Hausarzt aufgesucht. Er führte nochmals aus, dass sich nichts Programmwidriges (Sturz, Anschlagen, Verdrehen des Armes, usw.) ereignet habe. 
 
3.2 Vorinstanz und Unfallversicherer haben zu Recht gemäss dem Grundsatz der Aussage der ersten Stunde (E. 2) auf diese Sachverhaltsschilderungen abgestellt, wobei in beweisrechtlicher Hinsicht auch der unterschriftlich bestätigte Bericht über die telefonische Sachverhaltsauskunft des Versicherten vom 28. August 2007 mitberücksichtigt werden durfte, zumal damit lediglich bekräftigt wurde, was der Versicherte bereits mit Schreiben vom 7. August 2007 und Unfallmeldung vom 26. Juli 2007 mitgeteilt hatte (RKUV 2003 Nr. U 473 S. 47 E. 3.2 mit Hinweisen [U 131/02]; BGE 117 V 282 E. 4c S. 287). Überdies decken sich diese Sachverhaltsschilderungen insoweit mit der vom Beschwerdeführer letztinstanzlichen vorgebrachten Darstellung des Ereignisses, als anzunehmen ist, dass er abwechselnd mit der linken und der rechten Hand je ein Getränkepaket auf den LKW schwang. Entgegen der Einwände in der Beschwerde ist aufgrund der eindeutigen Aussagen davon auszugehen, dass diese Arbeit zu seinen gewohnten Tätigkeiten zählte, die er schon unzählige Male ausführte und die ausserdem unter normalen äusseren Bedingungen ablief. Ob der Versicherte dabei in Eile war, ist hier nicht entscheidend. Es kann mithin nicht von einem ungewöhnlichen Ladevorgang gesprochen werden. Ebenso kann als erstellt gelten, dass der Bewegungsablauf wie gewollt erfolgte und durch nichts Programmwidriges gestört wurde. Bei dieser Sachlage sind keine weiteren Beweiserhebungen erforderlich, sodass die Vorinstanz ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (BGE 130 II 425 E. 2.1 S. 428, 124 V 90 E. 4b S. 94) von weiteren Abklärungen, namentlich von der beantragten Zeugenbefragung, Abstand nehmen konnte. 
 
