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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_770/2021  
 
 
Urteil vom 19. Oktober 2021  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Seiler, Präsident, 
Bundesrichterin Aubry Girardin, 
Bundesrichter Hartmann, 
Gerichtsschreiber A. Brunner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
vertreten durch MLaw Diana Follpracht, 
 
gegen  
 
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich ETH, Prorektor Studium. 
 
Gegenstand 
Zulassung zum Studium an der ETH, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, 
vom 31. August 2021 (B-3140/2021). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Nachdem A.________ im Frühjahr 2010 den Bachelor-Studiengang in Chemie an der ETH Zürich abgebrochen hatte, bewarb sie sich im April 2019 an derselben Hochschule für den Bachelor-Studiengang in Lebensmittelwissenschaften. Mit Blick auf die Umstände des Studienabbruchs im Jahr 2010 verlangte die ETH Zürich für die Immatrikulation ein aktuelles fachärztliches Zeugnis, welches die Studierfähigkeit A.________s belegen sollte. Gestützt auf ein daraufhin eingereichte Arztzeugnis vom 3. Juli 2019 lehnte die ETH Zürich eine Zulassung A.________s zu Studiengängen mit Labor-Praktika ab. 
 
In der Folge bewarb sich A.________ für den Bachelor-Studiengang Informatik. Im Rahmen der von der ETH Zürich daraufhin angeordneten vertrauensärztlichen Untersuchung wurde A.________ eine Studierfähigkeit von 0 % attestiert, was die ETH Zürich veranlasste, A.________ die Zulassung mit Verfügung vom 29. Oktober 2020 gänzlich zu verweigern. 
 
B.  
 
B.a. Gegen die verweigerte Zulassung gelangte A.________ an die ETH Beschwerdekommission. Diese bestätigte die Nichtzulassung mit Entscheid vom 20. Mai 2021 (eröffnet am 28. Mai 2021). Daraufhin übermittelte A.________ dem Bundesverwaltungsgericht am 28. Juni 2021 ohne weiteren Kommentar ein Zeugnis ihres psychiatrischen Facharztes vom 7. Juni 2021. Weil sich das Zeugnis keinem konkreten Verfahren zuordnen liess, setzte sich das Bundesverwaltungsgericht am 29. Juni 2021 telefonisch mit dem Facharzt in Verbindung. Dieser wiederum informierte A.________ am 30. Juni 2021 dahingehend, dass das Bundesverwaltungsgericht die Eingabe vom 28. Juni 2021 keinem konkreten anhängigen oder neu eingereichten Fall zuordnen könne.  
 
B.b. Am 7. Juli 2021 (Poststempel) reichte A.________ beim Bundesverwaltungsgericht unter Beilage des Entscheids der ETH Beschwerdekommission vom 20. Mai 2021 Beschwerde ein. In der Beschwerde ersuchte sie um "Wiedererwägung" des Entscheids der ETH Beschwerdekommission. Das Bundesverwaltungsgericht gab A.________ daraufhin Gelegenheit, sich zur Frage der Einhaltung der Beschwerdefrist zu äussern und allenfalls geeignete Belege einzureichen. Mit Eingabe vom 26. Juli 2021 stellte A.________ sinngemäss ein Gesuch um Wiederherstellung der Beschwerdefrist.  
 
B.c. Mit Urteil vom 31. August 2021 lehnte das Bundesverwaltungsgericht das Gesuch um Wiederherstellung der Frist ab und trat auf die Beschwerde vom 7. Juli 2021 zufolge Verspätung nicht ein.  
 
C.  
Mit Eingabe vom 30. September 2021 erhebt A.________ Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. August 2021 und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz. 
 
Das Bundesgericht hat auf Instruktionsmassnahmen verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Endentscheid des Bundesverwaltungsgerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. a, Art. 90 BGG), gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig ist (Art. 83 lit. t BGG e contrario). Auf die form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde (Art. 42, Art. 100 Abs. 1 BGG) der dazu legitimierten Beschwerdeführerin (Art. 89 Abs. 1 BGG) ist einzutreten. 
 
2.  
 
2.1. Entscheide der ETH-Beschwerdekommission können beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (vgl. Art. 37 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Eidgenössischen Technischen Hochschulen [ETH-Gesetz, SR 441.110] in Verbindung mit Art. 33 lit. f des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht [VGG; SR 173.32]). Das Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021), soweit das VGG nichts anderes bestimmt (Art. 37 VGG). Die Beschwerdefristen sind in Art. 50 Abs. 1 VwVG geregelt. Danach ist eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung (bzw. hier: des Entscheids der ETH-Beschwerdekommission) einzureichen.  
 
 
2.2. Nach Art. 52 Abs. 1 VwVG hat die Beschwerdeschrift die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift der beschwerdeführenden Person oder ihres Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung des angefochtenen Entscheids und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit die beschwerdeführende Person sie in Händen hat. Genügt die Beschwerde den vorstehend erwähnten Anforderungen nicht und stellt sie sich nicht als offensichtlich unzulässig heraus, hat das Bundesverwaltungsgericht nach Art. 52 Abs. 2 VwVG eine kurze Nachfrist zur Verbesserung anzusetzen. Die Aufforderung zur Verbesserung der Beschwerde kommt freilich nur dann in Betracht, wenn überhaupt eine - gegebenenfalls mangelhafte - Beschwerde vorliegt (vgl. Urteil 8C_475/2007 vom 23. April 2008 E. 4.2).  
 
