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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
2C_140/2007 /leb 
 
Urteil vom 23. Juli 2007 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Hungerbühler, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin Yersin, 
Bundesrichter Karlen, 
Gerichtsschreiber Küng. 
 
Parteien 
A.________, 
Beschwerdeführerin, vertreten durch 
Rechtsanwalt Ralph Wiedler Friedmann, 
 
gegen 
 
Regierungsrat des Kantons Zürich, 
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich, 
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, Militärstrasse 36, Postfach, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Ausweisung, 
 
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Zürich vom 28. Februar 2007. 
 
Sachverhalt: 
A. 
Die ghanaische Staatsangehörige A.________ (geb. 1960) heiratete am 4. Juni 1997 den Schweizer Bürger B.________ (geb. 1960). Im Juli 2003 erhielt sie die Niederlassungsbewilligung für den Kanton Zürich. Die kinderlos gebliebene Ehe wurde am 18. Oktober 2005 geschieden. 
 
Am 29. November 2005 verurteilte das Bezirksgericht Bülach A.________ wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Transport von insgesamt 5,6 kg Kokain mit einem Reinheitsgrad von über 90%) zu einer Zuchthausstrafe von 3 1/4 Jahren. 
 
Mit Beschluss vom 6. September 2006 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich A.________ für die Dauer von zehn Jahren aus der Schweiz aus. Ihre gegen die Ausweisung beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg. 
B. 
Mit einer als "Verwaltungsgerichtsbeschwerde" bezeichneten Eingabe vom 20. April 2007 beantragt A.________ dem Bundesgericht, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich aufzuheben. 
 
Dieses ersucht um Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, und hat im Übrigen auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
Die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich und das Bundesamt für Migration schliessen auf Abweisung der Beschwerde. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Der Entscheid des Verwaltungsgerichts ist nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) ergangen. Somit richtet sich das Verfahren nach diesem Gesetz (Art. 132 Abs. 1 BGG). 
 
1.2 Gestützt auf Art. 10 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) ergangene letztinstanzliche kantonale Ausweisungsentscheide können mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 83 lit. c Ziff. 4 BGG). Als solche ist die fälschlicherweise als Verwaltungsgerichtsbeschwerde bezeichnete Eingabe entgegenzunehmen. 
2. 
2.1 Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung soll nach Art. 11 Abs. 3 ANAG nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint. 
2.2 Massgebend für die Interessenabwägung gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG ist das Verschulden des Ausländers. Dieses findet vorab im vom Strafrichter verhängten Strafmass seinen Ausdruck. Ausgangspunkt und Massstab sowohl für die Schwere des Verschuldens als auch für die fremdenpolizeiliche Interessenabwägung ist daher nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die vom Strafrichter verhängte Strafe (BGE 129 II 215 E. 3.1 f.). Dabei sind umso strengere Anforderungen an die Schwere des strafrechtlichen Verschuldens zu stellen, je länger ein Ausländer in der Schweiz gelebt hat (BGE 125 II 521 E. 2b). Bei schweren Straftaten, insbesondere auch bei schweren Betäubungsmitteldelikten, besteht indessen regelmässig ein wesentliches öffentliches Interesse an einer Ausweisung (BGE 122 II 433 E. 2c). 
3. 
3.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruches auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV). Diese erblickt sie darin, dass das Verwaltungsgericht das im Auftrag des Bezirksgerichts Bülach erstellte (47 Seiten umfassende) psychiatrische Gutachten "einfach übergangen" bzw. sich nicht mit diesem auseinandergesetzt habe. 
3.2 Die Rüge ist unbegründet. Da das Gutachten nach eigener Darstellung der Beschwerdeführerin vom Bezirksgericht in Auftrag gegeben wurde, um insbesondere ihr Verschulden besser bemessen zu können, ist davon auszugehen, dass das Gutachten bei der Strafzumessung auch umfassend berücksichtigt worden ist. Die Beschwerdeführerin führt keine Anhaltspunkte dafür an, dass dies - insbesondere hinsichtlich der von der Gutachterin geschätzten mittleren Reduktion der Zurechnungsfähigkeit - nicht geschehen wäre. Es wäre sonst auch nicht verständlich, dass die Beschwerdeführerin weder ein vollständig begründetes Urteil verlangt noch ein Rechtsmittel ergriffen hat. 
 
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht das Gutachten keineswegs übergangen: So verweist es etwa im Zusammenhang mit der Massgeblichkeit des Strafurteils auf die Beurteilung der Gutachterin, nach welcher die Beschwerdeführerin in der Lage gewesen sei, das Unrecht ihres Verhaltens zu beurteilen und einzusehen; zwar habe sie möglicherweise die Folgen nicht voll zu überblicken vermocht, indessen könne im Tatzeitpunkt keine eingeschränkte Einsichtsfähigkeit angenommen werden. 
 