3.3 Gestützt hierauf ist hinsichtlich des Unfallbegriffs mit der Vorinstanz festzuhalten, dass sich beim geschilderten Bewegungsablauf nichts Ungewöhnliches ereignet hat. Der natürliche Ablauf der Körperbewegung wurde nicht durch etwas Programmwidriges oder Sinnfälliges wie Ausgleiten, Stolpern, reflexartiges Abwehren eines Sturzes, beeinträchtigt. Etwas Ungewöhnliches lässt sich auch nicht im Kraftaufwand erkennen, welcher für das Hochheben der rund 9 kg schweren Getränkepakete auf eine Höhe von ca. 150 cm erforderlich war. Zudem wurde gemäss Rechtsprechung eine den Unfallbegriff erfüllende Überanstrengung nur bei Lasten von mehr als 100 kg bejaht (vgl. Urteil U 360/02 vom 9. Oktober 2003 mit Hinweisen), was auf den zu beurteilenden Fall nicht zutrifft. SUVA und Vorinstanz haben demnach den Unfallbegriff zu Recht verneint. 
3.4 
3.4.1 Bei unfallähnlichen Körperschädigungen nach Art. 9 Abs. 2 UVV müssen zur Begründung der Leistungspflicht des Unfallversicherers - wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat - mit Ausnahme der Ungewöhnlichkeit die übrigen Tatbestandsmerkmale des Unfalls erfüllt sein. Besondere Bedeutung kommt hierbei der Voraussetzung des äusseren Ereignisses zu, d.h. eines ausserhalb des Körpers liegenden, objektiv feststellbaren, sinnfälligen, eben unfallähnlichen Vorfalles (BGE 129 V 466 E. 2.2 S. 467). Die schädigende äussere Einwirkung kann in einer körpereigenen Bewegung bestehen (BGE 129 466 E. 4.1 S. 468 mit Hinweisen). Das Auftreten von Schmerzen als solche ist kein äusserer (schädigender) Faktor im Sinne der Rechtsprechung, weshalb dieser nicht gegeben ist, wenn die versicherte Person nur das (erstmalige) Auftreten von Schmerzen in zeitlicher Hinsicht anzugeben vermag (BGE 129 V 466 E. 4.2.1 S. 469). Nicht erfüllt ist das Erfordernis des äusseren schädigenden Faktors auch, wenn das erstmalige Auftreten der Schmerzen mit einer blossen Lebensverrichtung einhergeht, welche die versicherte Person zu beschreiben in der Lage ist. Vielmehr ist gemäss Rechtsprechung für die Bejahung eines äusseren auf den menschlichen Körper schädigend einwirkenden Faktors stets ein Geschehen verlangt, dem ein gewisses gesteigertes Gefährdungspotenzial innewohnt. Das ist zu bejahen, wenn die zum einschiessenden Schmerz führende Tätigkeit im Rahmen einer allgemein gesteigerten Gefahrenlage vorgenommen wird, wie dies etwa für viele sportliche Betätigungen zutreffen kann. Der äussere Faktor mit erheblichem Schädigungspotenzial ist sodann auch zu bejahen, wenn die in Frage stehende Lebensverrichtung einer mehr als physiologisch normalen und psychologisch beherrschten Beanspruchung des Körpers, insbesondere seiner Gliedmassen, gleichkommt. Deswegen fallen einschiessende Schmerzen als Symptome einer Schädigung nach Art. 9 Abs. 2 UVV ausser Betracht, wenn sie allein bei der Vornahme einer alltäglichen Lebensverrichtung auftreten, ohne dass hiezu ein davon unterscheidbares äusseres Moment hineinspielt. Die physiologische Beanspruchung des Skelettes, der Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder stellt keinen äusseren Faktor dar, dem ein zwar nicht ungewöhnliches, jedoch gegenüber dem normalen Gebrauch der Körperteile gesteigertes Gefährdungspotenzial innewohnen muss (BGE 129 V 466 E. 4.2.2 S. 470). Er ist demgegenüber das Erfordernis des äusseren schädigenden Faktors bei Änderungen der Körperlage, die nach unfallmedizinischer Erfahrung häufig zu körpereigenen Traumen führen können, etwa das plötzliche Auf-stehen aus der Hocke, die heftige und/oder belastende Bewegung und die durch äussere Einflüsse unkontrollierbare Änderung der Körperlage (BGE 129 V 466 E. 4. S. 470). Erforderlich für die Bejahung eines äusseren Faktors ist dabei demzufolge ein gesteigertes Schädigungspotenzial, sei es zufolge einer allgemein gesteigerten Gefahrenlage, sei es durch Hinzutreten eines zur Unkontrollierbarkeit der Vornahme der alltäglichen Lebensverrichtung führenden Faktors (BGE 129 V 466 E. 4.3 S. 471). 
3.4.2 Nachdem es sich mit Blick auf seine berufliche Tätigkeit beim Aufladen der Getränkepakete auf den LKW um einen gewohnten, täglichen Vorgang handelte (E. 3.2) und übliche Abläufe im Rahmen der beruflichen Tätigkeit als alltägliche Verrichtungen gelten und es ihnen an der gesteigerten Gefahrenlage mangelt (vgl. Urteile U 113/03 vom 7. November 2003 E. 3.2, U94/03 vom 31. Oktober 2003 E. 3.3 und U 148/04 vom 2. Dezember 2004 E. 2.3), liegt auch keine unfallähnliche Körperschädigung vor (BGE 129 V 466 E. 4.3 S. 471). Überdies mangelt es aufgrund der repetitiven Vornahme der geschilderten Tätigkeit auch am Erfordernis der Plötzlichkeit. Die vorinstanzliche Bestätigung der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch die SUVA ist demnach rechtens. 
 
4. 
Die Kosten des Verfahrens sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 23. Oktober 2009 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: 
 
Ursprung Polla