2.3. Damit eine Eingabe als Beschwerde qualifiziert werden kann (vgl. E. 2.2 hiervor), muss daraus der klare Wille einer individualisierten Person hervorgehen, als Beschwerdeführende aufzutreten und die Änderung einer bestimmten, sie betreffenden und mittels Verfügung geschaffenen Rechtslage anzustreben (vgl. ANDRÉ MOSER, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar VwVG, 2. Aufl. 2019, Art. 52 N 1 und 2; vgl. sinngemäss auch BGE 122 V 189 E. 2; 116 V 353 E. 2b; Urteil 8C_596/2012 vom 29. November 2012 E. 5.2). Ein Anfechtungswille kann sich unter Umständen selbst aus einer rudimentären handschriftlichen Notiz ergeben (vgl. mit Blick auf die ausländerrechtliche Administrativhaft Urteil 2C_371/2020 vom 2. Juni 2020 E. 4.2). In einem sozialversicherungsrechtlichen Fall hat das Bundesgericht ferner entschieden, dass aufgrund der Einreichung eines Arztzeugnisses, in dem festgehalten worden war, dass der Versicherte "gerne den Antrag stellen würde, den Entscheid der IV zu revidieren", ein Einsprachewille anzunehmen sei (vgl. Urteil 8C_475/2007 vom 23. April 2008 E. 4.2).  
 
3.  
Strittig und zu klären ist vorliegend die Rechtsfrage, ob das von der Beschwerdeführerin am 28. Juni 2021 ohne weiteren Kommentar beim Bundesverwaltungsgericht eingereichte Arztzeugnis als fristwahrende Beschwerde qualifiziert werden kann. Die Beschwerdeführerin bejaht dies und erblickt in der vom Bundesverwaltungsgericht unterlassenen Aufforderung zur Beschwerdeverbesserung eine Verletzung von Art. 52 Abs. 1 VwVG und Art. 29 Abs. 1 BV
 
3.1. Die Vorinstanz hat erwogen, die blosse Einreichung eines Arztzeugnisses ohne Begleitschreiben oder anderweitige Bezugnahme auf eine bestimmte Streitsache könne schon aus Formgründen nicht als Beschwerde qualifiziert werden (vgl. S. 3 des angefochtenen Urteils). Dieser Begründung kann in dieser Form nicht beigepflichtet werden. Wie aus der oben (vgl. E. 2.3 hiervor) dargelegten Rechtsprechung hervorgeht, ist für die Frage des Vorliegens einer Beschwerde entscheidend, dass aus der Eingabe ein Anfechtungswille klar hervorgeht. Formvorschriften sind in diesem Zusammenhang nicht entscheidend, sondern können allenfalls dazu Anlass geben, eine Beschwerdeverbesserung einzuverlangen (vgl. E. 2.2 hiervor).  
 
3.2. Im Ergebnis ist der angefochtene Entscheid gleichwohl nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie das fachärztliche Zeugnis von Dr. med. B.________ vom 7. Juni 2021 ohne weitere Kommentierung an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet hat (vgl. auch S. 2 des angefochtenen Entscheids). Aus dem Arztzeugnis (vgl. Beschwerdebeilage 5) geht mit keinem Wort hervor, dass die Beschwerdeführerin ein Rechtsmittel einzureichen gedachte; auch war dem Arztzeugnis der Entscheid der ETH Beschwerdekommission vom 20. Mai 2021 nicht beigelegt, so dass das Bundesverwaltungsgericht keine Verbindung zu einer konkreten Rechtsstreitigkeit herstellen konnte, die bei ihm hätte anhängig gemacht werden können. Selbst unter gebührender Berücksichtigung des Umstands, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Eingabe vom 28. Juni 2021 nicht rechtskundig vertreten war, kann in dieser Eingabe deshalb kein Anfechtungswille erblickt werden. Die Vorinstanz ist entsprechend zu Recht davon ausgegangen, dass innert der Beschwerdefrist von 30 Tagen keine Beschwerde bei ihr eingegangen sei.  
 
3.3. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und ist abzuweisen.  
 
4.  
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Nachdem die Vorinstanz darauf hingewiesen hat, dass im Verfahren vor der ETH Rekurskommission eine behinderungsbedingte Benachteiligung der Beschwerdeführerin bei Inanspruchnahme von Aus- und Weiterbildung in Frage gestanden habe (Art. 8 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 5 des Behindertengleichstellungsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (BehiG; SR 151.3), ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten Art. 65 Abs. 4 lit. d BGG zu berücksichtigen. Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Verfahrenskosten von Fr. 200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, der ETH-Beschwerdekommission und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 19. Oktober 2021 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Seiler 
 
Der Gerichtsschreiber: Brunner