Die wiederholt vorgebrachte zentrale Behauptung der Beschwerdeführerin, ihre Intelligenz sei eingeschränkt, findet im Gutachten zudem keine Stütze: Die Gutachterin bescheinigt der Beschwerdeführerin vielmehr eine gesamthaft knapp unterhalb des unteren Durchschnittsbereichs liegende Intelligenz; sie sei damit jedoch deutlich von dem entfernt, was landesläufig als leichte Intelligenzminderung (Schwachsinn) bezeichnet werde (Gutachten S. 41). 
3.3 Unter diesen Umständen durfte das Verwaltungsgericht ohne Gehörsverletzung annehmen, dass alle sich aus dem Gutachten für die Strafzumessung ergebenden relevanten Gesichtspunkte bereits im Strafmass, das die Beschwerdeführerin nicht angefochten hat, angemessen zum Ausdruck gebracht worden sind. Dies gilt auch für das Verhalten der Beschwerdeführerin im Strafverfahren. Das Verwaltungsgericht ist zulässigerweise bei der Beurteilung des Verschuldens vom Strafmass des Strafurteils ausgegangen. Bei dieser Sachlage entbehrt auch das Argument der Beschwerdeführerin, das Bezirksgericht Zürich hätte eine weitaus mildere Strafe verhängt, der Grundlage. 
4. 
4.1 Die Beschwerdeführerin hat gemäss Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 29. November 2005 bzw. unbestrittener Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland vom 8. Februar 2005 insgesamt 5'604 Gramm Kokaingemisch (Reinheitsgrad 92%, entsprechend 5'045 Gramm reines Kokainhydrochlorid) von Accra/Ghana via Amsterdam/NL per Flugzeug in die Schweiz transportiert. Dies tat sie in der Absicht, die Drogen hernach noch im Flughafen nach den Weisungen eines ihr unbekannten Abholers im Austausch gegen die ihr von ihrer unbekannten Auftraggeberin in Aussicht gestellte Entlöhnung von Fr. 3'000.-- sowie US-$ 120.-- Umbuchungsspesen weiterzugeben. Dabei rechnete sie bereits vor ihrer Abreise in Accra zumindest ernstlich mit der Möglichkeit, dass sich der Transport auf eine Menge Kokain beziehen könnte, die eine Vielzahl von Menschen in Gefahr bringen könnte, was sie bewusst zumindest in Kauf nahm. Auf Grund dieser Feststellungen nahm das Bezirksgericht einen schweren Fall im Sinn von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG an. 
4.2 Die Vorinstanz hat gestützt auf die vom Bezirksgericht ausgefällte Strafe das Verschulden der Beschwerdeführerin aus fremdenpolizeirechtlicher Sicht zutreffend als schwer bewertet. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts, welches bei qualifizierten Betäubungsmitteldelikten im Hinblick auf den Kampf gegen den Drogenhandel sowie auf die damit zusammenhängende Gefährdung der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen bei der Ausweisung eine strenge Praxis verfolgt; das Interesse an der Fernhaltung von Ausländern, die an der Verbreitung von Drogen teilnehmen, ist grundsätzlich als gewichtig einzustufen (BGE 125 II 521 E. 4a S. 527). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz im Lichte dieser Rechtsprechung und angesichts der gehandelten Drogenmengen zum Schluss gekommen ist, die erfolgte Bestrafung rechtfertige grundsätzlich die Ausweisung der Beschwerdeführerin. 
4.3 Das Verwaltungsgericht hat auch die übrigen, für das fremdenpolizeiliche Verfahren massgebenden persönlichen Umstände der Beschwerdeführerin (keine besonders lange Aufenthaltsdauer in der Schweiz; zahlreiche Verwandtschaft in Ghana; keine tragfähigen Beziehungen in der Schweiz) umfassend in Erwägung gezogen, weshalb ihr entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin insoweit keine Nichtberücksichtigung massgeblicher Gesichtspunkte vorgeworfen werden kann. 
4.4 Kein entscheidendes Gewicht kommt dem Einwand der Beschwerdeführerin zu, sie habe im Sinne einer einmaligen Entgleisung nur ein einziges Mal Drogen transportiert, was sich nicht wiederholen werde. Die Frage der Rückfallgefahr ist zwar im Rahmen der Interessenabwägung mitzuberücksichtigen, aber für sich allein keineswegs ausschlaggebend (vgl. BGE 130 II 176 E. 4.2 S. 185). Insbesondere bei schweren Straftaten - und dazu gehören Drogendelikte der vorliegenden Art - ist ausländerrechtlich nur ein geringes Risiko in Kauf zu nehmen (vgl. BGE 125 II 521 E. 4a/bb S. 528), so dass eine Ausweisung selbst dann gerechtfertigt sein kann, wenn die Wiederholungsgefahr gering ist. Es besteht ein erhebliches fremdenpolizeiliches Interesse an der Fernhaltung ausländischer Drogenhändler. 
4.5 Dass die Beschwerdeführerin seit ihrer Entlassung aus dem Strafvollzug keine Straftaten mehr begangen hat, ist ebenfalls kein besonderer Umstand, der zu einem anderen Ergebnis führen müsste (vgl. BGE 130 II 493 E. 4.2 S. 500 f.). 
4.6 Zusammenfassend verletzt der angefochtene Entscheid kein Bundesrecht. Ergänzend kann auf dessen zutreffende Begründung (angefochtenes Urteil E. 4) verwiesen werden. 
5. 
Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da ihre Rechtsbegehren als von vornherein aussichtslos zu bezeichnen sind, kann dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung und Verbeiständung nicht entsprochen werden (Art. 64 Abs. 1 BGG). Den beschränkten finanziellen Möglichkeiten der Beschwerdeführerin wird indessen bei der Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung getragen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
2. 
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
3. 
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt. 
4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich sowie dem Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 23. Juli 2007 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber: